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Die schon in der Zwischenkriegszeit bestehenden Gegensätze in der kroatischen Volksgruppe brachen nach dem Krieg wieder auf, erstmals schon im Sommer 1945, als Vertreter des Kroatischen Kulturvereines beim jugoslawischen Ministerpräsidenten Josip Tito in Belgrad wegen der Freilassung von Burgenlandkroaten aus jugoslawischer Kriegsgefangenschaft vorsprachen. Fritz Robak, Sozialdemokrat und Bürgermeister von Stinkenbrunn (Steinbrunn) lehnte eine Teilnahme ab. Robak wurde später führende Persönlichkeit im „Präsidium der Bürgermeister und Vizebürgermeister der kroatischen und gemischtsprachigen Gemeinden des Burgenlandes“. Diese sozialdemokratische „Bürgermeisterkonferenz“ wurde zur politischen Gegenspielerin des „Kroatischen Kulturvereines“. Der Delegation, die Erfolg hatte, wurde vorgeworfen, man habe sich an Tito verkauft. Noch brisanter wurde die Frage 1947, als in der „Londoner Konferenz“ zum Staatsvertrag die jugoslawische Delegation ein Memorandum vorlegte, das unter anderem auch die Umsiedlung der burgenländischen Kroaten nach Jugoslawien vorschlug. Der Vorschlag wurde von den Großmächten abgelehnt. Von den Burgenlandkroaten wurden diese Pläne entschieden und energisch zurückgewiesen. Eine Gruppe von Kroaten verlangte aber schon 1948 in einer Denkschrift ein Autonomiestatut. Diese sollte 1955 in den Verhandlungen um den Staatsvertrag noch eine wichtige Rolle spielen.

Die Auseinandersetzungen konzentrierten sich in den Folgejahren um die Schulfrage. Robak sprach dem Kulturverein das Recht ab, im Namen der gesamten Volksgruppe zu sprechen. Er propagierte einen guten Deutschunterricht als Voraussetzung für den sozialen Aufstieg. Die „volkstumsbewussten Kreise“ sahen in Robak einen Verräter. 1953 eskalierte der Streit anlässlich des Besuches des jugoslawischen Außenministers Popovic in Wien.

Im Staatsvertrag vom 15. Mai 1955 wurden im Artikel 7 die Rechte der slowenischen und kroatischen Volksgruppen festgeschrieben, etwa das Recht auf eigene Organisationen, Versammlungen, Presse, auf Elementarunterricht und eine entsprechende Anzahl an Mittelschulen für die Volksgruppen. In den Bezirken mit Volksgruppen wurde deren Sprache als zusätzliche Amtssprache zugelassen, die Bezeichnungen und Aufschriften sollten zusätzlich in der Volksgruppensprache erfolgen. Umstritten war das Elternrecht bei der Wahl der Schulsprache.

Während des Kärntner „Ortstafelsturms“ blieb es im Burgenland relativ ruhig. Jugoslawien beanspruchte einen Schutzmachtstatus, was von Bruno Kreisky zurückgewiesen wurde. Eine Kommission schlug ein Volksgruppengesetz vor, verbunden mit einer „geheimen Erhebung der Muttersprache“. Die Bürgermeisterkonferenz stimmte zu, andere kroatische Organisationen wie etwa der Akademikerklub riefen zum Boykott auf. Das Ergebnis war nicht brauchbar, Nur etwa 3000 Personen kreuzten „kroatisch“ an. In der Volkszählung von 1981 deklarierten sich hingegen über 18 000 Personen als Kroaten.

Das Volksgruppengesetz sah einen Volksgruppenbeirat vor, der auch über die finanziellen Mittel zu entscheiden hatte. Man konnte sich in der Volksgruppe aber nicht über dessen Zusammensetzung einigen. Erst nachdem Walter Prior den Vorsitz in der Bürgermeisterkonferenz übernahm kam es zu einer Aufweichung der Fronten, hin zu einer „Konsensorientierten Integrationspolitik“. In der Ortstafelfrage und in der Schulpolitik gab es eine Annäherung. Viel zur Haltungsänderung trugen der Generationswechsel und Jugendgruppen wie die „bruji“ bei, die die Identität der Volksgruppe neu definierten. Der Zerfall Jugoslawiens, neue Kontakte zu den kroatischen Dörfern in Ungarn und zur selbständigen Republik Kroatien eröffneten zudem neue Perspektiven.

Die zahlenmäßige Entwicklung der kroatischen Volksgruppe war und ist umstritten, da die entsprechenden Einstufungskriterien ja äußerst komplex und niemals eindeutig waren. Lediglich in großen Umrissen lässt sich eine Entwicklungstendenz ablesen. 1910 wies die Volkszählung 44 243 Kroaten auf, in der ersten Volkszählung nach dem Anschluss an Österreich wurden 41 761 Personen gezählt. 1934 waren es 41 392 Kroaten. 1939 deklarierten sich 28 327 Personen als Kroaten. 1981 bekannten sich nur noch 18 648 Personen im Burgenland zur Volksgruppe. Die Volkszählung von 2001 wies nur noch einen Anteil von 5,9 % der Bevölkerung als kroatisch aus. Der starke Rückgang hatte verschiedene Ursachen, nicht nur die „Assimilierung“ in den Gemeinden des Nordburgenlandes. Wichtige Faktoren waren auch die Amerikawanderung und die Abwanderung nach Wien, vor allem aus dem Mittel- und Südburgenland. Mit der Verlegung des Hauptwohnsitzes ging vielfach auch die Sprachkompetenz verloren.

Im Sommer 1993 konstituierte sich der Volksgruppenbeirat, der schon im Volksgruppengesetz von 1976 vorgesehen war. Die Zahl der Beiräte wurde mit 24 festgelegt. Die Mitglieder wurden auf Vorschlag der kroatischen Verinigungen von der Bundesregierung auf vier Jahre bestellt. Die Hälfte der Vertreter setzt sich aus gewählten Mitgliedern burgenländisch kroatischer Vereine zusammen, zehn vertreten die politischen Parteien (meist Bürgermeister), zwei werden von der Kirche gestellt. Die erste Vorsitzenden stellte 1993 der Kroatische Kulturverein, seither wechselt der Vorsitz. Zu den wichtigsten Aufgaben gehört die Verteilung der jährlichen Subvetionen aus dem Staatsbudget.

Zwar kam es im Burgenland zu keinem Ortstafelsturm. Die Aktionen und Demonstrationen blieben aber nicht aus. Ab Ende der 1980er Jahre wurde das Recht auf zweisprachige Ortstafeln zum Thema des jährlich im Herbst statfindenden Festivals „Dan mladine“, vom Akademikerklub organisiert. Selbstgemachte Ortstafeln wurden aufgestellt, die entsprechende Konflikte zur Folge hatten. Was fehlte war eine Durchführungsverordnung. Erst im Jahre 2000 wurde eine solche zur Begutachtung ausgeschickt. Die im Februar 2000 angelobte ÖVP – FPÖ Regierung erließ dann die Topographieverordnung für das Burgenland. Die erste zweisprachige Ortstafel wurde kurz darauf im Juli in Großwarasdorf aufgestellt. Vielen passte das nicht, sie sahen darin eine Instrumentalisierung durch die schwarz-blaue Bundesregierung. Die Verordnung sah vor, dass in allen Gemeinden mit mindestens 25 % kroatischsprachiger Bevölkerung zweisprachige topographische Aufschriften angebracht werden müssen. Auf Großwarasdorf folgten bald weitere 46 Gemeinden. Die Aufstellung der zweisprachigen Ortstafeln erfolgte ohne Probleme und Konflikte. Eine Novelle zum Volksgruppengesetz ermöglichte zudem 2012 zusätzlich zweisprachige Wegweiser auf Landstraßen und im Ortsgebiet. Auch Straßennamen wurden in einigen Dörfern zweisprachig angebracht.

Ebenfalls im Volksgruppengesetz von 1976 wurde die Frage der Amtssprache geregelt. Im April 1990 wurde eine Amtssprachenverordnung erlassen. An den Bezirkshauptmannschaften, an den Bezirksgerichten und an den Behörden des Bundes im Burgenland wurde Kroatisch als zweite Amtssprache zugelassen.

Eine wichtige Aufgabe der letzten Jahrzehnte war die Normierung der Burgenlandkroatischen Sprache. 1982 wurde das Deutsch – Burgenlandkroatisch – Kroatische Wörterbuch veröffentlicht, das seit 1970 in Vorbereitung war. 1991 erschien als zweiter Band das Burgenlandkroatisch – Kroatisch – Deutsche Wörterbuch. Im Rahmen des 1994 gegründeten Wissenschaftlichen Institutes der Burgenländischen Kroaten arbeitet eine Sprachkommission an der Erweiterung des Wortschatzes. 2020 wurden die Wörterbücher auch digital zugänglich gemacht. 2003 wurde auch die Grammatik normiert. Seit 2009 regelt das Orthographiehandbuch auch die korrekte Schreibweise.

 

 

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Quellen

  • Geosits, Stefan: Die burgenländischen Kroaten im Wandel der Zeiten. Wien 1986

  • Darabos Norbert: Die politische Geschichte der Burgenlandkroaten zwischen Tradition und Assimilation. IN Burgenland schreibt Geschichte. WAB 169. Eisenstadt 2021.

  • Tyran Katharina: Politische und gesellschaftliche Wendungen, Errungenschaften und Umbrüche. Die burgenländischen Kroatinnen und Kroaten ab den 1990er Jahren. In: Burgenland schreibt Geschichte 1921 bis 2021. WAB 169, Eisenstadt 2021

  • Bencsics Nikolaus: Kultur in ihrer Vielfalt. Aspekte der burgenlandkroatischen Kultur. In: Burgenland schreibt Geschichte 1921 – 2021. WAB 169, Eisenstadt 2021

 
 
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