Ortsname
- 1209 villa Sumbothei
- 1282 Niusidel
- 1313 Neusidel, alio nomine Zumbothel
- 1313 Villa Nesuld
- 1322 Neusidl alio nomine Zee Zumbothel
- 1410,1416, 1451 Villa seu poss. Newsydel, Newsidel, Newsidl
- 1430 Civitas Neusidel
- 1493 Oppidum Newsidel
- 1550 Newsydel
- 1600 Nesider
- 1649 Neüsidll
- 1674 Nesider seu Naizedel
Urgeschichte und Römerzeit
Eine jungsteinzeitliche Siedlung lag südlich der Eisenbahn am Rande des Neusiedler Sees. Dort wurden hunderte Steinwerkzeuge oder Abfälle von deren Verarbeitung gefunden. Die Funde erstrecken sich auch auf die ausgehende Jungsteinzeit und die Kupferzeit. In zwei 1947 gefundenen Gruben der Badener Kultur wurden Gefäßbruchstücke und Tierknochen gefunden. Eindrucksvolle Gegenstände aus der Zeit der Badener Kultur sind große Tonschüsseln und ein Hängetopf. 1943 wurde am Südhang des Kalvarienberges in einem Grabhügel ein Skelettgrab geborgen, mit Gefäßen und Goldschmuck als Beigaben. Die beiden goldenen Ringe neben dem Kopf eines eher älteren Mannes werden heute als Zopfringe gedeutet. Auch zwei gut erhaltene Tassen mit breiten Bandhenkeln stammen aus diesem Grab. 1945 wurde beim Stellungsbau an der Ortsgrenze zu Weiden ein ausgedehntes spätjungsteinzeitliches Siedlungsgebiet der Badener Kultur angeschnitten, aber auch ein Hockergrab der frühbronzezeitlichen Wieselburger Kultur gefunden . 1950 wurden östlich des Deichtwaldls zwei Grabhügel ausgegraben, die zu einem mittel- bis spätbronzezeitlichen Gräberfeld mit einigen weiteren Hügelgräbern gehörten. Da die die Trasse der Autobahn über dieses Gräberfeld führte wurde 1992 eine Rettungsgrabung durchgeführt und dabei eine große bronzezeitliche Wohnsiedlung freigelegt, mit über 1000 Pfostensetzungen. 15 Häuser konnten nachgewiesen werden, die Siedlung war aber wahrscheinlich noch viel größer. Ein Langstreckhof mit 15 m Länge und 3-5 m Breite konnte rekonstruiert werden. In den Häusern wurden Reste von Ofenstellen, vor den Häusern Abfallgruben festgestellt. Auf den Zitzmannsdorfer Wiesen entdeckte 1926 Franz Mühlhofer, ein pensionierter Oberst der Wr. Neustädter Militärakademie, zahlreiche Grabhügel aus der Hallstattzeit. In einem der Grabhügel fand sich auch eine awarische Nachbestattung. 1938 fand man beim Rigolen auf der "Schanze" ein Skelettgrab der La Tène - Zeit. Zahlreiche weitere Streufunde stammen aus der Jungsteinzeit, Bronzezeit, Urnenfelderkultur und der Hallstattzeit.
Zahlreich sind die römerzeitliche Funde. Auf dem Siebenmahdhügel wurden schon 1887 27 römische Gräber und 1894 weitere 6 Gräber (Ziegelkisten-, Steinplatten-, Sarkophaggräber, freie Körperbestattungen) durch den "Historischen und Archäologischen Verein des Komitates Wieselburg" freigelegt. Im Hansági Museum von Mosonmagyaróvár ist eine der gefundenen Grabplatten ausgestellt. Sie stammt aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. und zeigt Herakles bei der Befreiung der Alkestis aus der Unterwelt.Die Inschrift weist die Verstorbenen als römische Bürger aus. Publius Aelius war einer höheren Beamten in Scarbantia (Ödenburg).1982 wurde eine weitere Steinplatte entdeckt, die aus dem 1. Jh. n.Chr. stammt und im 4. Jahrhundert für ein Steinplattengrab wiederverwendet wurde. Auf einem Grabstein aus der römischen Begräbnisstätte in den Zitzmannsdorfer Wiesen ist die Inschrift gut lesbar. Der Grabstein wurde von einer Claudia Candida, einer Freigelassenen, für sich und ihren Mann Septimius, ebenfalls ein Freigelassener, gesetzt. Claudia ist in der einheimischen, keltisch - boischen Tracht dargestellt. Einen keltischen Namen trug Flavia Vallauna, von deren Grabstein ein Stück gefunden wurde. Ein weiterer Stein ist besonders interessant. Er zeigt zwei Tubabläser, anscheinend Soldaten, und auf der Breitseite des Steines eine nackte Frau, vermutlich eine Tänzerin.
Aus der Völkerwanderungszeit stammen zwei sehr schöne, unversehrte Tonkrüge. Einer davon ist im Dorfmuseum Jois ausgestellt.
Literatur
- Pittioni Richard: Grabfunde aus Neusiedl am See. Bgld. MAG LXXIII-LXXVII. 1947.
- Ohrenberger A.: Grabfunde der frühen Bronzezeit im Burgenland. Burgenländische Forschungen 1951
- Mühlhofer F.: Das vor- und frühgeschichtliche Hügelgräberfeld bei Weisen am See im Burgenland. MAG LVII, Wien 1927
- Kaus Margarethe: Ein mittelbronzezeitliches Hügelgrab mit Caka - Nachbestattungen von Neusiedl /Hutweide. In: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien 1923/24, Wien 1993/94
- Ruttkay, Elisabeth: Das endneolithische Hügelgrab von Neusiedl am See. In: Morgenrot der Kulturen. Budapest 2003
- Kaus, Karl: Burgenland. Archäologie und Landeskunde. Opera Selecta. Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland 114. Eisenstadt 2006
Mittelalter
1074 schenkte König Heinrich IV., der Lehensherr des ungarischen Königs Salomon, dem Bischof Ellenhard von Freising einen Teil des Gebietes, das die Ungarn abtreten mussten. Das Gebiet von Potzneusiedl, Neudorf, Parndorf, Jois und Neusiedl wurde vielleicht schon damals von der deutschen Kolonisation und Mission erfasst. Rittsteuer vermutet, dass das heute als Prädium auf der Parndorfer Heide bezeichnete Gebiet freisingisch war und das Gebiet zwischen Wagram und See noch petschenegisch war. Neusiedel gehörte wahrscheinlich zum Siedlungsgebiet der Petschenegen, da es zwischen den urkundlich nachgewiesenen Petschenegengebieten, die 1203 von König Emmerich dem Stift Heiligenkreuz übergeben wurden, lag. (Winden, Mönchhof, Podersdorf). Um 1201 waren die Petschenegen schon verschwunden. Im Kampf zwischen König Salomon und Herzog Geisa wurden viele Petschenegen getötet. 1209 scheint der alte Name Sumbotheil (Samstagsplatz) für den Ort auf.
Andreas II. schenkte 1209 dem Chepan (Stephan von Poth) aus dem Geschlecht des bayrischen Grafen Bodo Boloct und Sumbotheil, die zur Burg Wieselburg gehörten. Boloct war vermutlich Pfingstagsmarkt, das im Spätmittelalter zur Wüstung wurde. Bela IV. schlug Sumbotheil wieder zu Wieselburg. Deshalb beklagte sich Corradus (Konrad) der Erbe Chepans, und erhielt den Besitz zurück. 1241 fiel der Ort dem Mongolensturm zum Opfer. 1282 scheint schon die Ortsnamensform Niusidel auf. Herzog Albrecht fordert in der Urkunde von 1282 seinen Ritter Stadekker auf, das Dorf Neusiedl, das dem Grafen Konrad von Ungarisch Altenburg gehört, in Ruhe zu lassen.
1301 wurde Neusiedl Witwensitz der ungarischen Königin Agnes. Diese war die Tochter Albrechts von Österreich und wurde 1296 gegen ihren Willen mit Andreas III. von Ungarn verheiratet. Als Witwensitz wurden ihr das Komitat Preßburg, die Schüttinsel und Neusiedl am See zugeteilt.1301 ging Karl Robert im ungarischen Thronstreit als Sieger hervor. Er ließ Agnes, die Witwe seines Vorgängers, festsetzen, musste sie dann aber auf Einspruch ihres Vaters Albrecht freilassen. 1301 kamen sie und ihre Stieftochter Elisabeth in Begleitung von Hermann von Landesberg nach Neusiedl, wo sie sich eine Zeitlang aufhielten. Unbekannt ist, wo sie Unterkunft fanden - im "Tabor" oder in einem Gebäude an der Stelle des späteren herrschaftlichen Schüttkastens, wo nach der Tradition ein "Schloss" stand. 1313 schenkte Agnes das Dorf Neusiedl der Kirche zum Hl. Adalbert in Gran, behielt sich aber ein lebenslanges Nutzungsrecht vor. 1322 erneuerte Agnes die Schenkung an das Kloster Künsfeld. Karl Robert machte aber dem Graner Kapitel den Besitz streitig. Agnes wandte sich an Papst Johannes XXII., der den König zur Rückgabe aufforderte. Der Besitz des des Domkapitels war bis Mitte des 15. Jahrhunderts umstritten. In der Urkunde von 1313 werden die Bewohner von Neusiedl als "Gäste" (hospites) bezeichnet, waren also Deutsche. 1209 und 1267 wird eine Mautstelle erwähnt. Der alte Name Sumbotheil (Samstagsplatz) weist auf einen Wochenmarkt hin.
1405 verwüstete Kanizsai mit seinen Leuten das Grenzgebiet in Österreich. Im Winter 1405/6 unternehm Herzog Wilhelm von Österreich einen Gegenschlag und traf in Neusiedl auf eine "Räuberbande", von der er 61 Leute gefangen nahm. Sie waren vermutlich Söldner. Einige von ihnen leisteten Urfehde und wurden wieder freigelassen.
1410 übergab nach Aussterben der Herrn von Pöttelsdorf König Sigismund deren Besitz an die Kanizsai, den Besitzern der Herrschaften Hornstein - Eisenstadt. Unter ihren Besitzungen wurden auch Liegenschaften in Neusiedl angeführt. Es waren dies vermutlich jene fünf Häuser, die später als "Esterhazysche Häuser" in Neusiedl eine Eigensträndigkeit innerhalb des Ortsverbandes hatten. 1427 hatten die Wolfart in Neusiedl Besitzungen. Judit (Gitta), die Witwe Pauls, des letzten Wolfart. heiratete Georg II. von St. Georgen. Damit kam Neusiedl in den Besitz der Grafen von St. Georgen - Bösing. Jedoch machten die Söhne einer Schwester des letzten Wolfart, Berthold Ellerbach von Eberau und Nikolaus Szechy (Neuhaus) Erbansprüche auf den Besitz ihres Onkels geltend. 1450 entschied der Judex Curiae zu ihren Gunsten. 1458 schloss der Ellerbacher mit dem Grafen von St.Georgen - Bösing einen Vertrag, der die Güter Neusiedl und Altenburg wieder in den Besitz der St. Georgener brachte. Der Ellerbacher wurde mit Liegenschaften in Neusiedl abgefertigt - wahrscheinlich wieder jene Häuser, die 1515 im Urbar der Herrschaft Eisenstadt mit acht Lehensfamilien aufscheinen. Im Eisenstädter Urbar von 1569 scheinen ein ganzes und 4 halbe Lehen in Neusiedl auf. 1459 urkundete Graf Sigmund von St. Georgen - Bösing in Neusiedl. Sigmund war Parteigangäer Kaiser Friedrichs III., wechselte 1462 jedoch zu Mathias Corvinus. 1470 verpfändte Sigmund einen Teil seiner Güter. Neusiedl kam 1481 um 1700 Gulden an Johann Rauscher. 1509 versetzten die St.Georgen-Bösinger um 4000 Gulden ihre Besitzungen in Rust, Jois, Nickelsdorf und Neusiedl an Amrosius Sárkán und Georg von Nagy-Palugya.
Frühe Neuzeit
1516 fiel nach dem Aussterben der St. Georgener die Herrschaft Ungarisch Altenburg an die Krone und damit an die Habsburger. Sie wurde als Witwensitz an die Königinwitwe Maria (1505 -1558), die Habsburger - Gemahlin König Ludwigs II.,der in der Schlacht von Mohacs gegen die Türken getötet wurde, übertragen. Maria, die anscheinend eine tüchtige Frau war, residierte in Ungarisch Altenburg. Sie förderte die Weinwirtschaft. Zur Herrschaft Ungarisch Altenburg gehörte damals noch Rust. 1529 konnte Maria für ihre Weine eine Mautfreiheit im ganzen Reich erlangen. Die drei Orte Neusiedl, Rust und Jois (Geoys) durften ein "N", "R" und ein "G" in ihre Fässer einbrennen. Maria hielt sich nachweislich mehrmals in Neusiedl auf, etwa 1528 anlässlich einer Jagdreise. Einige ihrer Verwalter dürften in Neusiedl Edelhöfe erworben haben, etwa Wolfgang Hiller, der in Neusiedl Dreißiger (Zolleinnehmer) war. Als Maria 1531 die Statthalterei in den Niederlanden übernahm setzte sie in Altenburg Rentmeister und Hauptleute ein, etwa Erasmus Perckhmayr, Ulrich von Eytzing, Jakob von Stamp und Zacharias Wochnitzki. 1548 verzichtete Maria auf die Herrschaft, die nun der niederösterreichischen Kammer unterstellt wurde. Einer der Hauptleute war nunmehr Erasmus Braun, der ebenfalls einen Edelhof in Neusiedl besaß.
Gegen die Türkengefahr wurden 1591 50 Mann zur Kriegsdienstleistung nach Ungarisch Altenburg angefordert. 1593 fasste man den Beschluss, dass je zwei Bürger einen Burschen vollkommen ausrüsten sollten. 1594 begann man nach dem Fall von Raab mit der Bewachung des Ortes. Am Tabor sollte ein Strohfeuer vor dem Herannahen des Feindes warnen und den Bewohnern die Möglichkeit geben, sich im Schilf oder in den Wäldern zu verbergen. 1596 mussten die Bewohner auf Befehl des Burghauptmannes Kollonitsch am See Schanzarbeiten ausführen. 1605 wurde auch Neusiedl von den Scharen Bocskays geplündert und zerstört, Kirche und Pfarrhof verwüstet. Der Pfarrer musste in einem "Stübl" im Rathaus untergebracht werden. Im Bethlenaufstand schloss sich der angesehene Bürger Sigismund Geyer den "Rebellen" an. Esterhazy entzog ihm seinen Hof, musste ihn aber nach dem Friedensschluss wieder zurückgeben. 1605 war Andre Oppitz Richter. Er übernahm 1620 die Stelle des königlichen Dreißigers.
Der Türkenzug von 1683 muss den Ort schwer in Mitleidenschaft gezogen haben. Es gab viele Witwen und Witwer. Im Praschbuch (Aufzeichnungen im Besitz der Familie Prasch, eine der drei Ortschroniken) heißt es: "Männer und Weiber, was zurückgeblieben, haben sich einander Gegentheil genommen geheiratet". Die Zahl der Geburten war 1684 extrem niedrig. 1703 - 1708, im Rakoczy - Aufstand, wurde der Ort von 8000 Kuruzzen unter Führung des Grafen Anton Esterhazy belagert, nach heftigen Widerstand eingenommen, geplündert und verwüstet. Die Bewohner, die ins Paulinerkloster geflüchtet waren, wurden niedergemetzelt. Über 200 der Verteidiger wurden getötet.
1625 erwarben die Harrach unter Ferdinand II. die Herrschaft Bruck a.d. Leitha. Karl Harrach war schon Hauptmann des Kammergutes als er die Herrschaft Ungarisch Altenburg verpfändet bekam. Sigismund von Harrach betrieb energisch die Rückkehr der Stadtbevölkerung zum Katholizismus. Als Pfandherrn von Ungarisch Altenburg versuchten sie ebenfalls, die Protestanten zurückzudrängen. In Neusiedl waren um diese Zeit der Richter und die Mehrheit des Rates Lutheraner. Im Banntaiding von 1630 verbot in Auftrag Harrachs der Herrschaftsverwalter das Auslaufen der Neusiedler nach Gols. Die Evangelischen mussten nunmehr die katholischen Gottesdienste in ihrer Pfarrkirche besuchen. Die desolate Kirche musste von Grund auf restauriert werden. Die Gemeinde musste unter dem evangelischen Richter Heinrich Schiltperger für die Kosten von 612 Gulden aufkommen. In dieser Zeit fanden auch in Neusiedl Hexenprozesse statt. 1631 etwa wurde Catharina Zieglerin "wegen geübter Zauberey zu Hungerisch Altenburg verprent".
Die Basis der Neusiedler Wirtschaft waren schon im Mittelalter der Weinbau und der Weinhandel. In der frühen Neuzeit war er weiterhin die wichtigste Erwerbsquelle, aber auch das Handwerk war gut entwickelt. Es gab Zünfte der Schneider, Schuhmacher, Binder, Wagner und Zimmerer. 1591 wird eine Maurerzeche erwähnt. Schmiede, Lederer, Tuchmacher, Weber, Sockenstricker, Bäcker und Hauer und andere Handwerker waren den Zünften in Bruck, Wiener Neustadt oder Wien angeschlossen. Nicht nur die Bauern, auch die Handwerker besaßen Weingärten. Der Ort hatte Weinhandelsprivilegien. Die Fässer mit Neusiedler Wein durften das "Markenzeichen" "N" tragen. 1529 erhielt der Ort für Wein ein freies Ausfuhrrecht, die Weineinfuhr war verboten. Die Edelhöfe hielten sich jedoch nicht daran. Vom Wein war der Zehent an den Bischof von Raab abzuführen. Einen Anteil erhielt auch der Ortspfarrer.
Das älteste Neusiedler Bergbuch stammt aus dem Jahre 1565. Es gab damals 712 1/2 Viertel Weingärten, zu 75 % im Besitz ortsansässiger Bauern. Ein Großteil der Weingärten waren "Hausweingärten", gehörten also zur Ansässigkeit. Die Weingartenarbeit wurde vielfach von "Hauern", die von auswärts kamen, gemacht. Der Weinbau erlebte im 19. Jahrhundert einen schweren Rückschlag. 1858 gab es weniger als 90 ha Weingartenfläche, 1865 117 ha. 1895 lagen von 263 ha nahezu 90 ha brach - eine Folge der Reblauskrise. Erst nach dem 1. Weltkrieg konnte sich der Weinbau erholen, es gab erste Vermarktungserfolge. 1937 gab es 246 ha Weingärten, 1955 295 ha, 1961 348 ha. 1982 bewirtschafteten 267 Betriebe 424 ha. 1994 bewirtschafteten 181 Betriebe 326 ha. Ein beträchtlicher Teil des Absatzes erfolgte über die Winzergenossenschaft, die aus dem Weinbauverein hervorgegangen war. Die Winzergenossenschaft wurde 1950 gegründet, 1954 ein Winzerkeller gebaut. Der Glykolskandal setzte auch den Neusiedlern zu. Nach dem Ende des Winzerverbandes musste auch die Neusiedler Winzergenossenschaft ihre Tätigkeit einstellen. Neue Formen der Vermarktung durch die innovativen Betriebe sind heute höchst erfolgreich.
Von geringerer Bedeutung war der Getreideanbau, hingegen war Neusiedl einer der wichtigsten Gtreidemärkte Westungarns.
Das früheste bekannte Neusiedler Urbar stammt aus dem Jahre 1525. Es wurde im Auftrag der Königin Maria vom damaligen Joiser Ortspfarrer Wolfgang Stromitzer engelegt. Die aufgezählten Bauern tragen ausschließlich deutsche Familiennamen. Das Urbar von 1546 wurde vom Herrschaftsverwalter Jakob von Stamp erstellt. An Hauszins waren 1546 pro ganzes Lehen zu St. Georgi und St. Michaeli je 50 Wiener Pfennige, am St. Gilgentag je 1 Gulden zu zahlen. Dazu kamen Wachgeld, die Seemaut und die Landmaut. Es gab 1546 1 ganzes, 5 Dreiviertel, 49 Zweiviertel und 21 Einviertellehen sowie 4 Hofstätten. Dazu kamen der Pfarrhof, 3 Benefizienhäuser (2 öd), 1 Badstube, 1 Schulhaus und 1 Halterhaus. Von den 5 Edelhöfen waren 3 ganze Lehen, 1 ein Fünfviertel und 1 ein halbes Lehen. 1555 gab es drei Freihöfe: Benedikt und Paul Zalka, Wolfgang Hyller und Marx, Propst zu St. Ulrich. In diesem Jahr werden eine Wachstube, eine Schuell und ein Halterhaus erwähnt. 1527 gab es in Neusiedl 5 Untertanen der Herrschaft Eisenstadt, 2 ganze Lehen und 3 halbe Lehen. Früher gehörte auch ein Edelhof zur Eisenstädter Herrschaft.1569 wurden nur mehr ein ganzes und 4 halbe Lehenshäuser verzeichnet. Sie dienten zusammen 15 Gulden. Zu ihrer Robot gehörten die Briefbotendienste zu den Esterhazyherrschaften jenseits des Sees. Ende des 16. Jahrhunderts besaß der Hauptmann von Ungarisch Altenburg, Erasmus Braun, einen Edelhof. Von der Robot für die Herrschaft Ungarisch Altenburg kaufte sich der Markt 1635 um jährlich 863 Gulden los.
1635 gab es 1 ganzes, 61 halbe, 2 Zweidrittel- , 9 Viertel- und 1 Fünftellehen sowie 30 Söllner. Zu einem halben Lehen gehörten 3 Joch Acker und 3 Joch Weingarten, dazu die Überlandgründe und Heu, soviel 10 Taglöhner an einem Tag abmähen konnten. 1662 wurde mit den Lippay ein Abkommen geschlossen: die Neusiedler erlegten jährlich 1000 Gulden für die Maut, brauchten aber keine Robot und keine Tafelgebühren leisten. Der Kirchenzehent wurde von der Grundherrschaft eingehoben, ein Teil davon stand dem Pfarrer zu.
Die Befragung anlässlich der Erstellung des Maria Theresianischen Urbars 1769 ergab, dass der Markt an Grunddienst, Robot und Tafelgeld 1417 Gulden 30 Kreuzer zu zahlen hatten. Sie mussten Sterbegeld, Abzugsgeld zu zahlen und 50 Eimer Bannwein der Herrschaft auszuschenken. Die Gemeinde hatte das Schankrecht in zwei Gemeindewirtshäusern, zwei Fleischbänke und einen Brotladen. Es gab fünf Jahrmärkte und Wochenmärkte. Als Beschwernisse werden in den Weingärten Mehltau, Hagel und Käfer angeführt. Die Böden wären schottrig und trocken. Der Wasserspiegel des Sees würde seit 10 Jahren ansteigen und die besten Haus-, Obst- und Weingärten überschwemmen. An durchschnittlicher Betriebsgröße werden 40 Pfund Weingärten und 12 Joch Acker sowie 22 Tagwerk Wiesen (in Zitzmannsdorf) angegeben. Dazu kamen 1792 Pfund Überlandweingärten und 236 Joch Äcker.
In der "Franzosenzeit" wurde díe Gemeinde immer wieder schwer belastet. 1793 mussten 246 Gulden Kriegssteuer bezahlt werden, 1794 500 Metzen Hafer abgeliefert werden. Pro Jahr musste der Ort 4 - 7 Rekruten stellen. 1805 mussten 10 679 Portionen Brot, 3319 Portionen Hafer und 6680 Portionen Heu an die Armee geliefert werden. Am 16. Mai 1809 sollten die Franzosen einziehen. Der Marktrichter Franz Basel konnte aber bei der Kommandantur in Bruck erreichen, dass nur 149 Mann nach Neusiedl verlegt wurden. Bald folgten neuerlich Einquartierungen. Die Gesamtkosten 1809 betrugen etwa 197 335 Gulden. Die Schulden des Marktes stiegen auf 92 000 Gulden. Nur langsam konnte sich der Ort wieder erholen.
Nach dem Urbar von 1515 hatte die Herrschaft Eisenstadt ebenfalls Besitzungen in Neusiedl: 2 ganze, 3 halbe, 1 Viertel- und zwei Achtellehen. Zwischen den Eisenstädter und den Altenburger Untertanen kam es wiederholt zu Konflikten. Vor allem zur Zeit der Pfandherrschaft der Harrach und dessen Regenten Martin Metzger kam es immer wieder zu Problemen mit der evangelischen Einwohnerschaft. 1635 fanden Verhandlungen zwischen Harrach und dem Kaiser über eine Rücknahme der Herrschaft statt. Eine kaiserliche Kommission zog Erkundungen über die wirtschaftliche Situation ein. Die Gemeinde beschwerte sich dabei über den Pfandherrn, wurde aber auf eine baldige Rücknahme der Pfandschaft vertröstet. Dazu kam es aber nicht. Unter den Lippay wurde der Markt zwar wirtschaftlich gefördert, aber auch sie setzten den Druck auf die Evangelischen fort. Um die Richterbestellung wurde gestritten.
1527 wurde Neusiedl als Witwengut der Königin Maria bestimmt. 1621 bis 1636 war der Markt an die Grafen Harrach, 1644 an den Grafen Caspar Lippay und anschließend an dessen Söhne Johann und Georg verpfändet. Caspar Lippay de Zombor zahlte 80 000 Gulden. Er besaß in Neusiedl auch drei Edelhöfe. Caspar Lippay war Präsident der ungarischen Hofkammer, sein Sohn Erzbischof von Gran und Reichskanzler. In der Zeit der Lippay starben 1645 etwa 550 Personen, mehr als ein Drittel der Bevölkerung von Neusiedl, an der Pest. 1679 waren erneut 43 Tote zu beklagen, 1689 6 Pesttote im Salitterhof. 1713 gelobten die Neusiedler eine Pestsäule, deren Gestaltung an den Kaisersteinbrucher Bildhauer Elias Hügel übertragen wurde (heute am Hauptplatz). 1831 brach auch in Neusiedl die Cholera aus. 58 Personen starben, davon 50 im Salitterhof. Die letzte schwere Seuche brach während des ersten Weltkrieges im Internierungslager aus. Damals starben tausende Serben an Typhus und Ruhr.
Die Lippay übergaben Neusiedl und Jois 1665/66 an Graf Paul Szechenyi. 1674 kaufte Szechenyi auch den Edelhof "Braunhof". Ab 1679 war Bischof Georg Szechenyi von Raab Pfandinhaber. Er übergab 1686 den Besitz den Jesuiten zur Errichtung eines Kollegiums in Budapest. Der Jesuitengeneral erhielt außerdem die drei Edelhöfe der Szechenyi im Markt. In Neusiedl kam es zu heftigen Konflikten zwischen dem Bischof und den Evangelischen. Deren Verlangen, dass die Hälfte des Rates mit Evangelischen besetzt werden sollte, wurde "zu ewigen Zeiten abgeschlagen und verworffen". Einige evangelische Familien verließen Neusiedl, ihre Güter wurden eingezogen. Am 31 August 1675 kam es zum Eklat. Die Gemeinde hatte beim Kaiser Beschwerde gegen den Bischof eingelegt. Dieser erschien persönlich in Neusiedl, wütete und drohte dem Richter. Die Gemeinde stellte sich jedoch geschlossen hinter ihren Richter Brenner, sodass der Bischof abziehen musste. Trotz der fürchterlichen Verluste und Schäden durch die Türken im Jahre 1683 verlangte die Grundherrschaft die vollständige Abgabe des Zehents und des Neuntels. 1695 übernahmen die Jesuiten auch die Verwaltung des Pfandbesitzes einschließlich der drei Edelhöfe für etwa 25 Jahre. Sie machten den Braunhof zu ihrem Verwaltungssitz. Johann Gottfried von Herdegen wurde als Verwalter eingesetzt.1718 löste die staatliche Ministerial Banco - Deputation das Pfand auf Neusiedl und Jois von den Jesuiten um 80 000 Gulden ein.
Zwischen Neusiedl und Weiden und Neusiedl und Podersdorf gab es immer wieder Grenzstreitigkeiten. 1696 entschied das Komitat über die Rückgabe eines Grenzgebietes zu Parndorf an Neusiedl. 1712 kam eine Grenzberichtigungskommission der Hofkammer nach Neusiedl. Um die Grenze zu Weiden (im Besitz des Raaber Domkapitels) wurde ebenso wie um die Zitzmannsdorfer Wiesen gestritten. Als 1778 die Neusiedler die Raitholzäcker, die von den Weidener als Weide beansprucht wurden, eskalierte der Streit zu einem Kampf mit schweren Verletzungen auf beiden Seiten. 1780 konnte der Streit beigelegt werden.
1746 ging die Herrschaft Ungarisch Altenburg in die Verwaltung der Ungarischen Hofkammer über. 1766 wurde die gesamte Herrschaft Ungarisch Altenburg von Kaiser Franz, dem Gemahl Maria Theresias, für den Habsburger Familienfonds gekauft. Sie gelangte 1788 in den Besitz von Erzherzogin Maria Christina, 1822 an Erzherzog Karl und 1847 an Erzherzog Albrecht. 1824 schickte der Gemeinderat den Marktrichter Andreas Semmelrock mit einer Delegation zum Oberregenten nach Ungarisch Altenburg mit dem Ersuchen, den Markt zur Freistadt zu erheben. Der Herrschaft sollte die Robot in Geld abgelöst werden. Auch an Erzherzog Karl wandten sich die Neusiedler, man wollte den Ortsnamen auf "Franko-Karolina" ändern. Zur geplanten Stadterhebung gab es Eingaben beim ungarischen Landtag, Interventionen von bezahlten "Hof-Agenten" bei der Ungarischen Hofkammer und sogar zwei persönliche Vorsprachen bei Kaiser Franz. Der Oberregent löste den Gemeinderat auf. Aber auch der neue Gemeinderat setzte diese Bemühungen fort. Eine Komitatskommission befürwortete das Ansuchen der Neusiedler mit den Argumenten, dass der Markt 2000 Einwohner hätte, ein Doktor der Medizin, ein Apotheker, 2 Chirurgen ansässig seien und die finanzielle Situation mit Einnahmen von 9700 und Ausgaben von 7500 Gulden günstig sei. Nunmehr sprach sich aber die Grundherrschaft gegen das Projekt aus und Fürst Esterhazy versagte seinen Neusiedler Untertanen überhaupt die Genehmigung. 1833 wurde das Ansuchen der Neusiedler endgültig abgelehnt. Erst 1926 wurde Neusiedl zur Stadt erhoben.
Im 19. Jahrhundert nahm der Markt zunehmend kleinstädtischen Charakter an. 1815/16 werden in einem Verzeichnis der Handwerker 69 Meister erwähnt, darunter 7 Schneider, 5 Zischmenmacher, je 4 Schnürmacher und Tischler, je 3 Kunstschmiede und Schlosser, Schuster, Tuchmacher, Wagner und Seiler. 29 der Betriebe hatten auch Gesellen. 1828 wurden 86 Handwerksmeister gezählt, 46 arbeiteten ganzjährig. 1862 gab es immerhin schon 24 Handelsbetriebe. 1876 war die Zahl der Handels- und Gewerbebetriebe auf 144 angestiegen. Um 1840 wurde eine Windmühle errichtet, 1872 nach einem Brand in Stein neu gebaut. 1906 kam sie in den Besitz der Familie Fekete. Später wurde auf Motorbetrieb umgestellt. Die Windmühle wurde erst 1983 abgetragen. 1876 entstand eine erste Dampfmühle. Sie wurde zuletzt von Jakob Rosenfeld, einen jüdischen Getreidehändler, betrieben. Die Ziegelei erlebte vor allem während des Kasernenbaues 1853 - 1856 eine Hochblüte. 1897 wurde von der "Neusiedler Dampfziegelfabrik AG" ein neuer, moderner Ziegelofen errichtet und 1925 vergrößert. In den 1930er Jahren stieg die Produktion bis auf 5 Millionen Ziegel pro Jahr. 1978 wurde der Ziegelofen stillgelegt. Nach dem Anschluss an Österreich ergriffen die Neusiedler Betriebe die Initiative zur Gründung einer gewerblichen Bezirksorganisation. Mit dem Stuhlrichteramt und dem königlichen Dreißigstamt gab es im Markt auch wichtige Behörden. 1914 wurde das neue Bezirksgericht erbaut. 23 Einwohner Neusiedls waren adelig, es gab drei Ärzte, einen Apotheker, einen Uhrmacher, einen Goldschmied und eine Buchbinderei. Die Bevölkerungsstruktur änderte sich erheblich. Die Bauern verloren an Gewicht und gerieten gegen Jahrhundertende in eine schwere wirtschaftliche Krise, nicht zuletzt wegen des Reblausproblems.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand auch in Neusiedl ein reges Vereinsleben. 1882 wurde die Freiwillige Feuerwehr gegründet, 1883 der "Hl. Elisabeth Armen - Verein", 1885 der Neusiedler Gesangverein, der nach dem Anschluss unter Obmann Mag. Adalbert Wolf zu einem gemischten Gesangverein unter der Bezeichnung "Germanennest" wurde, 1895 ein Verschönerungsverein und ein Fahrradverein. Ab 1892 erschien die "Neusiedler Wochenschrift. Der Blatteigentümer war der Advokat Dr. Koloman Erdös, ab 1895 Béla Horváth.
Zum Aufstieg Neusiedls trugen gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Errichtung der Kaserne 1854 - 56, 1873 erweitert, und der Anschluss an das Bahnnetz 1897 bei. Es entstanden zwei Bahnhöfe: einer an der Neusiedler Seebahn der Raab-Ödenburg - Ebenfurter Eisenbahn (Raaberbahn) und einer an der Linie Ödenburg - Preßburg. In der Kaserne wurden ein Kavallerieregiment, dann Husaren, Ing´fanterie und zuletzt das Jägerregiment 11 untergebracht. Sie diente als Unterkunft für den Assistenzeinsatz des Bundesheeres. 2007 wurde die Kaserne an Privátbesitzer verkauft.
Die Grundentlastung erfolgte durch einen Vertrag mit dem Grundherrn Erzherzog Albrecht . Die Weide wurde aufteilt, wobei zwei Drittel an die Gemeinde, ein Drittel an die Grundherrn (Herrschaft Ungarisch Altenburg und Esterhazy) entfielen. 1857 wurden die Rottgründe abgelöst. Der Großgrundbesitz wurde 1930 parzelliert. Das Prädium Neusiedl des Erzherzogs Friedrich mit einer Fläche von 241 ha wurde an 282 Käufer abgegeben. Heute werden die Güter Erzherzog Friedrichs in Neusiedl von der Güterdirektion Waldbott - Bassenheim verwaltet.
Marktschreiber, Marktrechte und Mauten
Neusiedl leistete sich schon seit Mitte des 16. Jahrhunderts einen ständigen Marktschreiber. In der langen Reihe der Marktschreiber finden sich einige bedeutende Persönlichkeiten, etwa Johanes Bertholdi aus Thüringen oder Paul Partenstain aus Nürnberg, beide evangelischen Glaubens. Johann Paul Fuchs war um 1600 Marktschreiber, Er hinterließ ein bedeutendes Vermögen, darunter auch viele Bücher. Adam Ferdinand Wittel war unter Szechenyi auch Marktrichter und geriet 1675 mit den Pfandherrn in einen Konflikt. Ab 1824 war Johannes Evangelist Hendl Notar. Gemeinsam mit Richter Semmelrock bemühte er sich vergeblich um die Stadterhebung. 1830 ließ er seinen Namen auf Fertöfy magyarisieren. Michael Hegy war über lange Zeit Notar. Sein Sohn brachte es bis zum Vizegespan von Wieselburg ...
Das Marktrecht bestand, wie der alte Ortsname Sumbothel (= Samstagsplatz, Samstagsmarkt) seit alter Zeit. Kaiser Maximilian bestätigte 1575 zusätzlich zwei Jahrmärkte, Ferdinand II. 1625 den Nikolausmarkt, Ferdinand III. 1648 einen weiteren Jahrmarkt und Leopold I. 1681 den Egidimarkt. Alle fünf Jahrmärkte wurden 1717 von Karl VI. nochmals bestätigt. 1922 wurde die Zahl der Jahrmärkte auf zwölf erhöht. Sie fanden jeweils am ersten Montag im Monat statt. Die Marktstandsgelder brachten dem Markt erhebliche Einnahmen.
Die Maut in Neusiedl war zeitweise verpachtet, etwa 1626 an die Juden Abraham und Marx. Die Gemeinde setzte später Tobias Umbundumb als Mautner ein. 1634 erließ Leonhard Carl von Harrach eine Marktordnung (Vectigal). Besonders wichtig waren die Mauten von den Getreide- und Heuwagen, die vom Heideboden nach Wien fuhren - im Jänner 1784 etwa 1154 Getreide-und 375 Heuwagen. 1651, unter Caspar Lippay, wurde das Mautrecht um 1000 Gulden jährlich an die Gemeinde übertragen.
Bauliche Entwicklung
Die Häuser des Marktes standen seit dem Mittelalter in zwei Zeilen entlang der Hauptstraße, mit einer Erweiterung beim Kirchanger. Der Markt war an beiden Seiten durch Tore abgeschlossen. Die gemauerten Scheunen an der Taborseite waren Teil der Ortsbefestigung, doch hatte Neusiedl keinen geschlossenen Mauerring. Die Südseite gegen den See konnte - wie etwa in der Kuruzzenzeit - durch einen mit Palisaden verstärkten Graben gesichert werden. Die beiden Tore waren mit einem Gatter versehen, daneben standen Wachterhäusel. Die Tore wurden also bewacht. Erst 1788 wurden die beiden Tore abgerissen, da die Heubauern mit ihren hoch beladenen Wagen nicht passieren konnten. An beiden Ortsenden gab es Salitterhöfe, am Obereen Tor (Wiener Tor, Brucker Tor) mit Kleinhäusern für die Salitterknechte. Im 16. Jahrhundert entstanden am Unteren Tor Holdenhäuser. 1618 ist ein "Spital", also ein Armen- und Siechenhaus, erwähnt.
Der Tabor, das Wahrzeichen der Stadt, ist keineswegs ein Römerbau, wie man früher annahm. Er entstand um das 14. Jahrhundert. Nicht geklärt ist, ob er als Wohnburg zweier ungarischer Königinnen (Agnes 1301 und Maria 1526) diente. In der Kuruzzenzeit war er Endpunkt der Verteidigungsanlage der "Alten Schanze". Im Mittelalter wurde der quadratische Turm aus Bruchsteinen errichtet und mit einem doppelten Wall- Graben - System umgeben. An drei Ecken sind später Rondelle gebaut worden, deren Reste noch erkennbar sind. Die Mauern der Turmruine sind drei Meter stark, die Höhe beträgt 8 m. Nach 1950 fanden Restaurierungen mit einer Erhöhung um 2 m an der Zugangsseite statt. Der Turm war ursprünglich mindestens dreigeschossig. Eine archäologische Untersuchung der Umgebung ist noch ausständig.
Die Edelhöfe (nach Sepp Gmasz in 800 Jahre Neusiedl a. See)
Vizkelettischer Edelhof, später Engel-Wirtshaus, heute Drogerie Fachmarkt. Das Gebäude diente lange Zeit als Rathaus. Im Urbar von 1546 war der Hof "Dreißigsthof". 1616 als des Herrn Geyer Edelhof bezeichnet; 1621 anlässlich der Konfiskation der Rebellengüter durch Nikolaus Esterhazy genannt; 1648 wird ein "Cartellischer Hof" genannt (wahrscheinlich nach Georg Cartelitsch, Vizegespan des Comitates); danach im Besitz von Franziscus Vizkeletti, Hofrichter des Bischofs Szechenyi. 1778 von der Gemeinde hekauft; Gemeindegasthaus mit Ratszimmer, dann Rathaus.
Brennerscher Edelhof, mit Uhrturm; früher Adler- Wirtshaus. 1466 schenkte König Matthias Corvinus seinem Getruen, dem böhmischen Söldner Hanusko, eine Session mit stirnseitigem Turm; 1472 an Johann und Peter Bécsházi; 1516 verkauften deren Töchter den Hof an Thomas Radendorfer, der noch 1546 Besitzer ist; 1548 geht der Hof an den Preßburger Dreißiger Wolfgang Hiller über, von König Ferdinand I. geschenkt. Hiller besaß auch den Gálffyschen Hof. 1629 wird Melchior Peringer, Hofkriegszahlmeister, Besitzer der Kurie. Er hat sie vom Ödenburger Johannes Serorius gekauft. 1692 verkauft Maria Magdalena Erndlin, Witwe nach Ferdinand Erndl, den Hof an den Dreißiger Mathias Pankratius Brenner. Weitere Besitzer waren der VIzegespan Michael Baczko und ein Barin Desheigny (Baron Defini oder Delfini genannt). Gegen seinen Salzhandel tritt die Gemeinde auf. 1712 kaufte die Gemeinde den "Defini Edlhoff" samt Grund um 6 500 Gulden. 1713 ist Andre Altmann der erste Pächter des "Wirtshauses zum Guldenen Adler".
Der Nadasdy Hof war Freihof, Kloster der Pauliner, dann Möbelhandlung und heute Büro- und Geschäftszentrum. Im Urbar von 1515 ist Christoph Pair mit einem Ganzlehen Edelhofbesitzer. 1565 wird Heinrich Scornye , dann ein Zweig der Nádasdy, 1613 ist die Familie Örsi im Pfandbesitz. 1630 erfolgt die Donation an Sigismund Örsi. Seine Witwe Judita ist die Mutter von Maria Köstvelesy, die in zweiter Ehe mit Georg Hamerla, oberster Hofbeamter von Franz II. Nadasdy verheiratet ist. 1686 schenkt Hamerla die Kurie den Paulinern, die den Hof 1689 zu einem Kloster umgestalten. An der Straßenseite errichten sie eine Kirche mit Turm. Nach der Auflösung des Ordens unter Josef II. gelangt der Besitz an Erzherzogin Maria Christina und ihren Gemahl Herzog Albert von Sachsen - Teschen. Sie überlassen ihn der Gemeinde zur weiteren Verpachtung. Die Gemeinde verpachtet Gebäudeteile an Privatpersonen, etwa an eine Tabakmacher und an dern Bezirksarzt Dr. Zoltan Szell. Die Kirche diente als Schüttkasten, dann ein Gasthaus. Im hinteren Gebäudeteil war der Deutsche Turnverein "Vier Burgen" untergebracht. Dann erwarb der Möbelhändler Alois Müllner das Gebäude. Sein Sohn ließ es niederreißen; heute Büros und Geschäftslokale.
Der Braunhof war zuletzt herrschaftlicher Schüttkasten. 1936 wurde er abgerissen und an seiner Stelle Wohnhäuser gebaut. Der erste Besitzer war ein Paul Polyak, nach dessen Tod fiel der Hof an die Krone. 1547 schenkte der Erzbischof von Gran als Statthalter des Königs seinem Getreuen Blasius Kiteratus, Notar von Stuhlweißenburg, dann Buchhalter des königlichen Dreißigst in Preßburg. Die Erben Polyaks machen jedoch Rechte geltend und setzen sich durch. 1568 übernehmen Johann Naptist de Ryso und seine Frau, eine Nachkommin Polyaks, den Hof. 1590 verkaufen Anna Rabenkopf und ihre Söhne den Hof dem Magnificus Erasmus Praun de Pyellachhag , Kriegsrat und Obristenkapitän der Festung Comorn und commissarius über die Grenzbauten in Ungarn und seiner Frau Ursula v. Neideck . Trotz späterer Besitzerwechsel behält das Gebäude den Namen Braunhof bis ins 19. Jahrhundert. Die Witwe Brauns heiratete Johann Friedrich Thür, der den Hof 1620 kaufte. Es fogte Stefan Aydenvieh (Ademffy). 1652 wird Caspar Lippay Besitzer, ab 1665 kauft Bischof Georg Szechenyi die drei Lippayschen Edelhöfe, darunter auch den Braunhof. Sie fallen an die Jesuiten. Später ist Michael Vas Besitzer dreier Edelhöfe (Baldinger Hof, Dreißigsthof und Braunhof). Der Braunhof fällt wieder an die Herschaft Ungarisch Altenburg und damit an Erzherzogin Marie Christine und Albert von Sachsen - Teschen-Anfang des 19. Jahrhunderts wird das riesige Gebäude zu einem Schüttkasten umgebaut.1936 ließ die Gemeinde unter Bürgermeister Kast den Hof abreißen.
Der Gálffy Hof war im Besitz des königlichen Beamten Wolfgang Hiller. 1622 schenkte Kaiser Ferdinand II. dem Mathias Hußár einen Hof ;1629 an Matthias Gattermayr verkauft; 1633 an Egregius Georg Valentin Dobner, 1658 an Egregius Adam Gálffy., 1665 an Bischof Georg Szechenyi und dann an die Jesuiten. 1757 erwirbt die Gemeinde den Hof um 4 500 Gulden. Er wird zum Gemeindewirtshaus mit dem Namen "Zum goldenen Lämpl".
Der Baldinger Hof hat seinen Namen nach dem Dreißiger Markus Walticher. 1546 war Christoph Khapler Besitzer, 1565 Gabriel Diack. 1616 wurde der Hof "Ungerhof" genannt. Kurzzeitig waren vermutlich Jesuiten aus Preßburg in seinem Besitz. 1638 erwirbt der Preßburger Dreißiger Markus Walticher, später Güterdirektor des Palatins Nikolaus Esterhazy, den Hof. Mit der Grundherrschaft erhielt Caspar Lippay 1644 auch mehrere Edelhöfe, darunter auch der Baldinger Hof, der jedoch dem früheren Besitzer Georg Hamerla zugesprochen wird. Dieser verkauft ihn Georg Szechenyi. 1756 kauft die Gemeinde den Hof und verkauft ihn an den Wirt Franz Ziegler. Später kommt er an den Glasermeister Michael Mörtz, 1802 an Franz von Angerffy. 1807 kauft ihn der bürgerliche Eisenhändler Michael Wolf in dessen Familienbesitz er lange Zeit bleibt.
Der Dreißigsthof war im 16. Jahrhundert Sitz des Dreißigers. Er war ursprünglich ein Halblehenshaus . Könif Ferdinand befreite den Hof für die Verdienste des Heinrich Scornye, Burghauptmann von Bruck. Nach dessen Tod fiel der Hof wieder an die Krone und wurde als Dreißigstamt benützt. 1774 kaufte Nikolaus von Namesbach, Obrist Wachtmeister, den Hof, seine Schwester verkaufte ihn 1793 an Christian Kopitsch. Die Familie betreibt eine Lebzelterei.Später kommt das Haus an den Deutsch Jahrndorfer Müllermeister Gabriel Nemeth und dann an den Wundarzt Franz Schwarz, 1873 an Anton Rauchbauer, an Georg Kummer , an die Familie Natz und schließlich in Pöchhacker - Leinerschen Besitz.
Die fünf "Esterhazyschen Häuser": Dazu gehörten das ehemalige Stöcklhaus (Druckerei Horvath) und das einstige "Stuhlrichterhaus" oder der "Palatinische Edelhof". Sie gehen vermutlich auf die Besitzungen des Garlach von Beusiedl zurück, der 1358 zwei Erbloehen an Thomas von Pöttelsdorf verkaufte. Um 1417 gehörten sie den Kanizsai, zur Herrschaft Eisenstadt, und wechselten mit dieser zu den Esterhazy. Das Urbar der Herrschaft Eisenstadt von 1527 nennt fünf Häuser. Die Inhaber leisteten ihre Abgaben nach Eisenstadt, hatten also eine Sonderstellung im Dorfverband, woraus sich immer wieder Spannungen ergaben. Der größte Hof war der ehemalige "Palatinische Hof". Einer der Besitzer war der kaiserliche Rat Johann Bernhard Gottfried von Herdegen, ferner der Vizegespan Andreas von Nunkovics und Johanna von Albeck. Der Oberstuhlrichter Geza Hanniker heiratete in die Besitzerfamilie Heiling ein, daher Stuhlrichterhaus. Hanniker war ein engagierter Gegner des Anschlusses des Burgenlandes an Österreich.
Zeitgeschichte
Eine überaus wichtige Rolle spielte Neusiedl im Kampf um den Anschluss Deutschwestungarns an Österreich. Der Markt war ein Zentrum der deutschbewussten Agitation, zunächst für die Autonomie und dann für den Anschluss an Österreich. Am 1. Dezember 1918 fand in Neusiedl die erste "Deutsche Volksversammlung" statt, auf der die Autonomie für Deutsch Westungarn gefordert wurde. Mit dem Rechtsanwalt Dr. Amon und dem Apotheker Mag. Adalbert Wolf kamen zwei der bedeutendsten Persönlichkeiten der Anschlussbewegung aus Neusiedl. Amon und Wolf gründeten 1918 die Deutsche Volkspartei, die im Februar 1919 auf Vierburgenländische Deutsche Autonome Volkspartei unbenannt wurde. Wolf schloss sich dem Deutschen Volksrat für Westungarn an. In der Rätezeit wurde er verhaftet, musste aber nach Protesten der Bevölkerung freigelassen werden. Nach dem Sieg der Gegenrevolution wurde er erneut verhaftet und wegen "Hochverrates" zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. 1922 trat er der Großdeutschen Volkspartei bei und zog 1922 als deren Abgeordneter in den Landtag ein. 1923 wurde er Bürgermeister.
Die Landwirtschaft hatte bis in die Nachkriegszeit noch immer einige Bedeutung. 1951 gab es noch 365 Betriebe, heute sind es nur mehr 70. Die wirtschaftliche Entwicklung in der Nachkriegszeit war auch in Neusiedl durch einen markanten Strukturwandel gekennzeichnet. In der Landwirtschaft wurden immer mehr Arbeitskräfte freigesetzt. Der Gemüseanbau - Zwiebeln, Gurken, Paradeiser und besonders der Neusiedler Häuptlsalat erlebten einen Aufschwung. Der Gemüseanbau spielte schon im 17. Jahrhundert eine Rolle. 1851 wurde ein Verein zur Verbreitung der Obstbaumpflege gegründet. 1930 gründeten 32 Neusiedler Gemüsebauern eine Genossenschaft, die vor allem die Vermarktung des Majorans besorgte. 1950 wurden über 10 ha Majoran angebaut und amit die Hälfte des österreichischen Bedarfes gedeckt. Für den Gartenbau war von Bedeutung die 1927 gegründete Gemüseanbau - Versuchsanlage der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt Wien- Schönbrunn. Zunehmend wurden auch Heil- und Gewürzpflanzen, etwa Majoran, angebaut. Es entstanden Berufsgärtnereien (Egermann) und große Blumengärtnereien ( Nyikos, Fekete). Für den Absatz sorgte eine Gemüseverwertungsgenossenschaft. In jüngster Zeit hat die Gartenwirtschaft an Bedeutung verloren, die Flächen wurden zum Teil als Bauplätze verkauft. 1963 wurde die SCANA - Gemüseverarbeitungs GmbH gegründet, die 1995 167 Beschäftigte hatte. Sie wurde nach einem Brand der Betriebsanlage eingestellt.
Um 1900 bestanden 148 gewerbliche Betriebe, zumeist Kleinbetriebe.In den 1950er Jahren gab es noch viele Kleidermacher, Schuhmacher, Bäcker, Fleischer und Arbeiter im Bau- und Baunebengewerbe. Auch diese Gewerbezweige wurden allmählich überflüssig, der Handel wurde immer wichtiger. Dementsprechend änderte sich das Geschäftsleben der Stadt, die für die Versorgung mit Gütern des gehobenen Bedarfs und mit Investitionsgütern für Landwirtschaft und Haushalte an Bedeutung gewann. In den 1990er Jahren gab es über 200 konzessionierte Betriebe, darunter 41 Betriebe des Gastgewerbes ( Gasthäuser, Konditoreien, Pensionen, Hotels).
Die Entwicklung des Fremdenverkehrs begann schon in der Zwischenkriegszeit. Vor allem die Zahl der Tagesgäste stieg rasch an. Mit der Schmalspurbahn zum See besaß die Stadt von 1928 bis 1939 eine eigene Straßenbahnlinie. 2006 bis 2014 war eine Stadtbuslinie in Betrieb.
Heute ist Neusiedl mit dem Großraum Wien bestens verbunden, über die Autobahn A 4, 2007 wurde die Autobahnverbindung Neusiedl - Preßburg (A4/A6) eröffnet. . Die Hauptsaison für den Tourismus liegt, bedingt durch das Strandbad, im Sommer, wobei hier überwiegend Besucher aus dem Großraum Wien, aber auch zahlreiche Gäste aus dem süddeutschen Raum die nahe gelegene Möglichkeit zum Schwimmen, Windsurfen, Kitesurfen und Segeln Vom Frühjahr bis in den Spätherbst hinein ist Neusiedl am See, dank der günstigen Verkehrsanbindung, ein beliebter Ausgangspunkt für Radtouren in der Region Neusiedler See. In den Wintermonaten sorgt außerdem der für Wochen geschlossen zugefrorene See für zahlreiche Eislauf- und Eissegel-Touristen.
Die Saliterproduktion reicht weit zurück. Am Oberen Tor gab es einen Saliterhof und am unteren Ende des Marktes eine Saliterhütte. Es gab nur wenige alteingesessene Industriebetriebe, darunter die Neusiedler Dampfziegel AG, 1926 gegründet. Sie war die größte Ziegelei des Landes. Die Schilfrohrverarbeitung der Gebrüder Müller wurde stillgelegt. Früher gab es zwei Mühlen. Die Schrotmühle Fekete war eine Windmühle mit einem turmartigen Gebäude, das abgerissen wurde. Die Rosenfeldmühle wurde nach dem 1. Weltkrieg als Dampfmühle eingerichtet. Sie brannte 1930 ab und wurde1946 aufgelassen.
Heute sind in der Stadt zahlreiche Gewerbe- und Handelsunternehmen ansässig. An der Autobahnausfahrt entstand seit dem Ende der 1990er Jahre ein großer Gewerbepark mit einem Technologiezentrum. Unmittelbar an Neusiedl am See angrenzend befindet sich in Parndorf ein Designer Outlet Center mit dutzenden Geschäften von Modemarken. Seit 2006 besitzt Neusiedl am See ein eigenes Shoppingcenter namens „Pannonia“. Diese beiden Wirtschaftsparks sind als Arbeitgeber von größter Bedeutung.
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war durch große Infrastrukturinvestitionen gekennzeichnet. Ab 1958 wurde die Wasserleitung gebaut, ab 1954 die Kanalisation. Schon im 19. Jahrhundert bestand die Buchbinderei Schaffus. Sie wurde von leopold Rußke übernommen, der ab 1855 eine Konzession für den Verkauf von Gebets- und Schulbücher verfügte. Auch kroatische Kalender wurden gedruckt. Béla Horváth baute eine Druckerei aus. Er druckte zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften, u.a. das Neusiedler Wochenblatt und den Pfarrboten für den katholischen Heideboten.
Die politische Entwicklung
Im ausgehenden 19. Jahrhundert dominierten die "Liberalen". Spitzenkandidat im Wahlbezirk Neusiedl war Dr. August von Pulsky. Ihnen stand die "Neusiedler Wochenschrift" nahe. In Neusiedl gehörten der Pfarrer Carl Horak und die Ärzte den "Liberalen" an. Vertreter der klerikalen und antisemitischen "Volkspartei" war in Neusiedl Dr. Julius von Fehérváry. Mit Johann Zalkai, dem Redakteur der "Westungarischen Volkszeitung" , machten sich 1896 auch die Sozialdemokraten bemerkbar. Nach der Jahrhundertwende wurde unter Ignaz Till eine Parteiorganisation aufgebaut.
Die Magyarisierung wurde so wie auch in anderen Gemeinden von Amtsreägern, Pfarern und Lehrern betrieben. Öffentliche Ämter und Behörden wurden immer mehr mit magyarisch gesinnten Personen besetzt. Die Protokolle der Ratssitzungen waren bis 1898 in Deutsch geschrieben, ab 1905 nur noch ungarisch. 1895 fand auch in Neusiedl eine große patriotische Milleniumsfeier statt. Proungarisch waren der Pfarrer Stephan Bekwffy und der Notär Alexander Toth. Gegen die Magyarisierung wandte sich der Eisenhändlersohn Adalbert Wolf, der in Wien als Student in Kontakt zu deutschnationalen Kreisen kam. Im Neusiedler Gesangverein fand er einen Wirkungskreis. Die Konflikte mit den magyarisch gesinnten Beamten häuften sich. Bekeffy wurde 1919 durch den Pfarrer Johann Thullner ersetzt. Sein Kaplan Lasi8slaus Stehlik wurde wegen seiner deutschen Gesinnung verfolgt. Thullner gehörte zum Kreis um den Prälaten Alexander Gießwein, der gemäßigt christlichsozial war und dür die deutsche Autonomie eintrat. Seit 1906 war er Abgeordneter des Wieselburger Wahlkrieses . Nach dem Anschluss an Östereich war Thullner, der in Kantakt zu Seipel stand, als einer der ganz wenigen proösterreichischen katholischen Geistlichen einer der wichtigsten christlichsozialen Politiker des Landes.1927 bis 1929 war er Landesrat, 1929/30 sogar Landeshauptmann, dann Labdtagspräsident. 1933 musste er alle politischen Funktionen zurücklegen.
Die Autonomiebewegung hatte in Neusiedl ihr wichtigstes Zentrum, mit Mag. Adalbert Wolf und dem Rechtsanwalt Dr. Karl Amon als bedetendste Persönlichkeiten. Amon schloss sich der "Ungarländischen Deutschen Volkspartei " an. 1910 kandidierte er für sie vergeblich bei den Reichsragswahlen. Amon war wahrscheinlich der Schöpfer des Begriffes "Vierburgenland" und damit der Vater des Landesnamens. In der Freischärlerzeit musste er nach Wien fliehen. Er übersiedelte schließlich nach Wien, wo er 1942 starb. Mag. Adalbert Wolf aus der angesehenen Neusiedler Kaufmannsfamilie studierte in Wien Pharmazie, war Hochschulassistent und leistete ab 1915 Kriegsdienst. Er war der Gründer der "Deutschen Volkspartei", die im Februar 1919 in "Vierburgenländische Deutsche Autonome Volkspartei" umbenannt wurde. Im September 1919 wurde er verhaftet, verbrachte ein Jahr in Untersuchungshaft und wurde zu zweieinhalb Jahren Kerker verurteilt. Erst zu Silvester 1921 wurde er entlassen und trat der Großdeutschen Volkspartei bei. 1922/23 war er Landtagsabgeordneter, vorübergehend auch Bürgermeister von Neusiedl. Eine Apothekenkonzession wurde ihm verwehrt. 1925 ging er nach Wien, wo er 1937 die "Vierburgenland- Apotheke gründete.
Am 18.11. 1918 rief Wolf einen "Deutschen Volksrat" aus. Am 19. 11. versammelten sich im Adler-Gasthaus Delegationen aus 11 Gemeinden. Es wurde dien "Entwurf über die Errichtung der Landes-Autonomie für Deutschwestungarn , von Amon ausgearbeitet, vorgelegt, in der erstmals die Bezeichnung "Vierburgenland" auftauchte. Das ungarische Parlament gewährte die Autonomie, freilich ohne sich dann an die Zusagen zu halten.
Nach der Machtübernahme durch die "Weißen" unter Horthy gingen die Behörden gegen die Österreich - Freunde vor. Wolf kam ins Gefängnis, am 30 September folgte eine weitere Verhaftungswelle, die tewa Viktor Horvath und Julis Seeberger traf. Viele andere konnten noch rechtzeitig nach Österreich fliehen. Auch Pfarrer Thullner musste fliehen.
Nach dem Anschluss an Österreich dominierte die Christlichsoziale Partei: 1923 741 Christlichsoziale, 401 Sozialdemokraten und 332 Großdeutsche. Anton Horvath von den Christlichsozialen und Adalbert Wolf zogen in den Landtag ein. In der ersten Gemeinderatswahlen 1923 erhielten die Christlichsozialen 527, die Sozialdemokraten 433 und die Großdeutschen 227 Stimmen. Wolf wurde mit Unterstützung der Sozialdemokraten zum Bürgermeister gewählt. Er blieb es bis September 1924 und wurde dann durch einen Mißtrauensantrag Horvaths abgewählt. Anton Horvath wurde Bürgermeister, bald aber von Franz Haider abgelöst. 1926 erfolgte die Erhebung Neusiedls zur Stadt. 1927 erhielten die Christlichsozialen 740, die Sozialdemokraten 686 und die Großdeutschen 344 Stimmen. Haider blieb Bürgermeister. 1926/27 wurde der Ort elektrifiziert, 1929/30 ein neues Postamt gebaut, 1933 ein Zubau zur Hauptschule. 1936 wurde der Schüttkasten demoliert. Die Gemeinde kaufte das Salitterschlössel und machte daraus ein Armenhaus.
"Ständestaat", Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
In der Wahl von 1930 gab es 1017 Christlichsoziale, 581 Sozialdemokraten, aber auch schon 122 Wähler der NSDAP. Die Auseinandersetzungen mit den Nationalsozialisten nahmen zu, im Stadtrat zwischen Bürgermeister Horvath, der auch Betriebsführer der Dampfziegelei war, und Josef Meinhardt, Beamter am Bezirksgericht. Der Bürgermeister verweigerte Manhardt die Anerkennung als Gemeinderat der Deutschen Wirtschaftspartei, mit der Begründung, dieser sei Nationalsozialist. Am 3. Mai 1931 fand eine Gemeinderatswahl statt. Der Stimmenanteil der Sozialdemokraten ging von 38 % 1927 auf 26 % zurück, der der Christlichsozialen stieg von 42 auf 54 %. Die NSDAP erreichte 20 %. 1932 wurde Josef Kast Bürgermeister. Er war ab 1933 auch Ortsleiter der Vaterländischen Front. Nach dem Verbot der NSDAP am 19. Juni 1933 ging die Partei in den "Untergrund". Währen des Februaraufstandes 1934 wurden Soldaten des Feldjägerbataillons zu Rad Nr.1 aus Neusiedl in Kapfenberg und in Wien beim St. Marxhof eingesetzt. Vier Tote und 12 Verwundete waren zu beklagen. In Neusiedl kam es zu keinen Kampfhandlungen mit den Sozialdemokraten. Allerdings wurden die führenden Nationalsozialisten verhaftet und in das Anhaltelager Wöllerdorf gebracht, etwa Dr. Wilhelm Schneider, der vom Februar bis Mai im Anhaltelager bleiben musste, und Josef Meinhardt sowie der Ortsgruppenleiter Josef König. Schon im August 1933 wurde Dipl. Ing. Anton Silbernagel angezeigt und verhaftet. Nach seiner Freilassung reiste er im September nach Ungarn aus, wo er sich bis Feber/März 1934 aufhielt. Dann reiste er nach Deutschland weiter. Die österreichische Staatsbürgerschaft wurde ihm deshalb aberkannt.
Nach dem erzwungenen Ausscheiden der Nationalsozialisten und der sozialdemokratischen Gemeindevertreter war der Gemeinderat nicht mehr beschlussfähig. Kast wurde als "Gemeindeverwalter" eingesetzt. Die Vaterländische Front als einzig zugelassene politische Bewegung wurde durch folgende Funktionäre repräsentiert: Bezirksführer war der Hauptschuldirektor Jakob Mädl, Bezirkswerbeführer der Bezirksschulinspektor Anton Frisch und Ortsgruppenleiter Josef Kast. Am 21. Mai 1934 besuchte Bundeskanzler Engelbert Dollfuß Neusiedl am See. Ansprachen hielten Dollfuß, Mädl und der Landesleiter der Vaterländischen Front, Adalbert Riedl. Am 19. Juli 1935 löste Landeshauptmann Sylvester den Gemeinderat auf und ernannte 19 neue Mitglieder des "Gemeindetages". Kast blieb Bürgermeister, Vizebürgermeister wurde Viktor Horvath.
Die illegale NDSAP erhielt regen Zulauf, etwa im Deutschen Turnerbund. Sie verteilten den "Österreichischen Beobachter" und bemalten Hauswände mit Hakenkreuzen. Besonders spektakulär war die allerdings vorzeitig entdeckte Enthüllung einer großen Hakenkreuzfahne an der Joiser Pfarrkirche, die im Juli 1937 zur Dollfuß - Gedächtniskirche geweiht wurde. und noch mehr die Aktion vom 26. auf den 27. Jänner 1938, als drei riesige, auf dem Tabor aufgemalte Kruckenkreuze in Hackenkreuze umgewandelt wurden. Im Jänner/Feber 1938 verstärkten die Nationalsozialisten ihre Aktivitäten, etwa indem sie die Schaukästen der VF zerstörten und Fenster einschlugen.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Josef Meinhardt Bürgermeister, Stefan Göschl Vizebürgermeister. Der Anschluss an Deutschland wurde mit einer großen Veranstaltung gefeiert. Kast, Mädl und Anton Frisch wurden verhaftet, letzterer für 13 Monate, davon 11 im KZ Dachau. Die Abstimmung über den Anschluss erbrachte 100 % Ja-Stimmen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen waren zunächst sehr positiv, die Arbeitslosigkeit wurde beseitigt, die Weinpreise stiegen und der Ziegelofen konnte mit Volldampf arbeiten. Ortsgruppenleiter der NSDAP war Josef König. 1938 nahmen am Reichsparteitag in Nürnberg 38 Personen aus Neusiedl teil, neben König auch der Organisationsleiter Felix Mirwald, Johann Aufner und Stefan Göschl. 1940 wurde König zur Wehrmacht eingezogen, Meinhardt wurde Ortsgruppenleiter, 1944 abgelöst von Ing. Viktor Handlinger. Neusiedl verlor den Sitz als Bezirksvorort, der Bezirk wurde dem Kreis Bruck a.d.Leitha eingegliedert. Der Kreisleiter von Bruck war der Neusiedler Dipl. Ing. Anton Silbernagel.Im August 1939 wurde die Gemeinde Weiden a. S. an Neusiedl angeschlossen. Im Oktober 1939 wurden die Schwestern vom Göttlichen Erlöser aus dem Kloster ausgewiesen, eine Volks- und Hauptschule für Knaben und Mädchen wurde eingerichtet.
Im Zweiten Weltkrieg hatte Neusiedl 147 Gefallene und 68 Vermisste zu beklagen, 500 Neusiedler kamen in Kriegsgefangenschaft. Gegen Kriegsende wurde auch in Neusiedl am "Südostwall" gebaut. Vom Kalvarienberg auswurde über die Parndorfer Platte ein 31 km langes Panzergrabensystem gegraben. Die Ostarbeiter waren in den Scheunen untergebracht, bei katastrophaler Versorgung. Im Kloster wurde ein Lazarett eingerichtet. Gegen Kriegsende flüchteten etwa 259 Erwachsene und 100 Kinder aus Neusiedl nach Westen. Der Volkssturm verweigerte den Einsatz. Am 3. April 1945 erfolgte der Einmarsch der Russen, nach kurzen Kämpfen. Im Gefolge der Besetzung kam es zu Morden, Selbstmorden, zahlreichen Übergriffen und Vergewaltigungen, Plünderungen der Häuser. Haustiere, Lebensmittel, Futter, Fahrzeuge usw. wurden "beschlagnahmt". Als Bürgermeister wurden Anton Horvath und ab April von den Russen Jakob Kast eingesetzt. Geza Horvath, ein früherer Dachauhäftling, wurde "Polizeichef", er und seine "Ortspolizei" misshandelten frühere Nationalsozialisten schwer. Die Bevölkerung wurde teilweise zu Reparaturarbeiten, etwa am Flugfeld Parndorf, herangezogen. In Neusiedl bestand eine russische Kommandantur, die Kaserne war von der Sowjetarmee belegt.
Die Neusiedler Juden, 1938 27 Personen, waren voll in das Geschäftsleben und auch in die Gesellschaft integriert. Die Familie Schwarz besaß eine Holzhandlung, die Familie Wallenstein ein Schnittwarengeschäft, ebenso die Familie Krausz mit 8 angestellten Schneiderinnen. Die Familien Rosenfeld und Löffler betrieben eine Dampfmühle, Dr. Erwin Friedl war Rechtsanwalt. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme mussten die Juden Neusiedl verlassen bzw. wurden abtransportiert. Einige Familien gingen nach Wien und dann nach Ungarn. Ihre Geschäfte wurden "arisiert" oder liquidiert, Treuhänder oder kommissarische Leiter eingesetzt, etwa für den Betrieb des Salomon Wallerstein. Dieser wurde schließlich liquidiert. Jakob Rosenfeld war zusammen mit Alexander Löffler INhaber der Sampfmühle. Er importierte Weizen aus Kanada. Er bekam einen Großauftrag von den Konsumvereinen und beschäftigte 12 Mitarbeiter.Im März 1938 verließen Rosenfeld und Löffler Neusiedl, zunächst nach Wien, Anfang 1939 flohen sie nach Ungarn. 1944 wurden die Familien nach Auschwitz deportiert. Nur Eva Rosenfeld und ihre Mutter überlebten in einem Außenlager des KZ Buchenwald. Die Mühle brannte während des Krieges ab. Eva Rosenfeld - Dutton verkaufte das Wohnhaus in Neusiedl an die Landwirtschaftskammer. Auf dem Areal der Mühle entstand die Landwirtschaftliche Fachschule für Mädchen. Die übrigen Familienmitglieder kamen ebenso wie die anderen Neusiedler Juden in den Konzentrationslagern um. Der Euthanasie fielen ebenfalls einige Personen aus Neusiedl zum Opfer.
Die Maßnahmen gegen die früheren Nationalsozialisten zeigten, dass 367 Personen, 9 % der Gesamtbevölkerung, Mitglieder von NS- Organisationen waren. In Neusiedl wurde im Gemeindestadel ein Anhaltelager für Nationalsozialisten errichtet. Etwa 65 Personen wurden inhaftiert und zur Zwangsarbeit herangezogen. Gegen vier Neusiedler wurden "Volksgerichtsprozesse" eingeleitet: gegen Josef Meinhardt, Josef König, Viktor Handlinger und Josef Stagl. Einige Zeugen, auch ehemalige politische Gegner, sagten zu Gunsten von Meinhardt aus. Er wurde zu drei Jahren schweren Kerkers und Verfall des gesamten Vermögens verurteilt. 1948 wurde er bedingt entlassen.
Die Zeit nach 1945
Die ersten Nachkriegsjahre waren auch in Neusiedl durch Hunger, Lebensmittelrationierungen, Schleichhandel geprägt. Erst gegen Ende 1947 trat nach einer guten Ernte eine leichte Entspannung ein. 1945 kehrten die meisten Klosterschwestern zurück, der Unterricht wurde wieder aufgenommen. Die Leitung der Huptschule übernahm Mädl. Im Winter 1947 wurde eine Landwirtschaftliche Fachschule für Burschen eingerichtet, zunächst behelfsmäßig untergebracht. 1956 wurde das Areal der Rosenfeldmühle angekauft. 1961 wurde die Schule in eine Landwirtschaftliche Schule für Mädchen umgewandelt. Straßenbau und Kanalisation waren die wichtigsten Aufgaben der Gemeinde. 1948 bis 1951 wurde beim Saliterhof die neue Bezirkshauptmannschaft errichtet, 1951 beim Exerzierplatz eine große neue Siedlung mit etwa 85 neuen Häusern errichtet. Ab 1952 begann der Aufbau des neuen Strandbades mit einer Zufahrt zum See. Bürgermeister in dieser Zeit waren Kast und dann Mädl. 1950 wurde die Biologische Station am See eröffnet. Sie brannte 1960 ab und wurde 1971 nach Illmitz verlegt. 1957 entstand an der Stelle des alten Kantorhauses ein neues Pfarrheim. 1966 wurde die neue Taborvolksschule eröffnet. 1977 das Hallenbad eingeweiht, 1979 erfolgte der Spatenstich für das neue große Schulzentrum. 1978 wurde die Städtepartnerschaft mit Deggendorf in Bayern begründet, 1988 wurde der neue Kindergarten (Taborkindergarten) eröffnet. 1994 die ehemalige Gemüsehalle in eine Veranstaltungshalle umgestaltet, 2002 ein neues Feuerwehrhaus eröffnet, 2003 das Segel-Leistungszentrum, 2004 das Technologiezentrum. 2007 wurde eine Biomasse - Fernwärmeanlage gebaut.
Der Fremdenverkehr, das Beherbergungswesen und eine hervorragende Gastronomie sind für Neusiedl ein wichtiger Wirtschaftszweig. Erste Ansätze zu einem Badebetrieb gab es schon im 19. Jahrhundert. Die ersten Anlagen wurden als Pfahlbauten errichtet und wurden durch eine Kleinbahn mit dem Ort verbunden. In der Zwischenkriegszeit kamen bereits viele Tagesgäste aus Wien. Ab 1926 begann der Ausbau des Seebades. Auch einige Hotels entstanden schon damals, etwa 1925 das Seehotel Mikesch und 1923 die Hotelrestauration Leiner. Ein Stadt -Baderestaurant brannte aber in den 1930er Jahren ab. 1938 bis 1945 bestand eine Seesportschule der Hitlerjugend. Sie und das Seerestaurant wurden 1945 zerstört. In den 1960er Jahren wurden viele Privatquartiere ausgebaut. Die heutigen Anlagen entstanden ab 1955 - 1960 nach umfangreichen Aufschüttungen. Sie wurden seither ständig erweitert. Das Strandbad wurde neu angelegt, das Seerestaurant wieder aufgebaut. 1986 verkaufte die Gemeinde das Seerestaurant. Es wurde abgerissen und neu aufgebaut. In den 1970er Jahren wurden schon 15 000 Jahresgäste gezählt. Nach Einbrüchen bei den Besucherzahlen musste in Richtung Qualitätstourismus umstrukturiert werden. Mitte der 1990er Jahre wurde das Seebad generalsaniert. Moderne Hotels und Gastronomiebetriebe entstanden, etwa das Hotel Wende, ein großes Vier- Sterne-Hotel als Seminar- und Tagungshotel. Mit der "Mole West" entstand 2004 ein bekanntes Haubenlokal direkt am See. Einen Aufschwung erlebten die verschiedenen Wassersportarten - Segeln, Surfen und Kiten. Regelmäßig werden Segelregatten veranstaltet.
1959 fand der Erste Neusiedler Gladiolenkorso statt, 1960 nahmen bereits 60 Fahrzeuge teil. 500 000 Glasiolen von der Gärtnerei Fekete in Deutsch Jahrndorf wurden verarbeitet. In den 1960er Jahren zählte das Gladiolenfest bis zu 70 000 Besucher. Nach 1969 wurden die Feste eingestellt. Ab 1988 wurd jährlich das Neusiedler Stadtfest veranstaltet. Das Kulturleben der Stadt wird stark vom Verein "Impulse" geprägt, mit Konzerten Kabarett, Lesungen. Das "Weinwerk" steht als Veranstaltungsraum zur Vefügung und der Kulturstadel im Ethofer Haus. Unter den 152 ein getragenen Vereinen sind der Fußballverein NSC 1919, der Yachtclub, die Schwimmunion und natürlich die Stadtfeuerwehr von besonderer Bedeutung, dazu der Stadtchor und die Stadtkapelle, die Volkstanzgruppe, der Verein zur Erforschung der Stadtgeschichte und der Kulturverein Nördliches Burgenland.
Neusiedl war und ist eine bedeutende Schulstadt. 1966 wurde ein großes neues Volksschulgebäude, die Taborschule, errichtet. Die Hauptschule wurde 1928 als Bürgerschule für Knaben gegründet, ab 1938 war sie eine Hauptschule für Knaben und Mädchen. Weitere Klassen und ein Turnsaal wurden dazugebaut. Ein zweigeschossiger Zubau 1970 erwies sich bald wieder als zu klein. 1996 wurde der Hauptschulneubau im Bundeschulzentrum eingeweiht. Sie wird als Sporthauptschule mit großzügigen Sportanlagen geführt. Die Schwestern von der "Kongregation vom Göttlichen Erlöser" in Ödenburg gründeten schon 1874 in Neusiedl eine Kinderbewahranstalt und einen Klosterkindergarten. Bald darauf wurde eine Volksschule für Mädchen eingerichtet. In den 1920er Jahren kam eine private "Bürgerschule für Mädchen" mit Internat hinzu. 1938 bis 1945 war die Klosterschule eingestellt. Nach der Wiederaufnahme waren auch hier Erweiterungsbauten notwendig. Die heutige Volksschule ist vierklassig. An der römisch-katholischen Hauptschule wurden 2008/9 231 Mädchen in 10 Klassen von 15 Lehrerinnen unterrichtet. 1960 wurde die Landwirtschaftliche Fachschule als Internatsschule errichtet. Aus ihr wurde die vielseitige dreijährige Fachschule für Agrar- und Familienmanagement. Sporthauptschule, Politechnische Schule und Gymnasium sind im großen Bundeschulzentrum untergebracht, ebenso die Handelsalkademie und das "Pannoneum". Das Gymnasium wurde 1965 als Expositur des Gamnasiums Eisenstadt in Räumen der alten Volksschule geründet, danach in verschiedenen Notquartieren untergebracht. 1972 wurde es im Neubau zu einer selbständigen Schule - heute mit 900 Schülern und 95 Professoren eines der größten Gymnasien des Landes. Die Handelsakademie und Handelsschule wurden in Akademie der Wirtschaft umbenannt. Ab 1997 kam die "Vino-HAk" dazu, mit zusätzlicher Ausbildung im Bereich Weinbau und Agrarmanagement. Ab 1981 bestand die Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe, dazu eine dreijährige Hotelfachschule und schließlich die Höhere Lehranstalt für Tourismus, das "Pannoneum", mit 880 Schülern in 28 Klassen. Auch eine große Musikschule besteht in Neusiedl, mit mehreren Filialen. Sie ist in der sanierten alten Volksschule untergebracht.
Stadtentwicklung und politische Entwicklung in der Nachkriegszeit
Seit 1945 erfolgte eine enorme Ausweitung der Stadt, durch Einfamilienhäuser in Richtung Süden, zum See hin, am Kirchberg und auch entlang der Hauptstraße in beide Richtungen. Ab Anfang der 1970er Jahre entstanden vermehrt Mehrfamilienhäuser und Ende der 1980er Jahre zahlreiche Wohnhausanlagen, von den Siedlungsgenossenschaften errichtet. Auch Reihenhaussiedlungen entstanden vermehrt. Die jüngere Siedlungsentwicklung ging in Richtung Norden. Nach der Auflassung der Ziegelei entstand der Wohnpark Haniftal, eine große Siedlung mit Wohnungen und Reihenhäusern. Ein Wohnpark ist auf dem Gelände der 2002 abgebrannten Konservenfabrik Scania geplant. Beim Segelhafen West entstand eine Siedlung am Wasser, durch Bootskanäle direkt mit dem See verbunden. In den 1960er Jahren wurde das Betriebs- und Industriegebiet um das Betriebsgebiet Prädium erweitert, Supermärkte, Einkaufszentren und das Technologiezentrum entstanden in verkehrsbegünstigter Lage. Auf das Ortaszentrum wirkte sich die Abwanderung vieler Geschäfte an den Stadtrand freilich negativ aus.
In der Nachkriegszeit dominierte die ÖVP mit einer starken Mehrheit: 1950: ÖVP 1279, SPÖ 813, KPÖ 25 und Volksopposition 32 Stimmen; Der VdU hatte 1953 61 Wähler. 1954, 1958 und 1962 änderte sich wenig am Stimmverhältnis. 1962 wurde Nikolaus Titz Bürgermeister, 1967 DI Hans Halbritter. 1972 war das Stimmenverhältnis ÖVP : SPÖ 1639 : 748, im Jahre 1977 1686 : 785. 1982 zeichnete sich erstmals eine leichte Verschiebung zugunsten der SPÖ ab: 1413 : 1112. Die FPÖ erhielt 77 Stimmen. 1987 verloren beide Großparteien an Stimmen, eine Bürgerliste erhielt 218 Stimmen, konnte diese aber 1992 nicht halten: ÖVP 1523, SPÖ 929, FPÖ 112, Bürgerliste 99. 1997 wurde Kurt Lentsch neuer Bürgermeister. Die Gemeinderatswahlen brachten 1997 für die ÖVP 1599, die SPÖ 883 und die FPÖ 232 Stimmen, 2002 für die ÖVP 2079, die SPÖ 1237 Stimmen. 2007 bekamen die Grünen 269 Stimmen. die ÖVP 1880, die SPÖ 1182. Bürgermeister blieb Lentsch. In den folgenden Gemeinderatswahlen erreichte die ÖVP 2007 53,62 %, 2012 45,49 % und 2017 40,63 %, die SPÖ 2007 33,71, 2012 38,44 und 2017 37,97 % der Stimmen. Die FPÖ konnte 2017 7,96, die Grünen 9,97 % erzielen. Von 1967 bis 1997 waren Johann Halbritter und bis 2017 Kurt Lentsch von der ÖVP Bürgermeister. Seit 2017 ist Elisabeth Böhm von der SPÖ Bürgermeisterin Sie setzte sich in der Stichwahl am 29. Oktober 2017 gegenüber dem Kandidaten der ÖVP, Thomas Halbritter, mit 53,81 % der Stimmen durch. Böhm war zuvor ab 2002 als Gemeinderätin, seit 2007 als Stadträtin und seit 2012 als Vizebürgermeisterin tätig. Der Stadtrat umfasst neben Bürgermeisterin Elisabeth Böhm (SPÖ), den Vizebürgermeister Thomas Halbritter (ÖVP), Ingeborg Berger (ÖVP) und Isabell Lichtenberger (SPÖ).[
Bevölkerungsentwicklung
Im 19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg stagnierte die Bevölkerung: 1821 1727 Einwohner, 1842 2182, 1890 2899, 1923 2764. Die Auswanderung war - verglichen mit anderen Dörfern des Seewinkels - relativ gering. von 1860 bis 1893 wanderten 55 Personen nach Amerika aus. Der Anstieg von 1900 war auf die Kaserne mit 409 Soldaten zurückzuführen. Ab 1991 begann der rasche Anstieg der Einwohnerzahl auf heute über 8000 Personen. Nach der nationalen Zugehörigkeit waren die Neusiedler immer überwiegend Deutsche, 1900 und 1910 gab es etwa 700 Magyaren. Ihre Zahl ging 1923 auf 125 und 1951 auf 24 zurück. Nach der Konfession war die überwiegende Mehrheit nach der Gegenreformation Katholiken. Erst ab 1900 stieg die Zahl der Evangelischen wieder leicht an. Die Evangelischen haben in Neusiedl heute eine eigene Kirche. 1900 lebten in Neusiedl 61, 1934 37 Juden. Es gab kaum Auswanderung.
Die sozialökonomische bzw. berufliche Struktur der Bevölkerung war bis 1951 durch einen hohen Anteil der Landwirtschaft von etwa 700 Personen gekennzeichnet. Der Anteil der in Gewerbe und Industrie Beschäftigten stieg von 1900 bis 1951 von 295 auf 532 Personen, der in Handel und Verkehr Beschäftigten von 79 auf 200, der in Freien Berufen und im öffentlichen Dienst Beschäftigten von 70 auf 110. Die Erhebung zum Bezirksvorort und die vielen neuen Schulen wirkten sich entsprechend aus.
Die heutige Situation ist durch eine starke Zuwanderung gekennzeichnet. Die günstige Verkehrslage und die hohe Lebensqualität, das Bildungs- und Freizeitangebot sind attraktive Faktoren. Die Bevölkerung Neusiedls wächst weiterhin stark (siehe Grafik rechts).
Pfarre und Kirche
1313 war Neusiedl mit Sicherheit eine Pfarre. Sogar der Name des Pfarrers, Nikolaus, ist bekannt. Es wird angenommen, dass die Gründung der Kirche auf das Kloster St. Gallen zurückgeht. Die romanische Pfarrkirche zum Hl. Gallus wurde 1460 bis 1464 durch einen gotischen Kirchenbau ersetzt, die dem Hl. Nikolaus geweiht wurde. 1529 und 1605 wurde die Kirche niedergebrannt, 1633 -36 erneuert und vergrößert, 1683 erneut zerstört. 1735 -37 entstand die Kirche in ihrer heutigen Form. 1872 wurde das Kloster der "Töchter vom göttlichen Erlöser" gestiftet und 1910/11 ausgebaut.
Neusiedl war über mehr als 100 Jahre ein bedeutendes Zentrum des evangelischen Glaubens. Unter dem Schutz der evangelischen Burghauptleute von Ungarisch Altenburg konnte sich die evangelische Lehre in Neusiedl lange Zeit behaupten. Schon 1529/30 war ein Joannes Daxs ex Newsidell in Wittenberg inskribiert. Wahrscheinlich kam er mit Unterstützung der Königinwitwe Maria, die sich ja zeitweise in Neusiedl aufhielt, nach Wittenberg. Maria stand mit Luther in Briefwechsel. 1564/65 war Michael Reitter "Prädikant und Pfarrherr allhier". 1570 wird er nochmals genannt. Sein Nachfolger Heinrich Aigenmann war 10 Jahre lang Pfarrer und wurde dann vertrieben. Unter ihm gab es auch einen evangelischen Lehrer. Die Pfarrkirche war in den Händen der Protestanten. Bis 1583 wurden Prädikanten und evangelische Richter von Erasmus Braun unterstützt. Seine Nachfolger als Burghauptmänner, Hans Breiner, 1583 bis 1601, und Oktavio Gauriani (bis 1716) waren Katholiken und förderten die Gegenreformation.
Nach der Vertreibung Aigenmanns setzten Richter und Rat von sich aus einen evangelischen Prediger ein und kamen für dessen Bezahlung auf. Der Klosterrat in Wien verlangte aber die Bezahlung von 590 Gulden an Schulden, den Ertrag der Pfarrweingärten und den Zehent. Daraufhin wurde auf Betreiben Erzherzog Ernsts und des Bischofs Draskovich 1582 der Propst und Kanoniker von Raab Adam von Ankherreit in Neusiedl als Pfarrer und Erzpriester (Dechant) eingesetzt. Schon bald kam es zu Konflikten zwischen ihm und den evangelischen Einwohnern. Ankerreit beklagte sich über den Zustand der Kirche, die "ausgeplündert" war. Er musste sich sogar die kirchlichen Paramente in Eisenstadt und Ödenburg ausborgen. Es kam zu gegenseitigen Beschuldigungen von Richter und Rat einerseits und dem Pfarrer andererseits vor Erzherzog Ernst und vor dem Hauptmann Erasmus Braun von Ungarisch Altenburg. Ankerreit beschuldigte die Bürger unter Marktrichter Lorenz Bernhard, dass diese insgeheim einen Prediger hielten, ihre Kinder von diesem taufen ließen und die evangelischen Gottesdienste in Gols besuchten. Ankerreit konnte die Absetzung Bernhards durchsetzen, dessen Nachfolger Hans Schuster war aber ebenfalls Lutheraner. Auch dem katholischen Schulmeister machten die Neusiedler Schwierigkeiten und hielten einen eigenen evangelischen Lehrer. Ankerreith bat um die Entsendung von Kommissaren, kam jedoch wegen der Neubesetzung der Joiser Pfarre in einen Konflikt mit dem Klosterrat. Erzherzog Mathias kritisierte Ankerreit wegen Vernachlässigung seines Dekanates. 1592 legte Ankerreit die Pfarre Neusiedl und auch die Erzpriesterstelle nieder. Auch sein Nachfolger Angreas Stecker war "von den Ersten tag seiner Installation daselbst ganz Uebel tractiert, mit steinen und Prügeln exzipirt und empfangen worden, als dass Er bey dem altar unnd auf dem Predigtstuehl nit sicher gewest". Auf Anstiften des Dreißigers Tschortner wurde er von 50 Protestanten im Pfarrhof eingeschlossen. Er beklagte sich beim Klosterrat. Der Marktrichter verlangte von ihm, er möge sich nicht darum kümmern wessen Predigt die Bürger hören, wo sie ihre Kinder taufen sich kopulieren lassen oder die Sakramente empfangen. Das gehe den Pfarrer nichts an. Der Pfarrer fügte sich unter der Bedingung, dass seine Einkünfte nicht geschmälert würden. 1593 machte er aber erneut Vorhaltungen, dass sich trotz des Verbotes im Ort "sektische Prediger" aufhalten. 1595 verließ er anscheinend Neusiedl. Sein Nachfolger wurde Johann Baptist von Bonamico, Prediger für die Deutschen an der Raaber Bischofskirche. Er war ein guter Redner und führte ein vorbildliches Leben, musste aber ebenfalls in vielen Belangen den Evangelischen nachgeben. Er hielt sich nur vier Jahre im Ort. 1599 erhielt der Pfarrer von Jois, Andreas Puchberger, entgegen den kirchlichen Vorschriften vom Gemeinderat die Pfarre. Damit wurden Nuesiedl und Jois vereinigt. Um sein bedeutendes Vermögen stritten sich nach seinem Tod die beiden Gemeinden. In der Frage der Erbschaft wurden auch schwere Anschuldigungen gegen den Ortsrichter Oppitz erhoben. Nachfolger wurde der bisherige Pfarrer von Ragendorf, Jakob Kestner, dann Martin Ringer, der in Ingolstadt studiert hatte, bisher Pfarrer von Leithaprodersdorf. Er bemühte sich um die vernachlässigten Pfarrgründe und die von den Kuruzzen zerstörte Pfarrkirche. 1610 erhielt der Doktor der Medizin Paul Grill, der sich zum Priester weihen ließ, die beiden Pfarrstellen, mit der Auflage, in Jois einen Kaplan zu unterhalten. Nach einigen Jahren verschwand Grill und schloss sich dem Johanniterorden an. Die beiden Pfarren wurden wieder getrennt. Georg Steuenius wurde Pfarrer in Neusiedl, wurde aber abgesetzt und musste den Ort mit seinem Schulmeister verlassen. Der Richter befürwortete die Ernennung des Pfarrers von Kroisbach, Sebastian Sutor. In seinem Schreiben stellte er fest, dass der "wenigste thail der gemain Catholisch" ist. 1623 ging Sutor ab und die Gemeinde berief wieder einen evangelischen Prediger, Wilhelm Fromb. Er musste aber nach Eintreffen des Prämonstratenser - Chorherrn Georg Wittmann 1624 den Ort verlassen.
Ab 1630 ließ Karl Harrach durch seinen Regenten Martin Metzker auf einem Banntaiding das "Auslaufen" der Evangelischen verbieten. Die Protestanten mussten alle Verpflichtungen, wie sie für Katholiken vorgesehen waren, übernehmen, "obwohl sie es hinsichtlich der Religion privat halten könnten wie sie wollten". 1628 bis 1640 gab es ständig Konflikte, die katholischen Pfarrer wechselten häufig. Unter Pfarrer Johann Aichmiller (1633 - 1638) und dem Marktrichter Heinrich Schiltberger, der wie die meisten Ratsmitglieder evangelisch war, herrschte aber gutes Einvernehmen. 1636 hielt der Erzpriester von Raab eine Visitation ab und stieg dabei nicht im Pfarrhof, sondern beim Marktrichter ab. Unter Pfarrer Ambrosius Melbinger (1641 - 1655) gewann der Katholizismus an Boden. Unter den Lippay hatten die Evangelischen keine Möglichkeit, Gottesdienste in der Kirche abzuhalten. Sie beriefen einen neuen Prediger, der im Hause des Richters wohnte und in der Scheune des Bäckermeisters Stabhinger predigte, Melbinger ging gegen ihn vor und er musste entlassen werden.Auf dem Preßburger Landtag 1647 wurden den Protestanten einige Kirchen zurückgegeben. Die Kirche von Neusiedl a.S. verlangten sie allerdings vergeblich.Den Neusiedler Evangelischen wurde aber ihre Religionsfreiheit, die ihnen von Harrach entzogen worden war, zugesichert.Sie stellten einen Prediger an, der in einer Scheune Gottesdienst hielt. Dagegen lief Pfarrer Melbinger Sturm, unterstützt von Lippay. In einer gesonderten Verhandlung des Landtages wurden die Zugeständnisse an die Neusiedler zurückgenommen, gegen den Anwalt der Neusiedler, Stephan Vitnyedy, wurde sogar Anklage erhoben. 62 Neusiedler wurden ihres Lebens und ihrer Habe für verlustig erklärt, dann aber zu einer sehr hohen Geldstrafe "begnadigt". Ein neuerlicher Versuch, eine Kirche zu bauen und einen Pfarrer anzustellen - wie es der Preßburger Landtag vorsah - scheiterte ebenfalls. Nach der Visitation von 1659 hielten sich die Protestanten und Katholiken ungefähr die Waage. Die Evangelischen besuchten die Gottesdienste in Gols. Unter Pfarrer David von Hirschental gingen die Pfandherrn Lippay und Szechenyi energisch gegen die Evangelischen vor. Auf dem Banntaiding von 1666 forderten sie, dass die Hälfte der Ratsmitglieder katholisch sein musste. Ein Hilfspriester, der von der Rosenkranzbruderschaft gestellt wurde, ist im Türkenjahr 1683 verschollen. 1705 wurde Pfarrer Matthias Palkovich von Kuruzzen erschossen.
Während des großen Drucks, der im "Trauerjahrzehnt auf den Evangelischen lastete, kam es auch zur Abwanderung von Evangelischen.1674 ist der Wagner Michael Rech "wegen der Reformation mit Weib und Khindt haimblich enrwichen", der Weber Thomas Keiblinger zog mit seiner Familie weg. Sein Eigentum wurde eingezogen, sein Haus verkauft, ebenso das Haus des Matthias Wildhaber. In einer Visitation von 1696 wurde festgestellt, dass alle Einwohner wieder katholisch sind. Aber noch 1716 wurde im Gemeinderat festgestellt, dass man nicht dulden wolle, dass man heimlich zusamenkomme und die verbotene Religion pflege. Laut Ratsprotokoll wurde den Neusiedlern im Oktober 1716 mitgeteilt, dass "den lutherischen Glaubens Exercitium, dass die haimblichen Winkelzusammenkunfften gänzlich verbotten seyn sollen". Es gab also anscheinend auch noch nach 1715 Zusammenkünfte evangelischer Christen, obwohl nach dem Visitationsbericht von 1696 alle Einwohner katholisch waren. Dann allerdings zeigten die Bemühungen der katholischen Kirche, das Aufleben der barocken Frömmigkeit, die Tätigkeit der Klöster und besser ausgebildeter katholischer Pfarrer Wirkung. Das Toleranzedikt Josefs II. hatte keine Auswirkungen, die Bevölkerung war wieder gut katholisch. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Zahl der Evangelischen durch Einheirat und durch den Zuzug von evangelischen Volksdeutschen wieder zu, 2001 waren es 338 Personen. Die evangelische Gemeinde Gols errichtete in Neusiedl zunächst eine Predigtstation mit Gottesdiensten in der Hauptschule. 1987 konnte eine kleine evangelische Kirche eingeweiht werden. Neusiedl wurde eine Tochtergemeinde der Muttergemeinde Gols. 1989 wurde ein Golser Pfarrer im Schuldienst mit Sitz in Neusiedl eingerichtet.
Die Pfarrkirche wurde unter Richter Heinrich Schiltperger und Pfarrer Aichmiller 1633 - 1636 instand gesetzt, der Turm erneuert und die Einrichtung barockisiert. Die Gemeindevertretung trug die Baukosten. 1683 wurde die Kirche niedergebrannt. Die Erneuerung erfolgte mit Unterstützung des Dreißigers und Vizegespans Matthias Pancraz Brenner, ein zweiter Altar wurde vom Marktrichter Peter Floridan gestiftet. Nach der neuerlichen Verwüstung 1708 wurde die Kirche 1735 erweitert, das Kirchenschiff um etwa 10 Meterverlängert. 1737 begnn man mit dem Bau eines neuen Turms.
Das Neusiedler Paulnerkloster entstand an der Stelle des Braunerhofes.1667 wurde der Freihof um 2000 Gulden vom Hofbeamten Nadasdys, Hamerla, und seiner Frau Maria, geborene Köstvélyesi, gekauft. Sie ließen 1687 eine kleine Kirche bauen, Zellen für die Klosterinsassen und einen geräumigen Speisesaal. Zur Klosterstiftung gehörten 10 Joch Grund und 5 große Weingärten sowie Besitzungen in Gols. 1688/89 übergaben die Hamerla die Stiftung den Paulinern. Sie wurde vom Prior des Wandorfer Klosters Pater Viktorian Kopp und Pater Andreas Weihnacht übernommen. Nach dem Tod des Stifters machten seine Schwester und deren Sohn Erbansprüche geltend. Die Pauliner setzten sich aber durch. Die "weißen Väter" vom Braunerhof hatten zur Bevölkerung von Neusiedl wenig Kontakt, wurden aber mit Legaten bedacht. 1705 wurde das Kloster von den Kuruzzen angezündet. 1708 wurden die in das Kloster geflüchteten Neusiedler niedergemetzelt. Der Prior, Pater Michael Gallway, konnte sich in den Schilfgürtel retten. Das Kloster erwarb angrenzende Häuser und richtete eine Schule ein. 1786 wurde das Kloster von Josef II. aufgehoben. Gebäude und Grundstücke kamen in den Besitz der Erzherzogin Christina. 1815 ersuchte das Marktgericht, die Niederlassung den Piaristen zu übergeben. Später versuchte Prälat Johann Thullner, eine Jesuitenniederlassung zu gründen. Beide Pläne scheiterten1934 verkaufte Erzherzog Friedrich den Besitz. Aus der Kirche wurde ein Gasthaus, aus dem Refektorium ein Pferdestall, nach 1922 ein Turnsaal. In jüngster Zeit wurden Privatwohnungen eingebaut.
Unter Pfarrer Heinrich Aigenmann war der gebürtige Franke Adreas Ammon evangelischer Lehrer. Er wurde vertrieben und war anschließend noch zwei Jahre in Raab tätig. Der nachfolgende katholische Lehrer hatte Probleme mit der evangelischen Bevölkerung. 1789 wurde eine "Normalschule" eingerichtet. Die Kinder wurden im Kantorhaus neben der Kirche, später im alten Rathaus unterrichtet. 1856/57 bestand eine dreiklassige Pfarrschule. Ab 1911 wurden die Mädchen von Klosterfrauen unterrichtet. 1872 stiftete Maria Strauby, geborene Lederer, eine Niederlassung der Schwestern vom Göttlichen Erlöser. Die Schwestern führten einen Kindergarten, dann auch eine Arbeitsschule und ab 1877 eine private Mädchenschule. 1929 wurde eine Bürgerschule für Mädchen eröffnet, ab 1930/31 mit Internat für 20 - 30 Mädchen. 1938 übersiedlte die Knabenschule in das Kloster. 1938 wurde die Mädchenschule geschlossen, 1945 wieder eröffnet. Die Knabenschule kam 1945 wieder in das alte Schulgebäude. Die Klosterschule umfasste ab 1945 wieder einen Kindergarten, eine Mädchenvolks- und Hauptschule. Seit 1928 besteht eine öffentliche Hauptschule für Knaben und Mädchen, seit 1935 eine Berufsschule. Das Gymnasium wurde 1965/66 eröffnet, die Handelsakademie 1975. Es besteht auch eine Höhere Lehranstalt für Wirtschaft und Tourismus (Pannoneum).
An öffentlichen Einrichtungen bestehen de Bezirkshauptmannschaft, das Bezirksgericht, ein Polizeiposten und die Bezirksstelle des Roten Kreuzes. Die seit dem 19. Jahrhundert bestehende Berger - Kaserne wurde noch bis 2006 im Rahmen des Assistenzeinsatzes des Bundesheeres genutzt, dann aber aufgelassen. Das Hauptgebäude ist denkmalgeschützt. Der übrige Teil wurde abgetragen und das Gelände mit Reihenhäusern bebaut.