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Istvan Széchenyi

 

Stefan Széchenyi entstammte der ungarischen Hochadelsfamilie, die auch im Ödenburger Raum reich begütert und in der Geschichte des westungarisch-burgenländischen Raumes eine wichtige Rolle spielte. Sein Vater Franz Szechenyi schenkte 1802 seine großen Sammlungen der ungarischen Nation und wurde damit zum Begründer der ungarischen Nationalbibliothek und des Nationalmuseums. Seine Mutter Julianna entstammte der Familie Festetics. Ihr Bruder Georg Festetics gründete 1797 in Kesthely die berühmte Agrarhochschule Georgicon. Der Bildungsweg Istvan Széchenys war merkwürdig. Mit 12 Jahren konnte er noch kaum lesen, später holte er jedoch auf und beherrschte 6 Sprachen, am besten Deutsch und Französisch, Ungarisch hingegen nur mangelhaft. Seine Tagebücher verfasste er überwiegend auf Deutsch. Seinen Staatsdienst begann er beim Militär, wobei er sich wiederholt auszeichnete, etwa in der Völkerschlacht von Leipzig. Eine Beförderung zum Major lieb jedoch aus, worauf er den Militärdienst quittierte.

Szechenyi begab sich ab 1914 auf weite Reisen. Vor allem England wurde für ihn zum großen Vorbild, vom Lebensstil der Oberschicht bis hin zur Industrialisierung. 1827 etwa veranstaltete er das erste Pferderennen Ungarns. Er wurde durch die Schriften von Jeremy Bentham und Adam Smith stark beeinflusst. Ab 1825 begann er, seine Ideen auf Ungarn anzuwenden und wurde in der ersten Phase des "Reformzeitalters" zur zentralen Gestalt des ungarischen Liberalismus. Er initiierte unzählige Projekte vor allem im Bereich der Infrastruktur. So war er etwa die treibende Kraft beim Bahnbau Wr. Neustadt - Ödenburg.

Széchenyi hatte kein politisches Mandat, mit der kurzen Ausnahme des Amtes eines Verkehrsministers unter Ministerpräsident Lajos Batthyány 1848. Seine vielen Projekte betrieb er als Privatunternehmer und Mitglied des Pressburger Landtags, darunter jene zur Verbesserung der Transportwege und zur Verschönerung der Stadt Budapest. Er initiierte die erste feste Brücke zwischen Buda und Pest, die Kettenbrücke, die mittels einer Aktiengesellschaft errichtet werden sollte. Alle Benützer der Brücke, auch die Adeligen, wurden verpflichtet, einen Brückenzoll zu zahlen. Széchenyi förderte die Pferdezucht, die Dampfschifffahrt, leitete die Arbeiten zur Donau- und Theissregulierung. In Pest errichtete er ein Kasino als Treffpunkt der intellektuellen Elite. Er betrieb die Gründung des Nationaltheaters und unterstützte die neue Akademie der Wissenschaften großzügig.

Unter seinen Werken wurde das 1830 erschienene "Hitel" (Kredit) besonders populär, weil es die Gründe für die Rückständigkeit Ungarns gnadenlos aufzeigte, sehr zum Ärger seiner adeligen Standesgenossen. Er griff die Zollpolitik Österreichs, die Privilegien des Adels vor allem aber den Kreditmangel an. Die Unveräußerlichkeit adeligen Großgrundbesitzes machte Hypothekarkredite unmöglich. In seinen Büchern "Világ" (Licht) und "Stadium" präsentierte er ein umfassendes Reformprogramm, das als wichtigstes Element die Abschaffung der Steuerfreiheit des Adels enthielt.

Mit dem Aufkommen von Lajos Kossuth als Führer der Reformbewegung verlor Szechenyi immer mehr an Einfluss. Er warnte immer wieder vor einer Radikalisierung. Er versuchte, die Wiener Regierung für seine Pläne zu gewinnen. In Erzherzog Joseph, dem habsburgischen Palatin (Reichsverweser) Ungarns, fand er verständnisvolle UNterstützung. Metternich, hingegen hielt den Grafen zu Unrecht für einen Rebellen, der es auf die Aufspaltung Ungarns abgesehen habe. Széchenyi förderte zwar die Stärkung des ungarisches Nationalgefühls, war aber prinzipiell regierungstreu und erkannte die Gefahren eines übertriebenen Nationalismus. Széchenyi warnte vor den Folgen des Sprachnationalismus und einer Abtrennung von Österreich. In den Wirren der Revolution von 1848/49 zog er sich von der Nationalbewegung zurück und zerbrach schließlich am Konflikt zwischen Staatstreue und ungarischer Unabhängigkeitsbewegung. Er begab sich in das Wiener Exil. Er litt an schweren Depressionen. Die letzten elf Jahre seines Lebens verbrachte er in einer Nervenheilanstalt in Wien - Döbling.

Im Wiener Exil verfasste er eine anonyme Schrift "Blick" als Antwort auf den 1858 anonym erscheinende Schrift "Rückblick" des Innenministers Alexander Bach und die österreichische Politik im Neoabsolutismus. Szechenys scharf formulierte Kritik enthielt Stellen, die ihm als Majestätsbeleidigung ausgelegt werden konnten. Als man die Überweisung in eine Irrenanstalt androhte beging er Selbstmord.

In seinem Privatleben erregte vor allem seine Liebsaffäre Schlagzeilen. 1824 verliebte er sich in die im Ofener Burgviertel residierende Gräfin Seilern, eine verheiratete Zichy, die er 1836 nach dem Tod ihres Gatten auch heiratete.

Istvan Szechenyi lebte im Schloss von Großzinkendorf (Nagycenk) bei Ödenburg. Vor der dortigen Kirche steht seine Bronzestatue des Bildhauers Alajos Stróbl. Im Széchenyi-Mausoleum ist er bestattet.

Daten

21.09.1791 in Wien
† 06.04.1860 in Wien

 

Ungarischer Politiker und Staatsreformer. Der "Größte Ungar"

 

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Quellen

  • Denis Silagi: Der größte Ungar: Graf Stephan Széchenyi. Herold Verlag, Wien/ München 1967.

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    Andreas Oplatka: Graf Stephan Széchenyi. Der Mann, der Ungarn schuf. Zsolnay Verlag, Wien 2004,

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    Fazekas, S. Malfèr, P. Tusor (Hrsg.): Széchenyi, Kossuth, Batthyány, Deák. Studien zu den ungarischen Reformpolitikern des 19. Jahrhunderts und ihren Beziehungen zu Österreich. (= Publikationen der ungarischen Geschichtsforschung in Wien. Band 3). Collegium Hungaricum, Wien 2011

  • Tobler, Felix: Gestochen scharf. Porträts aus der grafischen Sammlung. Ausstellungskatalog Eisenstadt 2014