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Fürst Nikolaus II. (Regierungszeit 1794-1833) war zwar sehr verschwenderisch (Schloss Eisenstadt, Gemäldegalerie...), er war aber auch bemüht, die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Besitzungen zu ordnen. 1796 wurde eine zentrale Wirtschaftsdirektion errichtet, die 1806 die Bezeichnung Domänendirektion erhielt. Damals stiegen die Esterhazy auch in die Braunkohleförderung ein (Brennberg/Ritzing, Sieggraben, Karl, Hornstein, Neufeld, Zillingtal, Pöttsching ...). Die Braunkohle fand als Brennstoff in Wien Absatz, wurde aber auch in den herrschaftlichen Betrieben (besonders in den Ziegeleien, Kalkofen, Sodafabriken, Brauereien) verwendet. Das Haus Esterhazy stieg in dieser Zeit außerdem neuerlich in die Tuchproduktion ein. 1798 bis 1806 betrieben sie eine große Tuchfabrik in Wr.Neustadt, das Material kam aus einem Spinnhaus in Apetlon. Zahlreiche Schaflerhöfe wurden neu errichtet. Der Schafbestand stieg von 74 000 auf 200.000 Tiere. Die Ausweitung der Weiden hatte zahlreiche Konflikte mit den Untertanen zur Folge. Die Schafwolle wurde zentral im ehemaligen Servitenkloster von Loretto gelagert. 1806 wurde die Fabrik aber an einen aus Graz stammenden jüdischen Unternehmer verkauft.

Das Haus Esterhazy stieg gerade in der Zeit, als die Phase der Industrialisierung begann, aus der protoindustriellen Entwicklung, die gute Ansätze in unserem Raum zeigte, aus. Die hohe Verschuldung, der aufwendige Lebensstil etwa eines Paul III., der eine Vorliebe für edle Rennpferde hatte und kostspielige Gestüte einrichten ließ, trugen dazu bei. Die Esterhazygüter wurden unter Zwangsverwaltung gesetzt. Nur vereinzelt gab es neuerliche Betriebsgründungen (Sodafabrik in Illmitz, Pottaschesiedereien, Knochenmehlfabrik in Deutschkreutz, Rübenzuckerfabrik in Esterhaza ...). Sehr fortschrittlich war hingegen die Einführung einer geregelten Bewirtschaftung des Waldes (Forstakademie in Eisenstadt). Der Braunkohlebergbau nahm stark zu. Die Bergwerke waren aber zumeist verpachtet, die Einnahmen kamen den Pächtern zugute. Die Verwaltung der Esterhazy-Domänen wurde immer aufgeblähter und kostete viel Geld. Erneut mussten die Güter, diesmal für lange Zeit, unter Zwangsverwaltung gestellt werden ...

Zum Esterhazy - Majorat gehörten zu Beginn des 19. Jahrhunderts 29 Herrschaften. Zu den "oberen" oder deutschen Herrschaften gehöprten Kittsee, Frauenkirchen, Süttör, Kapuvar, Hornstein, Eisenstadt, Pöttsching, Forchtenstein, Kobersdorf, Lackenbach, Deutschkreutz, Lockenhaus und Güns.In Niederösterreich lag die Herrschaft Schwarzenbach und die 1802 erworbene Herrschaft Pottendorf. Seit 1794 war in Eisenstadt die Wirtschafts-, ab 1806 die Dömänendirektion das Zentrum des Majorates. An deren Spitze stand der Präses mit mehreren Domänendirektionsräten.

Interessant und für viele Dörfer der Esterhazy - Herrschaften auch von großer Bedeutung war die Schafhaltung, die etwas genauer dargestellt werden soll. In ganz Ungarn stieg die Schafhaltung in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts stark an. Josef II. erließ 1784 ein Importverbot für fremde Tuche und die Kontinentalsperre trieb die Preise für Schafwolle in die Höhe. Viele Grundherrn bzw. Großgrundbesitzer verlegten sich vom Getreideanbau auf die Schafhaltung, nicht zur Freude der Bauern, denen oft Weideland entzogen wurde und die im Rahmen der Robot zu Arbeiten auf den Schafhöfen herangezogen wurden.

Auf den der fürstlich esterhazyschen Domäne spielte die Schafhaltung bis 1800 eine eher bescheidene Rolle. Sie wurde extensiv mittels Bestandsschäferei betrieben. Die Schafhöfe wurden verpachtet. Nach 1800 stieg sowohl die Zahl der Schafhöfe wie auch die Zahl der Tiere. Die Schafhöfe wurden nun nach Ablauf der Pachtverträge in Eigenregie übernommen und aus dem Wollverkauf wurden beträchtliche Einnahmen erzielt.

1801 gab es nin den burgenländisch - westungarischen Herrschaften 19 Schaflerhöfe. Davon waren noch immer 13 Bestandsschäflereien, 6 wurden in Eigenregie von der Herrschaft betrieben. Insgesamt wurden 17 043 Schafe gehalten. 3898 davon gehörten den Schafmeistern. Nikolaus II. Esterhazy drängte 1798 auf eine Verbesserung der Schafhaltung und auf eine Übernahme der Schafhöfe in Eigenregie, bei Ablauf der Kontrakte. Er stellte den Herrschaftsbeamten bei Vermehrung der Schafe eine Belohnung in Aussicht. Die qualitative Verbesserung der Bestände kam allmählich in Gang. Bis 1805 dürften schon alle Schaflereien in Eigenregie gewesen sein. Die Schafmeister, die Leiter der Schafhöfe, unterstanden den Wirtschaftsämtern der Herrschaften, in den beiden Distrikten der Domäne gab es Distriktsoberschafmeister. Wichtig für die Entwicklung der fürstlichen Schafwirtschaft war die Bestellung Franz von Schuberniggs, früher kaiserlicher Schafinspektor, zum fürstlichen Schafinspektor im Jahre 1804. Mit ihm, der zwanzig Jahre lang wirkte, wurde die fürstliche Schafwirtschaft eine der größten im damaligen Europa. Er richtete in der Wirtschaftszentrale in Eisenstadt eine eigene Abteilung, das Schafdepartement, ein. Ebenfalls 1804 wurden Schafrechnungsführer bestellt, die drei oder mehr Höfe betreuten, laufend überwachten und kontrollierten. Sie organisierten die Schafschwemme und - schur. die Verpackung und den Transport der Wolle zu den Sammelplätzen und schließlich zum zentralen Depot in Hornstein bzw. ab 1819 nach Loretto. Ab 1808 war zum Beispiel Adam List Schfrechnungsführer, der Vater Franz Liszts, für die Herrschaften Kobersdorf, Lackenbach und Deutschkreutz zuständig. Seinen Amtssitz hatte er im Edelhof in Raiding. Ihm unterstanden sechs Shafhöfe in Lackenbach, Lackendorf, Neutal, Kobersdorf, Stoob und Deutschkreutz mit insgesamt 5 333 Schafen. Die beiden größten Höfe mit jeweils über 1000 Tieren standen in Lackenbach und Deutschkreutz.

An Personal gab es auf einem Schafhof einen Schafwirtschafter, einen Meisterknecht. einen Lämmer- und einen Hammelknecht, einen Mittreiber und eine Köchin. Aufwändig waren die Schafschwemme, und die Schur. Dafür waren zahlreiche Arbeitskräfte erforderlich, die z.T. durch die Robot der Untertanen, z.T. durch Taglöhner aufgeboten wurden. Die Wolle wurde in spezielle Säcke verpackt, für den Transport wurden spezielle Wollwägen eingesetzt. Aus Sicherheitsgründen führen die Wollwägen in Zügen von 5 -10 Fahrzeugen, unter Begleitschutz. Aus den entfernteren Herrschaften waren die Wagenzüge 6 - 7 Tage nach Hornstein bzw. Loretto unterwegs. Regen konnte der Qualität der Wolle schwer schaden. Ab 1804 gab es ernsthafte Versuche, die Schaf- und Wollqualität zu heben. Eine Herde von Merinoschafen wurde erworben. Anton Lechner kaufte1836/37 Widder und Mutterschafe in Sachsen. Mit ihnen wurden Stammschäfereien eingerichtet.

1808 wurden 3, später 4 Schäfereikontrollämter geschaffen, jedes auch mit einem Veterinär, der auch die Impfungen vornahm. 1809 gab es im gesamten Majorat 97 Schafhöfe, 1828 schon 143 mit insgesamt 190980 Schafen. Der Schwerpunkt lag im Ozoraer, im Levenzer und im Esterhazer Distrikt. Der Gesamtaufwand für Personal - 692 Personen, 1813 802, 1827 schon 882 Personen -.betrug 1809 mindestens 100 000 Gulden. Die umfangreiche Schafhaltung war in der Zentrlaverwaltung nicht unumstritten, zumal in trockenen Jahren teures Futter zugekauft werden musste. Konflikte zwischen der jeweiligen Herrschaftsverwaltung und dem Schäflereipersonal waren an der Tagesordnung, Nach dem Tod Schuberniggs 1825 kam es zu einer schweren Krise. Der Fürst stellte 1826 einen Konsulenten namens Carl von Appel ein, zu dem er unbegrenztes Vertrauen hatte und den er mit der Leitung der gesamten Schafzucht betraute. Das Schafdepartement wurde 1825 aufgelöst. Appel geriet bald bei seinen Reformbemühungen mit dem Personal in schwere Konflikte. Rechnungsführer und Distriktskontrolleure wurden abgeschafft und die gesamte Schafwirtschaft von den Schaffern der übrigen Gutswirtschaft übernommen. Die negativen Folgen dieser Maßnahmen bewogen Nikolaus II. schließlich, Appel zu entlassen und zum früheren Zustand mit einem Schäfereidepartement unter Anton Lechner zurückzukehren, freilich wegen der schweren Finanzkrise des Majorates in eingeschränktem Maße. Die Kontrollämter wurden durch einen Schäfereiinspektor, Karl Leidenfrost, ersetzt. Er wurde 1840 Nachfolger Lechners. In den 1840er Jahren war der Niedergang der fürstlochen Schafzucht nicht mehr aufzuhalten. Die Wollpreise sanken in der gesamten Monarchie, überall wurden Verluste gemacht. Im Bereich der Esterhazy-Domäne gab es 1846 einen Verlust von 169 218 Gulden C.M. Beschleunigt wurde der Niedergang durch den Wechsel zum Pachtsystem. Die nunmehrigen Pächter der Güter waren an der Schafhaltung nicht interessiert. Der Anbau von Zuckerrüben war weit lukrativer. 1842 war der Schafbestand auf etwas mehr als 200 000 Tiere gesunken.

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 Schafherde im Seewinkel (Foto: Bgld. Landesarchiv)

Grafik / Karte

 

 

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Quellen

  • Tobler Felix, Organisation und Administration der Schafzucht im Majorat der Fürsten Esterhazy in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Burgenländische Heimatblätter 2017, Heft 1&2, S.27 - 39.

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    Prickler Harald, Die Grundherrschaft als wirtschaftliche Basis des Fürstenhauses Esterhazy In: Die Fürsten Esterhazy. Magnaten, Diplomaten und Mäzene. Eisenstadt 1995. Ausstellungskatalog

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    Huber Hugo, Wollproduktion und Wollgeschäft der Domäne Esterhazy in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In: Beiträge zur Landeskunde des burgenländisch- westungarischen Raumes. Festschrift für H. Pricler zum 60. Geburtstag. Burgenländische Forschungen Sonderband XIII. Eisenstadt 1994, S.178-193.