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Name, Herkunft, Wanderungen

Die Bezeichnung "Zigeuner" wird heute vor allem im deutschen Sprachraum weitgehend vermieden, da er negativ besetzt ist. Das gilt auch im Amerikanischen ("to gyp" = betrügen). Man verwendet heute die Eigenbezeichnung Rom, Mehrzahl Roma, die freilich nicht von allen Gruppen akzeptiert  wird und in vielen Teilen Europas auch nicht diese negative Bedeutung hat. Sinti (franz. Manouches, span. Cale) sind Roma, die seit der frühen Neuzeit im deutschsprachigen Raum leben. Untergruppen haben eigene Bezeichnungen, die zum Teil Berufsbezeichnungen sind: z.B. Kalderasch = Kesselschmiede oder Lovara = Pferdehändler. Alle anderen, Nicht-Roma, werden als Gadsche (bedeutet auch Bauer) oder Dasch (altindisch "Sklave") bezeichnet.

Die Herkunft und Geschichte der Roma und Sinti lag lange Zeit im Dunkeln. Die Roma selbst haben ja keine eigene schriftliche Überlieferung, die Nachrichten über sie stammen ausschließlich von Nicht - Roma und sind oft einseitig.  Durch die Erforschung der Sprache der Roma konnte man ihre Herkunft aus dem Nordwesten Indiens  nachweisen. Die Roma selbst haben keine Geschichtsschreibung Über die Herkunft aus Indien besteht heute kein Zweifel. Warum sie Indien verlassen haben ist nicht eindeutig zu beantworten. Wahrscheinlich waren mehrere Faktoren dafür verantwortlich Vor dem 10. Jahrhundert gab es Roma in Persien, die dann weiter nach Westen wanderten Armenische Lehnwörter im Romani lassen Kontakte vermuten. In byzantinischen Dokumenten gibt es Hinweise auf die Beschäftigungen, die Roma ausübten: sie waren Schmiede, Korbmacher, Siebmacher und Tierführer. Im Byzantinischen Bereich dürften sie sich länger aufgehalten haben, da viele Elemente der griechischen Sprache in das Romanes aufgenommen wurden. Erst mit der Weiterwanderung über die Balkanhalbinsel begann die Aufsplitterung in Sprachgruppen.

In byzantinischen Dokumenten kommen die Bezeichnungen "Athinganoi" und "(E) giptoi" vor. Von Athinganoi leuten sich die Bezeichnungen Zigeuner, cigany (Ungarisch), cygan (Russisch), zingari (Italienisch) usw. ab, von giptoi  gypsy (Englisch), gitan (Französisch), gitano (Spanisch) usw. ab. Athinganoi wird auf zwei unterschiedliche Arten interpretiert - als "Unberührbare" oder als "Menschen, die andere nicht berühren" (rituelle Reinheitsgebote; "unrein" - Menschen die nicht zu den Roma gehören).  Die Bezeichnung Egiptoi ist nicht vom Herkunftsland Ägypten abzuleiten, wie man früher annahm, sondern von einer großen Romasiedlung auf dem Peloponnes, in einem Landstrich, den man auch als "Klein - Ägypten" bezeichnete.

Alexander Pfalzgraf bei Rhein schrieb 1495: "Modon ist eine fast starcke Stadt/ nicht sehr hübsch/ ist ein Bistumb/ und sind zu Modon viele Juden und Griechen/ und wenig Christen letz/ und neben Modon ligt ein Berg genannt Gype/ und seind vol bey 200 Heußlin/ oder Hütten/ da ligen die Egyptianer genant Heyden und etlich letz heissen dieselben Berg mit ihrer zugehörde/ klein Egypten."

Die Wanderung Richtung Europa wurde auch durch die türkischen Eroberungen mit verursacht. In Konstantinopel gibt es seit dem späten 13. Jahrhundert Dokumente über den Aufenthalt von Roma. 1322 werden Roma als Zeltbewohner in Kreta dokumentiert, und bereits 1346 sind sie als Vasallen auf Korfu belegt. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts sind die Roma jedenfalls in den Balkanländern nachweisbar. In Mitteleuropa werden sie eher als bedrohlich wahrgenommen - obwohl sie sich vielfach als Pilger ausgeben und Empfehlungsschreiben weltlicher und geistlicher Autoritäten vorweisen. Sie werden als ungezähmt und sittenlos, als unordentlich und schmutzig, als unnütz bezeichnet und des Taschendiebstahls, der Wahrsagerei und Hexerei bezichtigt. Man warf ihnen auch vor, Spione für die Türken zu sein. Kurfürst Albrecht Archilles von Brandenburg erließ 1482 ein Edikt und stellte damit die anwesenden Roma unter Strafe. Folgende Vorwürfe wurden immer wieder erhoben und die Verfolgungsmaßnahmen damit begründet: Die Roma wären Spione im Auftrag des Sultans. Im Reichsabschied von 1495 wurde eine "gemein ordnung" auch wegen der "spilleut, betler und der Zigeuner" verlangt. In den folgenden Reichstafen wurde die "Zigeunerfrage" immer wieder angesprochen . Im Reichsabschied von 1498 wurde die "Abschaffung" der Roma aus dem Reich angeordnet und dieser Beschluss wurde auf den folgenden Reichstagen immer wieder wiederholt. Sie ging auch in die Reichspolizeyordnung Karls V. von 1530 ein - die Roma wären Ausspäher, Verräter zugunsten der Türken  und anderer Feinde der Christenheit. Wer gegen sie vorging hatte keine rechtlichen Konsequenzen zu befürchten. Die Roma waren vogelfrei. Die ständige Wiederholung zeigt aberm dass die verordneten Maßnahmen kaum wirkten. Lokale Obrigkeiten stellten Paßbriefe an Roma aus. Diese wurden schließlich für ungültig erklärt. Die Roma konnten sich aber immer wieder der Vertreibung entziehen, durch Flucht in die Wälder oder in ein benachbartes Territorium.

Auch in den österreichischen Ländern wurde die "Abschaffung" der Roma immer wieder verlangt, etwa in der Polizeyordnung von 1552. Ferdinand I. trug seinen Untertanen auf, auf die "umbschwaiffenden Zigeyner" eine "fleissig  achtung " zu haben. Die "Oberen" sollten ergriffen und gefangen gesetzt werden. Die Roma wurden de facto für vogelfrei erklärt. An Strafen gab es Schläge, Auspeitschung und Brandmarkung, vor allem aber die Ausweisung aus dem Land.

Roma in Ungarn

Im Mittelalter gab es in Ungarn noch keine Roma. 1417 werden erstmals Roma erwähnt. Eine Gruppe von Roma bekam von Kaiser Sigismund einen Schutz- und Freiheitsbrief. Das Original ist aber nicht erhalten, die Echtheit dieser Urkunde und anderer Schutzbriefe ist umstritten. Unumstritten ist hingegen der Bericht über Roma in den Rechnungsbüchern von Kronstadt zum Jahre 1416. Dort wird ein "Herr Emaus von Egypten" mit seinen Gesellen erwähnt. Es kamen offenbar Kleingruppen von Roma aus der Walachei nach Siebenbürgen. Aventinus berichtet in den "Annales Baiorum" über "Zingari", die im ungarisch - osmanischen Grenzbereich unter ihrem "König Zindelo" von Plünderung, Raub und Betrug lebten. 1455 genehmigte Johann Hunyadi als Gespan von Bistritz die Niederlassung und den freien Aufenthalt von Roma. Roma - Handwerker traten vermehrt in den Dienst von Adeligen und Städten. Ein Romaschmied taucht 1497 im Verrechnungsbuch von Hermannstadt auf, kleinere Gruppen hielten sich auch in Kronstadt und Klausenburg auf. In Hermannstadt wurden zahlreiche Roma für den Bau von Befestigungsanlagen in Dienst genommen. Ein Vertreter der Stadt war als "Woiwode" für die zuständig. Dass die Roma als Waffenschmiede eingestellt wurden zeigt etwa eine Nachricht, dass König Wladislaw II. eine Romagruppe von 25 Zelten zum Bischof von Fünfkirchen schickte. Ihre Aufgabe war Eisenschmelzen, Kugelgießen für Gewehre und Kanonen und die Herstellung von Waffen. In den Städten betrieben die Roma verachtete Gewerbe wie Henker, Schinder, Totengräber, Leichenträger ...Aber auch Roma - Musiker gab es bereits. 1489 spielten Roma - Musiker vor Königin Beatrix und dem Erzbischof von Gran. Auch am Pferdehandel waren die Roma anscheinend schon beteiligt.Roma - Vefolgungen gab es unter Vlad Tepes, dem Woiwoden der Walachei.

Innerhaöb Ungarns zogen viele Roma offenbar in das nördliche, königliche Ungarn. Nach Oberungarn wanderten im 18. Jahrhundert auch Roma aus dem Westen zu (Romaverfolgungen in den deutschen Ländern, in Polen, Böhmen und Mähren). Im türkischen Teil Ungarns stieg die Zahl der Roma ebenfalls stark an. Die Romabevölkerung Ungarns dürfte an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert nach Schätzungen etwa 50 000 Personen betragen haben. (nach Szilveszter Pócik). Die Komitate und Städte erließen Beschlüsse gegen die Roma. Sie verboten die Zuwanderung neuer Romagruppen und vertrieben ansässige. Einige Komitate und Städte verboten allen Roma den Aufenthalt auf ihrem Gebiet. Ihre Wirtschaftstätigkeit, etwa der Pferdehandel, wurde eingeschränkt oder auf einzelne Sparten, etwa die Metallbearbeitung, beschränkt. Die Zünfte waren bestrebt, die Konkurrenz der Romahandwerker auszuschalten. Andererseits warben manche Komitate, etwa 1725 das Komitat Somogy, um "ausländische" Schmiede und Metallarbeiter. In manchen Gebieten Ungarns waren die Schmiede ausschließlich Roma. In manchen Gebieten bekamen die Roma auch Grund und Boden zur Bewirtschaftung. In Kecskemet hatten sie einen eigenen Wohnbezirk. 1703 bekamen die königlichen Freistädte das Recht, über Ansiedlung oder Vertreibung der Roma zu entscheiden.

Während der Wanderungen lebten die Roma auf ihren Wägen oder in Zelten. Wenn sie sich längere Zeit in einem Gebiet aufhielten errichteten sie Grubenhäuser oder Hütten. Ende des 18. Jahrhunderts schilderte der Prediger Jakob Glatz eine solche Behausung. "... eine, von zusammen geschlepptem Holze auf nachlässigste Art zusammen gestoppelte" Wohnung, "die keine Fenster, selten ein Zugloch, keine ordentliche Thüre, und fast gar kein Hausgeräthe hat. In diesem engen, schmutzigen Gezelte befindet sich fast immer eine Gesellschaft von 8 - 12 oder noch mehreren Personen, die am ganzen Leibe gelblichschwarz, halbnackend und an einem großen Feuer gelagert sind ... alles liegt durcheinander, krabbelt auf der Erde im Staube herum, und athmet einen Rauch ein, der einen, daran nicht gewohnten, beim Eintritt in die Hütte der Ohnmacht nahe bringen kann." (zitiert nach Janos Varga, Schlaininger Gespräche 2014, S.96).

Trotz ihrer Lebensweise waren die Roma in Ungarn in  manche Dörfern akzeptiert und von einigem Nutzen. Sie reparierten und stellten Pflugscharen, Seche, Achsen Hufeisen, Nägel und verschiedene Metallgeschirre her. Sie dienten als Henker, waren für Folterungen zuständig und waren auch als Barbiere tätig.  In den Militärlagern und Festungen reparierten sie Waffen, gossen Kugeln usw. und waren als ortskundige Führer tätig. Handel betrieben sie mit den Metallwaren, Holzerzeugnissen und mit Pferden. "Sie sind von Natur zur Music geeignet" - schrieb Daniel Speer in seinem Werk "Ungarischer Simplizissimus". Sie musizierten auch an den Höfen der Magnaten und das Musizieren wurde zur am meisten angesehenen Tätigkeit. Nikolaus Esterházy etwa berichtete in einem Brief seiner Frau Christina Nyáry über einen Besuch bei Eva Popel Lobkowitz, Witwe Franz II. Batthyanys, über einen Besuch in Rechnitz mit Auftritt von Zigeuner - Musikern. Reibungen ergaben sich aus dem anderen Eigentumsbegriff der Roma, die den Diebstahl als "Erwerb" betrachteten und keinen "Privatbesitz" kannten. Die gesellschaftliche Grundeinheit der Roma war die Großfamilie. Mehrere Großfamilien bildeten eine Gruppe oder "Kompanie", mit einem "Woiwoden", einen gewählten Anführer, an der Spitze, der so wie das Sippenoberhaupt große Autorität ausübte. Diese stammten aus angesehenen Familien, zeichneten sich aus durch physische Fähigkeiten, gute Kleidung, "Vermögen", d.h. sie konnten die Sippenangehörigen unterstützen. Sie waren meist höheren Alters. Die "Wahl" wurde durch den Grundherrn oder den Obergespan bestätigt. Seine Zuständigkeit erstreckte sich auf die Einhaltung der Sitten, kleinere Verstöße und Bestrafung der Missetäter. Schwerere Vergehen wurden vom Oberwoiwoden, einem  vom Grundherrn eingesetzten "Beamten" nichtzigeunerischer Herkunft, geahndet. Adam I. Batthyany etwa ernannte  1652 einen seiner Offiziere zum Oberwoiwoden.

Herrscher und  Grundherrn machten sich zeitweise die Roma zunutze. König Vladislav II. etwa gewährte 1496 dem Woiwoden Tamas Bolgár und seiner Gefolgschaft in 25 Zelten Freizügigkeit und Handel im ganzen Land, Ferdinand I. verfügte 1522 die Steuerfreiheit von Roma für ihre Dienste im Salzbergwerk von Deesch. Manche Grundherrn, wie etwa die Grafen Esterházy, siedelten in ihren Herrschaften in Oberungarn und im Komitat Vesprém Roma an. Sie bekamen über drei Generationen der Grundherrn immer wieder Schutzbriefe, die ihnen freie Ausübung ihrer Handwerke, meist in der Metallbearbeitung, garantierten. So wie die Bauern galten sie als steuerpflichtige Leibeigene, die sogar Robotarbeit zu leisten hatten. Die Grundherrn stärkten immer wieder die Autorität der Woiwoden, die oft über Jahrzehnte in ihrem Dienst standen.

Nicht immer und überall war das Verhältnis zur übrigen Bevölkerung ohne Konflikte. Franz II.  Nadasdy etwa  schrieb 1670: " ... da die unter unsere Obergespanschaft gestellten edlen Komitate Szala, Somogy und Vas die Zigeuner einfach als publicus malefactor proscribierten, deshalb wollen wir sie weder in unseren Komitaten , auf unseren Gütern, also überhaupt nicht dulden. Ab diesem heutigen Tage darf man die Zigeuner weder durch Dörfer , weder durch Städte ... ziehen lassen., noch die Aufnahme erlauben ..., und wenn man einen von ihnen findet, soll von jedem Beute gemacht werden, und er selbst, als offensichtlicher Frevel mitsamt Kind und Frau soll gefangen und in Gefangenschaft gebracht werden". (zitiert nach János Varga, S. 97).

Insgesamt änderte sich das Bild, das man im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert von den Roma hatte, deutlich ins Negative. "Für die Nichtzigeuner verdichtete sich im Begriff des Zigeuners oft alles, was sie am meisten fürchteten, was sie nichteinmal ihren Feinden wünschten. Der 'Zigeuner' verkörperte nämlich die ewige Ausgrenzung, das Verfolgtsein, das Elend, die Heimatlosigkeit, den Hunger und sonstige Formen der Unsicherheit des Lebens, alle diejenigen Lebens- und Handlungsformen, an die eine unter sesshaften Bedingungen lebende Gesellschaft nicht einmal zu denken wagte". (Istvan Soós, S. 104)

Die "gemeinsame" Vertreibung der Roma aus dem steirisch - ungarischen Grenzgebiet 1612

Schon 1550 hatte Hans Ungnad, Landeshauptmann der Steiermark, angefangen, die Roma aufzugreifen und "Abzuschaffen". Die Initiative  1612 ging von den steirischen Ständen aus. Ungarische Banden und wohl auch Romagruppen unternahmen Überfälle auf steirisches Gebiet. Die Steirer wandten sich an Kaiser Matthias, der dem ungarischen Palatin Georg Thurzo befahl, dagegen vorzugehen. Der Palatin gab den Befehl an Thomas Erdödy, Grundherr von Eberau, an den Ban von Kroatien und andere weiter und ordnete die Vertreibung der Roma aus dem Komitat Eisenburg an. Es wurde ein striktes Niederlassungsverbot erlassen. Im auffallenden Gegensatz zu dieser von oben angeordneten Aktion steht ein Schutzbrief Thurzos aus dem Jahre 1616, in dem er zu  "Erbarmen"  und "Mitleid" aufforderte. Es wäre das Schicksal der Roma ein "überaus hartes Leben" zu führen, wobwi "Greise wie Jugendliche, Kinder und Säuglinge der Sippen ... gleicher Weise gelernt" hätten, "Unwetter, Frost und glühende Hitze ohne schützende Mauern zu ertragen" (zitiert nach Martin Kern, S, 86). Thurzo wies auch auf die Nützlichkeit der Roma im Schmiedehandwerk hin: So würde "dies Volk in schwerer Handarbeit Schmiedewerk mit Blasebalg, Hammer und Drehzange herstellen".  Thurzo ordnete an, dass man diesen Roma die Gelegenheit zur Ansiedlung geben sollte. Empfänger des Schutzbriefes war ein Roma - Führer namens Franciscus, der auch  Anführer eines militärischen Roma - Aufgebotes war.

Roma im  18. Jahrhundert - staatliche Assimilationsversuche

Im 17. Jahrhundert nahm die ablehnende Haltung zu. "Die ohne festen Wohnsitz lebenden und sich zu Karawanen zusammenschließenden Zigeunerkompanien,  ...insbesondere die aus den rumänischen Fürstentümern und vom Balkan in immer größerer Anzahl einsickernden Zigeunerelemente, gerieten stufenweise in Konflikt mit der nach der Wiederherstellung der inneren Ordnung strebenden Staatsmacht, was eine Regelung des Lebens der Zigeuner unter wechselnden Vorzeichen und mit unterschiedlicher Intensität hervorrief". ( István Soós, S. 105).  Schutzbriefe wurden aufgehoben, Betretungsverbote erlassen und schwere Strafen angedroht. 1734 etwa setzte der Landgraf von Hessen eine Belohnung von 6 Reichstalern für jeden gefangenen und die Hälfte davon für jeden getöteten Zigeuner aus. Letzten Endes sind alle diese Maßnahmen erfolglos, da die Roma ausweichen können. Von einer gezielten "Ausrottungspolitik" konnte in der Frühen Neuzeit jedenfalls nicht die Rede sein. Erst mit dem Anti- Zigeuner - Edikt Karls VI. im Jahre 1712 erreichte die Verfolgung eine neue Dimension. Ein in Preßburg 1724 von Karl VI. erlassenes Dekret richtete  sich gegen die die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende, nomadisierende, kleinere und größere Verbrechen begehende "Horde von streunenden Zigeunern und anderen bösen und gefährlichen Menschen". Die Zigeunerkompanien sollten "als Schar von gefährlichen Menschen in diesem Königreich ...zu verfolgen und und auf jede mögliche Weise auszurotten und auszumerzen" sein. All jene aber, die ihre vagabundierende, faulenzende Lebensweise aufgeben würden, sollte ein ein ihrer Arbeit entsprechende gemäßigter Lohn versprochen werden. Das Ergebnis dieser Bemühungen war bescheiden. Der Großteil der Roma war trotz der angedrohten Maßnahmen  keineswegs bereit, ihre Lebensweise aufzugeben. Den wandernden Roma wurde mit der Todesstrafe gedroht, Frauen konnten gebrandmarkt werden. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Dekrete erneuert.

Unter Einfluss des aufklärerischen Denkens des 18. Jahrhunderts fand aber eine Neubewertung statt. Man begann, in den Roma nicht mehr die "geborenen Verbrecher" zu sehen, sondern kulturell zwar zurückgebliebene, aber grundsätzlich "entwicklungsfähige" Menschen zu sehen. Die Roma sollten zu sesshaften "Neubürgern" und "guten Christenmenschen" gemacht werden.

Im Gefolge der Aufklärung ging man dazu über, die Roma sesshaft zu machen machen zu wollen, sie "nutzbar", sie zu Steuer zahlenden Untertanen zu machen  und  sie in die "christliche" Gesellschaft einzugliedern. Heinrich Grellmann, der erste "wissenschaftliche" Erforscher der Roma, schrieb: "Jeder Mensch hat Anlagen und Kräfte, der Zigeuner der eben nicht in geringster Maaße: weiß er nun nicht gehörig damit umzugehen , so lehrt es ihn der Staat, und halte ihn so lange im Gängelbande, bis der gewünschte Zweck erreicht ist. Liegt auch gleich beym ersten Geschlecht die Wurzel des Verderbens zu tief, als dass sie bald anfangs auszureuten wäre,; so wird sich doch eine fortgesetzte Mühe beym zweyten, oder dritten Geschlecht belohnen. Und wenn er aufgehört hat. Zigeuner zu sein ; denke sich ihn mit seiner Fruchtbarkeit und seinen zahlreichen Nachkommen, die alle zu brauchbaren Bürgern umgeschaffen sind; und man wird fühlen, wie wenig wirtschaftlich es war, ihn als Schlacke wegzuwerfen", (zitiert nach  István Soós, S. 109).

Unter Maria Theresia wurden das Wandergewerbe und der Besitz von Pferden und Kutschen verboten, die Roma werden der Gerichtsbarkeit ihrer Woiwoden entzogen und den örtlichen Gerichten unterstellt. 1773 wurden Ehen zwischen Roma verboten, Mischehen gefördert, wobei die Roma Zeugnisse über ihre anständige, also katholische Lebensweise vorlegen mussten. Vielfach wurden den Roma die Kinder weggenommen und anderen Familien zur "christlichen Erziehung" übergeben. Unter Josef II. wurde die Verwendung der Zigeunersprache mit Stockhieben bestraft. Ähnliche Maßnahmen werden in ganz Europa gesetzt.  In einigen Gebieten, etwa auch in Westungarn - Burgenland, kommt es zur Sesshaftmachung von Roma, im großen und ganzen scheitern aber diese Assimilationsbemühungen. Die Roma reagieren erneut mit Wanderzügen, ihre wirtschaftliche Situation ist oft prekär  und sie geraten immer mehr an den Rand der Gesellschaft.

1724 begann mit einer Verordnung Kaiser Karls VI. eine systematische "Roma - Politik". Das Ziel war, die Roma von ihrer wandernden Lebensweise abzubringen und sie sesshaft zu machen. Die Roma sollten von den Grundherrn angesiedelt und versorgt werden, die Komitate sollten sie registrieren und gegen Kriminelle vorgehen. Sie sollten die Kinder von Landstreichern "einsammeln". In der Zeit maria Theresias wurden diese Maßnahmen noch verschärft. In der Regulatio Cigarorum wurden alle Verordnungen des Königs und des Statthaltereirates gesammelt. 1758 etwa wurde verordnet, die Grundherrn sollten Roma, die nicht kriminell waren, sesshaft machen, ihnen Baustellen und handwerkliche Arbeiten zuteilen. Sie sollten ihren Fortschritt im christlichen Glauben fördern (1760). Die Komitate sollten wandernde Roma registrieren, notfalls ihre Pferde konfiszieren (1761). Die Roma sollten nicht mehr "Zigeuner" genannt werden (Neuungar, Neubauer - neocolunus usw), sie sollten sich in ihrer Kleidung anpassen und die Männer sollten auch zum Militär rekrutiert werden (1762). Die Zelt- und Hüttensiedlungen sollten abgerissen werden, die Kinder durften nicht mehr unbekleidet herumlaufen, die Roma-Woiwoden verloren ihre Funktion, die Roma wurden den Dorfrichtern unterstellt, die Pferde sollten beschlagnahmt werden (1767).  1769 wurde ein Reiseverbot erlassen, wandernde Roma ohne Dokumente sollten verhaftet werden. 1773 wurde verordnet, dass die Roma - Kinder von den Bauern gegen Bezahlung in Dienst genommen werden sollten, von den Dorflehrern sollten sie kostenlos unterrichtet werden. Das Sprechen der Roma - Dialekte wurde verboten. 1775 wurde angeordnet, dass Roma - Männer nur dann heiraten durften, wenn ihr "Status" geklärt war und sie nachweislich eine Familie unterhalten konnten. Mehrmals wurde dekretiert, dass die Zigeunerkinder ihren Eltern weggenommen und bei Bauern oder Handwerkern untergebracht werden sollten. Sie sollten älter als 2 und jünger als 12 Jahre sein. Die über 12-Jährigen sollten zum Dienst oder zu einem Handwerk gezwungen werden.

Die Wegnahme der Roma-Kinder ist ein besonders düsteres Kapitel der Roma-Politik des aufgeklärten Absolutismus. Sie hatte unendliches Leid - der Eltern und der Kinder - zur Folge. Zwar gab es einfühlsame und mitleidige Stimmen, die meisten jedoch hielten diese Maßnahmen - im Interesse der Kinder - für unumgänglich. Die Praxis der Kindeswegnahme wurde auch bei anderen Gruppen, etwa den oberösterreichischen Evangelischen, die nach Siebenbürgen deportiert wurden, angewandt und mit dem Seelenheil der Kinder, das es zu retten gelte, gerechtfertigt. "Die Trennung der kleinen Kinder von ihren Eltern zum Zweck der Erziehung in einem anderen, oft weit entfernten Ort  durch ungarische Bauern und Handwerker gegen einen geringen Lohn war ein eindeutiges Mittel der Assimilation sowie der Philanthropie. Zweck dieser Maßnahmen war es, den Zigeunerkindern die Werte, Normen und Verhaltensregeln der Nichtzigeuner als Sozialisationsmuster vorzustellen, damit diese sich später als Erwachsene in die 'arbeitsame' Gesellschaft der Bauern und Handwerker eingliedern könnten".  (Zita Deáky, Zigeunerkinder außerhalb der Familie". Schlaininger Gespräche 2014, S.125). Es ist nicht bekannt, wie viele Romakinder von diesen Maßnahmen insgesamt betroffen waren. Es gibt nur Einzelnachrichten. Im Komitat Preßburg etwa wurden in der Nacht des 31. Dezember 1773 und am Morgen des 24. April 1774 alle Kinder über 5 Jahren ihren Eltern weggenommen, auf Wagen gepackt und zu Bauern in ferne Dörfer gebracht, die sie gegen 18 Gulden pro Jahr "pflegten". 1774 lebten im Komitat Weißenburg 167 Zigeunerkinder, im Komitat Tolna 390, im Komitat Somogy 327 bei Pflegeltern. Sie waren natürlich auch willkommene Arbeitskräfte. Viele der Kinder liefen weg, darunter auch welche zwischen 4 und 9 Jahren.

Alle diese Reformbemühungen hatten nur wenig Erfolg. Viele der deutschen und rumänischen Roma verließen die ihnen zugeteilten Äcker und Häuser. Die "karpatischen Zigeuner" hingegen wurden in großer Zahl dauerhaft angesiedelt. Mischehen wurden unter ihnen häufiger. Die gute Absicht wurde zwar von den meisten Zeitgenossen gewürdigt, jedoch für unrealistisch gehalten. Von den Behörden wurden sie außerdem nicht immer mit entsprechendem Einsatz umgesetzt.

Unter Josef II. wurde im Statthaltereirat ein Departamentum Zingaorum eingerichtet. An der Roma - Resolution vom 9. Oktober 1783 wirkte Josef II. persönlich mit. Einer der 59 Punkte sah die Beschäftigung der Roma als Lohnarbeiter oder bei gemeinnützigen Arbeiten wie Bau von Straßen, Kanälen, Befestigungen oder in Bergwerken unterstaatlicher Kontrolle vor. Roma wurden auf den Landgütern des Fiskus sesshaft gemacht. Zwischen 1790 und 1793 fand erneut eine Konskription der Roma statt.

An der negativen Einstellung der Komitate gegenüber den Roma änderte sich freilich nichts. Besonders grauenvoll war der Kannibalismusprozess im Komitat Hont im Jahre 1782. Dort wurden  unter der Anschuldigung des Kannibalismus von 110 festgenommen Roma 40  Männer und Frauen hingerichtet.

Die "Zigeunerkonskriptionen" von 1776 und 1777 im Eisenburger Komitat (nach Rudolf Kropf)

Im heutigen burgenländischen Raum war die Verteilung der Roma - Bevölkerung höchst unterschiedlich. Die Grundherrn der Komitate Wieselburg und Ödenburg versuchten, sie von ihren Besitzungen fernzuhalten. Die Esterházy etwa verboten 1671 die Ansiedlung von Roma in ihrer Herrschaft Deutschkreutz. Auch die Zisterzienser duldeten sie auf ihren Besitzungen nicht. Ganz anders die Batthyany. Graf Christoph II. Batthyány  erteilte im Jahre 1674 dem Zigeunerwoiwoden Martin Sárközi und seiner Sippe die Erlaubnis zur Ansiedlung auf seinen Besitzungen. Eher Roma - freundlich war auch die Familie Erdödy. Die Roma in diesem südburgenländischen Raum wurden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sesshaft. Zuvor waren sie Halbnomaden. Sie zogen im Sommer durch das Land und kehrten im Herbst in ihre Winterquartiere zurück, das zumeist aus einem Zelt "Tschater" genannt, bestand.

 In den Komitaten Wieselburg und Ödenburg fanden die ersten Romakonskriptionen 1774 bzw. 1775 statt. Die erste Konskription aus dem Eisenburger Komitat stammt aus dem Jahre 1768.  Die Konskriptionen von 1776 und 1777 geben Aufschluss über die Zahl der Roma in 45 bzw. 51 Orten. Sie wurden von Rudolf Kropf ausgewertet. Die Erhebungen erfolgten durch Komitatsbeamte in kleinen räumlichen Einheiten. Insgesamt verzeichnete die Konskription von 1776 im Komitat Eisenburg 1210 Roma, davon 372 Männer, 16 Witwen und 822 Kinder (2,19 pro Familie). In 263 Orten lebten 376 Roma - Familien. Im Großteil der Orte, 200, lebte nur eine Romafamilie. In wenigen Orten 3 bis 3 Familien und in nur einem Ort 9 Familien. Die gesamte Romabevölkerung des Komitates wird von Kropf  auf 2500 Personen hochgerechnet bzw. geschätzt, davon ca 372 Familienväter. 360 Frauen, 1100 Kinder und weitere 676 sondtige Familienangehörige. Die häufigsten Familiennamen waren Horvath, Sárközi, Kaposztrás, Báronyai, Nyari ..., jeweils mit regionalen  Konzentrationen.

Die Roma im 19. Jahrhundert

In der Moldau und in der Walachei gerieten die Roma schon im 14. Jahrhundert in ein System der Leibeigenschaft bzw. Sklaverei. Nach dem Zerfall dieses Systems in der Mitte des 19. Jahrhunderts brachen wieder große Gruppen von Roma in Richtung Mitteleuropa auf. Dort versuchte man vergeblich, die Zuwanderung zu verhindern. Mit Verordnungen und "vorbeugender Verbrechensbekämpfung" wurde das Vorgehen gegen die Roma legitimiert. Ende des 19. Jahrhunderts wurde überall begonnen, die Roma behördlich zu erfassen und sie systematisch zu registrieren.

In der Zeit bis 1848 entstanden in Ungarn  zahlreiche neue Konflikte wegen der starken Einwanderung von Roma  (Wlax und Beasch = "Bergarbeiter") aus der Moldau und der Walachei. In der Reformära wurde die Problematik der Roma - Integration heftig diskutiert. 1792 erstellte eine Subdeputation im Reichstag unter Leitung von Pál Fáy ein "Projectum" in 20 Punkten zur Roma - Integration. In diesem Dokument wurden die Gründe für die Ablehnung der Roma durch die Mehrheitsbevölkerung aufgelistet: Die wandernden Roma belästigen die Menschen, auch die ansässigen verhalten sich gesetz- und regelwidrig, sind kriminell, arbeitsscheu, hungern, sind schmutzig und verbreiten Krankheiten, betrügen ihre Kunden usw. Zu einem Gesetzesentwurf kam es nicht. Nur die Komitate erließen weiterhin Verordnungen, die vor allem die Überwachung der Roma betrafen. 1837 einigten sich die Komitate auf einen "Plan ...zur landesweiten Lösung der wandernden Roma". Viele der geplanten Maßnahmen scheiterten am Geldmangel. Neu war die Idee, alle wandernden Roma konzentriert auf einem Areal anzusiedeln. Im Neoabsolutismus wurde die Romafrage der Gendarmerie und karitativen Organisationen überlassen.

Zugleich begann aber die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Roma. Istvan Vályi hatte als Theologiestudent in Leiden Kontakte zu Studenten aus Indien und entdeckte dabei die indische Herkunft der Roma - Dialekte. 1783 und wieder 1787 erschien das Werk von Heinrich Grellmann "Historischer Versuch über die Zigeuner", in dem der Zusammenhang  zwischen der Sprache der Roma  und dem indischen Sanskrit bewiesen wurde. Deutsche Wissenschaftler erforschten und vertieften diese Erkenntnisse. Antal Hermann und Heinrich Wlislocki kam besondere Bedeutung zu. Hermann lebte 1886 unter wandernden Roma und studierte deren Poesie, Musik und Glaubenswelt. 1887 gründete er die Zeitschrift "Ethnologische Mitteilungen aus Ungarn (bis 1907). Er wurde Vorsitzender der "Gypsy Lore Society" und Mitglied verschiedener wissenschaftlicher Gesellschaften. In der Räterepublik wurde er mit der landesweiten Lösung der Roma - Frage beauftragt. Erzherzog Joseph, Palatin von Ungarn, hatte als junger Offizier von einem Roma dessen Sprache erlernt. Auf seinen Besitzungen, etwa in Alcsút, unternahm er Schritte zur Ansiedlung von Roma und zur Schulung von Roma - Kindern. Er verfasste ein Wörterbuch Ungarisch/Roma und eine Grammatik der Romasprache. Er unterstützte Roma - Künstler, etwa den Musiker János Balogh. Das Ansiedlungsprojekt scheiterte jedoch an der mangelnden Unterstützung durch Komitat und Regierung und auch Widerstand der benachbarten bäuerlichen Bevölkerung. Die Roma - Männer flüchteten außerdem aus Furcht vor dem Militärdienst.

Die Roma - Zählung von 1893

1893 wurde eine umfassende Roma - Volkszählung durchgeführt und von Hermann aufbereitet. 1857 hatte sich die Zahl der Roma in Ungarn auf 47 600, im Banat auf 12 120 und in Siebenbürgen auf 78 900 Personen belaufen. 1893 wurden 274 940 Roma gezählt. Die Roma - Bevölkerung hatte sich seit 1784  verdreifacht.  243 4322 Roma waren 1893 ansässig (88,54 %), 20 406 (7%) waren nicht ansässig, hielten sich jedoch aus beruflichen Gründen dauerhaft in einer Ortschaft auf. Zu den wandernden Roma wurden 8 938 Personen  (3,25 %) gezählt. Insgesamt stellten die Roma  1,8 % der Gesamtbevölkerung Ungarns. 38 % sprachen Ungarisch, 24 % Rumänisch, 30 % Romani und 8 % eine andere Sprache. 62 % wohnten in Häusern, 33 % in Slums und Hütten  und 5 % in Zelten. 36,7 % waren Taglöhner, 29 % Handwerker, 9,6 % Musiker, fast 7 % Bauern und Händler. 20 % der Wandernden und 5-6 % der Ansässigen wiesen "untolerierbare" Verhaltensformen auf.

In den Komitaten Wieselburg, Ödenburg und Eisenburg wurden 5 777 Zigeuner gezählt. In den 60 Gemeinden des Komitates Wieselburg lebten in 23 Roma, in den 236 Gemeinden des Komitates Ödenburg in 79 und in den 619 Gemeinden des Komitates Eisenburg in 202 Orten. Nach  Bezirken lebten im Bezirk Ungarisch Altenburg 150, Ragendorf (Rajka)  127, Neusiedl 72, Csepreg 306, Kapuvár 272, Csorna 214, Ödenburg 170, Oberpullendorf 139, Oberwart 975, St. Gotthard 553, Steinamanger 425. Größere Romakolonien gab es im Eisenburger Komitat. Auf heute burgenländischem Gebiet waren dies Buchschachen und Holzschlag je 108, Neustift bei Güssing 83, Schreibersdorf 56, Althodis 51. Wanderzigeuner gab es im Komitat Wieselburg nur 11, im Komitat Ödenburg 77 und im Komitat Eisenburg nur 78. Der Prozess der Sesshaftwerdung war also damals schon weitgehend abgeschlossen. Im Komitat Wieselburg sprachen die Roma überwiegend Deutsch, in Ödenburg und Eisenburg Ungarisch. Die Zigeunersprache wurde nur von einer Minderheit gesprochen. Im  Eisenburger Komitat überwogen die gesondert, meist am Ortsrand liegenden Zigeunersiedlungen. Der größere Teil der Roma lebte in (meist bescheidenen) Häusern, im Eisenburger Komitat lebten 264 Familien in Häusern, 177 in Erd- und anderen Hütten. Vereinzelt wurden auch Höhlen bewohnt. Auch nach der Beurteilung der Zigeuner wurde gefragt. Zumeist waren diese "unbeanstandet" oder "erträglich", im Eisenburger Komitat wurden sie in 23 Gemeinden als "schlecht" beurteilt. Unter den Berufen kamen vor: Lehm- und Ziegelstreicher, Trogschnitzer, Schmiede, Kesselflicker, Taglöhner (die zahlenmäßig größte Gruppe), Pferdehändler, Musikanten (in Ödenburg 217, in Eisenburg sogar 489). Auch die Erwerbsquellen beschäftigungsloser Roma wurden angegeben: Betteln, Wahrsagen, Kartenlesen, Kurpfuscherei, Diebstahl, Landstreicherei ...) Im Eisenburger Komitat gab es 512 Bettler, 15 Wahrsagerinnen und Kartenlegerinnen, 5 Diebe und 15 Landstreicher. Der Schulbesuch der Romakinder war in vielen Gemeinden nur unregelmäßig. Vor allem im Komitat Eisenburg war der Anteil der Analphabeten sehr hoch: 507 Personen konnten lesen und schreiben, 27 nur lesen und 3 445 weder lesen noch schreiben. (nach Ernö Deák).

 

 

 

 

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Quellen

  • Die Volksgruppe der Roma und Sinti bis 1938. Schlaininger Gespräche 2014.Tagungsband. Wissenschaftl. Arbeiten aus dem Burgenland Band 157
    Póczik Szilveszter, Roma - Gruppen in Ungarn bis Anfang des 20. Jahrhunderts
    Krenn, Martin, Kleine Rechtsgeschichte der Anti-Roma Gesetzgebung im 16. Jahrhundert.
  • Krenn, Martin, Die "gemeinsame" Vertreibung der Roma aus der (Ost-) Steiermark und dem Komitat Eisenburg 1612
  • Varga, J. János, Fürsorglicher Gutsherr, fürsorglicher Staat. Zigeuner in Westrtansdanubien im 17.-18. Jahrhundert.
  • Soós, István,  Assimilation oder Integration? Staatliche und administrative Versuche zur gesellschaftlichen Einfügung der Roma im Königreich Ungarn (18.-19. Jahrhundert)
  • Kropf, Rudolf, Die "Zigeunerkonskriptionen" von 1776 und 1777 im Eisenburger Komitat.
    Stanzer, Michael, Die Roma in Zentral- und Südosteurope. Wesentliche Forschungen und Entwicklungen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts.
  • Deák Ernö, Topographisch-literarischer und statistischer "Zigeunerspiegel" aus dem 19. Jahrhundert
  • Schranz Erwin: Die Sprache der burgenländischen Roma. Burgenländische Heimatblätter Heft 1 & 2021
  • Kropf Rudolf: Die Komnskriptionen der Roma im Komitat Vas/Eisenburg in den Jahren 1776 und 1777. Burgenländische Heimatblätter 2023, Heft 1
 

 

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