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Auf dem Lande spielten Volksgruppen und Sprachenfragen keine Rolle. Sowohl den Grundherrn wie den Komitatsbehörden war das Volkstum und die Sprachzugehörigkeit der Untertanen völlig gleichgültig. Die Kirche ließ sich von seelsorgerischen, in der Konsequenz aber volkstumserhaltenden Erwägungen leiten, dies umso mehr, als immer genügend kroatische Pfarrer zur Verfügung standen. In den Kirchen wurde kroatisch gepredigt, in den Schulen in der vorherrschenden Umgangssprache unterrichtet. Nur in den höheren Schulen kam ab 1845 die ungarische Sprache als Lehrfach dazu. Jene kroaten, die über ihre Heimatgemeinden hinauskamen, als Wanderarbeiter, Fuhrleute, Händler, beherrschten mehr oder weniger auch die deutsche und die ungarische Sprache.

Als Volksgruppe politisch aktiv und sich ihrer Gemeinsamkeiten bewusst waren die Kroaten ebenso wie die Deutschen Westungarns kaum. Der Volksliedersammler Fran Kurelac aus Kroatien versuchte die westungarischen Kroaten, die Priester und Lehrer, für die nationalkroatische Bewegung zu interessieren, fand allerdings wenig Widerhall. Interessant ist, dass auf dem großen Slawenkongress in Prag 1848 erstmals der Plan eines Korridors zwischen West- und Südslawen über Westungarn diskutiert wurde.

Im Revolutionsjahr 1848 waren natürlich vor allem die sozialpolitischen Reformen, allen voran die Grundentlastung, von Bedeutung. In nationaler Hinsicht sah die Verfassung von 1848 keine korporativen Rechte für die nichtmagyarischen Volksgruppen vor. Diese erhoben Forderungen nach Gleichberechtigung in sogenannten Nationalitätenversammlungen. Auch im westungarisch - burgenländischen Raum wurden "Nationalgarden" aufgestellt, die für Ruhe und Sicherheit sorgen sollten. Westungarn wurde im Verlauf des Durchzuges der gegenrevolutionären Truppen des kroatischen Banus Jellacic in die Kampfhandlungen einbezogen. Der Banus forderte auch die Kroaten Ungarns auf, zu den Waffen zu greifen. Die Kroaten erreichten am 3.Oktober 1848 Raab und zwei Tage später Ungarisch Altenburg. Dort entschloss sich der Banus, 8000 Mann seiner Truppen unter dem General Thodorovich über die Komitate Ödenburg, Eisenburg und Zala nach Kroatien zurückzuschicken. Diese wurden von ungarischen Nationalgarden angegriffen. Die Kroaten plünderten westungarische Orte wie Lövö und Zsira. Von Seiten der westungarischen Kroaten gab es wenig Bereitschaft, mit den kroatischen Truppen zusammen zu arbeiten. Gegen Plünderungen wehrten sich die Kroaten ebenso wie die Deutschen und Magyaren. In Frankenau wurden drei Soldaten erschlagen. Thodorovich wich schließlich über die Steiermark aus. Stärker betroffen waren die kroatischen Gemeinden im Raume Parndorf, als dort die ungarische Armee unter Kossuth Stellung bezog und nach der Niederlage bei Schwechat sich über die Leitha zurückzog. Diue ungarische Armee blieb bis 16. Dezember 1848. Parndorf wurde, als die kaiserliche Armee über die Leitha vorrückte, mit Kanonen beschossen. Im August 1849 kapitulierte die ungarische Armee. Der Belagerungszustand, der über ganz Ungarn bis 1. Mai 1854  verhängt wurde, war mit ständigen Militäreinquartierungen verbunden.

In der Zeit des Neoabsolutismus ("Bach - Ära") verfügte die Reichsverfassung von 1849 die Gleichstellung der landesüblichen Sprachen und die Aufhebung jedes sprachlichen Zwanges in Kirche und Schule. In der Praxis war aber der Geschäftsverkehr zwischen Gemeinden und Bezirksämtern in deutscher Sprache abzuwickeln. Die kroatische Sprache blieb in den kroatischen Dörfern im Gemeindebereich dominant. Darüber hinaus wurden in Kirche und Schule wichtige Impulse gesetzt, etwa in der Produktion von Schul-, Gebetsbüchern und Katechismen. Da die Schulbücher zentral in Wien auch für Kroatien gedruckt wurden und eben auch für die westungarischen Kroaten gelten sollten wurden diese mit den sprachlichen Reformen in Kroatien konfrontiert. Die Lehrer lehnten diese Bücher aber weitgehend ab und bevorzugten die regionalem "volksnahe" Schriftsprache. Unter Geistlichen und Lehrern wuchs das Volksbewusstseinder burgenländisch - westungarischen Kroaten. Nach dem Ende der Bach - Ära wurde auch die Herstellung der Schulbücher wieder dezentralisiert und regionale Traditionen kamen in Schul- und Gebetbüchern wieder zur Geltung. 1864 erschien der "Christlich - katholische Kalender für das Schaltjahr 1864".

Die neue Bezirkseinteilung von 1870 betraf auch viele kroatische Gemeinden. Die kroatische Mehrheit ging in den Gemeinden Hackerberg, Neuhaus in der Wart, Punitz, Schallendorf, Stegersbach und Steingraben verloren. Nach dem Gemeindegesetz von 1871 entstanden fünf kroatische Großgemeinden und 56 Kleingemeinden, Großgemeinden waren Gattendorf, Kittsee, Parndorf, Hornstein und Wulkaprodersdorf. Die Kleingemeinden mussten gemeinsame Kreisnotariate bilden. Ab 1894, nach der Einführung der Zivilehe, waren die Kreisvororte auch staatliche Matrikelämter. Der Gesetzesartikel 44 aus dem Jahre 1968 bestimmte die ungarische Sprache zur Staatssprache, sicherte aber den Gebrauch der Muttersprache im Bereich der Gemeinden, in Kirche und Schule, zu.

Bis 1918 waren 80 % der Schulen konfessionell. Daneben wurden im heute burgenländischen Raum 47 Staats- und 14 Gemeindevolksschulen eingerichtet. Die konfessionellen Schulen waren Privatschulen, in denen der Schulerhalter, also die beiden Kirchen, die Unterrsichtssprache bestimmten. 1879 wurde auch in den konfessionellen Schulen die ungarische Sprache als Pflichtfach eingeführt. Das Ziel war, dass jeder Volksschulabsolvent die ungarische Sprache fehlerfrei beherrschen sollte. Die Volkszählung von 1900 hatte gezeigt, dass im westungarisch-burgenländischen Raum 81,7 % der Bevölkerung die ungarische Staatssprache nicht beherrschten. Der Druck auf die Lehrer wurde nunmehr verstärkt. Im Apponyischen Schulgesetz von 1907 wurde die ungarische Unterrichtssprache stark ausgeweitet., alle Schulen zum intensiven Ungarischunterricht verpflichtet, mit verheerenden Folgen, da nunmehr für die kroatische und deutsche Sprache keine Zeit blieb. Selbst diese Zwangsmaßnahmen konnten bis 1920 nur 26,8 % der Bevölkerung dazu bringen, Ungarisch zu beherrschen. Bis 1910 wurden auch alle kroatischen und deutschen Ortsnamen magyarisiert. Für die Magyarisierung der Familiennamen war vor allem die Intelligenzschicht anfällig.

Auch den der Zeit der heftigsten Magyarisierung blieb die Zahl der Kroaten im Gebiet des heutigen Burgenlandes konstant: 1880: 41 063 (15,8 %), 1900: 44540 (15,2 %), 1910: 43 638 (14,9 %), 1920: 44 988 (15,2 %).  Die relative kroatische Mehrheit ging 1890 bis 1900 in Kittsee verloren, bis 1900 auch in Potzneusiedl. Im Eisenstädter Bezirk hatten die Kroaten in neun Gemeinden die absolute Mehrheit, In Sigleß sank der Anteil Kroaten von 44,9 % auf 34,2 %. Im Oberpullendorfer Bezirk hatten 1880 die Kroaten in 13 Gemeinden die absolute Mehrheit. Sie verloren nur in Lackendorf bis 1920 die Mehrheit. Im Oberwarter Bezirk hatten die Kroaten in 16 Gemeinden die absolute Mehrheit, die bis 1920 erhalten blieb, mit Ausnahme von Rumpersdorf. Im Güssinger Bezirk waren 14 Gemeinden mit absoluter kroatischer Mehrheit, Bis 1920 ging diese in Großmürbisch, Steinfurt, Sulz und Tudersdorf verloren. Insgesamt gab es 1880 auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes 59 kroatische Mehrheitsgemeinden, 1920 waren es 53.

In politischer HInsicht schränkte das restriktive Wahlrecht die Wirkungsmöglichkeiten ein. Die Bauern hingen meist der Katholischen Volkspartei bzw. der Christlichsozialen Partei an, die krotaische Arbeiterschaft war vor allem im Komitat Ödenburg schon vielfach sozialdemokratisch gesinnt.

Das Schulwesen von den Anfängen bis zum Anchluss an Österreich

Nach 1560 entstanden die ersten kroatischen Dorfschulen, natürlich von der katholischen Kirche organisiert. 1651 gab es in Hornstein einen Schulmeister und ein Schulhaus, aber nur 10 Schüler. In Zillingtal wurde ein 1605 abgebranntes Schulhaus bis 1641 wieder errichtet. Baumgarten hatte 1641 einen Schulmeister, aber kein eigenes Schulgebäude. In Antau wird 1620 ein Schulmeister Georg Freiberger erwähnt, in Zagersdorf scheint 1674 ein Schulmeister auf, in Siegendorf 1641.  1541 hatten Trausdorf und Oslip Schulhäuser und Lehrer, in Wulkaprodersdorf und Kohlnhof gab es 1651 Lehrer, aber keine Schulgebäude. 1647 gab es in Frankenau, Unterpullendorf, Kroatisch Geresdorfund Großwarasdorf, 1651 auch in Nikitsch Lehrer. Im Komitat Wieselburg gab es in allen kroatischen Pfarrorten Lehrer, in Pallersdorf, Kroatisch Jahrndorf, Parndorf und Neudorf auch Schulgebäude. Im Eisenburger Komitat war das Schulwesen auch in den kroatischen Gemeinden nur wenig entwickelt. . Dort bestanden bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nur in den Pfarrorten Schulen, 1674 etwa in Dürnbach, und Neumarkt. Schulgebäude waren nur selten vorhanden. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts brach das Schulwesen wegen der großen materiellen Not vielfach zusammen. Erst nach 1713 kam es wieder zu einer positiven Entwicklung. Die sehr uneinheitlich vorgebildeten Schulmeister standen in einem Abhängigkeitsverhältnis vom Pfarrer, waren schlecht bezahlt und als Kantoren und Notare häufig überlastet, da sie zum Teil auch die Mesnerdienste verrichten mussten.

Insgesamt war nur ein geringer Prozentsatz der Bauern schreibkundig, doch war dieser Prozentsatz im Wieselburger und Ödenburger Komitat deutlich höher als im übrigen Ungarn. Erst mit der "Ratio educationis" von 1777 unter Maria Theresia begann der Aufbau eines geordneten Schulwesens mit Schulaufsichtsorganen und der Herausgabe von Schulbüchern. 1746/47 erschienen die ersten kroatischen Schulbücher, eine Fibel und ein Katechismus. 1806 gab Pater Johann Sigismund Karner ein kroatisch - deutsches "Namensbüchlein" heraus, 1836 der Pfarrer Josef Ficko ein "ABC - Büchlein" für den Ungarischunterricht der kroatischen Schüler. Zahlreicher waren die Katechismen in kroatischer Sprache. Fickos "ABC - Büchlein" fiel bereits in eine Zeit, in der sich die Versuche, die ungarische Sprache auch im Unterricht in den kroatischen Gemeinden zur Geltung zu bringen, häuften. Bis 1848 hatten diese Bestrebungen aber in den kroatischen wie auch in den deutschen Gemeinden wenig Erfolg.

Erst in der zweiten Jahrhunderthälfte wurde die Magyarisierung auch der Schulen massiver. Die Pfarrer hatten in den Schulen den maßgebenden Einfluss, sie waren ja die lokalen "Schulinspektoren", die Dechanten waren Kreisschulinspektoren der katholischen Schulen. Die Lehrer wurden von den Gemeinden, also im wesentlichen von den Pfarrern ausgewählt und dann vom Kreisschulinspektor ernannt. Die Lehrereinkommen blieben auch weiterhin bescheiden. Die Kinder waren zum Besuch der zweijährigen "Unterstufe" verpflichtet. Unterrichtsfächer waren Religion, Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen. Unterrichtet wurde vom Oktober bis August. Die Schulen waren meist zu klein - vor allem im Gefologe der "Bevölkerungsexplosion" in den Dörfern - und oft in einem schlechten Zustand. Schülerzahlen bis zu 100 und mehr in einer Klasse waren die Regel. Der Schulbesuch war unterschiedlich, er lag zwischen 12,5 und 81,5 % der Schulpflichtigen.

Im Ödenburger Komitat wurde 1831 verfügt, dass in jeder Schule ein Lehrer tätig sein musste, der auch in ungarischer Sprache unterrichten konnte. Wenn er dies nicht konnte, musste er einen der ungarischen Sprache kundigen Hilfslehrer (Präceptor) anstellen. Erste Versuche durch Josef Eötvös im Jahre 1848, die Schulen aus den Händen der Kirchen zu lösen, scheiterten am Einspruch der Konfessionen. In der Zeit des Neoabsolutismus wurden Anstrengungen unternommen, die schlechten baulichen Verhältnisse zu verbessern. 1856 wurde die Trennung von Schule und Gemeindenotariat verfügt, später aber wieder rückgängig gemacht. Die Lehrerausbildung wurde durch die Errichtung von Lehrerbildungsanstalten in Ödenburg, Preßburg und Raab verbessert. Erst jetzt wurde auch die Schulpflicht konsequent durchgesetzt. Vor allem in der Diözese Raab waren Pfarrer und Lehrer mit den zentral produzierten kroatischen Schulbüchern nicht einverstanden. Fabian Hauszer, der Pfarrer von Karlburg, wurde beauftragt, diese der kroatischen Sprache des westungarischen Raumes anzupassen. 1855 verfasste er ein kroatisch - deutsches Wörterbuch (1858 gedruckt). Gaspar Glavanich, Kaplan in Ödenburg, überarbeitete die "Kleine Fibel" und das 1859 erschienene "Erste Lesebuch für die katholische Schuljugend" in kroatischer Sprache. Beide, Hauszer und Glavanich, waren bemüht, die burgenländisch - kroatischen Dialekte an die Reformschriftsprache Kroatiens anzupassen.

1868, nach dem Ausgleich, trat das neue Volksschulunterrichtsgesetz inkraft. Neben den weiterhin vorherrschenden konfessionellen Schulen konnten nun Gemeindeschulen errichtet werden. Die Oberaufsicht des Staates über die Schulen wurde gesetzlich geregelt. In jedem Ort wurde eine "Schulkommission" eingerichtet, ab 1876 "Schulstuhl" genannt. Er wählte die Lehrer. In konfessionellen Schulen war der Pfarrer der Präses des Schulstuhles. Das Gesetz verfügte die sechsjährige Schulpflicht und eine Wiederholungsschule bis zum 15. Lebensjahr - mit 5 Stunden wöchentlich im Winter und zwei Stunden im Sommer. Unterrichtssprache sollte die örtlich vorherrschende Muttersprache sein. Der Lehrplan enthielt Religion, Schreiben, Sprachlehre, Rechnen, Geographie, Geschichte und Naturlehre. Zahlreiche neue Schulbücher mussten gedruckt werden, Ein besonders eifriger Autor war der gebürtige Großwarasdorfer Michael Nakovich. In der Diözese Steinamanger organsierten das katholische Volksschulwesen die beiden Pfarrer Stefan Déry und Georg Frideczky. 1879 wurde die ungarische Sprache als Pflichtfach in allen Volksschulen angeordnet, Nach der Volkszählung von 1900 wurde der Druck erheblich verstärkt, da in Westungarn 81,7 % der Gesamtbevölkerung die Staatssprache nicht beherrschten. Durch die Apponyschen Gesetze wurden Kroatisch und Deutsch als Unterrichtssprachen stark zurückgedrängt.  In der Volkszählung von 1920 gaben 26,8 % der Bevölkerung an, Ungarisch zu beherrschen.

 

 

 

 

 

 

 

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