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Urgeschichte

Eine ausgedehnte Siedlung mit Gräberfeld der Linearbandkeramischen und der Badener Kultur bestand nordöstlich des Bahnhofes Wiesen - Sigleß. In der Ried Walbersdorf - Krautäcker wurden 1968 zwei Steinbeile und Keramik der Badener Kultur gefunden, 1973 an der Straße nach Forchtenstein Scherben der Lengyelkultur. 1975 wurde im neuen Friedhof eine mittelneolithische Grube mit zahlreichen Funden entdeckt. Aus der späten Frühbronzezeit stammt ein 11 cm langer Griffplattendolch. Der hohe Antimongehalt des Metalls weist auf eine Entstehung im Bereich des mittleren Burgenlandes hin. Auch aus der Eisenzeit sind zahlreiche Funde, etwa Gefäße und Lanzenspitzen, bekannt.

Besonders reichhaltig sind die Hinterlassenschaften aus der Römerzeit, darunter besonders schöne Grabsteine aus Walbersdorf. Ein leider nicht vollständig erhaltener Grabstein wurde schon 1845 geborgen. Er wurde von Tiberius Claudius Aplo seinem Kollegen Tiberius Claudius Vanamius  Mitte des 1. Jahrhunderts n.chr. gesetzt. Die beiden Reitersoldaten stammten aus Dalmatien. Als besonders ergiebig erwies sich eine Fundstelle auf dem Gebiet der ehemaligen Rottermann - Hartig - Ziegelei in Walbersdorf. Neben Gebäuderesten wurden Aschenkistengräber mit Begaben gefunden. Besonders schön sind die Grabsteine aus Walbersdorf, die sich heute in Ödenburg befinden. Der eine Grabstein ist der des Veteranen Tiberius Julius Rufus, der 50 Jahre in der Reiterschwadron der Scubuler diente. Seine Tochter Julia Ruffila setzte den reich verzierten Stein aus weißem Marmor. Im zweiten Grabstein, ebenfalls aus Marmor, ist der zwanzigjährige Petronius Rufus verewigt. Seine Freigelassene Julia Urbana setzte den sehr shcön gestalteten, drei Meter hohen Stein. Eine dritte Grabstele ist aus Sandstein. Sie wurde für Caius Petronius errichtet, der 28 Jahre in der Schwadron Gemelliana gedient hatte, Sein Heimatort war Mopsistus in Kilikien. Die Stele wurde von seiner Gemahlin, der Freigelassenen Urbana, gesetzt. Am unteren Ende ist ein galoppierender Reiter dargestellt. Der vierte Stein wurde der achtzigjährigen Daeipora, Freigelassene des Calaetus, und der dreißigjährigen Hispana, Sklavin des Dexter von den Brüdern Petronius Domesticus und Ambatus gesetzt. Die Namen lassen vermuten, dass es sich um zwei benachbarte und miteinander verwandte Veteranenfamilien handelte.  Sie wurden vermutlich schon in der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. angesiedelt.

Neben den Grabsteinen gab es in Mattersburg und Walbersdorf zahlreiche weitere Funde, Steinkistengräber etwa in der Sandgrube auf der Pielhöhe aus spätrömischer Zeit. Dort wies ein weibliches Skelett eine interessante Besonderheit auf: ein Zahn war mit einer Drahtschlinge aus Gold befestigt. Nördlich der Bahnstation Wiesen - Sigleß, an der römischen Straße in das südliche Wiener Becken, weisen Mauerwerk und zahlreiche Funde auf eine römerzeitliche Siedlung hin. In diesem Areal wurden auch Gräber gefunden, die man Gruppen germanischer Herkunft zuschreibt. In einem reich ausgestatteten  frauengrab wurde ein bronzener Fingerring mit eingraviertem Kreuzzeichen gefunden. Die Verstorbene war vermutlich arianische Christin. Aus der Zeit der Völkerwanderung stammen vermutlich auch 17 Gräber, die in der Prost'schen Ziegelei gefunden wurden. Im Bericht Ludwig Bellas aus dem Jahre 1901 wird erwähnt, dass man in den meisten Gräbern beim rechten Fuß des Skletts ein Ei fand. Heute werden diese Gräber in das 9. oder 10. Jahrhundert datiert.

In den vergangenen Jahren war Mattersburg immer wieder Gegenstand von Berichten in der Regionalpresse, wobei - oft übertrieben - von archäologischen Sensationen die Rede war. Im Auftrag der Stadtgemeinde erforscht die Archäologin Dorothes Talaa nach der Öffnung der Grabhügel im benachbarten Sigleßer Kloaschützwald nun auch in Mattersburg Gräber aus der "Awarenzeit". Die Ausgrabungen begannen 2010. 52 Gräber wurden bisher geöffnet. Sie stammen aus dem 8. und 9. Jahrhundert und sind zu einem beträchtlichen Teil "Waffengräber". Die Ausgräberin stuft sie als Awarengräber ein. Zeitlich würden sie wohl bereits in die Zeit nach der Zerschlagung des Awarenreiches durch die Franken einzuordnen sein. Die Anzeichen mehren sich, dass es sich um eine gemischte Bevölkerung mit unterschiedlichen Bestattungsriten handelte. Vor allem Schwerter und Kampfbeile, aber auch die Skelettreste weisen auf eine Bevölkerungsgruppe westlicher (fränkisch - bayerischer) Herkunft hin. Die Ergebnisse der Ausgrabungen sind noch nicht wissenschaftlich ausgewertet.

Ein bemerkenswerter Fund aus dem NMittelalter ist ein schönes Aquamanile aus Bronze in Löwengestalt. 1958 wurde ein Tonkrug mit einem Münzschatz - eine Gold- und 2337 Silbermünzen - gefunden. Es sind durchwegs süddeutsche Gepräge und keine einzige ungarische Münze. Es ist dies ein deutlicher Hinweis auf die spätmittelalterlich - frühneuzeitlichen Handelsbeziehungen.

 

Karolingerzeit: "Wolfsbach" - die Regensburger Traditionsnotiz von 808

Nach der Eroberung des Awarenreiches unter Karl d. Großen wurde der Mattersburger Raum in das fränkische Ostland einbezogen. Auf das Jahr 808 bezieht sich die so genannte Regensburger Traditionsnotiz aus dem Kloster St. Emeram. Es ist dies die älteste Urkunde des Burgenlandes. Sie berichtet, dass die Geschwister Wirut, Gisilmar und Wentilmar und ihr Vater Elis dem Regensburger Kloster ein Gebiet um den Ort Wolfsbach übertrugen. Wolfsbach wird heute nach längerer wissenschaftlicher Kontroverse eindeutig mit Mattersburg gleichgesetzt. Auch der Flussname Wulka bedeutet ja Wolfsbach. Die Urkunde fällt damit in eine Zeit, aus der auch die oben genannten Gräber stammen. Ausführlich wird über die Frage "Wolfsbach" im Artikel Die Geschwister von Mattersburg berichtet.

 

Ortsname

      • 1202 Villa Martini
      • 1223 Villa Mortun
      • 1289 Mertinsdorf
      • 1294 castrum Mortun
      • 1392 possessio Magni Martini
      • 1303 Mertersdorf
      • 1320 Noghmortun
      • 1337 Major Martinus
      • 1344 Mortun
      • 1345 Martensdorph
      • 1356 Merteinsdorf
      • 1363 Martesdorf
      • 1926 Mattersburg
      • Der Ortsname ist vom Kichenheiligen Martinus abzuleiten.

 

Mittelalter

Die erste urkundliche Erwähnung nach dem Ungarnsturm fällt in das Jahr 1202. König Emmerich schenkte den Ort Villa Martini dem Woiwoden Benedikt. Dieser übertrug Mattersburg und Bajot seiner Frau Tota als Morgengabe. Diese war als Hofdame der Konstanze von Aragon nach Ungarn gekommen und entstammte wahrscheinlich einem Adelsgeschlecht westgotischen Ursprungs. König Emmerich bestätigte die Übertragung an Tota in der Urkunde von 1202. Als Nachbarorte werden Wolbrum (Walbersdorf), Mouruhc (Marz), Forcosfertes, Sumpotochfeu (Ortsgebiet von Sieggraben), Kethuch  und auf dem Gebiet von Sigleß Zolounta und Pugym genannt.

Nach dem Tod Totas erhielt ihr Bruder Simon den Besitz, später auch deren Bruder Bertrand. Bertrand nannte sich als erster "Graf von Mattersdorf". In der Güssinger Fehde standen die Söhne Simons, Simon und Michael, an der Seite der Güssinger. Herzog Albrecht von Österreich belagerte und eroberte ihre Burg Mertinsdorf. Im Hainburger Frieden von 1291 wurde ihre Zerstörung verfügt. Die Lage dieser Burg ist umstritten. Am wahrscheinlichsten ist sie im Bereich der Volksschule zu suchen. Die Mattersdorfer erbauten ihre neue Burg in Forchtenstein, das damals noch zu Mattersburg gehörte. Die neue Burg ist 1336 urkundlich bezeugt. Sie wurde von Graf Paul I. durch seinen Bruder Lorenz auf eigene Kosten errichtet.

Paul I. war der bedeutendste Vertreter der Mattersdorf - Forchtensteiner. Er baute die Herrschaft aus, unter anderem erwarb er 1319 die Herrschaft Kobersdorf. Er war Judex Curiae und Obergespan mehrerer Komitate. 1343 stiftete er die Pfarre Mattersburg. Sein Neffe Nikolaus III. erhielt von König Ludwig I. im Jahre 1354 das Recht auf einen Jahrmarkt in Mattersburg. 1379 erhielten die Bürger des Marktes vom Grundherrn ein Privileg: Wein oder Most durften nur die einführen, die im Markt lebten und ein eigenes Gespann besaßen. Für den Jahrmarkt zu Jakobi durfte 14 Tage vorher Wein eingeführt werden, allerdings nur dann, wenn im Markt nicht mehr viel Weinvorhanden war. Sie durften Wein aus Mattersburg ausführen. Umstritten war im Spätmittelalter die Maut. Die Ödenburger versuchten, die Mattersburger Maut zu umgehen.

1445 wurden die Grafschaft Forchtenstein sowie die Herrschaften Kobersdorf und Landsee an Herzog Albrecht VI. von Österreich verpfändet. 1447 bestätigte Dieser dem Markt die von den Mattersdorf - Forchtensteinern verliehenen Privilegien, darunter etwa die Erlaubnis, ihren Wein auf das "Teutsch", also nach Österreich zu verkaufen. Die Witwe von Paul III., Anna von Pottendorf, vermachte in ihrem Testament von 1452 dem Pfarrer von Mattersburg "4 Gulden umb ain Ros, darauf er den kranken Lewt besuchen sol mit Gotsleichnamb".  1451 verkaufte Albrecht VI. seinem Bruder Friedrich V. (Kaiser Friedrich III.) unter anderem auch die Grafschaft Forchtenstein. Burghauptmann wurde Sigismund von Weißpriach, der 1461 in Forchtenau einen Hof mit den dazugehörenden Weingarten, genannt Hausberg, kaufte. Seinen Edelhof "Stainhoff" in Mattersburg verkaufte er seinem Dienstmann, dem Ritter Johannes Wayssenhamer, mit 31 Joch Ackerland. 1466 erhielt Sigismund, nachdem er die Seiten gewechselt hatte, von Matthias Corvinus die Burg Forchtenstein geschenkt. Friedrich V. hingegen übertrug 1467 die Herrschaft Forchtenstein dem Großmeister des St. Georgs - Ritterorden, Johann Siebenhirter als Pfand. 1491 wurde im Frieden von Preßburg bestimmt, dass die Herrschaft weiterhin im kaiserlichen Besitz bleiben sollte.

Ursprünglich gab es in Mattersburg wohl 32 ganze Lehen. Mitte des 14. Jahrhunderts waren sie bereits stark aufgesplittert, selbst die Hofstätten wurden geteilt. Man kann von 175 bis 189 Häusern ausgehen. Damit hatte Mattersburg eine beachtliche Größe erreicht. Im Urbar von 1498/1500 sind bereits alle Hausinhaber namentlich aufgelistet. Es sind durchwegs deutsche Familiennamen. Es gab 15 halbe, 46 Viertellehen, 22 ganze und 18 halbe Hofstätten, vier Fleischbänke und drei Mühlen. Eine große Zahl von Höfen (41%) war verödet. Bis 1526 verbesserte sich die Lage wieder, nur mehr ein Viertel der Höfe waren öde. Es gab drei ganze Höfe (darunter der Pfarrhof und ein Edelhof), 21 halbe, 70 Viertelhöfe, 23 ganze und 21 halbe Hofstätten und drei Mühlen. Öde waren ein halbes und 7 Viertellehen, 10 ganze und 25 halbe Hofstätten. 1495/96 wurde das Dach der Pfarrkirche erneuert, wie aus einer großen Lieferung von Dachziegel aus Ödenburg hervorgeht.

Ab 1495 war Heinrich Prüschenk Pfandinhaber von Forchtenstein. Heinrich Prüschenk nannte sich später Graf von Hardegg. 1526 bis 1528 war Matthias Teufl im Dienste Hardeggs Hauptmann von Forchtenstein. 1533 verkaufte Julius von Hardegg die Herrschaft an Ritter Jakob von der Dürr. 1541 bekam Hans von Weißpriach, Freiherr von Kobersdorf und Stadthauptmann von Ödenburg, von Ferdinand I. das Vorkaufsrecht auf Forchtenstein. 1546 erwarb er schließlich über Vermittlung Erasmus Teufls mit Zustimmung Ferdinands die Grafschaft. Weißpriach war Protestant. Er förderte die Ansiedlung von Juden. Weißpriach missachtete die Freiheiten der Mattersburger und bot Anlass zu vielen Beschwerden. Nach seinem Tod 1571 war Kaiser Maximilian II. bereit, die Herrschaften Forchtenstein und Eisenstadt wieder direkt unter kaiserliche Verwaltung zu nehmen, konnte aber die Pfandsumme von über 77 000 Gulden nicht aufbringen. Er wandte sich an die Bewohner der beiden Herrschaften um Hilfe. Diese brachten tatsächlich die riesige Summe auf. Mattersburg steuerte 3000 Gulden bei. Maximilian II. versprach, die Herrschaften in Zukunft nicht mehr zu verpfänden. Er bestätigte die alten Rechte des Marktes Mattersburg.

Probleme gab es immer wieder mit der Maut in Mattersburg und in Müllendorf. 1523 verfügte der Ödenburger Magistrat, keinen Kaufwein aus Mattersburg über Ödenburger Gebiet führen zu lassen. 1542 beschwerte sich Jakob von der Dürr über die Wr. Neustädter, weil sie die Mattersburger und die Müllendorfer Maut umgingen. Hans von Weißpriach forderte die Maut für sich. Eine Urbarialbereitungskommission ordnete aber an, dass er sie dem Mattersburger Richter "zur Besserung und Machung der Wege, Stege und Brücken" zu überlassen hätte.

 

Die Judenansiedlung

Schon  1530 wird in Mattersburg ein Jude namens Manusch genannt, auch Mosche, Sohn des Pesach. Er kam aus Ödenburg, wo die Juden 1526 vertrieben wurden. 1528 suchten die Mattersburger Juden beim kaiserlichen Kommissar Wilhelm Reichenbach Hilfe, da ihnen die Ödenburger noch Geld schuldeten.  1531 werden Aaron, Sohn des Manusch - Juden, und Aaron, Sohn des Rabbi Mosche, genannt. 1569, unter Weißpriach,  wohnten bereits 67 Juden in 11 Häusern in Mattersburg. Sie zahlten Weißpriach 24 Taler und zu Weihnachten Gewürze im Wert von 8 Gulden. Gegen die Judenansiedlung beschwerten sich die Pfarrer von Mattersburg und der umliegenden Orte. Die Hofkammer verlangte von Weißpriach daraufhin, die Juden innerhalb von 6 - 8 Wochen zu vertreiben. Die Juden wandten sich direkt an den Kaiser und beriefen sich auf ihre "auferbauten und lange possedierten  Häuser". Sie durften bleiben, da sie schon vor 1568 im Lande gewesen waren. 1644 wird die Judengasse erstmals urkundlich erwähnt.

Im Jahre 1671 wurden die Juden auf Befehl Leopolds I. aus Mattersburg vertrieben. Sie waren aber spätestens 1678 wieder im Markt. Ihre zwangsweise verkauften Häuser und die Synagoge konnten sie zurückkaufen. Sie konnten sich in der Folgezeit dank der vom Grundherrn verliehenen Privilegien behaupten. Mit der christlichen Gemeinde kam es immer wieder zu Streitereien. Oft ging es dabei um die Bierbrauerei und den Bierausschank.

Das neben dem Meierhof gelegene Brauhaus gab es schon seit Weißpriachs Zeiten. 1677 wurde es vom Juden Gottlieb Sallamon und seiner Frau Glückhl gekauft. Sallamon musste jährlich 30 Gulden zahlen und 40 Metzen Biertrebern an den Meierhof liefern. Er durfte sein Bier frei ausschenken und war von allen Gemeindeabgaben und Roboten befreit. 1692 schloss Paul Esterházy mit einigen Mattersburger Juden einen Vertrag über die Bierbrauerei. Das Brauhaus wurde dem Juden Moyses Lazarus, dessen Frau und dem Salamon Benedikt verkauft. Sie hatten weiterhin 30 Gulden jährlich zu zahlen. Meister Gregor Pax, ein christlicher Bierbrauer, hatte 1692 ein Haus erworben und eingerichtet. Die Juden wehrten sich gegen diese neue Konkurrenz. Eine fürstliche Kommission untersagte Meister Pax die Brauerei. Die Juden verpflichteten sich, für die Aufrechterhaltung ihres Monopols der Gemeinde jährlich 20 Gulden zu zahlen. Dem Brauer Pax mussten sie das Haus und die Geräte ablösen. Das Brauhaus ging ganz in den Besitz des Moyses Lazarus über. Die christliche Gemeinde kämpfte wiederholt gegen das jüdische Biermonopol an, etwa 1723, als sie vom Grundherrn das Bierschankrecht forderte. Der Grundherr stellte sich, obwohl die Gemeinde euch entsprechende finanzielle Angebote machte, auf die Seite der Juden. Noch im Jahre 1801 befand sich das Bräuhaus im Besitz des Juden Moses Elias Preyer.

Auch die Maut war oft in den Händen von Juden, etwa 1628 von Mathias Preyer. Die Maut war im 1640 erlassenen Mattersdorfer Marktvectigal genau geregelt. Konfiszierte Ware wurde zwischen Herrschaft und Mautner aufgeteilt. 1792 übernahm wieder der Markt die Mauteinhebung, gegen einen fixen Betrag an den Grundherrn.

Die Esterhazy stellten den Juden Schutzbriefe aus, die sie sich teuer bezahlen ließen. Die jüdische Gemeinde umfasste von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis Anfang 19. Jahrhundert immer etwa 30 Häuser. Die wachsende jüdische Bevölkerung wurde durch Zubauten und Aufstockungen im Ghetto untergebracht. Die dortige sehr dichte Bevölkerung hatte eine ständige Feuer- und Seuchengefahr zur Folge. Erst im 19. Jahrhundert gelang es einigen Juden, Christenhäuser zu erwerben. 1815/16 wurden östlich der Judenstadt sieben Kleinhäuser errichtet, 1819/20 wurden weitere 12 Judenhäuser gebaut. Eines dieser Häuser ging an die Bruderschaft für arme Juden. Ansiedeln durften sich nur esterhazysche Schutzjuden. 1744 war der überwiegende Teil der Juden im Handel tätig: mit Waren aller Art, als Pferdehändler, Fellhändler, Tuch- und Bänderhändler, Mehl- und Kleinviehhändler. Es gab aber auch einige Gewerbetreibende: Branntweinbrenner, Schneider, Bierbrauer, Buchbinder, Schächter und Schnürmacher. Es gab einen Schulmeister und Schreiber. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden drei Buchdruckereien (Gellis, Schön und Kohn. Die Brauerei musste gegen Entschädigung an die Herrschaft zurückgegeben werden.

Verwaltet wurde die Judengemeinde von einem Gemeindevorstand aus fünf Männern - je zwei Vertreter der Kultusgemeinde und der politischen Gemeinde und einem Richter. Es gab einen Wohlfahrtsausschuss und einen Schulverein. Bezahlte Angestellte der Gemeinde waren zwei gesetzeskundige Rabinatsassessoren, der Kantor, einer oder mehrere Gemeindediener (Schammes) und andere. Daneben bestanden zahlreiche Ehrenämter. Der Rabiner war Lehrer und Vorsitzender des rabinatischen Gerichts. Die Gemeinde versuchte stets, fromme und berühmte Rabbiner zu gewinnen.

1902/3 wurden Marktgemeinde und Judengemeinde vereinigt.

 

Edelhöfe

Im 16. Jahrhundert gab es zwei Freihöfe. Der Stainhoff war 1569 im Besitz des Simon Zobl. Der zweite Freihof lag öde und wurde in einen abgabenpflichtigen Ganzlehenshof umgewandelt. Zur Zeit der Übernahme der Herrschaft durch die Esterhazy befand sich der Freihof "Steinhof" im Besitz von Johann Jakob Rueff, ebenso wie die Baumgartmühle gegen Walbersdorf. 1627 wurde Rueff von Esterházy enteignet, einigte sich aber dann mit Esterházy und konnte gegen eine Inskriptionsgebühr von 300 Gulden den Hof behalten. 1649 verkaufte Rueff mit Zustimmung Ladislaus Esterházys den Hof mit der Baumgartmühle an den niederösterreichischen Landschaftsmedicus Dr. Adam Werner, der noch viele weitere Besitzungen, etwa Weingärten, hatte. Er verkaufte den Hof und die Mühle nach kurzer Zeit an den Freiherrn Nicolaus Joó de Kazaháza. Von der Mühle mussten jährlich Abgaben an den Pfarrer von Mattersburg und an den dortigen Schulmeister geleistet werden. Unter Nicolaus Joó und seiner Frau Eva Sibrik wurde der Mattersburger Steinhof zum Zentrum einer Kleinherrschaft, die sich aus Pfandbesitzungen in der Grafschaft Forchtenstein zusammensetzte. Für die Summe von 34 300 Gulden wurden ihnen die Dörfer Marz und Zemendorf verpfändet. In seinem Testament von 1654 vermachte  Nicolaus Joó eine Summe von 5000 Gulden. Sein übriges Vermögen übertrug er Paul Esterházy, seine Tochter Elisabeth Christina sollte die Zinsen in Form einer Leibrente bekommen. 1655 starb Nicolaus Joó. Die Verwaltung der Besitzungen übernahm bis zur Großjährigkeit der Tochter Johann Lippay. Elisabeth Christina trat als Nonne in das St. Clara - Kloster in Tyrnau ein. Paul Esterhazy zahlte ihr die 5000 Gulden und 300 Gulden Zinsen aus. Der Betrag wurde an des Kloster übertragen. Die Paumgartmühle  kaufte ein Andre Pleyer um 1000 Gulden. Der Edelhof wurde später in ein Herrschaftswirtshaus umgewandelt. Der zweite Edelhof wurde im 17. Jahrhundert habanischen Wiedertäufern übergeben. Seither wurde er "Bruderhof" genannt. Nach der Auflösung der Wiedertäufergemeinschaft übernahm ihn die Gemeinde. Im 19. Jahrhundert wurde daraus ein Gemeindewirtshaus und ein Handwerkerhof. Heute steht am Platz des Bruderhofes das Hotel Florianihof. Ein Teil des Gebäudes wurde abgerissen, die Straße in Richtung Wr. Neustadt dadurch verbreitert. Vorübergehend bestanden noch weitere Freihöfe. Der Verwalter der Herrschaft Forchtenstein, Achatius Olischer, bekam 1648 um 300 Gulden ein Zweiviertelhaus und wurde von allen Abgaben befreit. 1696 wurde die Hofstatt des Glasermeisters Paul Gerstl von einigen Abgaben und Leistungen befreit. Gerstl hatte sich verpflichtet, die bei der "St. Rosalienkirche" anfallenden Glaserarbeiten auf eigene Kosten zu machen. Auch andere Herrschaftsbedienstete bekamen auf begrenzte Zeit befreite Söllnerhäuser.

 

Mühlen

Neben der Baumgarten - Mühle zwischen Mattersburg und Walbersdorf gab es noch einige weitere Mühlen, etwa die Herrschaftsmühle neben dem Meierhof. Paul Esterházy verkaufte sie 1677 seinem Forchtensteiner Amtsschreiber Hans Hoyer um 600 Gulden. Eine weitere Mühle war die Mittermühl, auch Panzermill genannt. Es ist dies die heutige Bauermühle. 1627 verkaufte die Besitzerin, die Witwe Brigida Pinderin, die Mühle an Andre Priner. 1674 verkaufte der Müllermeister Georg Witzenleuthner diese Mühle an Jakob Püeckl, der sie an Hans Pichler verkaufte. 1697 ist der Lederer Peter Ulrich der Besitzer, danach der Müllermeister Adam Pauer. Die heutige Kadnarmühle wurde von den Kuruzzen niedergebrannt. 1708 ging sie um 1000 Gulden an den Meister Hans Feldtkhürcher über- Zuvor hatte sie dem ehemaligen Währinger Richter Caspar Pätzel gehört.

 

Grundherrschaft und Handwerk

Die Einwohnerschaft des Marktes Mattersburg war schon im Spätmittelalter wirtschaftlich und sozial stark differenziert. Vor allem die große Zahl an Hofstätten (37 ganze, 37 halbe) lässt auf eine größere Bedeutung des Handwerkes und auf ausgedehnten Weinbau schließen. Die Ansässigkeiten der Bauern waren relativ groß, ein Viertellehen umfasste im Durchschnitt etwa 10 Joch. Das Weingebirge bestand aus etwa 700 Viertel. Ein beträchtlicher Teil davon war allerdings in den Händen von Auswärtigen. Im Mittelalter hatte der Mattersburger Weinbau eine sehr große Ausdehnung. Nach dem Bergbuch von 1589 gehörten 30 % der Weingärten Niederösterreichern, 26 % allein den Wr. Neustädtern. 1716/17 sank der Anteil der Mattersburger auf 34 %, die Niederösterreicher besaßen 49 %. Erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschwand der auswärtige Besitz nahezu ganz, die Weinbaufläche wurde damals stark reduziert.

In Mattersburg entstand ein ausgedehntes Zunftwesen. Die Zünfte lösten sich von den entsprechenden Organisationen in Ödenburg und Wr. Neustadt. In Mattersburg entstanden folgende Zünfte (Jahr der Zunftprivilegien in Klammer):

      • Wagner (1658),
      • Zimmerer, Stiefelmacher (1746),
      • Hafner (1695),
      • Binder (1630),
      • Fleischhauer (1652),
      • Hirten (1648),
      • Bäcker (1656),
      • Schneider (1595),
      • Leinweber (1629),
      • Lederer (1702),
      • Schuhmacher (1629),
      • Wagner/Schmiede, Steinmetzen und Maurer (1646),
      • Kotzen- und Tuchmacher (1679),
      • Hauer, Müller (1653), Tischler, Glaser (1697),
      • Kerzenmacher, Seifensieder (1657)

Andere Handwerker wie z. B. Bierbrauer, Bader, Lebzelter, Apotheker ... waren in auswärtige Zünfte inkorporiert.An größeren Betrieben gab es nur die beiden herrschaftlichen Ziegeleien in Forchtenstein und Mattersburg, ab etwa 1725 eine Krügelmacherwerkstatt. Dort wurden von habanischen Hafnermeistern Krügel, Teller und anderes Geschirr erzeugt (Majolica, "brüderisches Geschirr"). 1818 gründete der Krügelmacher Leopold Ziegler eine Steingut-Geschirrfabrik, die bis um 1865 bestand.

Die jüdische Bevölkerung beschäftigte sich nur zum kleinen Teil mit Handwerk, größtenteils aber mit Handel ( Häute, Felle, Textilien, pHadern, Honig usw.). 1876 gab es in Mattersburg 36 Hausierer.

Unter den Esterházy wurden die Abgaben und vor allem die Robotleistungen stark angehoben. Der Ausbau der Burg und die Ausdehnung der Eigenwirtschaft des Grundherrn, der zunehmend auch für den Markt produzierte, waren dafür verantwortlich.

 

Unter den Esterházy

In den Türkenkriegen von 1529 und 1532 dürfte Mattersburg keinen nennenswerten Schaden erlitten haben. 1569 gab es 3 ganze Lehen (darunter der Freihof und der Pfarrhof), 20 halbe und 77 Viertellehen sowie 33 Hofstätten. Zusammen mit der Judensiedlung bestand der Ort aus rund 151 Häusern, 1589 aus 160 Häusern. 1622 verpfändete Ferdinand II. trotz der gegebenen Zusagen dem Nikolaus Esterházy, ab 1626 Graf,  für 400 000 Gulden die Herrschaften Forchtenstein und Eisenstadt. Dieser ging sofort daran, alle "fremden" Besitzungen in seinem Herrschaftsbereich zu enteignen.

1646 erhielt Mattersburg von Ladislaus Esterházy einen Urbarialvertrag. Die Gemeinde musste jährlich 2100 Gulden und 30 Eimer Wein geben sowie 20 Wiener oder Preßburger Fuhren leisten. Zusätzlich musste das Bergrecht bezahlt werden, der Bannwein ausgeschenkt werden und auch die Bearbeitung der Hofgründe im Ausmaß von 217 Joch und der herrschaftlichen Weingärten  wurde weiterhin verlangt. Der Vertrag brachte den Mattersburgern kaum Vorteile.

Nach dem Urbar von 1675 hatte Mattersburg 2 ganze Lehen (Pfarrhof und Gemeindehaus), 11 Halbe, 82 Viertel- und 20 Achtelhäuser, 39 alte und 31 neue Hogstätten. Zusätzlich werden aufgezählt: ein Meierhof, ein Bräuhaus, eine Hofmühle, ein Schulhaus, ein Spital, ein Gemeindekelelr, zwei Fleischbänke, drei Halterhäuser. Auch die Synagoge wird genannt sowie 30 Judenhäuser, die aber in diesem Jahr alle von Christen bewohnt wurden.

1767 (Maria Theresianisches Urbar) gab es 44 1/2 Sessionen, davon eine 7/8 Session, drei 6/8 Sessionen, eine 5/8 Session, 31 4/8 Sessionen, 36 3/8 Sessionen, 21 2/8 Sessionen und 52 1/8 Sessionen, zusammen 145 Sessionalisten, 89 Söllner mit Haus und 121 Söllner ohne Haus.

1780 gab es in Mattersburg drei Jahrmärkte und an jedem Donnerstag einen Wochenmarkt. Jeder durfte seine Ware auf dem Platz anbieten. 1831 wurden die Standgebühren erheblich erhöht. Dagegen gab es heftige Proteste. 1828 waren von den 125 Händlern 124 Juden.

1831 lebten in Mattersburg 702 Steuerpflichtige, davon 337 Einheimische, 233 Juden und 132 Auswärtige. Neben 146 Bauern lebten 302 behauste Söllner und 119 Inwohner im Ort. 53 Personen arbeiteten als Handwerker. Zwischen den Bauern und den Söllnern bzw. Kleinhäuslern kam es immer wieder zu Konflikten, 1768 etwa um die Weidenutzung. Die Kleinhäusler besaßen fast so viel Vieh wie die Bauern und nahmen oft die besten Weiden in Anspruch, bei geringen Robotleistungen. Der Konflikt ging so weit, dass sich die Söllner von der Bauerngemeinde lösen und eine eigene Gemeinde bilden wollten. Die Herrschaft war strikt dagegen und verpflichtete die Söllner, in Zukunft ebenfalls Robot zu leisten. Die Holznutzung wurde ebenfalls geregelt.

 

Kuruzzen,  Insurgenten und Franzosen

Jakob Wittmann, der Marktschreiber Mattersburgs, berichtet über die Kuruzzenkriege. 1701 plünderten die Kuruzzen den Markt erstmals. Die Kirche wurde mit einem Graben und doppeltem Palisadenzaun befestigt. Für die Soldaten wurden innerhalb der Palisaden drei Holzhäuschen aufgestellt. 1708 verteidigten sich die Bewohner tapfer gegen etwa 2000 Kuruzzen und schlugen diese zurück.

1707/8 wurde der Markt drei Mal niedergebrannt. Gefangene Personen mussten ausgelöst werden, für gestohlenes Vieh, das sie von den Kuruzzen zurückkauften, mussten die Mattersburger 7369 Gulden zahlen. Die ungestörte Weinlese musste ebenfalls teuer erkauft werden.  Der Gesamtschaden wurde mit 58090 Gulden beziffert.

Im November 1800 wurden im Markt 400 ungarische Insurgenten gegen Napoleon einquartiert, im Dezember folgten weitere Einquartierungen.  Deren Benehmen gegenüber der Bevölkerung war ein Ärgernis, sie waren undiszipliniert, sie stahlen, was nicht niet- und nagelfest war. Die Versorgung dieses undisziplinierten Haufens, der nie zum Einsatz kam,  belastete die Gemeinde schwer. Wittmann bezeichnete sie als "Landes Verwüster" statt "Landes Beschützer". 1805/6 mussten die Dörfer entlang der Grenze Wachen stellen. 1809 mussten auch aus Mattersburg Schanzarbeiter nach Komorn geschickt werden. Im Juli 1809 mussten französische Truppen in Mattersburg einquartiert werden, 40 Mann und 80 Pferde, später kamen weitere 25 Mann hinzu. Hohe Summen Geldes mussten als Kontributionsgelder bezahlt werden. Vor allem die Juden wurden zur Kasse gebeten. Die Franzosen verursachten zwar hohe Kosten, verhielten sich aber diszipliniert. Bis 1809 musste der Markt 34 600 Gulden für die Franzosen aufbringen. Ab Jänner 1814 waren auch kriegsgefangene Franzosen in Mattersburg untergebracht. Insgesamt wurden die Belastungen in der "franzosenzeit" mit 77 160 Gulden beziffert.

Schließlich wurde auch kaiserliches Militär in Mattersburg einquartiert, von 1809 bis 1816.  Die Entschädigungszahlungen konnten die Unkosten bei weitem nicht decken.

 

Bevölkerung und bauliche Entwicklung

Überschwemmungen und Brände beeinträchtigten häufig die Ortsentwicklung. 1635 wurden 44 Häuser durch Überschwemmung zerstört, 1725/26  wütete eine Viehseuche. Brände gab es 1773, 1775, 1788 einen Großbrand der 71 Häuser vernichtete, 1796 wieder eine schwere Überschwemmung, 1802 ein Feuer, dem 34 Christen- und 71 Judenhäuser  (Wohnungen) zum Opfer fielen, ebenso der Meierhof und die Hofmühle. Im Großbrand von 1808 wurden auch Pfarr- und Armenhaus zerstört., 1810 brannten 56 Häuser und die Kirche. 1831 brach im Judenviertel die Cholera aus. Von 150 Erkrankten starben 27.  Trotz der Zernierung griff die Colera auch auf die Christengemeinde über, wo man 62 Tote beklagte. Die Gemeinde kaufte Feuerspritzen. 1836 brannten 9 Häuser und der Bruderhof, 1837 der Matschakerhof, die Hofmühle und die Kirche ...

Im 19. Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl stark an, von 3038 im Jahre 1896 auf 4854 im Jahre 1863. In der zweiten Jahrhunderthälfte sank sie auf 3464 im Jahre 1880, hauptsächlich wegen der starken Abwanderung der Juden (1851: 1500, 1880: 712). 1923 hatte der Markt 3706 Einwohner, 1939 3744. In der Nachkriegszeit stieg die Bevölkerungszahl kontinuierlich: 1946: 3700, 1971: 4570, 1981 (mit Walbersdorf): 5653. In jüngster Zeit weist Mattersburg 7177 Einwohner aus.

Nach der nationalen Zusammensetzung war 1910 mit 358 Personen ein Höchststand an Magyaren erreicht. 1934 war ihre Zahl auf 57 abgesunken. Die Zahl der Evangelischen nahm von wenigen Personen bis 1870 auf 250 im Jahre 1971 zu, wobei sich vor allem die Eingemeindung von Walbersdorf auswirkte.

Die sozialökonomische Struktur war schon im 19. Jahrhundert durch ein starkes Überwiegen der Beschäftigten in Gewerbe und Industrie gegenüber der Landwirtschaft gekennzeichnet. 1951 waren aber noch immer 313 Personen in der Landwirtschaft beschäftigt. Bis 1971 sank ihre Zahl auf 75 Personen. Das Fehlen von industriellen und gewerblichen Arbeitsplätzen veranlasste viele Mattersburger schon im 19. Jahrhundert als Auspendler in Niederösterreich und Wien zu arbeiten, und zwar meist als Tagespendler, da die Verkehrsverbindungen günstig waren. 1973 gab es 701 Auspendler (32,3 % der Beschäftigten). Allerdings hatte die rasche wirtschaftliche Entwicklung auch zur Folge, dass 1973 bereits 873 Einpendler in Mattersburg arbeiteten, zumeist aus den Dörfern der Umgebung.

Ursprünglich war Mattersburg ein Breitangerdorf. Schon im Hochmittelalter begann man mit der Verbauung des Angers, vor allem mit Hofstätten. Am unteren, östlichen Ende des Marktplatzes lagen die Fleischbänke. Am oberen Ende des Dorfes wurde von der Wulka ein Kanal abgeleitet, der parallel zum Bach bis zum Meierhof floss. Am Kanal lagen am westlichen Ortsende zwei Mühlen, beim Meierhof eine dritte, die Hofmühle. Der Kanal führte dann durch das Judenviertel wieder zur Wulka. Es wird vermutet, dass der Kanal schon im 13. Jahrhundert zur Füllung des Burggrabens verwendet wurde. Im 17. Jahrhundert lag am westlichen Ortsende ein herrschaftlicher Ziegelofen, später an seiner Stelle das Krüglerhaus. Vom Meierhof nach Osten schloss die Hauergasse an, mit Söllnerhäusern. Untrhalb der Kirche standen im 17. Jahrhundert Schule und Bürgerspital.

Auf dem Gelände der alten Burg wurden  von der Herrschaft die zuwandernden Juden angesiedelt. Die Judengasse hatte 1569 11 Häuser mit 67 Bewohnern und wuchs bis in das 17. Jahrhundert rasch auf 30 Häuser mit einer Synagoge.

Die 32 Bauernlehen wurden bald geteilt. Im 17. Jahrhundert bestanden nur mehr drei ganze Höfe: der Pfarrhof unterhalb der Kirche, der Freihof "Steinhof" (später Hotel Post, heute Einkaufszentrum) und das Gemeindehaus (später Bruderhof der habanischen Handwerker und teilweise das Gemeindewirtshaus, dann Hotel Florianihof).

Mitte des 18. Jahrhunderts wurden über 50 Hofstätten auf dem Schießstattanger angelegt. Die bauliche Entwicklung war im 19. Jahrhundert durch die Errichtung von 25 Curialhäusern auf dem Anger geprägt. Schließlich mussten auch den Juden neue Hausplätze zugestanden werden, da die Judengasse hoffnungslos überbelegt war. Der zentrale Teil des Angers wurde teilweise verbaut (Gemeinde- und Quartiershaus, Schulhaus). Am östlichen Ortsende entstand ein Ziegelofen. Mit dem Bau des mächtigen Viaduktes und des Bahnhofes wurde die Siedlung im Osten eingegrenzt. Im 20. Jahrhundert wuchs die Siedlung in alle Richtungen. Neben zahlreichen Einfamilienhäusern wurden immer mehr Wohnhausanlagen errichtet, um den großen Bevölkerungszuwachs aufzunehmen.

 

1848

Die revolutionären Ereignisse des Jahres führten zur Aufstellung einer "Nationalgarde". Jeder ansässige Bauer, der ein Vermögen von 200 Gulden besaß und im Alter von 20 bis 50 Jahren stand musste beitreten. Bei Sauerbrunn und Krensdorf wurden Schanzgräben ausgehoben und dafür 60 Mann aus Mattersburg herangezogen. Als Deputierter vertrat den Wahlkreis der Liberale Herr von Farr.

1847 wurde die Bahnlinie Wr. Neustadt - Ödenburg eröffnet. Im Herbst 1848 wurde die Gemeinde durch Einquartierungen kaiserlichen Militärs, Vorspanndienste, Schanzarbeiten und Grenzwachen erneut schwer belastet. Der über Ungarn verhängte Belagerungszustand hatte ständige Militärpräsenz zur Folge.  Eine Folge des Kriegsgeschehens war der neuerliche Ausbruch der Cholera, die im Sommer 1849 80 Opfer forderte.

Der Eisenbahnbau brachte viele Vorteile, aber auch viel Unruhe in den Ort. Einige tausend Bahnarbeiter waren beschäftigt, davon viele aus Böhmen. Das riesige Viadukt mit 250 m Länge und 20 Bögen fand europaweit große Aufmerksamkeit. Die erste Probefahrt fand am 2. August 1847 statt.

Der Eisenbahnbau hatte aber in der aufgeheizten Stimmung des Frühjahrs 1848 unerwartete Folgen. Die Bauern von Mattersburg rebellierten. Sie hatten nach drei Jahren noch immer keine Entschädigung für ihre Grundstücke, die sie für den Bahnbau abgetreten hatten, bekommen. Sie rissen die Hottersteine, die die Eisenbahngesellschaft gesetzt hatte, heraus. 224 Soldaten wurden aus Österreich nach Mattersburg verlegt, ohne Ergebnis. Schließlich hatten sich im Markt 2000 unzufriedene Menschen versammelt und drohten damit, das Gemeindegebiet für die Eisenbahn zu sperren, ja sogar, die Eisenbahn zu zerstören. Am 12. April wurden 599 Soldaten aus Wien nach Mattersburg verlegt und am folgenden Tag sogar das Standrecht verhängt. Dagegen kamen die protestierenden Bauern nicht an.

1854 wurde die unrentable Bahnstrecke an den Staat verkauft, 1858 kam sie an die "Vereinigte Südliche Staats- Lombardisch - Venetianische und zentralitalienische Eisenbahngesellschaft", 1924 an die Österreichische Bundesbahn.

 

Grundentlastung

Nachdem zuvor schon alle Urbarialgründe in das Eigentum der Bauern übergegangen waren -  1853 wurde die Grundentlastung der 144 Bauernhöfe und 126 Kleinhäusler durchgeführt .und der Grundherr vom Staat dafür entschädigt - schloss am 3. Juni 1865 die Gemeinde einen Vergleich zur Ablöse der nichturbarialen Gründe und Leistungen. Dazu gehörten Rott- und Überlandgründe, Zinsgründe, Bergrecht, Wald- und Wiesennutzungsrechte und die Kommassierung der verbleibenden ehemaligen Herrschaftsgründe. Ein Teil der insgesamt 913, 68 Joch Rottgründe, die mit Wein- und Obstkulturen bestanden waren, wurde um 60 Gulden pro Joch den  bisherigen Besitzern überlassen, der Rest wurde so aufgeteilt, dass ein Drittel, nahezu 278 Joch,  der Grundherr beanspruchte. Für 318 Joch Überlandgründe waren 7801 Gulden zu bezahlen. Holz- und Weidenutzungsrechte wurden in Geld abgelöst. Von der Weide behielt der ehemalige Grundherr 55 Joch, von denen allerdings noch die üblichen Schenkungen an Schule, Kirche usw. abgezogen wurden. Das Bergrecht wurde in Geld abgelöst. Im Besitz der Esterházy verblieben immer noch 590 Joch Grund in den besten Lagen. Der verbleibende Esterhazybesitz  wurde auf drei Teile kommassiert: hinter dem Meierhof, den Landendorfwiesen und im Rinzelfeld.  Die Zahlungen, die über 20 Jahre erfolgen sollten, bereiteten vielen Bauern Probleme. Noch 1898 wurden 120 Parteien von Esterházy wegen der Rückstände geklagt. 1909 gab es noch immer einen rückständigen Betrag.

 

Zentralörtliche Funktionen

Im Zuge der neuen Verwaltungsorganisation nach dem Scheitern der Revolution wurde Mattersburg Sitz eines Bezirkskommissariates für 24 Orte. Es folgte die Einrichtung verschiedener Behörden: Bezirksgericht, Grundbuch, Gendarmerie, Steueramt, Finanzwache, Postamt. Ab 1853 wurde der Name der Bezirksbehörde wieder in "Stuhlrichteramt" geändert. Das Bezirksgericht wurde aufgelöst. 1856 wurde die erste Katastervermessung abgeschlossen. 1856 brannten 261 Häuser ab.

1871 kam es zu einer neuen Bezirkseinteilung. Zum Bezirk Mattersburg gehörten nun 19 Gemeinden. Ab 1872 war dies auch ein Gerichtsbezirk.. 1894/95 wurde die staatliche Matrikelführung begründet, 1894 kam das Grundbuch, 1895 das Steueramt nach Mattersburg. 1911/12 wurde das neue Gebäude des Stuhlrichteramtes errichtet.

In den 1870er Jahren blühte das Vereinswesen des Marktes auf. 1870 wurde der Männergesangsverein Liedertafel, 1873 ein Leichenbestattungsverein, 1874 ein Arbeiter - Krankenunterstützungsverein, 1875 ein Unterstützungsverein der der Sparkasse und ein Freiwilliger Feuerwehrsverein gegründet. 1873 entstanden eine Sparkassen AG und ein Spar- und Darlehensverein. 1896 wurde ein Weinproduzentenverein gegründet, 1897 der Männergesangsverein Liederkranz.

1896/98 erhielt Mattersburg eine Gewerbeschule. 1898/99 wurde die katholische Volksschule in eine Gemeindevolksschule umgewandelt. 1908 wurde diese verstaatlicht. 1909/10 wurde der Neubau der Volksschule errichtet. 1914 wurde die staatliche Bürgerschule für Knaben errichtet. Die Staatsvolksschule diente, so wie das Hotel zur Post, während des Ersten Weltkrieges als Lazarett.

1902/3 wurden Marktgemeinde und Judengemeinde vereinigt.

 

Wirtschaftliche Entwicklung

In wirtschaftlicher Hinsicht waren deutliche Strukturveränderungen im Gange. 1900 lebten von den 3799 Einwohnern noch 23,4 % von der Landwirtschaft, 43,5 % von Industrie und Gewerbe, 13,2 % vom Handel. 5 % waren dem öffentlichen Dienst und den freien Berufen zuzuzählen. 1910 lebten 21 % von der Landwirtschaft, 48,3 % von Industrie und Gewerbe und 11,8 % vom Handel.

 

Deutscher Volksrat, Republik Heinzenland und Anschluss an Österreich

Nach Kriegsende war die Bereitschaft, sich Österreich anzuschließen, in Mattersburg besonders groß. Es wurde eine "Garde" unter dem Kommando des ehemaligen Feldwebels Josef Suchard aufgestellt. Am 10. November 1918 wurde der Deutsche Volksrat für Westungarn gegründet. Am 6. Dezember 1918 wurde in Mattersburg die Republik Heinzenland ausgerufen. Die Anlieferung von Waffen scheiterte kläglich, das ganze Unternehmen war schlecht vorbereitet. Schon am nächsten Tag fuhr von Ödenburg her ein Panzerzug auf. Die Führer der Garde, Josef und Hans Suchard, Anton und Viktor Kräftner, die beiden ehemaligen Feldwebel Weiß und Friesenbiller wurden verhaftet. Obwohl zum Tode verurteilt wurden sie bald wieder freigelassen.

Nach der Machtergreifung durch die kommunistisch - sozialdemokratische Räteregierung unter Bela Kun  wurde auch in Mattersburg eine "Verwaltungskommission" gebildet. Ihr gehörten Michael Wilfing, Anton Knoll, Franz Koller, Kornelius Jakubovich und Josef Bauer an. An Stelle des Stuhlrichters wurde Hans Suchard politischer Kommissar. In der Zeit der Räterepublik vertrat der Mattersburger Sozialdemokrat Hans Suchard den Wahlkreis im Parlament. Nach dem Sturz der Räteregierung flohen er und auch die Mitglieder der Verwaltungskommission nach Österreich. Die alte Gemeinderepräsentanz wurde wieder eingesetzt. Nach der Wahl waren dies Andreas Jeidler als Richter, Michael Koch Vizerichter, Rudolf Krutz, Josef Zimmermann, Josef Haider, Michael Steiger, Josef Primes und Paul Rambeger als Geschworene. Nach dem Anschluss an Österreich wurde aus dem Richter ein Verwealtungskommissar. Michael Wilfing bekleidete diese Funktion.

Bei der ersten Gemeinderatswahl im März 1923 erreichte die Freiheitliche Bürgerpartei ein Mandat, ebenso die Wirtschaftspartei, die Sozialdemokraten 6 und die Christlichsozialen 10 Mandate. Bürgermeister wurde Anton Steiger. Unter ihm wurde die Bürgerschule in eine Deutsche Mittelschule mit Französisch als erste Fremdsprache umgewandelt. Der Viehmarkt wurde aus dem Ort hinter die Bezirkshauptmannschaft verlegt. Er war damals einer der größten Viehmärkte Ostösterreichs, vor allem für den Pferdehandel.

1922 wurde der Antrag gestellt, den Ortsnamen von Mattersdorf auf Mattersburg zu ändern. Die Landesregierung fasste einen entsprechenden Beschluss. Ab 14. Juni 1924 hieß der Markt Mattersburg. In der Folgezeit bewarb sich auch Mattersburg für die Funktion der Landeshauptstadt. Am 19. April 1925 fand eine Massenversammlung statt, in der eine entsprechende Resolution verfasst wurde. In der Schlussphase der Diskussion entschieden sich die aus Mattersburg stammenden Landesrat Koch und Landeshauptmann Rauhofer für Sauerbrunn. Sie hofften auf eine Funktionsteilung. Sauerbrunn sollte administratives, Mattersburg wirtschaftliches Zentrum werden, Beide Orte sollten durch eine elektrische Bahn verbunden werden. Auch Dr. Paul Esterházy unterstützte diesen Plan. Mit 2. Juli 1926 wurde Mattersburg zur Stadtgemeinde erhoben. 1927 wurde ein Elektrizitätswerk in Betrieb genommen. Ein neues Postgebäude wurde errichtet.

In der Gemeinderatswahl von 1927 änderte sich nur wenig. Die Wirtschaftspartei, in der sich die Juden  unter der Führung des Kaufmannes Kerpel zusammengeschlossen hatten, erhielt zwei Mandate und schloss sich den Christlichsozialen zur "Einheitspartei" an. Steiger blieb Bürgermeister, Vizebürgermeister wurde Joseph Suchard. Die Deutsche Mittelschule sollte in ein Unterrealgymnasium umgewandelt werden. Das Elektrizitätswerk wurde 1931 an die Eisenstädter Elkektrizitäts AG verkauft. Die Gemeinderatswahl von 1931 fand nicht statt, da nur eine Partei, die "Gemeindepartei", antrat. Bürgermeister wurde Michael Koch, Vizebürgermeister Matthias Langecker. 1931 wurde die gewerbliche Fortbildungsscgule eröffnet. 1932 erhielt die Volksschule einen Zubau. 1931/32 wurden Not leidende Arbeitslose bei öffentlichen Arbeiten eingesetzt, durch den "Freiwilligen Arbeitsdienst" der Wegebau und die Bachregulierung vorangetrieben.  1933 wurde der Bauplatz zur Errichtung einer Lehrerbildungsanstalt erworben und der Ausbau der Unterrealschule zu einem achtklassigen Gymnasium beschlossen. 1934 wurde die Katholische Lehrerbildungsanstalt durch Kardina Innitzer eingeweiht. Die Volksschule wurde 1935 in eine katholische Schule umgewandelt.

1933 zerbrach die "Gemeindepartei". Auf Antrag von Koch wurde der Nationalsozialist Dr. Otto Ziegler aus der Partei ausgeschlossen. Das Erstarken der Nationalsozialisten konnte Koch dadurch allerdings nicht verhindern. Nach dem Februaraufstand 1834 verloren auch die Sozialdemokraten Matthias Langecker und Josef Meidl  ihre Mandate im Stadtsenat.  1936 wurde Michael Koch von der Vaterländischen Front ohne Wahl als Bürgermeister bestätigt.

Das Kulturleben der Zwischenkriegszeit wurde durch die regen Aktivitäten der Vereine geprägt. 1923 wurde zu den beiden bestehenden Gesangsvereinen der Arbeitergesangsverein Vorwärts gegründet. 1922 entstand die "Erste Mattersdorfer Sportvereinigung".

 

Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg

Nach dem Anschluss an des Dritte Reich konstituierte sich schon am 19. März 1938 ein provisorischer Gemeinderat unter dem Kreisleiter Weißensteiner. Michael Koch wurde die Ehrenbürgerschaft aberkannt. Die Straßen im Stadtkern wurden asphaltiert. Der Bezirk Mattersburg wurde aufgelassen und dem Landkreis Eisenstadt angeschlossen. Das Unterrealgymnasium übersiedelte in die Räume der Katholischen Lehrerbildungsanstalt. Am 1. April 1939 wurde Walbersdorf eingemeindet. 1939 wurde Franz Giefing auf 12 Jahre zum Bürgermeister ernannt. 1939 wurden einige Judenhäuser für die Gemeinde angekauft. Die Hintergartenäcker wurden von der Gemeinde gekauft und aufparzelliert. 1941 wurde Oberamtmann Simon wegen seiner regiemekritischen Haltung außer Dienst gestellt. 1942 wurde das Gebäude der früheren Lehrerbildungsanstalt Reservelazarett, 1944 das Volksschulgebäude Kriegslazarett.

Ab November 1943 gab es immer wieder Fliegeralarm. Am 23. Mai 1944 wurde Mattersburg bombardiert, es gab nur Gebäudeschäden. Der Bahnhof wurde 1945 von russischen Fluzeugen mit Bordwaffen angegriffen. Ein Bombenangriff hatte den Tod von 6 Menschen zur Folge. Bei einem russischen Tieffliegerangriff am 29 März 1945 kamen neun Menschen, zumeist Kinder, ums Leben.

Gegen die angreifenden Russen wurde Artillerie bei der Bergerkapelle in Stellung gebracht. Der Kampf zog sich bis Ostersonntag hin. Kirche, Berger- und Rinnsalkapelle wurden beschädigt, zehn Häuser brannten ab. In der Berggasse wurden sieben russische Panzer abgeschossen. Nach der Besetzung des Marktes durch die Russen wurden 11 Stadtbewohner, darunter der Altbürgermeister Anton Steiger und seine Frau,  erschossen, ein Kleinkind erdrosselt. Es kam zu schlimmen Plünderungen, Gewalttätigkeiten und Vergewaltigungen. Drei Frauen begingen Selbstmord. Insgesamt kamen 20 Personen durch die Besatzungsmacht ums Leben.  Von Ostarbeitern wurde der Typhus eingeschleppt. Fünf Personen starben daran. Mattersburg hatte im Krieg 194 Gefallene und Vermisste zu beklagen, Walbersdorf 66.  Etwa 30 Zivilisten verloren ihr Leben. Die Russen setzten den früheren Oberamtmann Simon als Bürgermeister ein. Gegen die zahlreichen Diebstähle und Plünderungen wurde eine aus 10 Mann bestehender bewaffneter Polizeidienst eingerichtet. Es wurde eine Liste von Familien erstellt, deren Anwesenheit wegen ihrer politischen Vergangenheit unerwünscht war. Ihnen wurden keine Lebensmittelmarken zugeteilt und sie wurden aufgefordert, die Stadt zu verlassen.

 

Nachkriegszeit

Schon am 11. April trafen sich in Mattersburg Personen, die die Wiedererrichtung des Burgenlandes anstrebten: Dr. Lorenz Karall, Dr. Posch, Franz Reisner, Matthias Langecker und wahrscheinlich auch Dr. Ernst Hoffenreich und der Marzer Josef Buchinger.

Im Dezember 1945 legte Simon das Bürgermeisteramt zurück. Neuer Bürgermeister wurde  - durch den provisorischen Gemeinderat gewählt - Josef Meidl von der SPÖ, Vizebürgermeister Johann Presch von der ÖVP. Johann Fischer und Johann Langecker von der SPÖ und Franz Reisner und Andreas Jeidler von der ÖVP wurden Stadträte. Die alte Schule wurde zurückgekauft und zum Gemeindeamt gekauft. 1948 wurde die Parzellierung der Sätzbreiten beschlossen. Dort entstand die Gartensiedlung mit 117 Häusern. Der Viemarkt wurde wieder eingerichtet und von Donnerstag auf Montag verlegt. Wichtigste Aufgaben in der ersten Nachkriegszeit waren die Straßenpflasterung, die Wulkaregulierung, der Ausbau des Sportplatzes, die Kanalisation. Feuerwehrhaus und Bezirksstelle des Roten Kreuzes wurden errichtet, ein Bauplatz für die Hauptschule erworben. Die Burgenländische Deutsche Mittelschule wurde 1948 von der Republik Österreich als Bundesrealgymnasium und Bundesgymnasium übernommen.

In der nächsten Gemeinderatswahl  1950 erhielt die ÖVP mit 10 Mandaten gegenüber 9 der SPÖ die Mehrheit. Bürgermeister wurde Franz Reisner, Vizebürgermeister Rudolf Rumpler, der 1953 zurücktrat. Josef Meidl wurde Vizebürgermeister. 1951 wurde der Bau der Hauptschule beschlossen. Die landwirtschaftliche Lagerhausgenossenschaft erhielt einen Platz neben dem ehemaligen Elektrizitätswerk  auf dem Gebiet des früheren Schlachthofes. Die Pöttschinger Siedlungsgenossenschaft erwarb von der Stadt Parzellen in der Judengasse.

1954 verlor die ÖVP mit 8 Mandaten ihre Mehrheit, die SPÖ erreichte 11 Mandate. Bürgermeister wurde Rudolf Strodl. 1955 wurde das Gemeindehaus (früher Brüderhof) teilweise abgetragen, zur Verbreiterung der Ortsausfahrt Richtung Wr, Neustadt. Der Ausbau der Wasserleitung und der Beitritt zum Wasserleitungsverband nördliches Burgenland folgten. 1958 wurde ein Schwimmbad projektiert. Ebenfalls 1958 begannen die Verhandlungen mit dem schwedischen Unternehmen Felix - Eslöv zur Errichtung einer Konservenfabrik.

Die Gemeinderatswahl von 1958 erbrachte 11 Mandate für die SPÖ, 8 für die ÖVP. Rudolf Strodl wurde Bürgermeister, Dr. Friedrich Smudits Vizebürgermeister, ab 1960 Robert Strodl.Die Gemeinde erwarb für die Konservenfabrik den Baugrund und schloss diesen auf mit hohen Kosten auf. Zur wirtschaftlichen Entwicklung wurden Gemeindebürgschaften für das Hotel der Familie Morawitz und das Betonwerk Joseph Koch übernommen. 1959 wurden große Grundflächen für die Konservenfabrik und die Anlage des Heldenfriedhofes von Esterházy erworben. 1962 stimmte die Gemeinde dem Bau eines Hochhauses nach den Plänen von Rudolf Hutter im ehemaligen Judenviertel zu. Die Gemeinderatswahl von 1962 ergab 11 Mandate für die SPÖ, 8 für die ÖVP. Rudolf Strodl blieb Bürgermeister, 1. Vizebürgermeister wurde Josef Kremser (ÖVP9, zweiter Vizebürgermeister Anton Wessely (SPÖ). Seit 1953/54 bestand eine einjährige Haushaltungsschule für Mädchen, die 1964 in eine städtische Schule umgewandelt wurde. Große Investitionen erforderten in den 1960er Jahren die Hauptschule und das Schwimmbad sowie die Felix Austria und die Straßensanierungen. Das schwedische Unternehmen Felix Austria wurde 1959 als Tochterfirma der großen schwedischen Konservenfabrik Felix in Mattersburg gegründet, ein besonders wichtiger wirtschaftlicher Impuls, da die Fabrik zahlreiche Arbeitsplätze zur Verfügung stellen konnte. 1966 wurde der Politechnische Lehrgang eine selbständige Schule. 1962 wurde das Gebäude der Bezirkshauptmannschaft umgebaut. Der großzügige Neubau der Bezirkshauptmannschaft erfolgte dann 2004. Ab 1966 war Anton Wessely Bürgermeister. Die Gemeinderatswahl 1967 erbrachte 15 Mandate für die SPÖ, 10 für die ÖVP. Bürgermeister war Wessely, erster Vizebürgermeister Ing. Josef Koch von der ÖVP. 1970 wurde ein neuer Bauhof auf dem Viehmarktgelände eingerichtet und eine Bestattungshalle beim Heldenfriedhof und neuem städtischen Friedhof geplant. In den 1970er Jahren wurde das neue Rathaus und ein neuer Kindergarten gebaut, die Ortskanalisation ausgebaut. 1971 erfolgte die Vereinigung mit Walbersdorf. Die dadurch notwendige Gemeinderatswahl brachte für die SPÖ den Verlust eines Mandates an die ÖVP. Die Stadtverwaltung wurde 1972 in einem neu erbauten Rathausgebäude untergebracht. Bis dahin hatte das alte, 1855/ 57 errichtete Schulhaus, als erstes Rathaus gedient. In Walbersdorf wurden die Gründe der Ziegelei Matisz gekauft. Neuer Friedhof und Hauptschule erforderten weitere Grundkäufe. Auch die Grundstücke für den geplanten Bau des Kulturzentrums mussten gekauft werden. 1974 wurde der Viehmarkt wegen Unrentabilität aufgelassen. Im alten Rathaus wurde ein Stadtmuseum eingerichtet.

1973 - 1976 wurde das Kulturzentrum errichtet.  Da sich die Hauptschule als zu klein erwies, wurde sie im Jahr 1975 durch die  neue Zentralhauptschule mit einer Sporthalle abgelöst. Das Sonderpädagogische Zentrum, die Polytechnische Schule sowie die Handelsschule und Handelsakademie bezogen die freigewordenen Räumlichkeiten in der alten Hauptschule.

1996 wurde in Mattersburg eine große  gemeindeeigene Bauschuttdeponie  eröffnet - der Schutt wird aufbereitet und weitgehend wieder verwendet. Die Altstoffsammelstelle wurde mit dem "Goldenen Mistkäfer" ausgezeichnet - eine Auszeichnung, welche die Stadtgemeinde für ihre Verdienste um die Abfallwirtschaft erhielt.

Die  letzten Jahren  waren durch zahlreiche Wohnbauten der Siedlungsgenossenschaften  geprägt. Durch den starken Zuzug, das rasche Bevölkerungswachstum wurde immer mehr Wohnraum nachgefragt. Der Stadtkern ist freilich durch zwei große Einkaufszentren am Rande in seiner Funktion bedroht. Das Verkehrs- und Parkplatzproblem konnte durch ein neues Verkehrsleitsystem einigermaßen gelöst werden. Das Stadttentrum wurde neu gestaltet und die Parkanlagen saniert. "Funcourt" und "bewegungspark" kamen hinzu.  Ein weiterer Kindergarten mit Kinderkrippe wurde errichtet.

2006 wurde das Sozialzentrum „Villa Martini“ eröffnet. Eine "Fußballakademie" wurde errichtet.

In der Gemeinderatswahl von 1997 erreichte die ÖVP 12, die SPÖ 11 und die FPÖ 2 Mandate. Bürgermeister wurde Franz Resch. Als Bürgermeister folgten eduard Sieber (SPÖ) und Franz Geissler (SPÖ).2002 bekam die SPÖ 14, die ÖVP 9, Freiheitliche und Grüne je 1 Mandat. Bürgermeisterin wurde Ingrid Salomon. Im Jahre 2007 erreichte die SPÖ 15, die ÖVP 8, FPÖ und Grüne je ein Mandat. Salomon bleibt Bürgermeisterin. 2012:  Die SPÖ erreicht 14, die ÖVP 7, FPÖ und Grüne erhalten je 2 Mandate.

 

Kirchengeschichte

Ein frühes Indiz für die Anwesenheit von Christen ist der in einem Frauengrab aus dem 4. Jahrhundert gefundene Ring mit Kreuzzeichen. Die "Geschwister von Mattersburg" der Regensburger Traditionsnotiz von 808 waren Christen. Von Regensburg gelangte das Gebiet an die Kirche von Ofen.  Mattersburg war also  ein Kirchengut bevor es 1202 in den Besitz des Woiwoden Benedikt kam. Der ungarische König Bela III. kaufte ein Gebiet um Mattersburg von der Kirche in Ofen zurück, das vermutlich von Stefan d. Heiligen seinerzeit dem Kapitel von Ofen geschenkt worden war. Beim Rückkauf waren aber wahrscheinlich die Patronatsrechte ausgenommen. Sie blieben beim Kapitel von Ofen bzw. später beim Bischof von Raab. Ob es damals schon eine Kirche gab ist nicht belegt, aber wahrscheinlich. Erst 1343 wird die "ecclesia s. Martini" erwähnt. Graf Paul nahm anlässlich einer Gesandtschaft zu Papst Klemens VI. nach Avignon die Gelegenheit wahr, den Papst um die Erhebung Mattersburgs von einer Rektorei des Raaber Bischofs - der alle Abgaben und Leistungen bezog -  zur Pfarrkirche zu bitten. Er begründete seinen Wunsch damit, dass er die kleine Kirche bereits vergrößert habe. Den Kirchenzehent an den Raaber Bischof wollte er mit einer einmaligen Zahlung ablösen. Nach dem Tod des Bischofs Koloman (1344) wurde Mattersburg mit Forchtenstein eine selbständige Pfarre.

Mitte des 15. Jahrhunderts ist erstmals ein Pfarrer erwähnt. Die Witwe Pauls III., Anna von Pottendorf, vermachte ihm 1451 ein Pferd. Für einen Kirchenbau in Forchtenau stiftete sie 10 Pfund. Aus dem Jahre 1457 kennt man mit Wolfgang Hösler den Namen des ersten Pfarrers. 1493 tagte im Mattersburger Pfarrhof eine Kommission wegen der Schuld der Gemeinde Pöttelsdorf am Brand des Paulinerklosters in Baumgarten. Ein Mattersburger Kaplan Edelmann war anwesend. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts werden ein Peter Rottfux und ein Hans als Mattersburger Kapläne genannt, ebenso ein Schulmeister Andreas Zyeggler. Es gab also schon damals eine Pfarrschule.

Johann Weißpriach setzte ohne Zweifel evangelische Pfarrer ein. Ihre Namen sind freilich nicht bekannt, doch dürfte ihre Wirksamkeit nachhaltig gewesen sein. Die Bevölkerung Mattersburgs wurde evangelisch. 1582 sollte der katholische Pfarrer Sebastian Lichtenberger eingesetzt werden, in Anwesenheit des Dechanten Dr. Würffl und des Ödenburger Erzpriesters Wolfgang Spillinger. Die Gemeinde weigerte sich, Lichtenberger zu akzeptieren und berief sich auf das 1572 gegebene  kaiserliche Versprechen, sie könne bei ihren Freiheiten bleiben. Erst eine weitere Installation war erfolgreich. Lichtenberger musste sich aber mit dem evangelischen Pfarrer um das Einkommen streiten. Der evangelische Pfarrer wurde von Burghauptmann Seyfried Kollonitsch unterstützt. Auch ein katholischer Schulmeister wurde eingesetzt. Es gab noch weitere Streitereien und in Mattersburg sowie Forchtenstein und Wiesen konnten sich noch lange evangelische Familien behaupten. Wiesen und Walbersdorf waren Filialkirchen. Nach Lichtenberger, der anscheinend allmählich von der Bevölkerung akzeptiert wurde, war Martin Witmann Pfarrer. Während der Jahre der Bocskay-Rebellion wurden die Pfarrhöfe von Mattersburg, Marz und Forchtenau niedergebrannt. Es gab wahrscheinlich wieder einen evangelischen Pfarrer.Erst 1610 scheint Martin Witmann wieder als katholischer Pfarrer auf. Er hatte auch Marz und Forchtenau zu betreuen. Anscheinend gelang die endgültige Rekatholisierung erst unter Nikolaus Esterházy ab 1622. Die erste Volksmission der Jesuiten 1624 war wenig erfolgreich. Noch 1631 zeigte sich bei einer Volksmission, dass die Bevölkerung noch immer evangelisch war und den evangelischen Pfarrer in Walbersdorf aufsuchte. Der Ortsrichter und die angesehensten Männer wurden daraufhin mit harten Strafen bedroht. Die Visitatoren von 1651 bezeichneten dann die Mattersburger bereits als "zeloti", als übereifrige Katholiken. Pfarrer war Kornelius Erelman aus Zwickau, in Wilna vom Bischof von Litauen geweiht. Er ließ einen schönen Pfarrhof bauen. Die Kirche und auch der Pfarrer verfügten über reiche Pfründe. Der Pfarrer bezog auch Einkommen von der Baumgartmühle und der Badstube. Wegen des Weinschankrechtes zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten gab es Streit mit der Gemeinde. Bis 1651 wurde die desolate Kirche restauriert und ein mächtiger Steinturm gebaut. Erelmans Nachfolger, der Wr. Neustädter Zisterzienser Alberich Leimgruber, war zuvor Pfarrer von Neckenmarkt.

1660 wurden Forchtenstein und die Filiale Wiesen von Mattersburg losgelöst und eine selbständige Pfarre. Leimgruber ging nach Schattendorf. Nachfolger wurde Adam Christoph Bogner, Schulmeister war Christian Daniel Faber. Er wurde 1666 beim Wetterläuten durch einen Blitz getötet. 1670 und 1675 wird ein Spital erwähnt, das etwa 1650 von einem Bader gegründet wurde und bis in das 19. Jahrhundert dem jeweiligen Pfarrer unterstand.

Weitere Pfarrer waren Paul Ugrinovich (ab 1681) und Niukolaus Benatul (1701 - 1712). In der Kuruzzenteit wurde die Kirche mit Wall und Graben umgeben. Pfarrer Dr. Paul Gerstl verkaufte einen Teil der Kirchenweingärten für Renovierungsarbeiten. Sein Nachfolger war der Neckenmarkter Georg Primes. 1740 ließ er von den Jesuiten eine Volksmission mit anschließender Bußprozession  abhalten. Er ging als Stadtpfarrer nach Ödenburg. Unter Jesef Knoblauch  (1745 - 1770) wurde von den Jesuiten die Christenlehr - Bruderschaft gegründet. Unter Pfarrer Johann Baptist Unger (1770 - 1794)  musste im Gefolge der josefinischen Reformen die Johanneskapelle mit drei Altären, die erst 1750 vom Seifensiedermeister Jakob Wögerer erbaut worden war, abgerissen werden. Die Rinnsalkapelle sollte ebenfalls abgerissen werden, doch wurde dies immer wieder hinausgezögert und unterblieb schließlich. 1781 starben vie junge Burschen beim Wetterläuten durch Blitzschlag. Unter Anton Haas (1794 - 1809) wurde der Zehent durch einen pauschalen Geldbetrag abgelöst. Große Ausgaben erforderte immer wieder die Renovierung der Kirchenstiege. 1806 starben an einer Epidemie (wahrscheinlich Ruhr) 187 Menschen. Beim Großfeuer von 1808 wurden auch das Pfarrhaus und das Armenspital eingeäschert. Pfarrer Ignaz Steinmetz starb während der Cholerepidemie von 1931/32 mit 134 weiteren Opfern an dieser Seuche. Unter Pfarrer Josef Dochnal (1832 - 1847) brannte der Pfarrhof 1837 erneut ab. In der Zeit des Pfarrers Josef Polgar (1851 - 1862) wurde die Berger - Kapelle gebaut. Josef Kloiber (1863 - 1892) war Dechant und Ehrendomherr. 1892 ging er als Domherr nach Ödenburg. Unter ihm fand eine große Restaurierung der Pfarrkirche statt. Einer der bemerkenswertesten Pfarrer Mattersburgs war Karl Köppl (1892 - 1940), Titularabt und päpstlicher Hausprälat. 1884 bis 1892 war er Erzieher bei Erzherzog Josef. 1907 fand erneut eine Kirchenrenovierung statt, ein Blitz hatte Kirche und Turm beschädigt. 1923 fand in Mattersburg ein großer Katholikentag statt, angeblich besuchten 10 000 Gläubige die Veranstaltung. 1924 wurde die Kriegergedächtniskapelle errichtet. 1909 stritten Pfarrer und Gemeinde wegen des Unterhalts des Kaplans. Die Gemeinde setzte sich durch. 1940 ging Prälat Köppl in Pension. Die nächsten Pfarrer waren Paul Lang (bis 1963), ab 1953 Dechantspfarrer Franz Stocker. 1958 bis 1962 wurde der neue Pfarrhof gebaut. 1960 fand eine Außenrenovierung von Kirche und Turm, ab 1975 eine Innenrenovierung statt. 1982 wurde der Pfarrkindergarten eröffnet.

 

Schulen

Mattersburg ist heute eine Schulstadt ersten Ranges. Das Gymnasium mit dem bischöflichen Knabenseminar und dem angeschlossenen Schülerheim war über viele Jahrzehnte für das katholische Burgenland von großer Bedeutung.

Schon 1498 wird im Urbar eine halbe Hofstatt eines Schulmeisters erwähnt. 1541 ist ein Schukgebäude bei der Kirche nachgewiesen, 1651 war Johannes Anselmus Summerer Schulmeister. Das Schulhaus war damals desolat. 1674 wird das Schulhaus als gut, 1794 als "ganz unbequen" qualifiziert. 1799 versprach die Gemeinde die Errichtung eines zweiten Schulzimmers und einer Lehrerwohnung. In der bisherigen Schule konnte die große Zahl an Schülern nicht mehr unterrichtet werden. Aber erst 1805 wurde die Schule vergrößert. 1810 rügte der Raaber Domherr Michael Paintner, k.k. Provinzial - Oberschulen- und Studiendirektor, unter anderen Gemeinden auch Mattersburg wegen der zu geringen Entlohnung der Lehrer. 1855 wurde für die katholische Volksschule ein weltlicher Oberschulaufseher verordnet. Er hatte auch in der Gemeindevertretung Sitz und Stimme. Die alte Schule mit ihren zwei Klassenzimmern war für die etwa 350 Schüler um die Mitte des 19. Jahrhunderts längst zu klein. So wurde ein neues Schulhaus (später Rathaus) gebaut.  und 1857 vollendet. 1873 war Franz Ermes Schulmeister, es gab zusätzlich zwei Unterlehrer. Ermes war über 50 Jahre Lehrer und bekam eine lebenslange Pension von 400 Gulden. 1898 hatte die Volksschule vier Klassen. Das Komitat verlangte für 388 Schüler eine fünfte Klasse. Das war der Pfarre zu kostspielig. So wurde die Schule in eine Gemeindeschule umgewandelt. 1906 stellte Mattersburg den Antrag, wegen der hohen Kosten die Gemeindeschule in eine Staatsvolksschule umzuwandeln. Damit hatte die Gemeinde keinen Einfluss auf die Leitung und auf die Unterrichtssprache. 1909 wurde die neue Volksschule in der Schulgasse gebaut, die auch heute noch nach zahlreichen Zubauten und  Modernsierung diesem Zweck dient. 1909 gab es Widestand gegen die Verdrängung der deutschen Schulsprache. Es wurde nur eine Stunde Deutsch pro Woche unterrichtet. Mattersburg verlangte eine zweite Stunde pro Woche. Die alte Volksschule wurde zum Gemeindeamt umgebaut.

1910 sprach eine Deputation aus Mattersburg unter Führung des  Reichstagsabgeordneten Dr. von Simon in Budapest wegen der Errichtung einer staatlichen Bürgerschule vor. Am 1. September 1914 wurde die erste Klasse eröffnet. Die Bürgerschule war provisorisch im Rathaus untergebracht. 1917 war der Vollausbau der Bürgerschule erreicht. 1923 verlangte eine Abordnung die Umwandlung der Bürgerschule in eine "Realschule für Knaben und Mädchen", ab 1924 wurde sie als "Burgenländische Deutsche Mittelschule" geführt. 1927 fasste die Gemeinde den Beschluss, diese Schule in ein Unterrealgymnasium umzuwandeln. Ein eigenes Gebäude wollte man aber aus Kostengründen nicht errichten.

1933 erklärte sich die Stadtgemeinde bereit, zur Errichtung einer katholischen Lehrerbildungsanstalt oder zum Ausbau des Unterrealgymnasiums zu einem achtklassigen Gymnasium samt Internat einen Bauplatz zur Verfügung zu stellen. Der Bauplatz wurde der Apostolischen Administratur geschenkt. 1935 wurde die Staatsvolksschule wieder in eine katholische Schule umgewandelt. 1938 wurde sie wieder verstaatlicht, die römisch katholische Lehrerbildungsanstalt wurde aufgelassen. Deren Räume wurden vom Unterrealgymnasium bezogen.

1950 wurde dem Bau einer neuen, großen Hauptschule zugestimmt, 1951 der Bau beschlossen. 1953 wurde der Grundstein zum Bischöflichen Knabenseminar gelegt. 1956 wurde das neue Gebäude von Bischof Laszló geweiht.1962 wurde das katholische Schülerheim bezogen. Die Schüler beider Einrichtungen besuchten das Bundesrealgymnasium und Bundesgymnasium , das im Gebäude der ehemaligen katholischen Lehrerbildungsanstalt blieb. Dort waren freilich im Laufe der Zeit verschiedene Erweiterungen und Zubauten erforderlich (1955 Festsaal, 1969/70 Klassentrakt, 1973 neuer Turnsaal). Knabenseminar und Schülerheim wurden inzwischen aufeglassen, das Seminar in eine Wohnhausanlage umgebaut, das Schülerheim abgerissen.

1965 wurde die Sonderschule selbständig, 1970 auch der Polytechnische Lehrgang. 1975 wurde die neue Zentralhauptschule beim Kulturzentrum eröffnet. In der alten Hauptschule wurden Handelsschule und Handelsakademie untergebracht.

Ein eigenständiges Schulwesen hatte die Judengemeinde. Mit 1.1. 1903 wurden zwar Christen- und Judengemeinde zu einer politischen Gemeinde vereint (auf Anordnung des Oberstuhlrichters, gegen den Widerstand der katholischen wie jüdischen Kultusgemeinde, aber auch der jüdischen politischen Gemeinde). Die Juden behielten aber ihre eigene Schule, trotz der hohen Belastungen, die ihnen daraus erwuchsen. In Matersburg gab es eine "jeschiwah", eine höhere Talmudschule. Diese war zwar klein, hatte meist unter 10 Srudenten, hatte aber in ganz Ungarn ein sehr großes Ansehen. Die meisten Rabbiner waren Absolventen einer jeschiwah. An der jeschiwah lehrte ein bedeutender Talmudist, der Rabbiner Ehrenfeld, der später in New York wirkte. Unterhalten wurde die jeschiwah und auch die Bachurim, die Studenten, durch eine Erbschaft. 1938 wurden die jüdischen Schulen aufgelöst. Der letzte Oberrabbiner von Mattersburg, Samuel Ehrenfeld, gründete in Jerusalem den Stadtteil "Kirjat Mattersdorf".

Die Mattersburger Judengemeinde war streng orthodox. So gingen Reformen des Schulwesens nur sehr zögerlich voran. Trotzdem gelang es schon 1782, eine Reformschule, eine "Israelitisch - Deutsche Normalschule" , einzurichten. Die treibende Kraft war dabei der Rabbiner Jirmejah Rosenbaum. Diese Schule musste jedoch schon bald wieder eingestellt werden, da die finanziellen Mittel nicht aufgebracht werden konnten. 1834 forderte das Komitat die Aufnahme "öffentlicher Lehrgegenstände", also weltlicher Lehrinhalte, besonders auch die ungarische Sprache. Die Neuerungen im Schulwesen wurden durch einen Schulfonds des Komitates finanziert. Trotzdem löste sich die Israelitische Volksschule in Mattersburg "wegen Mittellosigkeit" auf, wer zahlen konnte wurde von Privatlehrern unterrichtet. Die Statthalterei musste einschreiten und eine zweiklassige Trivialschule anordnen. Dagegen wehrte sich die jüdische Gemeinde. Es konnten schließlich zwar zwei Lehrer angestellt werden, ein Schulhaus aber fehlte. Den Besuch der katholischen Schule lehnten beide Kultusgemeinden ab. Die Juden bekamen schließlich eine Frist von drei Jahren für die Errichtung eines Schulhauses eingeräumt, hielten die gegebene Zusage aber nicht ein. Erst 1883 konnte ein eigenes Haus für die 147 Kinder und drei Lehrer erworben werden. 

Quelle: Wikipedia
ortslage

 mattersbg hotel post
Hotel Post auf dem Hauptplatz. An dieser Stelle stand in der frühen Neuzeit der Edelhof "Stainhoff". Das traditionsreiche Gebäude musste leider einem "Einkaufszentrum" weichen.

Quellen

  • Mattersburg. In: Landestopographie, 3. Band

  • 50 Jahre Stadtgemeinde Mattersburg. Hg. Hans Paul. Mattersburg 1976

  • Martischnig, Michael: Jüdische Händlerfamilien in Mattersdorf/Mattersburg und ihr Verkaufsrepertoire in Produktkatalogen der Zwischenkriegszeit. IN: Bibliothekar und Forscher. Beiträge zur Landeskunde des burgenländisch - westungarischen Raumes. Festschrift Norbert Frank. Burgenländische Forschungen band XXV. Eisenstadt 2003