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In manchen populärwissenschaftlichen Darstellungen wird  Westungarn als reines Bauernland ohne Industrie und nur schwach entwickeltem Gewerbe geschildert. Dies trifft nicht zu, wie schon im Kapitel über die Anfänge der Industrie dargestellt wurde. Von schwacher Industrialisierung kann man nur sprechen, wenn man die Region mit dem angrenzenden Niederösterreich vergleicht, wo sich ja im Wiener Becken einer der industriellen Kernräume der Monarchie entwickelte. Verglichen mit dem übrigen Ungarn war die westungarische Grenzregion jedoch relativ stark industrialisiert und mit den niederösterreichischen und steirischen Grenzgebieten in verschiedener Hinsicht eng verflochten. Nicht zuletzt kam ein beträchtlicher Teil der Industriearbeiterschaft als Wanderarbeiter aus Westungarn. Aber auch viele neue Betriebe entstanden, wozu das ungarische Industrieförderungsgesetz von 1881 beitrug. Österreichische Firmen gründeten Zweigwerke. Westungarn war auch deshalb für sie attraktiv, weil hier deutsch gesprochen wurde. Interessant ist, dass trotz der Not Arbeitskräftemangel, vor allem Mangel an qualifizierten Facharbeitern, herrschte. Diese gingen lieber nach Österreich, wo die Löhne erheblich höher waren. Sie nahmen dafür die lange Anreise in Kauf. Auch die Lebenshaltungskosten waren ja in Ungarn keineswegs niedriger.

Ab 1883 wurden neue Industriebetriebe gegründet, neue Dampfmühlen entstanden,  etwa die  des Daniel Oswald in Andau, die des Johann Lebinger in Müllendorf und die des Karl Bäcker in Großwarasdorf. In Eisenstadt entstand eine Schnapsbrennerei, Johann Huber eröffnete eine Seidenfabrik in Wimpassing, die beiden Zuckerfabriken in Hirm und Siegendorf wurden ausgebaut, ebenso die chemische Fabrik der Firma Medinger und die Jutespinnerei und -weberei. 1894 verschlechterte sich zwar die wirtschaftliche Situation. Mehl-, Getreide- und Zuckerpreise gingen stark zurück. Im Weinbau hatte man mit der Reblaus zu kämpfen. Trotzdem wurden 1894 und 1895 einige weitere Betriebe gegründet. Maurus Mandl errichtete eine Dampfmühle in Urbersdorf, Anton Durvai eine Dampfziegelei in Kittsee, in Mogersdorf entstand die Ziegelei Heinrich Armuth und Anton Hirschl. Paul Bauer errichtete in Kleinhöflein eine Dampfmühle, in Stoob ebtstand die Tonwarenfabrik. 1896 kam die Militärkonservenfabrik Karl Littmann in Bruckneudorf hinzu, die Dampfmühle Emil Fischl in Großwarasdorf und die Zünderfabrik Herzfelder und Fröhlich in Neudörfl hinzu. 1898 und 1899 waren ausgesprochene Krisenjahre. 1903 wurden die Kohlenbergbaue in Neufeld und in Ritzing eingestellt, hunderte Menschen wurden arbeitslos. Ebenfalls eingestellt wurde eine Möbelerzeugung in Neudörfl und die Schattendorfer Pfeifenfabrik. 1904 erholte sich die Industrie wieder, auch neue Fabriken entstanden wie etwa die Firma Elsinger in Neudörfl, eine Leinenweberei, und die Firma Schwarz in Horitschon, eine Seidenbandweberei. In den Jahren bis 1913 erlebten nahezu alle Industriezweige eine Hochkonjunktur.

Der Staat unterstützte die Industrialisierung durch Geldsubventionen, durch günstige Kredite und auch durch Maschinen, die vor allem im Gewerbe zum Einsatz kamen. Während bis 1899 vor allem die Lebensmittelindustrie gefördert wurde weitete man nun die Förderung auf die Textilindustrie und Ledererzeugung aus. 1907 wurde ein neues Industrieförderungsgesetz beschlossen. Ziel war es, Ungarn möglichst von Importen aus den österreichischen Ländern unabhängig zu machen. Der patriotisch - nationalistische Kurs ("Tulpenbewegung" zugunsten ungarischer Produkte) der Wirtschaftspolitik ließ allerdings die Förderung von Betrieben in unmittelbarer Granznähe spärlicher fließen, ja manche Ansuchen wurden mit sehr merkwürdigen Argumenten überhaupt abgelehnt. So etwa wurde der österreichischen Firma Alder, die in Neufeld eine Zündkapselproduktion aufbaute, eine Unterstützung wegen der Grenznähe verwehrt.

Gut ausgebildete Industriearbeiter waren nur schwer zu bekommen, da die Löhne in Niederösterreich weit höher waren und die Lebenshaltungskosten in Ungarn keineswegs niedriger waren. Ausländische Facharbeiter waren nur dann zu bekommen, wenn das Angebot attraktiv war.  Man versuchte daher schon früh, die Arbeiter durch entsprechende Wohnmöglichkeiten an die Betriebe zu binden. Im Walbersdorfer Ziegelwerk der Esterházy, das später an Hartig & Rothermann verkauft wurde, entstand ein Arbeiterwohnhaus. Auch die beiden Zuckerfabriken in Hirm und Siegendorf errichteten Arbeiterwohnhäuser. Bei der Neufelder Jutespinnerei wurden neben einem Beamtenwohnhaus auch acht Arbeiterfamilienhäuser und ein großes Gebäude mit Schlafsälen für die durchschnittlich etwa 300  Frauen, die aus den Dörfern kamen, errichtet. Daran angeschlossen war eine Küche und eine Kantine. Es gab auch zwei Krankenzimmer und einen Behandlungsraum. 1913 errichtete das Güssinger Dampfsägewerk (Pächter Kohn und Schmergel) Schlafräume für 16 Personen. In Neudörfl nahmen die Arbeiter selbst die Wohnraumbeschaffung in die Hand und gründeten die "Neudörfler Arbeiterwohnhaus - Genossenschaft". Ein großes Projekt, bestehend aus 20 Häusern, scheiterte jedoch an der Haftungsfrage für die Kredite. Während des Krieges kaufte die Firma Preis u. Co. ein Bauernhaus und richtete es für 15 Arbeiterwohnungen ein.

Die Versorgung der Arbeiterschaft war ein weiteres Problem. 1891 entstand in Neufeld ein Konsumverein der Angestellten der Jutespinnerei, in den 1890er Jahren folgten zahlreiche Konsumgenossenschaften, obwohl sich die ortsansässigen Greißler heftig dagegen wehrten. 1921 gab es im Burgenland 53 Konsumgenossenschaften, 46 gehörten einem Genossenschaftsverband (Hangya = Ameise) an.

 

Holzverarbeitung, Pfeifenerzeugung

Im 19. Jahrhundert bestanden zahlreiche Sägewerke, etwa in Lackenbach, Lockenhaus, Unterrabnitz, Rattersdorf, Rechnitz, Riedlingsdorf, Pinkafeld und Güssing. In Lockenhaus wurden Parkette und Eisenbahnschwellen erzeugt. Einige größere Sägewerke stellten von Wasser- auf Dampfkraft um. Die kleineren Sägewerke hatten unter den hohen Holzbringungskosten und den schlechten Verkehrsbedingungen  zu leiden. Sie arbeiteten für den lokalen Bedarf und waren sehr von den Ernten in der Landwirtschaft abhängig.

In Lackenbach wurde das Dampfsägewerk der Esterházy von den Brüdern Grödel gepachtet. Es belieferte das Brennberger Bergwerk mit Grubenholz, exportierte aber auch in das Ausland. Das größte Problem waren die hohen Transportkosten. Es mangelte aber auch an Arbeitskräften, da die Männer im Sommer lieber als Maurer in Wien oder Budapest arbeiteten. 1910 übernahm wieder die Esterházy - Güterverwaltung das Sägewerk.

1880 errichtete Isidor von Szabó in Rohrbrunn eine Dampfsäge. Die Lockenhauser Säge bestand schon seit 1492. 1860 pachtete ein Konsortium die Säge und baute sie zu einer Dampfsäge um. In der Burg wurde eine Parketterzeugung eingerichtet, in der angeblich bis zu 100 Tischlergesellen arbeiteten. 1870 übernahm Esterházy wieder die Säge, 1906 wurde sie auf elektrischen Betrieb umgestellt. 1957 legte die Forstverwaltung das Sägewerk still, 1962 wurde es endgültig geschlossen. Nach dem Niedergang des Konsortiums gründete der Tischler Johann Gager eine Parketttischlerei, die sich durch geschmackvolle Handarbeit auszeichnete. Vorübergehend pachtete Gager auch das Esterhazysche Sägewerk. Nach dem Zweiten Weltkrieg konzentrierte sich die Firma ganz auf die Verlegung von Parkettböden.

1873 ließ Gräfin Elisabeth Wocher - Batthyany in Güssing, auf dem Geländer der Ziegelei Latzer, eine Dampfsäge errichten. Auch hier wurden Parkette produziert. Ihr Sohn, Paul Draskovich, erweiterte 1882 das Sägewerk. Seine Witwe verkaufte 1891 die Dampfsäge. Ihr Sohn Dénes Draskovich ließ dann aber beim Teichmeierhof ein neues Dampfsägewerk errichten. Nach einem Brand baute sein Bruder Paul das Werk neu auf. 1913 erhielt Draskovich Konkurrenz durch die "Judensäge". Die Budapester Firma Schmergel und Cohn errichtete eine Säge und beschäftigte 40 jüdische Arbeiter. Nach dem Anschluss an Österreich wurde dieses Sägewerk abmontiert und verlegt.

1903 errichtete der Wiener Unternehmer Samuel Preiß in Neudörfl eine Möbelfabrik, die aber gleich nach Eröffnung in Konkurs ging.

Zu einem zeitweise bedeutenden Wirtschaftszweig entwickelten sich im Mattersburger Raum die Weichselkulturen und die Erzeugung von Tabakpfeifen und anderen Gegenständen aus Weiselrohr oder Weichselholz. Der Pöttschinger Kleinhäusler Michael Stumpf begann um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Anlage einer Weichselkultur. Bald wurde diese Neuerung auch in den Nachbargemeinden aufgegriffen. Das Weichselrohr wurde für die Erzeugung von Pfeifenrohren, Bogenstöcken, Regenschirmstielen und anderen Gegenständen verwendet 1880 bis 1890 lieferte allein Pöttsching jährlich 330 000 Weichselschüsse nach Wien. Nach dem Ersten Weltkrieg nahm die Produktion stark zu, etwa 1 Million wurden geliefert, der Großteil aus Walbersdorf und Pöttelsdorf. Ab 1928 bestand die "Weichselrohr - Verwertungsgesellschaft Walbersdorf und Umgebung". Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Weichselkulturen aufgegeben. In einer Fabrik in Sauerbrunn, die Engelbert Litschauer 1873 errichtet hatte, wurden die Weichselstöcke und -rohre verarbeitet. 30 Arbeiter waren beschäftigt. Bald kam es aber zu Absatzproblemen. Holzpfeifen wurden ab 1901 in Baumgarten von den Brüdern Spiller, dann von der Firma Preis und Dworak erzeugt. Baumgarten wurde deshalb als Standort gewählt, weil im benachbarten Schattendorf gut ausgebildete Fachkräfte vorhanden waren. Etwa 50 Schattendorfer arbeiteten in der Holzpfeifenfabrik Brix und Söhne in Siegersdorf in Niederösterreich. Brix befürchtete die Abwerbung seiner Arbeiter und übersiedelte deshalb nach Schattendorf. Baumgarten hatte noch keinen Bahnanschluss, Rohmaterial und Fertigprodukte mussten über Ödenburg bezogen bzw. versandt werden. Noch während des Ersten Weltkrieges waren 66 Arbeiter beschäftigt. Der Betrieb der Firma Brix wurde 1903 eingestellt, 1906 aber wieder aufgenommen. Später kaufte die Glocken- und Metallgießerei Seltenhofer aus Ödenburg den Betrieb und siedelte eine Gießerei an, die in den Besitz der "Universale AG" überging. Weitere Weichselholzdrechslereien gab es in Marz (Josef Florian), in Mattersburg (Theodor Jackl) und in Sigleß (Josef Knotzer). Knotzer beschäftigte bis Ende des Ersten Weltkrieges immerhin 10 Arbeiter, Florian hatte 7 Arbeiter, Jackl 12. Neben diesen Betrieben gab es noch zahlreiche weitere, die ähnliche Produkte herstellten, etwa August Jettl  und Johann Lichtenwörther in Neudörfl, Johann Pruckner in Pinkafeld und Leopold Weisz in Neufeld.

 

Ledererzeugung

In vorindustrieller Zeit gab es auch in Westungarn - Burgenland zahlreiche kleine Gerbereien, etwa in Eisenstadt, Pinkafeld, Oberwart, Rechnitz, Bernstein, Lockenhaus, Lackenbach ...Ein Problem war immer wieder die Versorgung mit Häuten guter Qualität und mit Gerberlohe, die aus Österreich eingeführt werden musste. Die Hauptabnehmer, die regionalen Schuster und Stiefelmacher, waren stark Konjunkturabhängig und litten zunehmend an der Konkurrenz billiger Fabriksware aus Wien. Trotzdem entstanden zahlreiche neue Leder verarbeitende Gewerbebetriebe. Die kleinen Gerbereien, etwa in Pinkafeld, erhielten beträchtliche staatliche Unterstützung etwa durch geschenkte Maschinen oder durch Betriebsberater, "Wanderlehrer". Größere Fabriken, etwa in Preßburg und Stuhlweißenburg, wurden verpflichtet, Fachkräfte auszubilden. Die Pinkafelder Gerber unterhielten eine gemeinsame Werkstätte, die vom Handelsministerium mit kostenlosen Maschinen ausgestattet wurde.

In Eisenstadt gab es drei Lederfabriken. Die größte war die von Abraham Spitzer in Eisenstadt - Unterberg 1817 gegründete Fabrikation. Spitzer entwickelte sich zur größten Lederfabrik in Westungarn. Leopold Spitzer wollte das Fabriksgebäude erweitern, was ihm aus hygienischen Gründen nicht gestattet wurde. Erst 1903 wurde die Fabrik stark vergrößert. 1907 streikten die Taglöhner, die Fabrik stellte die Arbeit ein. 1910 kam es zu einem schweren Unfall. Ein Trakt der Fabrik stürzte ein, ein Arbeiter wurde getötet. Während des Krieges profitierte die Fabrik von Militäraufträgen. In der Zwischenkriegszeit wurde sie aufgelassen.

1822 kam der aus Weiz in der Steiermark stammende Anton Grüssner nach einem Wanderleben nach Eisenstadt und erwarb das Haus des Lederers Georg Pogatscher in der Hauptstraße. Grüssners Sohn führte die Gerberei, die bald einen guten Ruf hatte, weiter. 1859 verarbeitete der Betrieb 1200 Häute und Felle, hauptsächlich zu Rind- und Sohlenleder. Anton Grüssners Bruder Franz war Apotheker in Eisenstadt und betrieb auch eine Sodawassererzeugung. 1878 bis 1889 war er Bürgermeister. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Lederproduktion aufgegeben, der Lederhandel wurde weiter betrieben.

In Wimpassing wurde 1898 von Eduard Lazansky ein Unternehmen gegründet, das Lederverfeinerung und Lederfärbung betrieb. 23 Arbeiter waren beschäftigt. Ebenfalls mit der Erzeugung von Ledergalanteriewaren beschäftigte sich Viktor Pick in Pinkafeld. Er hatte 1909 seinen Betrieb von Wien nach Pinkafeld verlegt, weil er in Ungarn hohe Förderung bekam.

1878 richtete Alexander Stadler in Jennersdorf eine Gerberei ein. 1888 wurde der Betrieb von Anton Schmidt und Maria Stadler übernommen. Bis zu 20 Arbeiter waren beschäftigt. 1920 wurde der Betrieb an Rudolf Schmidt verkauft, der die "Schmidt Lederfabrik AG" gründeteWilhelm Scheffler und Franz Hierczy besaßen den Großteil der Aktien. 1923 wurde die Fabrik auf Sohlen- und Oberleder umgestellt. 1928 ging die AG in Konkurs.

In Oberwart betrieb Johann Brader eine kleine Lederfabrik. Der Bernsteiner Gerbermeister interessierte sich für die neue Technik der Chromgerberei. Sein Sohn bekam vom Handelsministerium ein Stipendium, damit er die neue Methode in Sachsen erlernen konnte.

 

Nahrungs- und Genussmittelindustrie

Mühlen

Die Mühlenindustrie war im Agrarland Ungarn lange Zeit der bedeutendste Industriezweig. Die meisten der vielen kleinen Mühlen arbeiteten für den lokalen Bedarf. Auch im 19. Jahrhundert stieg die Zahl der Mühlen an. Nur wenige wurden von Wasser- auf  Dampf- und Kunstmühlen umgestellt. An Dampfmühlen gab es 1885 im Ödenburger Komitat 4, 1893 aber schon 18, Im Eisenburger Komitat 1885 6, 1893 13. Wassermühlen hingegen gab es 1893 im Ödenburger Komitat noch 185, im Eisenburger Komitat sogar 354. An der Wulka etwa gab es im 16. Jahrhundert 30, 1900 36  und 1953 noch 22 Wassermühlen. Größere Mühlen waren etwa die Prostmühle in Pöttelsdorf, ab 1891 eine Dampfmühle, die Dampfmühle des Daniel Oswald in Andau, die aus einer 1864 errichteten Windmühle hervorging, die Dampfmühle des Johann Lebinger in Müllendorf, die esterházosche Dampfmühle in Lackenbach, die Dampfmühle des Maurus Mandl in Urbersdorf und die Beckermühle in Großwarasdorf. Allein im Jahre 1896 nahmen acht Dampfmühlen den Betrieb auf, etwa die des Emil Fischl in Großwarasdorf. 1908 entstand die Erdei - Mühle in Frauenkirchen. 1910 baute Dr. Georg v. Almassy in Bernstein eine Dampfmühle. 1916 gründete Pfarrer Martin Mersich in Großwarasdorf eine Genossenschaftsmühle. 1919 zerstörte eine Explosion diese Mühle teilweise, 1923 pachtete sie der Ödenburger Viktor Schwarz. Dieser ging 1926 in Konkurs. 1936 wurde die Mühle verkauft. Die Techetmühle in Stegersbach war ursprünglich eine Herrschaftsmühle. Sie wurde an Franz Tauber, der aus Thüringen zugezogen war, verkauft und von dessen Schwiegersohn Julius Techet zu einer der ersten elektrisch betriebenen Mühlen umgebaut. Von 1956 bis 1960 führte sie Otto Meraner, danach Ing. Helmut Marinko. 1975 wurde sie an die Firma Schädelbauer und Wolf verkauft und nach einiger Zeit geschlossen.

Von den vielen kleinen Mühlen überlebten nur wenige: die Fritz - Mühle in Rudersdorf, die auch Strom erzeugte und ein Mischfutterwerk betrieb, die Mühle Großschädel in Markt Allhau, die in den 1990er Jahren zu einer der modernsten Mühlen in ganz Ostösterreich ausgebaut wurde, die Mittermayer - Mühle in Lackenbach, die Neubauer - Mühle in Loipersdorf, die Passenbrunner - Mühle (Engerth - Mühle) in Andau, die aus einer Windmühle hervorging, die Piringer - Mühle in Antau - die einzige Wulkamühle, die überlebte, die Sagmeister - Mühle in Litzelsdorf und die ehemalige Hofmühle in Lockenhaus, die von Johann Braun aus Güns zu einer sehr leistungsfähigen Mühle ausgebaut wurde. 1926 errichtete die Familie Braun die Holzwarenfabrik. Auch in Grafenschachen konnte sich eine Mühle behaupten.

 

Spiritusbrennereien, Bierbrauereien und Essigerzeugung

In der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es viele kleine Brennereien, aber auch einige größere Betriebe, die Spiritus produzierten, etwa in Kittsee,  Neusiedl am See, Zillingtal,  Deutschkreutz,  Lockenhaus, Strebersdorf, Rechnitz. Größere Brennereien betrieben auch die beiden Zuckerfabriken, stellten diese aber schon in den 1880er Jahren ein.

Eine große Brennerei betrieb die Firma B. Schiff und Söhne in Deutschkreutz. 1893 wurden in Eisenstadt, 1907 in Neudorf bei Parndorf und Nikitsch, 1909 in Rauchwart und Unterschützen Brennereien errichtet.

In Gattendorf wurden 1890 46 000 hl Spiritus erzeugt. Ein Teil der Produktion ging nach Österreich. Auch Schnaps wurde produziert. Die Brennerei gehörte der Baronin Maria Lamineth. 1897 wurde die Fabrik von Leopold Eisler übernommen. 1893 baute die Firma M.D. Schonwald & Comp.  in Eisenstadt eine Schnapsfabrik. Vor allem der Liqueur konnte exportiert werden, 1901 übernahm die Budapester Gschwindt AG die Konzession. B. Schiff erzeugte in Deutschkreutz Spiritus, Liqueur und Essig. Die Spiritusfabrik Neudorf b. Parndorf wurde 1907 von 11 Männern, meist Bauern, als Genossenschaftsbetrieb gegründet, Verarbeitet wurden hauptsächlich Kartoffel und Mais. 1916 wurde der Betrieb eingestellt, 1921 bis 1927 verpachtet, während des Zweiten Weltkrieges stillgelegt, 1945 zerstört und 1950 wieder aufgebaut und modernisiert. Die Spiritusfabrik in Nikitsch wurde 1907 von Zichy - Mesko errichtet. Der Betrieb war an Jakob Ehrenfeld verpachtet. Die Spiritusfabrik in Rauchwart wurde 1909 von der Gräfin Kottulinsky errichtet. Sie verkaufte die gut gehende Anlage an eine Budapester Bank, ein Verwalter führte den Betrieb weiter. 1917 kaufte Anton Hirsch die Anlage, der 1937 Konkurs anmelden musste. Später übernahm die Deutsche Ansiedlungsgesellschaft alle Besitzungen und führte die Fabrik weiter. Ab 1945 wurde sie als "Deutsches Eigentum" von den Sowjets beschlagnahmt. 1956 wurde der Betrieb eingestellt, das schöne Gebäude schließlich einem Künstler als Atelier und Wohnhaus verkauft. Die "Landwirtschaftliche Spiritus - Brennerei für St. Martin und Umgebung" entstand erst nach dem Anschluss des Burgenlandes an Österreich.

Von den vielen kleinen Bierbrauereien gab es nach 1885 nur mehr die Brauerei des Karl Wolf in Unterschützen. Große Brauereien wurden in Ödenburg und Güns errichtet. Bier aus Österreich war aber weit billiger und wurde bevorzugt. Größere Essigfabriken gab es in Ödenburg (Firma Zettl), im späteren Burgenland standen Essigsiedereien in Frauenkirchen, Eisenstadt, Mattersburg und Deutschkreutz, wo die Firma Schiff und Söhne die größte Essigerzeugung betrieben und 1890 2 412 hl erzeugten.

 

Zuckerfabriken

Der Ödenburger Raum gehörte zu den wichtigsten Zucker produzierenden Regionen ganz Ungarns. Die Zuckerrüben gediehen auf den fruchtbaren Böden des Wulkabeckens und der Kleinen Ungarischen Tiefebene besonders gut. Sie wurden überwiegend auf ehemaligen Herrschaftsgütern und Pachtgütern angebaut.  Zuckerfabriken bestanden in Hirm, Siegendorf, Großzinkendorf, Bük und Petöháza. Von größter Bedeutung für die Fabriken in Hirm und Siegendorf war der Bahnanschluss. Ein Großteil des dort erzeugten Zuckers wurde über Triest exportiert. Absatzprobleme und niedrige Preise hatten 1891 Absprachen zwischen allen österreichischen und ungarischen Zuckerfabriken zur Folge. Daraus entstand 1897 das große österreichische Zuckerkartell, das bis 1902 galt.  Die einzelnen Fabriken erhielten Kontingente für die Inlandsproduktion zugeteilt. Vereinzelt wurde über die hohen Frachtkosten und ein unzureichendes Arbeitskräteangebot und zu hohe Löhne geklagt. 1901/2 produzierte Siegendorf  nahezu 7 Millionen kg Zucker, Hirm über 11 Millionen kg.  Der Anschluss an Österreich hatte den Verlust großer Anbauflächen für Zuckerrüben zur Folge. Die Zuckerfabrik war auch der Grund, warum Ungarn immer wieder versuchte, Siegendorf zu behalten. Dabei argumentierte man auch mit der Kohleversorgung aus Brennberg. Die Versorgung mit Zuckerrüben wurde schließlich so geregelt, dass die niederösterreichischen Zuckerfabriken das ganze Gebiet an der Süd- und Aspangbahn an Hirm und Siegendorf  als Einzugsgebiet abtraten. Außerdem wurde die Rübenanbaufläche ständig vergrößert. 1938 wurden die beiden Fabriken der "Hauptvereinigung der deutschen Zuckerwirtschaft" unterstellt, die 1941 die Hirmer Fabrik stilllegte. Siegendorf bestand bis 1988.

 

Hirm

Ausgangspunkt der westungarischen Zuckerindustrie war die Wr. Neustädter Zuckerraffinerie, die schon seit 1791 bestand und die über Triest westindischen Rohzucker aus Zuckerrohr  bezog. 1819 kaufte das Großhandelshaus Reyer & Schlick  die Fabrik und begab sich auf die Suche nach einem erfahrenen Zuckersieder. Sie fand ihn im Hamburger Wilhelm Hinrich Rothermann. Dieser übersiedelte mit seiner Familie nach Wr. Neustadt und leitete das Unternehmen so erfolgreich, dass es zum größten in ganz Österreich wurde. Sein Sohn Peter Daniel wurde sein Nachfolger als technischer Leiter. Rothermann verfolgte mit Aufmerksamkeit das Aufblühen der Rübenzuckerindustrie. Er lernte während einer Reise nach Oberschützen, wo seine beiden Söhne zur Schule gingen, den fürstlich - esterhazyschen Ökonomierat Leidenfrost kennen, der Pächter des Hirmer Meierhofes war. Leidenfrost erklärte sich bereit, Zuckerrüben auf bisher nur als Schafweide genützten Böden anzubauen. Reyer & Schlick waren an einer Rübenzuckerfabrik nicht interessiert. Daraufhin traten Peter Daniel Rothermann, dessen Schwager und Buchhalter Ignaz Hartig, Conrad Patzenhofer und Ernst Bauer, bisher administrativer Direktor, aus der Firma aus und bauten 1850 die Hirmer Zuckerfabrik "Ignaz Hartig  & Comp." Technischer Leiter wurde Conrad Patzenhofer, der später die Tochter Daniel Rothermanns heiratete. 1857 wurde die Fabrik vergrößert und neu eingerichtet. 1867 wurde die Firma auf "Hirmer Zuckerfabrik Hartig & Rothermann" umbenannt und im gleichen Jahr in Triest die Exportfirma Rothermann und Engelmann gegründet. Sie wurde von Daniel Christian Rothermann geleitet. 1877 ging man vom Pressverfahren auf das Läuterungsverfahren über (Diffusions- und Auslaugungsverfahren). 1877 wurde Daniel Rothermann von Kaiser Franz Joseph mit einem Orden ausgezeichnet und ein Jahr später in den erblichen Ritterstand erhoben. Die Eröffnung der Bahnlinie Ödenburg - Wulkaprodersdorf - Ebenfurth im Jahre 1879 mit einer Flügelbahn nach Hirm erleichterte die Zufuhr an Rüben in großen Mengen und die Anlieferung der Kohle aus Neufeld. 1885 waren 18 Dampfmaschinen in Betrieb und neben 8 Beamten waren 300 Männer, 250 Frauen und 30 - 50 Kinder beschäftigt. 1886 wurde mit der Produktion von Würfelzucker begonnen.  1893 wurde der Betrieb neuerlich ausgebaut und ein 53 m hoher Kamin errichtet. 1890 starb der Betriebsgründer Peter Daniel Ritter von Rothermann. Er hatte auch als Wohltäter einen guten Ruf. So hatte er auf eigene Kosten die Volksschule und die katholische Kirche in Hirm errichten lassen und hatte auch - er war Protestant - zum Bau der evangelischen Kirche in Pöttelsdorf erheblich beigetragen. Sein Sohn Rudolf führte den Betrieb in Hirm  und in der Pottendorf - Landegger Zuckerfabrik bis 1903 weiter. Nach Rudolfs Tod übernahm sein Bruder Daniel Christian die Leitung. Dieser hatte das Gymnasium in Oberschützen besucht, in Paris und London praktiziert und die Triester Exportfirma geleitet. Er war auch Verwaltungsrat der Fabriken Bük, Großzinkendorf  und der 1902 gegründeten "Dürnkruter Zuckerfabrik AG". Von den Produktionsmengen her wurde die Hirmer Fabrik von Siegendorf überflügelt: 1912/13 erzeugte Hirm 14,5 Millionen kg, Siegendorf 19 Millionen kg Zucker. 1926 traten die Brüder Hartig aus der AG aus, die Firma wurde umgestaltet. Daniel Christian Ritter von Rothermann wurde Präsident und blieb es bis 1935. 1935 wurde ein weiterer, 75 m hoher Schornstein gebaut. Nach der Kampagne 1940/41 wurde die Zuckerfabrik stillgelegt, das Inventar verkauft und die Hallen den Wr. Neustädter Flugzeugwerken Messerschmid übertragen. Sieben Bombentreffer zerstörten die Anlage, die nach dem Krieg von der russischen Besatzungsmacht übernommen wurde. Ab 1958 waren verschiedene Firmen für jeweils kurze Zeit auf dem Firmengelände tätig. 1966 übernahm Erwin Mach die Fabrik und erzeugte Gummiwaren. 1972 folgte die Firma Witzmann Plastik G. m. b. H., ab 1988 die "Österreichische Kuvertindustrie Myrtle Mill Smola G. m. b. H.  und ab 1990 auch die Firma "Metallwarenfabrik Heinrich Sachs KG."   

 

Siegendorf

Conrad Patzenhofer stammte aus Moosbach in Bayern. Er arbeitete in verschiedenen Maschinenfabriken. Bei Montagearbeiten in Wr. Neustadt lernte er den technischen Leiter der dortigen Zuckerraffinerie, Peter Daniel Rothermann, kennen. Dieser stellte ihn als Maschinenmeister an. Patzenhofer wurde technischer Leiter der neu gegründeten Hirmer Zuckerfabrik, deren Planung und Bau er geleitet hatte. Er kam mit dem Pächter der Esterhazybesitzungen in Siegendorf, Michael Ruehietl in Kontakt, der ihm anbot, in Siegendorf Rüben anzubauen. Patzenhofer beschloss gemeinsam mit seinem Freund, dem Maschinenfabrikanten Baechlé, in Siegendorf eine kleine Zuckerfabrik zu bauen, Diese ging 1853 in Betrieb und erzeugte zunächst nur Rohzucker. 1860 begann Patzenhofer auch mit der Erzeugung von Weißzucker. 1855 heiratete er Mathilde, die Tochter Peter Daniel Rothermanns. Die Zusammenarbeit mit der Hirmer Fabrik der Rothermanns war immer sehr eng. Die Fabrik lief bald recht gut und Patzenhofer konnte sich auch an anderen Fabriken beteiligen, etwa an Großzinkendorf. Gemeinsam mit Rothermann gründete er die Zuckerfabrik in Landegg in Niederösterreich. Beteiligt war er auch an den Fabriken in Bük und in Àcs. Das größte Problem war der Abtransport des Zuckers zum Ödenburger Bahnhof. Erst 1879 verbesserte sich mit der Errichtung der neuen Bahnlinie von Ödenburg über Wulkaprodersdorf nach Ebenfurth mit einer Stichbahn nach Siegendorf die Situation. Die Fabrik konnte nun auch Rohzucker aus Zinkendorf und Àcs zur Raffination in Siegendorf beziehen. Conrad Patzenhofer erhielt einen Orden, die Erhebung in den Ritterstand hat er allerdings abgelehnt. Die Fabrik arbeitete während der Rübencampagne 80 Tage, je 11 Stunden Tag und Nacht. Beschäftigt waren ein technischer Direktor, ein Adjunkt, ein Aufseher, je ein Maschinist und Maschinenschlosser, Schmiede, Tischler, Wagner, Anstreicher, vier Arbeitsvorstände und 100 männliche und 90 weibliche Arbeitskräfte. 1888 wurde die gesamte Fabrikseinrichtung erneuert. Im gleichen Jahr wurden neue Pachtverträge mit Esterházy abgeschlossen und der Rübenanbau streng reglementiert. 1890 zahlte Patzenhofer seinen Teilhaber Baechlé aus. Die technische Ausstattung wurde laufend verbessert. 1894 waren 10 Angestellte, 26 Vorarbeiter, 6 Lehrlinge und 297 männliche und 96 weibliche Taglöhner beschäftigt. 1902 kam es zu einem Attentat auf Karl Negro, den Direktor der Zuckerfabrik. Einige Revolverschüsse wurden auf ihn abgegeben, er wurde jedoch nicht getroffen. Wahrscheinlich war dies ein Racheakt eines entlassenen Arbeiters. 1904 starb Conrad Patzenhofer. Er war an fünf Zuckerfabriken beteiligt und hatte auch einen großen Anteil an den Aktien der Brennberger Kohlenwerke, deren Präsident er ebenfalls war.

Conrad Patzenhofer hatte fünf Töchter und drei Söhne. Die drei Söhne Conrad, Rudolf und Alfred gründeten 1905 die Offene Handelsgesellschaft "Siegendorfer Zuckerfabrik Conrad Patzenhofer 's Söhne". 1910 wurden sie in den ungarischen Adel (de Darufalva) aufgenommen. 1909 wurde von der Anglo - österreichischen Bank in Wien die "Österreichische Zuckerindustrie - AG" gegründet, die in Bruch a. d. Leitha eine Zuckerfabrik baute. Die Landegger Zuckerfabrik wurde stillgelegt, die Eigentümer bekamen Aktien der Brucker Fabrik.

Der Anschluss an Österreich brachte große Veränderungen, da sich die Besitzungen der Patzenhofers ja auch auf zahlreiche ungarische Zuckerfabriken und auf große Pachtländereien in Ungarn erstreckten. Nach langen Verhandlungen bekamen Hirm und Siegendorf schließlich entsprechende Rübenanbaugebiete in Niederösterreich zugestanden. Nach dem 2. Weltkrieg verlor die Familie Patzenhofer ihren gesamten Besitz in Ungarn. Die Siegendorfer Fabrik war teilweise zerstört. In den Folgejahren wurde sie wieder aufgebaut und modernisiert. 1977 zogen sich die bisherigen Eigentümer, hauptsächlich die Familie Patzenhofer, zurück und übertrugen die Geschäftsführung der Tullner Zuckerfabrik. 1983 wurden die beiden Fabriken verschmolzen und 1988 das Siegendorfer Werk eingestellt.

 

Konservenfabriken

Schon 1873 gründete Fánny Bogdányi in Rechnitz eine Fabrik für Einbrennsuppen. Die Konserven wurden vor allem vom Heer, aber auch von Wohltätigkeitsvereinen und Konsumgenossenschaften gekauft. 1894/95 wurde die Fabrik stark ausgebaut. Die Jahresproduktion stieg 1895 auf 140 000 kg. 3 Arbeiter, 10 Arbeiterinnen und 4 Kinder waren beschäftigt. Die Rechnitzer Fabrik erzeugte nun auch Kaffee- und Gemüsekonserven sowie Ersatzkaffee. 1912/13 wurde das Werk erneut stark vergrößert. Wahrscheinlich wurde sie nach dem Ersten Weltkrieg eingestellt. Der Fabrikant Rudolf Bogdányi wollte 1911 nach Uruguay auswandern. Während einer Erkundungsreise wurde er dort ausgeraubt und ermordet.

1896 schloss die österreichisch-ungarische Heeresverwaltung mit dem Wiener Fabrikanten Carl Littmann einen Vertrag zur Errichtung einer Konservenfabrik im Bereich des Brucker Lagers in Bruckneudorf. Die Produktionskapazität war auf jährlich 20 Millionen Gemüsekonserven und 550 000 Fleischkonserven ausgelegt. Die Erzeugnisse dienten ausschließlich der Heeresversorgung. Schon 1899 wurde eine weitere Produktionslinie eröffnet. Einer der Gesellschafter war Bernhard Wetzler, der immer wieder auch die arme Bevölkerung mit Spenden bedachte und 1903 Pläne zur Errichtung gesunder Arbeiterwohnungen entwickelte. 1910 übernahm er das Unternehmen zur Gänze. Während des Krieges und auch noch in der unmittelbaren Nachkriegszeit funktionierte der Absatz. 1922 waren noch 150 Arbeiter beschäftigt. Dann aber musste deren Zahl stark verringert werden und der Betrieb wurde vorübergehend eingestellt. Erst während des Zweiten Weltkrieges lief die Produktion wieder auf Hochtouren. 1947 ließ sich die "Burgenländische Landesprodukten - Verarbeitungs - AG" in Bruckneudorf nieder. Sie erzeugte Obst- und Gemüsekonserven, Likör und Essig. 1971 übernahm die Mattersburger Felix Austria den Betrieb. 1973 wurde die Gesellschaft aufgelöst.

Weitere Betriebe der Lebensmittelerzeugung gab es in Neudörfl (Ferdinand Sommer, Erzeugung von Honigmakkaroni), Frauenkirchen (Samuel Schwarz u. Comp.), Großpetersdorf (Josef Toth, Obst-  und Gemüsekonserven) und Deutschkreutz (M. A. Trenker, Ahorn - Extrakt - Brustzuckerfabrik).

 

Eisen-, Metall- und Maschinenerzeugung

Mitte des 19. Jahrhunderts bestanden Eisenhammerwerke in Oberwart, Loipersdorf, Pinkafeld und Riedlingsdorf. Das bedeutendste war das Hammerwerk des Karl Fiuth in Oberwart, der das Werk in den 1870er Jahren gekauft hatte, Er erzeugte Geräte für die Landwirtschaft und das Gewerbe, mit vier Gesellen und zwei Lehrlingen. Seine Erzeugnisse verkaufte er meist auf den Märkten. Die Großbetriebe der Steiermark produzierten natürlich weit billiger, Fuiths Werkzeuge waren aber von besserer Qualität. Ein zweiter Betrieb in Oberwart war der des Josef Dirnbeck, der ebenfalls Werkzeuge herstellte, vor allem Bohrer, aber auch Meisel, Zug- und Schneidemesser. Der dritte Oberwarter Betrieb war der des Johann Fülöp Jun., der Taschenmesser erzeugte. In Eisenstadt produzierte der Kupferschmied Ignaz Nuss Feuerlösch- und Wasserinstallationsgeräte. Für den Raum Jennersdorf war die  Schweizer Uhrenfabrik der Firma Bellemont u. Comp. in St. Gotthard, die einzige Uhrenfabrik in Ungarn, besonders wichtig Sie hatte eine Produktionskapazität von 36 000 Taschenuhren jährlich. Sie beschäftigte 4 Angestellte und 122 Arbeiter (50 Männer, 36 Frauen und 36 Kinder). 1897 errichtete die Gesellschaft eine Fachschule. Bald jedoch drohte die Insolvenz. 1902 kaufte der Budapester Uhrenhändler Anton S. Stern das Werk. Nach dreijähriger Pause wurde die Fabrikation wieder aufgenommen. 1904 brannte die Fabrik ab und wurde erst 1907 wieder in Betrieb genommen, Neuer Besitzer war der Wiener Großindustrielle Filipp Cohn, der 260 Arbeiter beschäftigte. Ein Teil der Fertigung wurde in eine Expositur nach Jennersdorf verlegt, die von 1912 bis 1914 bestand und 30 Arbeiter beschäftigte.

 

Textilindustrie

Nach der Zahl der Beschäftigten war die Textilindustrie der mit Abstand bedeutendste Industriezweig in Westungarn. Sie hatte ja auch eine lange Tradition, vor allem in Pinkafeld, Lockenhaus und Rechnitz. Die vielen kleinen Betriebe hatten aber immer öfter Probleme, da die Tuchfabriken billigere Ware anbieten konnten. In Pinkafeld etwa sank die Zahl der selbständigen Meister von 1857 bis 1862 von 40 auf 10. Der Zusammenschluss in Innungen verschaffte nur vorübergehend Entlastung. Das Gewerbegesetz von 1872 erlaubte den Zusammenschluss zu Produktionsgenossenschaften. Die Tuchmacher von Pinkafeld und Lockenhaus hatten diesen Schritt schon früher getan. Die Produktion verlagerte sich von kaum mehr verkaufbaren Feintuchen auf Kotzen und Teppiche. Aus den Genossenschaften gingen später neue Betriebe hervor, etwa die Kotzen- und Lodenfabrik Ferdinand Lirsch - Theodor Martin und die Pferde- und Montandeckenfabrik Rudolf Lirsch in Pinkafeld. Die Regierung unterstützte die Betriebe durch kostenlose Maschinen und Subventionen. Ein großes Problem war immer der Absatz - wegen der ungünstigen Verkehrsverhältnisse. Die Tuchmachergenossenschaften in Pinkafeld und Lockenhaus konnten sich zunächst noch halten. 1878 gründete Alexander Putsch in Pinkafeld eine Tuchfabrik. Erst nach der Jahrhundertwende bewog die ungarische Industrieförderungspolitik viele Unternehmer zur Ansiedlung neuer Betriebe. 1888 wurde die "Erste ungarische Jutespinnerei" in Neufeld errichtet, 1893 eröffnete Johann Huber & Sohn in Wimpassing die erste ungarische Seidenfabrik, 1904 die Firma Schwarz die Bandfabrik in Hornstein, 1906 die Firma Elsinger in Neudörfl, 1908 wurde die Firma Popp in Lockenhaus erweitert. 1909 entstand in Neudörfl die Baumwollfabrik Brüder Preis, zuvor schon in Neudörfl die Firma Lendvay, Erzeugung von Uniformkleidung. 1910 gab es 14 Textilfabriken mit 4500 Beschäftigten. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg entstanden die Firmen Hutter und Schrantz in Pinkafeld und August Sattlers Söhne in Rudersdorf. Hutter und Schrantz entwickelte sich zu einem bedeutenden Unternehmen, das erst 1958 den Betrieb einstellte. Es folgte die Feintuchfabrik Pinkafeld G. m. b. H. (Streich- und Kammgarnstoffe), die 1966 in Konkurs ging, dann bis 1975 die Fa. Bernhard Altmann, 1981 bis 1983 die Firma Ganahl, dann wieder Altmann (Konkurs 1986) Die Weltwirtschaftskrise brachte für die Textilindustrie einen markanten Rückgang auf 1281 Beschäftigte im Jahre 1933. Nach dem Zweiten Weltkrieg erholte sich die burgenländische Textilindustrie rasch, 1949 waren 2050 Personen beschäftigt. 1966/67 wurden dann einige Betriebe stillgelegt.

 

Pinkafelder Tuchmachergenossenschaft

1868 baute die seit 1769 bestehende Zunft der Tuchmacher eine große Spinnerei. 1878 schlossen sich die Tuchmacher zu einer Genossenschaft zusammen. Ihr traten 41 von 85 Meistern bei und errichteten eine gemeinsame Lagerhalle. Die Genossenschaft erlebte einen großen Aufschwung durch Bestellungen aus Rumänien. Zwischen 1890 und 1900 wurden, unterstützt von der Regierung, neue Maschinen angeschafft. Während des Ersten Weltkrieges und unmittelbar danach erlebten die Pinkafelder Tuchmacher noch einmal eine Hochkonjunktur. Nach dem Anschluss an Österreich musste die Mehrzahl aber den Betrieb einstellen. 1924 waren nur mehr 4 von 34 Meistern übrig geblieben. Die meisten fanden in der Schafwollwaren. und Deckenfabrik des Alexander Putsch Arbeit. Aus der Tuchmachergenossenschaft ging die Kotzen- und Lodenfabrik Ferdinand Lirsch - Theodor Martin hervor. Sie arbeitete in der ehemaligen Zündholzfabrik.  und erzeugte hauptsächlich Pferde-, Wagen- und Militärdecken. Die Gebrüder Holzer, die bisher die Produkte vermarkteten, stiegen in die Firma ein. Der Betrieb wurde auf Stofferzeugung umgestellt. 50 Arbeiter waren beschäftigt. Die Pferde- und Montandeckenfabrik Rudolf Lirsch wurde 1865 gegründet. Damit war eine Schuhfabrik verbunden, die 60 Arbeiter beschäftigte. Während des Ersten Weltkrieges war der Absatz gut, auch danach konnte sich die Fabrik behaupten, 1926 zerstörte ein Brand den Betrieb, der nicht wieder aufgebaut wurde.1960 kauften die Gebrüder Schmidt das Areal und richteten eine Bürstenfabrik ein. Ein weiterer großer Textilbetrieb wurde von Alois Koller aufgebaut. Er erzeugte eine große Vielfalt an Stoffen.

 

Lockenhaus

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war ein Drittel der Lockenhauser Bevölkerung mit der Tuchmacherei beschäftigt. . Um 1840 gab es etwa 100 Meister und 150 bis 200 Gesellen. Die Zunft richtete eine Walke ein. Um die Jahrhundertmitte hatten die Tuchmacher große Absatzprobleme. Da Investitionskapital fehlte, konnten nur ´billige Loden hergestellt werden. So gaben immer mehr Tuchmacher den Betrieb auf. Auch die Gründung einer Genossenschaft änderte daran wenig. Die Walke wurde von der Gemeinde übernommen und mit staatlicher Unterstützung erneuert. Behaupten konnte sich die Tuchmacherfamilie Popp, die Ende des 18. Jahrhunderts nach Lockenhaus gekommen war. Der Handwerksbetrieb der Popp wurde bis 1907 geführt. Der Betrieb wurde umgebaut und mit staatlicher Hilfe 1908 ein Dieselmotor und zwei mechanische Webstühle angeschafft. 1935 wurde die Fabrik stark vergrößert. Es waren ständig 15 bis 20 Personen beschäftigt. 1948 wurde eine große Halle gebaut. 1986 musste aber auch dieser Betrieb endgültig eingestellt werden.

 

Alexander Putsch in Pinkafeld

1878 richteten der Kaufmann Alexander Putsch und sein Schwager, der Bäckermeister Andreas Friedrich in Pinkafeld eine Kotzenfabrik in der aufgelassenen Papierfabrik ein. Schon bald waren 30 Tuchmachergehilfen als Spinner und Weber und 20 bis 25 Taglöhner beschäftigt. 1881 wurde der Betrieb stark vergrößert und beschäftigte nunmehr 60 bis 100 Menschen. Erzeugt wurden Loden, Kotzen und Teppiche, die nach Österreich, Serbien Rumänien exportiert wurden. 1890 erfolgte die nächste Erweiterung. Die Maschinen wurden durch zwei Wasserräder an der Pinka und eine Dampfmaschine getrieben. Hergestellt wurden 10 000 Paar Kotzen, 500 Stück halbfeine und 1000 Stück einfache Tuche. Beschäftigt waren nun 65 Personen, darunter 20 Weber und 10 Spinner. Die von Rumänien verhängten Einfuhrzölle machten der Firma schwer zu schaffen. 1896 waren 50 Facharbeiter und 30 Taglöhner angestellt. Die gute Auftragslage nach der Jahrhundertwende veranlasste Putsch, die Erzeugung auf immer mehr Produkte auszuweiten. 1909 wurde ein neues Fabriksgebäude errichtet und mit modernen Maschinen ausgestattet. 1909 starb Alexander Putsch. Er war auch ein sozialer Unternehmer, kümmerte sich um seine Arbeiter und richtete eine Altersversicherung ein. 1911 wurde die Fabrik erneut erweitert. Nach Jahren der Absatzflaute brachte der Erste Weltkrieg wieder vermehrt Aufträge. Mit dem Anschluss an Österreich ging der ungarische Markt verloren. Die Firma gründete 1923 in Steinamanger eine Kotzen- und Deckenfabrik. Diese wurde 1945 enteignet. 1925 zerstörte ein Großbrand einen Teil der Pinkafelder Fabrik, die jedoch wieder aufgebaut wurde. Das Schwergewicht der Produktion verlagerte sich auf Anzugs- und Uniformstoffe. 1928 waren 260, 1938 sogar 380 bis 470 Personen beschäftigt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Personalstand auf 230 Personen reduziert. Es wurden Uniformen für die Wehrmacht produziert. Der Betrieb blieb im Krieg unzerstört und bald waren wieder 460 Personen beschäftigt. Das Erzeugungsprogramm war sehr umfangreich. 1959 wurde der Betrieb mit der Firma "Friedrich u. Co., Holz- und Textilindustrie" in Rohrbach an der Lafnitz fusioniert und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Finanzierung wurde aber in der Zeit der großen Krise der Textilindustrie immer schwieriger. 1966 musste der Ausgleich angemeldet werden. 1967 wurde die Produktion eingestellt. Auch einer Auffanggesellschaft gelang es nicht mehr, den Betrieb weiterzuführen.1970 wurde die Firma liquidiert. Das Firmenareal wurde zunächst vermietet, 1976 an die Firma Thöni verkauft. 1981 begann man mit dem Abbruch der Gebäude.

 

Juteindustrie in Neufeld

In der Mitte des 19. Jahrhunderts verdrängte die Jute Leinen und Hanf als Basis für Verpackungsmaterial (Säcke). Vor allem als der Suezkanal den Bezug des Rohstoffes aus Indien wesentlich verbilligte blühte die Juteindustrie in Europa auf. Erst die Verhängung eines hohen Importzolles auf Produkte aus dem Ausland (etwa aus Schottland) machte die Produktion auch in Ungarn wirtschaftlich. 1884 nahm eine Jutefabrik in Neupest den Betrieb auf, 1888 wurde die "Actiengesellschaft der ersten Ungarischen Jute - Spinnerei und Weberei" mit Sitz in Neufeld gegründet. Sie stand unter der Leitung des Wiener Maschinenfabrikanten Josef Baechtlé und des Inspektors der 1. kaisierlich - königlichen Dampfschifffahrtsgesellschaft, Robert Geitler. Der Bau wurde Ing. Paul Girardoni übertragen, der die Fabrik dann auch leitete. 1989 wurde der Betrieb aufgenommen. Neben der Fabrik wurden auch Arbeiterwohnhäuser errichtet - ein Beamtenwohnhaus, 8 Familienwohnhäuser für Arbeiter und ein großes Gebäude mit Schlafsälen für die Frauen aus den Dörfern, dazu eine Gemeinschaftsküche, Speisesäle, Krankenzimmer und ein Behandlungsraum. Für die Arbeiter wurde eine Krankenkasse eingerichtet. 1891 wurde für die Angestellten ein Konsumverein gegründet.   1890 waren 1037 Arbeiter beschäftigt, 367 männliche und 670 weibliche.1891 wurden auch 59 Kinder erwähnt.  Die Arbeitszeit betrug 65 Stunden wöchentlich. Um den Ersten Mai 1890 gab es einen Streik, der hauptsächlich von den Arbeitern, die aus Böhmen angeworben worden waren, getragen wurde. Es gelang, einige sehr bescheidene Forderungen der Arbeiter durchzusetzen. Die Frauen aus den Dörfern waren daran kaum beteiligt. Die Rohjute wurde teils über Hamburg, teils über Triest importiert. Über 200 Webstühle standen in der Fabrik. Die Maschinen wurden von einer der größten Dampfmaschinen im damaligen Ungarn angetrieben. Hergestellt wurden vor allem Getreide- und Zuckersäcke. Täglich wurden 27 000 m Gewebe und 20 000 Säcke erzeugt. Betriebsleiter waren nach Girardoni Gustav Rieger, ab 1893 waren Max Baum kaufmännischer und Franz Blümel technischer Direktor. Die Fabrik wurde ausgebaut. 1894 waren schon 270 Webstühle in Betrieb. Der schwere Brand von 1897 hatte keine negativen Folgen, da die Fabrik gut versichert war. 1898 wurde eine zweite Fabrik gebaut und im folgenden Jahr in Betrieb genommen. Sie war mit 150 Webstühlen ausgestattet. Absatzprobleme führten zum Zusammenschluss der österreichisch - ungarischen Jutehersteller. Es wurde ein Preiskartell gebildet, das die Preise hochhielt. Dem diente auch ein gemeinsames zentrales Verkaufsbüro in Wien. Die Produktionsvereinbarungen hatten auch in Neufeld immer wieder die Reduktion der Erzeugung und damit auch die Entlassung von Arbeitskräften zur Folge. Fehlende Nachfrage im Inland versuchte man durch vermehrte Exportbemühungen zu kompensieren, vor allem in die Balkanländer. Stieg der Absatz fehlte es oft an den nötigen Facharbeitskräften. Trotz aller Klagen der Betriebsleitung machte die Gesellschaft nahezu jedes Jahr hohe Gewinne, Dividenden von 10 % oder mehr des eingesetzten Kapitals waren keine Seltenheit. 1908 waren 2000 Arbeitskräfte beschäftigt. Ab 1809 stagnierte der Absatz, die Produktion musste um 25 % zurückgefahren werden. 1914 musste die Produktion wegen Rohstoffmangels teilweise eingestellt werden. Mit dem Anschluss an Österreich war man dann auf einen weit kleineren Markt angewiesen. 1919 gründeten die Juteerzeuger eine Interessensgemeinschaft, die "Hanf-, Jute und Textilit - AG", der sich auch die Neufelder Firma anschloss. Die Leitung der Neufelder Werke übernahm 1923 Ing. Rudolf Huder. Die zweite Fabrik wurde in eine Hanfspinnerei umgewandelt. 1928 waren bereits wieder nahezu 2000 Arbeitskräfte beschäftigt. Erneut konnten hohe Dividenden bezahlt werden. In der großen Depression sank dann aber die Zahl der Beschäftigten auf 590 im Jahre 1933. Im Zweiten Weltkrieg blieb das Werk zwar intakt, es fehlte aber am Rohstoff Jute. So wurde Spinnpapier verarbeitet. Zwischen 1952 und 1954 musste die "Hitiag" in Neufeld mehr als 1000 Arbeiter abbauen. Ab 1966/67 scheiterten alle Sanierungsbemühungen, 1972 musste der Betrieb schließlich eingestellt werden. Im Werk II. siedelte sich die Firma "Autexa Textilausrüstungsgesellschaft" an und stellte 40 Mitarbeiter ein. Sie gung 1985 in Konkurs. Im Werk I ließ sich ab 1972 die Wiener Firma Myrtle Mill Briefumschlagsfabrik nieder, verlegte den Betrieb aber 1988 nach Hirm.

 

Seidenfabrik Wimpassing

1892 entschloss sich Johann Huber seine Seidenfabrik in Böhmen aufzugeben und in Ungarn, auf staatliche Unterstützung hoffend, eine neue Fabrik zu bauen. 1893 wurde das Werk in Wimpassing fertig gestellt. Es wurden Seidenstoffe und Modewaren von 20 Männern und 52 Frauen erzeugt. Sie mussten aber erst angelernt werden. Es wurde eine vom Handelsministerium geförderte Ausbildungsstätte errichtet.  Bald kamen die Arbeitskräfte aus der Umgebung. Wegen ihrer guten Ausbildung wurden aber viele nach Österreich abgeworben.  Der Betrieb wurde rasch auf 30 mechanische und 76 Handwebstühle ausgebaut. 1895 waren 40 bis 50 Arbeitskräfte und 35 Wochenlöhner beschäftigt. Besonders beliebt unter den Produkten waren die Krawattenstoffe aus Wimpassing. Der gute Absatz ließ die Firmenleitung eine Verdreifachung der Produktion planen, mit zusätzlich 80 mechanischen Webstühlen und 100 bis 200 Arbeitskräften. Ab 1900 brach dann aber die Nachfrage nach Seide ein. 1907 stellte das Werk die Produktion wegen finanzieller Schwierigkeiten ein, 1908 ging die Firma in Konkurs. 1911 wurde das Werk von der "Vereinigten Bandfabrik AG" gekauft und mit 50 Webstühlen aus Unterwaltersdorf ausgestattet. Die Firma Schwarz, die die Bandfabrik in Hornstein betrieb, verpflichtete sich, auch die Seidenfabrik wieder in Betrieb zu nehmen. Während des Ersten Weltkrieges wurde die Versorgung mit Rohmaterial - Seide und Kunstseide - immer schwieriger. Nach dem Krieg wurde die Produktion eingestellt. Die Fabrik kaufte eine Firma Johann Biester und Sohn aus der Schweiz. Deren Pläne, eine Hutfabrik zu errichten, zerschlugen sich aber.

 

Bandfabrik Hornstein

Der aus Odrau in Schlesien stammende Johann Schwarz kam in den 1820er Jahren nach Wien und begann, Hutbänder zu erzeugen. Er hatte großen Erfolg und errichtete 1870 eine mechanische Weberei in Unterwaltersdorf. Die Arbeiterinnen kamen zum Großteil  aus Hornstein, für die Unterkünfte errichtet werden mussten. Schon bald beschäftigte die Fabrik 500 Personen und richtete eine Lehrlingsschule und eine Betriebskrankenkasse ein. 1882 starb Johann Schwarz sen., die Fabrik wurde von seinen Söhnen Johann und Karl, ab 1898 von Karl und dessen Sohn und Schwiegersohn weitergeführt. 1905 wurde die Fabrik in Hornstein mit Verwaltungsgebäude und Arbeiterwohnungen gebaut. Zu den 52 Bandwebstühlen kamen bald 100 neue.  Erzeugt wurden auch weiterhin Hutbänder aus Seide. In Hornstein beschäftigte die Firma anfangs 105 Arbeiter. 1910 wurde ein weiterer Betrieb in Wimpassing eröffnet, wo Schwarz die ehemalige Seidenfabrik kaufte. 1911 wurde die Aktiengesellschaft "Vereinigte Bandfabrik AG" gegründet. Die Familie Schwarz behielt 55 % der Aktien. Präsident wurde Anton Kümmel, Schwiegersohn von Karl Schwarz. Sitz der Firma, zu der mehrere Hutbandfabriken in der Monarchie gehörten, war Wien. Insgesamt besaß die Firma 400 Bandwebstühle und beschäftigte etwa 1300 Personen. In Hornstein standen 91 Webstühle und es waren dort 12 Arbeiter und 140 bis 160 Arbeiterinnen beschäftigt, die zu 90 % aus Hornstein kamen. 1913 trat Anton Kümmel zurück. Während des Ersten Weltkrieges mussten Dr. Rudolf und Carl Schwarz einrücken, die Leitung lag in den Händen von Max Haitmann. Nach dem Krieg fielen hohe Bankguthaben der Inflation zum Opfer und es mussten Schulden beglichen werden. Die Fabriken in Wimpassing und Unterwaltersdorf wurden verkauft. Zu Beginn der 1930er Jahre standen in Hornstein noch 40 Webstühle in Betrieb. 1931 musste der Betrieb eingestellt und 135 Arbeitskräfte entlassen werden. 1941 wurde die Firma in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt werden, die Firma hieß nun "Vereinigte Bandfabriken Nfg. Walter Schwarz & Co". 1975 wurden Büro und Warenlager nach Hornstein verlegt. 1983 ging die Bandweberei an die Firma Alge KG in Lustenau über.

 

Textilfabriken in Neudörfl - M. J. Elsinger, Uniformfabrik Lendvay und Brüder Preis

Die Firma Elsinger bestand in Wien seit 1831 und beschäftigte sich mit der Erzeugung von wasserdichten Stoffen. 1904 übernahm Elsinger in Neudörfl die Fabrik der Firma Herzfelder und Fröhlich. Hergestellt wurde zunächst Segelleinwand, Feuerwehrschläuche aus Hanf- und Leinengewebe, Zeltstoffe und Wachsleinwand. 1905 wurde der Betrieb ausgebaut, die Produktion auf wasserdichte Planen und Zelte und viele andere Artikel ausgerichtet. Obwohl zwei Arbeiterhäuser errichtet wurden war es schwierig, geeignete Arbeitskräfte zu bekommen. 1908 wurden weitere Arbeiterhäuser gebaut. Es gab für die Bevölkerung in Wiener Neustadt und Umgebung genug Arbeitsmöglichkeiten. Während des Ersten Weltkrieges waren Heer und Marine Hauptabnehmer der Erzeugnisse. Nach dem Krieg konnte erst wieder 1921 eine normale Produktion aufgenommen werden. Die Fabrik beschäftigte damals 130 Arbeiter. 1928 wurde das Wiener Werk der Firma aufgelassen und das Neudörfler Werk stark ausgebaut. Erzeugt wurden Zelte, Plachen, Filter, Regenbekleidung usw. Während des Zweiten Weltkrieges wurde nahezu ausschließlich für die Wehrmacht produziert. 1942 waren insgesamt 413 Personen beschäftigt. Von großen Kriegsschäden blieb die Fabrik bewahrt sodaß der Betrieb sofort nach Kriegsende wieder aufgenommen werden konnte. 1951 waren bereits wieder 350 Angestellte und Arbeiter beschäftigt. In der Folgezeit machten die billige ausländische Konkurrenz und der Kapitalmangel zu schaffen. 1967 ging die Firma in den Ausgleich, Das Fabriksareal erwarb die Firma Röhrig.

Sigmund Lendvay hatte einen Betrieb in Wien, Für den ungarischen Markt begann er 1905 in Neudörfl Uniformartikel (Gold- und Silberschnüre, Behänge, Stickereien, Ordensbänder ...) zu produzieren, 17 Männer und 12 Frauen waren beschäftigt, dazu kamen 15 bis 20 Heimarbeiterinnen.  Zur Ausbildung der heimischen Fachkräfte musste Personal aus der Wiener Fabrik nach Neudörfl gebracht werden. 1913 wurde Johann Maurer als Paertner in die Firma genommen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Produktion wieder aufgenommen, 1922 waren 100 Personen beschäftigt. Bald darauf wurde die Fabrik aber eingestellt.

1908 entstand in Neudörfl die "Erste Ungarische mechanische Putzbaumwollfabrik Brüder Preis", wahrscheinlich in der ehemaligen Möbelfabrik des Samuel Preiß. Die Firma besaß zwei weitere Fabriken, eine davon in Ödenburg. 1917 errichtete die Firma in Neudörfl auch eine mechanische Weberei, In einem ehemaligen Bauernhaus wurden 15 Arbeiterwohnungen errichtet. Es wurden Stoffe für Hemden, Dirndlbekleidung, Tisch- und Handtücher hergestellt. 1922 standen in der Weberei 400 Webstühle, 400 Arbeiter waren beschäftigt. 1936 erwarb die Firma Nagler und Opler den Betrieb, der dann 1939 "arisiert" wurde. Die deutsche Firma B. Rave legte den Betrieb während des Krieges still. Die deutsche Wehrmacht übernahm die Fabrik und benützte sie als Lager. 1943 wurde der Betrieb Teil der Wr, Neustädter Flugzeugwerke. 1944 wurde Neudörfl deshalb bombardiert. 1945 demontierten die Russen alle Maschinen. 1946 entstand eine Türen- und Fensterfabrik. Geschäftsführer war Karl Markon, der später mit der Erzeugung von Büromöbeln begann.

 

Die chemische Industrie

Zündwaren und Dynamit

Ab 1831 stand in Neudörfl/Leitha die älteste und wichtigste Zündwarenfabrik (Zündholzfabrik) ganz Ungarns.Vorübergehend gab es auch in Pinkafeld eine Zündholzfabrik.  Die Eigentümer der Neudörfler Fabrik waren Edler und Wolf, etwa 40 Arbeiter waren beschäftigt. 1862 brannte die Fabrik ab, wurde aber einige Jahre später wieder aufgebaut. Der neue Eigentümer, Johann Knura, beschäftigte 1878 75 Männer, 125 Frauen und 27 Kinder. 1885 wurde die Fabrik an Max Pock aus Wr. Neustadt verkauft. Die Firma hieß nun " Vereinigte Zündwaarenfabrik Wr. Neustadt - Neudörfl a. d. Leitha Max Pock". Es wurden Phosphor- und Schwefelzündhölzer erzeugt. Diese waren giftig und gefährlich, da sie sich leicht entzündeten, aber billiger als die Sicherheitszünder (Schwedenzündhölzer). 1909 wurden mit einer Übergangsfrist bis 1912 die Zündhölzer aus weißem und gelbem Phosphor verboten. 1912 wurde die Zündholzproduktion eingestellt, die Fabrik nach dem Ersten Weltkrieg stillgelegt.  1896 wurde eine Papierbreizünderfabrik gebaut. Sie erzeugte nach einem neuen Verfahren, das in Österreich entwickelt worden war, Zünder mit einem Zündmasseträger aus Papier. Betreiber der Fabrik war die Wiener Firma Herzfelder und Fröhlich. Das neue Produkt kam gut an und konnte auch erfolgreich exportiert werden. 1898 wurden mit 100 Arbeitern täglich 50 000 Schachteln erzeugt. Auch diese Fabrik war aber auf staatliche Unterstützung angewiesen, die ihr gestrichen wurde. So musste die Produktion 1901 eingestellt werden. 1904 wurde die Fabrik von der Firma Elsinger übernommen. Die Wr. Neustädter Firma Elsinger begann 1901 mit der Erzeugung von Zündschnüren. Die Fabrik musste aus Sicherheitsgründen außerhalb des Ortes errichtet werden. 1917 kam es zu einer Explosion, bei der sieben Frauen verbrannten. Auch diese Fabrik wurde nach dem Ersten Weltkrieg stillgelegt, 1931 wurde die Produktion wieder aufgenommen. Von 1949 bis 1968 wurden erneut Zündschnüre hergestellt. , bis 1982 auch Reißverschlüsse. 1901 begann die Firma Bickford u. Co AG mit der Herstellung von Zündschnüren. 1908 entstand die Zündkapselfabrik Viktor Alder in Neufeld. Dieser Fabrik wurde mit höchst merkwürdiger Begründung die staatliche Unterstützung verweigert: Das Ministerium in Budapest argumentierte, die Fabrik stünde zu nahe an der österreichischen Grenze. Während des Ersten Weltkrieges wurde die Produktion stark ausgeweitet, die Zahl der Beschäftigten, meist Frauen, verzehnfachte sich. Nach dem Krieg wurde der Betrieb eingestellt, der Fabriksgrund für Wohnbauten aufparzelliert.

Ein weiterer wichtiger Betrieb der Sprengmittelindustrie war die Dynamitfabrik in Zurndorf. Das gefährliche Nitroglycerin wurde wurde als "Meganit" produziert, als Basis diente Nitrozellulose. Die Fabrik entstand 1887 und wurde von der Firma Wilhelm Schückher errichtet. Jährlich wurden drei Millionen kg Meganit produziert. Immer wieder kam es zu schweren Explosionen, etwa 1888. Das Gebäude konnte rechtzeitig evakuiert werden, wurde aber total zerstört. 1890 kamen drei Frauen bei einer Explosion ums Leben, weitere wurden schwer verletzt. 1891 wurde der Firmenname in "Ungarische Sprengstoff - AG" geändert. 1894 waren 3 Beamte, 45 Arbeiter und 6 Arbeiterinnen sowie 5 Taglöhner beschäftigt. Der Großteil des Sprengstoffes wurde nach Österreich, nach Serbien, Rumänien und später nach Bulgarien exportiert.  1895 erzwangen Absatzprobleme die zeitweise Einstellung. Mit der k.u.k. Pulverfabrik in Blumau erwuchs eine starke Konkurrenz, 1908 wurde ein Exportverbot nach Serbien verhängt, die Balkankriege erhöhten aber den Absatz, die Gewinne waren beachtlich. 1925 übernahm die Ungarische Sprengstoff - AG die Dybamitfabrik in St. Lamprecht. Der Firmenname wurde auf "Österreichische Dynamit Nobel AG" geändert.

 

Medinger und Söhne

Johann Medinger gründete 1841 in Wien eine Firma und errichtete in Simmering, direkt am Wr. Neustädter Kanal, eine Farbholzschneidemühle, die er 1849 nach Gumpoldskirchen verlegte. 1870 kam eine weitere Betriebsanlage in Himberg hinzu, eine chemische Fabrik, die Färberei - Chemikalien und Kupfervitriol erzeugte. Das Kupfervitriol wurde im Weinbau als Spritzmittel verwendet. Medlinger handelte außerdem mit Weinstein. 1880 übernahm Dr. Emil Medlinger den Betrieb. Er hatte in Deutschland Chemie studiert und sich an der Universität Heidelberg habilitiert. Seine Stärken waren die Umsetzung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Produktion, Unternehmergeist und Welterfahrung. Die Firma erlebte einen beachtlichen Aufschwung. 1885 wurde am Standort Neufeld eine neue Weinsäurefabrik errichtet. Die Weinsteinsäure begründete den Weltruf der Firma Medlnger. Eine zweite derartige Fabrik gab es in Ödenburg, von Samuel Lenk betrieben. In Neufeld waren zwei Werkmeister und 25 Arbeiter beschäftigt. 1891 wurde die Erzeugung von chemischen Farbstoffen aufgenommen, 1892 von flüssigem Ammoniak, der in alle Welt exportiert wurde. Die Weinsteinsäureproduktion litt zeitweise unter schlechten Weinernten (Reblauskrise um die Jahrhundertwende). Der Rohstoff Weinstein musste zunehmend aus Italien importiert werden. 1896 wurde die Fabrik stark erweitert, sie war nun eines der größten chemischen Werke Ungarns. 1897 vernichtete ein Großbrand einen Teil der Fabrik. 1902 wurde die Erzeugung schwefeliger Säure aufgenommen´, wie Ammoniak für Kühlanlagen, aber auch für die Zuckerfabriken. Die Fabriksanlage wurde bedeutend erweitert. Medinger pachtete die Neufelder Kohlengrube, musste deren Betrieb aber einstellen. Das größte Problem war zeitweise das hohe Frachtkostenaufkommen auf der Raab - Ödenburg - Ebenfurther Bahn. 1932 übernahm Dr. Robert Medinger die Firmenleitung. Diese hatte er bis 1957 inne. Er war auch Vizepräsident der Wirtschaftskammer Burgenland. Bekannt war die Firma auch für ihre sehr soziale Einstellung gegenüber den Mitarbeitern, etwa durch Errichtung einer Betriebskrankenkasse. Die Himberger und die Gumpoldskirchner Betriebszweige wurden ebenfalls nach Neufeld verlegt. In Gumpoldskirchen wurden die "Österreichisch - ungarischen Sauerstoffwerke" gemeinsam mit der Firma Linde gegründet. Dieser Firmenzweig nahm einen raschen Aufschwung. In Neufeld kamen immer mehr Produkte hinzu, etwa die Erzeugung von Salmiakgeist. 1908 waren unter Direktor Franz Jungst 120 Arbeiter beschäftigt. Der Erste Weltkrieg brachte zwar die Exporte in die Balkanländer völlig zum Erliegen, die Kriegsproduktion schuf aber Ersatz. Nach dem Anschluss an Österreich musste die Fabrik vorübergehend stillgelegt werden. Ab 1938 machte die deutsche Konkurrenz zu schaffen. Nach 1945 konnte die Produktion bald wieder aufgenommen werden. Das Werk stand  unter der Leitung von Eduard Medinger, der auch Generalrat der Österreichisch - Ungarischen Bank war.  Ihm folgte Ing. Dr. Robert Medinger, ab 1957 Ing. Gustav Rausch. Seit 1972 ist Dipl. Ing. Dr. Werner Frantsits Inhaber der Firma.

Weitere chemische Fabriken waren eine Asphalt- und Bitumenerzeugung, die 1911 von der "Preßburger Dachpappen-, Holzzement-, Asphalt- und Isolierplattenfabrik K. C. Menzel" in Kittsee errichtet wurde. Sie war bis zum Ersten Weltkrieg in Betrieb. In Eisenstadt bestanden eine Kunsteisfabrik und schon vor 1890 eine Fabrik zur Erzeugung von Weinsteinsäurekristallen der Firma M. D. Schönwald und Comp. 1907 wurde die letztere der Firma Gschwindt aus Budapest verkauft.

 

 

 

 

Grafik / Karte

industriebis1914 

Industriestandorte 1859 bis 1914.

 

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Quellen

  • Hahnenkamp Hans, Die burgenländische Industrie. 2. Teil (1885 - 1921). Großpetersdorf 1994
 

 

 

 
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