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Schon am 4. April 1945, also kurz nach der Besetzung durch die Sowjetarmee, wurde in Eisenstadt Prof. Elek-Eiweck von der Besatzungsmacht als Bürgermeister eingesetzt. Lorenz Schöfböck und Josef Schwendenwein sowie Fritz Robak aus Steinbrunn eröffneten ein provisorisches Bezirkssekretariat und nahmen, sobald dies möglich war, Verbindung mit Wien auf. Am 11. April, als noch die Schlacht um Wien tobte, kam es zu einem Treffen in Walbersdorf zwischen Lorenz Karall und Simon aus Mattersburg mit den Sozialdemokraten Dr. Ernst Hoffenreich, Rechtsanwalt in Sauerbrunn, und Josef Buchinger, Elektromeister in Marz. Sie gründeten ein "Provisorisches Landeskomitee". Am 13. April wurde im Wiener Rathaus die Sozialistische Partei gegründet, am 15. April der Österreichische Gewerkschaftsbund. In den Dörfern des Nordburgenlandes nahmen - zumeist von der Besatzungsmacht eingesetzte - Bürgermeister ihr Amt auf. So etwa fand am 20. April in Mattersburg die erste Sitzung eienes Provisorischen Gemeinderates statt.

Ernst Hoffenreich wurde von Karl Renner, der von den Sowjets mit der Bildung einer provisorischen Regierung beauftragt worden war, mit der Organisation einer sozialistischen Partei im Burgenland betraut. Im Eisenstädter Gemeinderat war Alois Wessely tätig, der Verbindung zum neuen Präsidenten des ÖGB, Johann Böhm, aufnahm. Wesely bot sich an, die Gewerkschaft im Burgenland zu organisieren. In die Renner-Regierung wurde der burgenländische Kommunist Dipl. Ing. Möldlagl als Unterstaatssekretär berufen. Mödlagl war in Niederösterreich Landeshauptmannstellvertreter.

Am 13. Mai beschloss die Staatsregierung eine "Vorläufige Verfassung", die die Aufteilung des Burgenlandes auf Niederösterreich und die Steiermark beibehielt. Im Burgenland erhob sich dagegen Widerstand, etwa als Landeshauptmann Figl Eisenstadt besuchte. Auch der provisorische "Landesausschuss", dem nunmehr auch Dr.Karl Posch, im Ständestaat Landesrat, angehörte, protestierte. Ebenfalls in den Landesausschuss aufgenommen wurden die beiden Kommunisten Michael Pinter und Franz Michalitsch. Vor allem Oskar Helmer war zunächst für die Beibehaltung der Aufteilung. Am 6. August befasste sich der Parteivorstand mit der Frage. Eine Vertrauensmännerkonferenz in Eisenstadt verfasste eine Resolution, in der die Forderung nach Wiederherstellung des Landes erhoben wurde.Interessant ist, dass in dieser Resolution auch die Forderung nach einem Anschluss Ödenburgs an das Burgenland erhoben wurde - eine Idee, die später von Leser vehement verfochten wurde. Anscheinend gab es aber auch Stimmen, die den Wünschen der Niederösterreicher entgegen kamen und die nicht gegen die Bundespartei handeln wollten. Hoffenreich erreichte zunächst die Zustimmung zur Gründung einer selbständigen Landesorganisation der SPÖ. Am 29. August verabschiedete der Kabinettsrat das Verfassungsgesetz, das die Wiedererrichtung des Burgenlandes mit 1. Oktober 1945 vorsah. Entscheidend waren aber nicht die Proteste der Burgenländer, sondern der Wille der Besatzungsmacht. Das gesamte Burgenland war ja der sowjetischen Besatzungszone zugesprochen worden.

Ende Mai wurde in der Arbeiterkammer in Eisenstadt eine erste Bezirkskonferenz der SPÖ abgehalten, an der bereits Vertreter aus dem ganzen Land, vor allem aber aus dem Nordburgenland, teilnahmen. Verspätet traf auch Dr. Adolf Schärf ein. Alois Wessely bereiste anschließend das ganze Land und versuchte die Partei vor allem im Südburgenland zu organisieren. In Oberwart übernahm Franz Asboth eine wichtige Rolle. Er hatte lange Zeit als Maurerpolier in der Sowjetunion gearbeitet. Von den Spitzenfunktionären aus der Zwischenkriegszeit war nur Hoffenreich im Land. Leser war noch in Prag, Ignaz Till kehrte eben aus dem KZ zurück ( er war nach dem 20. Jili 1944 verhaftet worden und wurde nach Dachau eingeliefert) und Hans Bögl amtierte als Bürgermeister in Ybbs. Neben Asboth konnten erste Funktionäre in der Mitte und im Süden rekrutiert werden: Johann Glaser aus KLostermarienberg, in Pinkafeld Fiedler und Stampf, in Rechnitz Hofer und in Güssing Wolfer. Die Führung der Partei übernahm nach seiner Rückkehr Ignaz Till. An der Konferenz am 5. August hatten auch schon Paul Rosenberger aus Deutsch Jahrndorf und Stefan Billes teilgenommen. Billes mit dem ersten Transport nach dem Anschluss an das Dritte Reich nach Dachau gekommen. Er war nach seiner Freilassung als Bauschreiber in Vorarlberg tätig. Am 1. August wurde er mit der provisorischen Leitung des Landesparteisekretariates betraut.

Im August kehrte auch Ludwig Leser aus Prag zurück. Er wurde von vielen Parteimitgliedern mit Begeisterung, von den Funtionären hingegen mit großer Reserve begrüßt. Am 12. September 1945 wurde Leser zum Landeshauptmann bestellt, wobei sich besonders Karl Renner für ihn einsetzte. Landeshauptmannstellvertreter wurden Lorenz Karall von der ÖVP und Mödlagl von der Kommunistischen Partei. Mitglieder der provisorischen Landesregierung wurden Johann Bauer, Anton Frisch und Johann Wagner von der ÖVP, Ignaz Till und Alois Wessely von der SPÖ und Vinzenz Börocz von der KP. Mit der Bestellung Bauers gelang es der ÖVP, viele Spitzenfunktionäre des früheren Landbundes auf die Seite der ÖVP zu ziehen. Ignaz Till starb am 14. Oktober 1945, Hans Bögl trat an seine Stelle. In der SPÖ bestand eine tiefreichende Spaltung, vor allem zwischen Leser und Bögl auf der einen und Alois Wessely auf der anderen Seite. Wessely war vehement gegen die Rückkehr der beiden in die burgenländische Politik. Till war auch Landesparteivorsitzender. Um einen eskalierenden Konflikt zwischen den beiden Gruppierungen zu vermeiden wurde in einer Landeskonferenz am 21. Oktober Alexander Stangl aus Pöttsching zum Landesparteivorsitzenden gewählt. Im Parteivorstand saßen nun Stangl, Leser, Bögl, Wessely, Hoffenreich, Schöfböck, Billes, Schwendenwein, Rosenberger, Robak, Parise (Pöttsching), Franz Glockner (Neusiedl/See), Johann Glaser (Klostermarienberg), Franz Asboth (Oberwart), Anton Proksch, Stefanie Masek (Neufeld, Schwester Bögls), Hilde Borik (Wienerin, war vor 1934 Angestellte des Landesparteisekretariates). Zum erweiterten Vorstand gehörten Leopold Neumann (Kittsee), Anton Lipkovits (Klingenbach), Johann Pinter (Schattendorf), Karl Bernecker (Neudörfl), Franz Kramer (Güssing), Franz Fiedler (Pinkafeld), Hans Baldauf (Bernstein) Josef Schürmann (Jennersdorf) und Stefan Barischitz (Siegendorf). Auf der burgenländischen Liste zum Nationalrat fanden sich auf den ersten beiden Plätzen die Wiener Gewerkschafter Johann Böhm und Anton Proksch.

Die Wahlen fanden am 25. November statt. Die SPÖ erhielt 45 % der Stimmen und 14 Landtagsmandate, die ÖVP 61,7 % und 17 Mandate, die Kommunisten erhielten ein Mandat. Landeshauptmannstellvertreter wurde Ludwig Leser. Der Konflikt mit Wessely über die zukünftige Politik aber trat erneut zu Tage. In den Nationalrat zogen neben Proksch und Böhm, Leser und Rosenberger ein. Leser überließ sein Mandat dem Siegendorfer Bürgermeister Springschitz. Am 13. Dezember fand die konstituierende Sitzung des Landtages statt. Von den 32 Abgeordneten konnten - wegen der schlechten Wetterverhältnisse - nur 17 erscheinen! Der Landesregierung gehörten Leser, Wessely und Bögl an. Es gelang den Sozialisten, sich entscheidende Kompetenzen zu sichern: Finanzen, Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Kunst und den Straßen- und Hochbau.

Die wirtschaftliche Situation war sehr schwierig. Die Lebensmittelversorgung in den Industrieorten, etwa in Neudörfl, war prekär, in Neufeld gab es im Feber 1946 Warnstreiks. Besonders beängstigend waren die zahlreichen Gewalttaten, 1945/46 gab es vierzig Mordfälle, dazu Raub- und Plünderungszüge aus Ungarn. In viele Gewalttaten, etwa in Horitschon, waren Angehörige der Besatzungsmacht verwickelt. Kritik an der Besatzungsmacht aber war gefährlich. Hans Bögl, der Herausgeber der Burgenländischen Freiheit (BF) prangerte am 15. Juni 1946 die "unhaltbaren Sicherheitsverhältnisse" an und schrieb über "unbekannte Täter in russischer Uniform". Er wurde am 10.Juli 1946 verhaftet und in den folgenden sechs Wochen immer wieder verhört. Ein Militärgericht verurteilte ihn zu drei Jahren Zwangsarbeit - ein Jahr auf Bewährung ausgesetzt. Die Affäre erregte große Aufmerksamkeit, Figl und Schärf intervenierten bei den Russen. Schärf legte Bögl nahe, die sowjetische Zone zu verlassen, was Bögl ablehnte.

Leser war in der "Ödenburg-Frage" sehr aktiv. Er glaubte anscheinend an eine reale Chance. Damit verbunden war auch das Problem der Ansiedlung der Vertriebenen. Die deutsche Bevölkerung aus Ödenburg und den Dörfern der Umgebung, insgesamt etwa 16 000 Menschen, wurde im Frühkehr 1946 aus ihrer Heimat vertrieben. Nur wenige bekamen die Möglichkeit, im Burgenland ansässig zu werden. Sie wurden zwangsweise in die Westzone Deutschlands verbracht. Leser wurde in seinen Bemühungen um Ödenburg in Wien nicht sehr ernst genommen.

Am 20. März 1946 wurde Alexander Stangl von einem LKW der Besatzungsmacht getötet. Leser wollte Landesparteiobmann werden und wurde dabei von Bögl unterstützt. Er konnte sich gegenüber Wessely jedoch nicht mehr durchsetzen. "Wessely vertrat eine pragmatische Politik, die fast ausschließlich auf eine wirtschaftliche Zielsetzung hin orientiert war. Wessely fehlte die Weltläufigkeit, der politische Intellekt und die Großzügigkeit Lesers, aber er war überaus fleißig und in seinen Arbeitsbereichen sehr durchschlagkräftig. In der Partei hielt er die Zügel fest in der Hand". (Fred Sinowatz, Aufbruch an der Grenze).

Wessely war maßgebend am Wiederaufbau der burgenländischen Gebietskrankenkasse beteiligt und forderte immer wieder eine eigenständige Arbeiterkammer für das Burgenland. Die Parteiorganisation wurde besonders im Süden des Landes ausgebaut. Jeder Bezirk erhielt ein Parteisekretariat. Bezirkssekretäre waren Hans Stepanek in Neusiedl, Josef Schwendenwein in Eisenstadt, Josef Steiger in Mattersburg, Hans Steiner in Oberpullendorf, Hans Baldauf in Oberwart, Karl Kedl in Güssing und Mathias Hatvan in Jennersdorf. Nach dem Tod Stangls und dem Ausscheiden Hilde Boriks kamen Stefan Kettner und Josef Schilawetz (aus Rax im Jennersdorfer Bezirk) in den Landtag.

Am 30 Oktober 1946 starb überraschend Ludwig Leser im Alter von 57 Jahren und wurde in Neudörfl in Anwesenheit der gesamten politischen Prominenz des Landes bestattet. Wessely wurde nun auch Landeshauptmannstellvertreter. Ludwig Perschy aus Halbturn wurde Landesrat, nach heftigen parteiinternen Auseinandersetzungen. Lesers Landtagsmandet übernahm der Schattendorfer Michael Pinter. Am 1. Dezember 1946 fand ein Landesparteitag statt. Wessely kündigte den Ausbau der Nord-Süd-Verbindung an. Diskutiert wurden die "Entnazifizierung", die Bodenreform und die Schulfrage. Die Partei hatte damsl etwa 14 000 Mitglieder. Für die Fortbildung der Funktionäre stand bereits eine Landesparteischule im Eisenstädter Schloss zur Verfügung. 1947 betrug die Mitgliederzahl bereits 16 000, in 261 Gemeinden gab es 1800 "Vertrauenspersonen". Nahezu alle sozialistischen Organsationen entstanden in dieser Zeit: die Sozialistische Jugend, der Arbeiterbauernbund, der Freie Wirtschaftsverband und die Kinderfreundeorganisation. Neue, bald maßgebende Funktionäre waren Albin Dostal, der aus der englischen Emigration zurückkehrte, und Hans Wastl, Sekräter des Wirtschaftsverbandes und Zukunftshoffnung der Partei. Im Dezember 1947 wurde in einem Bericht über Kobersdorf erstmals Theodor Kery erwähnt. Hans Schnabl aus Kobersdorf war Amtsstellenleiter der Arbeiterkammer. Fritz Szenkuröck und Franz Babanitz stießen zur Partei. An innerparteilichen Spannungen mangelte es freilich trotz aller Erfolge nicht. Asboth geriet in gegensatz zur Landesparteileitung und musste sein Mandat zurücklegen. Neuer Bezirksobmann in Oberwart wurde Franz Bezucha, Bildungsreferent Hans Krutzler.

Im Verhältnis der SPÖ zu den Kroaten tauchten erste Probleme auf. Ende Jänner 1947 bereitete Landeshauptmann Karall eine "Kroatenkonferenz" vor. Die Sozialisten meldeten sich zu Wort. Sie sahen in den gewählten Mandataren in den Gemeinden die einzigen legitimen Vertreter der Volksgruppe. Vor allem Fritz Robak profilierte sich als sozialistischer Kroatensprecher im Landtag. Großen Erfolg hatten die Sozialisten bei den ersten Betriebsratswahlen. Sie errangen 87 % aller Mandate und setzten sich dabei gegenüber der kommunistischen Konkurrenz klar durch. Die Kommunisten wurden massiv durch die Besatzungsmacht unterstützt, die ja in vielen Betrieben, die als "deutsches Eigentum" beschlagnahmt worden waren, das Sagen hatten. Besonders unangenehm war, dass die Esterhazysche Güterdirektion in Eisenstadt in den Händen der Russen war. Diese konnten über die Vergabe von Pachtgründen besonderen Druck ausüben. Die Gefahr war damals groß, dass auch in Österreich so wie in seinen östlichen Nachbarländern eine Volksfrontstrategie eingeschlagen wurde. SPÖ-Zentralsekretär Scharf vertrat eine kommunistenfreundliche Politik. Er wurde im Oktober 18848 aus der Partei ausgeschlossen. Seine linkssozialistische Partei kandidierte gemeinsam mit den Kommunisten. Im Burgenland fand diese Richtung wenig Resonanz, schadete der SPÖ jedoch erheblich. Der Partei wurde von der ÖVP immer wieder ihre planwirtschaftlichen Wirtshaftsmaßnahmen vorgeworfen. Am 21. April 1948 wurden die "minderbelasteten" ehemaligen Nationalsozialisten von den ihnen auferlegten "Sühneleistungen" befreit. 482 000 Personen bekamen das Wahlrecht. Beide Großparteien bemühten sich um diese Stimmen.

1948 wurde die autonome burgenländische Arbeiterkammer geschaffen. Erster Präsident wurde Friedrich Szenkuröck. In der Wirtschaftpolitk wurden Maßnahmen gesetzt, die von der ÖVP heftig kritisiert wurden und die sich zum Teil bald als nicht sehr erfolgreich entwickelten. Im Juni 1048 wurde das Ritzinger Braunkohlebergwerk errichtet, kurz darauf das Basaltwerk am Pauliberg. Die ersten Maßnahmen zum Wiederaufbau von Bad Tatzmannsdorf wurden gesetzt und mit dem Bau einer Lungenheilstätte auf dem Hirschenstein begonnen.

Am Landesparteitag am 23./24. August war man für die bevorstehenden Wahlen voller Zuversicht. Neue Kandidaten für den Landtag waren Stefan Billes. Ludwig Parise, Karl Duh (Jennersdorf) und Paul Weiß (neusiedl). Auf der Kandidatenliste tauchten auch Kery, Hans Krutzler, Franz Kurz aus Deutsch Kaltenbrunn, Franz Müller aus Güssing auf. Auf der Nationalratsliste kandidierten neben Böhm, Proksch und Rosenberger Dr. Hans Buchner und Albin Dostal, der inzwischen die Redaktion der BF übernommen hatte. Perschy schied krankheitshalber aus der Regierung aus, an seine Stelle trat Heinrich Knotzer aus Pöttsching, der Sekretär der damals noch wichtigen Landarbeitergewerkschaft.

Das Wahlergebnis von 1949 war dann aber für die SPÖ sehr enttäuschend. Es gelang der ÖVP, die Angst weiter Teile der Bevölkerung vor einer zu starken Linken zu mobilisieren. Dazu trug auch Wessely durch eine ungeschickte Rede am Parteitag bei: "Die Sozialisten wollen ein rotes Burgenland in einem roten Österreich". Man darf dabei nicht vergessen, es war die Zeit, als der "Eiserne Vorhang" entstand. Riesigen Erfolg hatte der nunmehr zur Wahl angetretene Wahlverband der Unabhängigen (WdU). Im Nationalrat konnte er auf Anhieb 16 Mandate gewinnen. Bei den Landtagswahlen im Burgenland verlor die SPÖ 4,5 % der Stimmen, die ÖVP gewann ein Mandat dazu und baute ihre absolute Mehrheit aus. Der WdU zog mit einem Mandat in den Landtag ein. Die SPÖ verlor auch einen Regierungssitz, Wessely und Bögl konnten aber ihre wichtigen Kompetenzbereiche behaupten. Karall wurde auch mit den Stimmen der SPÖ zum Landeshauptmann gewählt. Mit dem WdU - Abgeordneten Adalbert Görcz bekam der Landtag erstmals eine oppositionelle Stimme. Er trat vor allem gegen Wessely auf und zeigte die Schwäche von dessen Wirtschaftsprojekten schonungslos auf.

Im Oktober 1950 drohte im Gefolge der Preissteigerungen mit dem 4. Lohn- und Preisabkommen ein Putsch der Kommunisten. Am 30. September forderte eine gesamtösterreichische Betriebsrätekonferenz die Rücknahme des Lohn-Preis-Abkommens, die große Kraftprobe begann. Die Kommunisten riefen zum Streik auf, es kam zu tätlichen Auseinandersetzungen. Die Regierung konnte sich aber schließlich, nicht zuletzt mit Hilfe der Bauarbeiter aus dem Burgenland, die den Weisungen der SPÖ folgten, behaupten. Am 5. Oktober brach die Streikbewegung zusammen.

Am 26. November 1950 gab es die ersten Gemeinderatswahlen nach dem Krieg. Die SPÖ stellte 120 Bürgermeister und 148 Vizebürgermeister. Die Kommunisten verloren alle - zumeist noch von der Besatzungsmacht eingesetzten - Bürgermeister, Stadträte und die meisten Gemeinderäte. Erste wirtschaftliche Erfolge waren zu verzeichnen, neue Arbeitspkätze im Hochbau (Amtsgebäude, Schulen) und im Straßenbau geschaffen. Der Landesparteitag 1952 hatte das Motto "Für Vollbeschäftigung uns Sicherung des Arbeitsplatzes". Die Betriebsansiedlungspolitik hatte noch keinen Erfolg. kein Unternehmen wollte in die russische Besatzungszone gehen. Ein riesiges Problem war die Winterarbeitslosigkeit der Bauarbeiter.
Am 1. Oktober 1951 wurde Hans Wastl Landesparteisekretär, im Dezember übernahm Theodor Kery das Landtagsmandat von Johann Glaser. In den bezirken wurden neue Funtionäre aktiv wie Hilde Pleyer, Anni Pöpperl und Stefan Trenowatz. Karl Markon, Industrieller aus Neudörfl, übernahm den Freien Wirtschaftsverband. Am Landesparteitag im Mai 1952 konnte eine Mitgliederzahl von über 20 000 vermeldet werden.

Im Herbst 1952 scheiterte die Koalition in Wien, die Neuwahl wurde für den 22. Feber 1953 angesetzt. Der Burgenländische Landtag schloss sich der Neuwahl an. An wählbarer Stelle waren fanden sich nun Franz Bezucha und die beiden Bauern Alfred Weichselberger aus Drumling und Stefan Trenowatz aus Klostermarienberg, Hoffenreich kandidierte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. Auf der Nationalratsliste war Franz Probst an vierter und Albin Dostal an fünfter Stelle. Probst profilierte sich immer mehr als kulturpolitischer Sprecher der Partei. Im Burgenland gewannen die Sozialisten 4 % der Stimmen, ein Landtagsmandat und den dritten Regierungssitz. Die ÖVP verlor 4 % und damit erstmals die absolute Stimmenmehrheit. Im Landtag hatte die ÖVP nun 16, die SPÖ 14, der WdU 1 Mandate und auch die Kommunisten erreichten wieder ein Mandat. Albin Dostal wurde drittes sozialistisches Regierungsmitglied. Wastl erhielt ein Landtagsmandat und wurde zweiter Landtagspräsident. Die Regierungsverhandlungen dauerten bis Ende April. Es ging dabei vor allem um den Wunsch - vor allem der Sozialisten . nach einer eigenen Landeselektrizitätsgesellschaft. Karall war davon wenig begeistert. Auch in der Frage des Wiederaufbaues von Bad Tatzmannsdorf gerieten sich die beiden Regierungsparteien in die Haare. Wessely war für die Übernahme durch das Land und konnte sogar ERP-Gelder flüssig machen. Die ÖVP setzte die Verpachtung an einen Privaten durch, der aber bald pleite ging. Schließlich übernahm das Land die Kuranöagen in Form einer Aktiengesellschaft. Am 2. August 1958 konnten die Anlagen feierlich eröffnet werden.

Mit Dr. Gerald Mader, der die Kanzlei Hoffenreichs in Mattersburg übernahm, Dr. Helmut Vogl und Dr. Heinz Kapaun, beide Referenten in der Arbeiterkammer, kamen junge Akademiker in die Partei, die bald wichtige Rollen übernehmen sollten. Ebenfalls noch 1953 wurde Dr. Fred Sinowatz Sekretär von Albin Dostal. Am 21. November 1954 fanden Gemeinderatswahlen statt, die SPÖ gewann 44 Mandate dazu und stellte nun 124 Bürgermeister. Am Tag der Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15, Mai 1955 hilet die SPÖ Burgenland ihren Landesparteitag in Neufeld ab. Die Delegierten forderten erneut eine Landesenergiegesellschaft, den Ausbau der Nord-Süd-Verbindung und Btriebsansiedlungen. Vom Bund verlangte man mehr Hilfe für das Land. Mit dem Abzug der Russen wurde auch die Frage des Großgrundbesitzes und der Bodenreform aktuell.

Am 13. Mai 1956 fanden vorgezogene Nationalratswahlen statt. Auch das Burgenland wählte wieder einen neuen Landtag. Auf Bundesebene fuhr die ÖVP einen großen Erfolg ein. Im Land konnten die Sozialisten leicht dazugewinnen und ein weiteres Mandat bekommen. Die neue Freiheitliche Partei gewann ebenfalls ein Mandat. Im Landtag stand es nun 16 :15 : 1.Innerparteilich begann eine Zeit der Turbulenzen und der zunehmenden Unzufriedenheit mit Wessely und dessen Personalpolitik. Landeshauptmann wurde nach Karalls Rücktritt Johann Wagner. Karall wurde Landtagspräsident und Präsident der Handelskammer. In die Landesregierung zog Josef Lentsch ein, der Agrarlandesrat Johann Bauer wurde von Reinhold Polster abgelöst. In der SPÖ musste Dostal seinen Regierungssitz an den Gewerkschafter Billes abtreten. Bögl wurde das Finanzreferat entzogen und dieses an Billes übertragen. Der Konflikt zwischen Wessely und Bögl wurde immer heftiger. 1958 wollte Bögl zurücktreten, ließ sich aber umstimmen. 1959 zog er in den Nationalrat ein. Aus der Landesregierung schied er aus, sein Nachfolger wurde Heinrich Knotzer. Das Kulturreferat, dem Bögl große Aufmerksamkeit gewidmet hatte und das er sehr erfolgreich leitete, übernahm der dafür wohl kaum geeignete Billes.

In der Bodenreformfrage, die mit der erfolgreichen Flucht Paul Esterhazys aus Ungarn eine neue Aktualität gewann, konnte die SPÖ ihre alte Forderung zwar nicht durchsetzen, es konnten aber die Rechte der bisherigen Pächter verteidigt werden und in einer geförderten Grundaufstockungsaktion etwa 7000 ha Ackerland von burgenländischen Bauern erworben werden. Die Bodenreform trat in der Folgezeit in den Hintergrund, da mit dem großen Strukturwandel, der Abwanderung aus der Landwirtschaft, die Frage nicht mehr so wichtig war. Die SPÖ konnte sich aber als Beschützerin der Kleinstbauern darstellen und bei den ersten Landwirtschaftskammerwahlen immerhin 29 % der Stimmen erlangen. In der Frage der eigenen Elektrizitätsgesellschaft musste man sich zunächst mit der formalen Gründung der BEWAG im Juni 1958 zufrieden geben. Die Gemeinderatswahlen am 23. November 1958 brachte erneut leichte Gewinne. Am 10. Mai 1969 gab es vorgezogene Nationalratswahlen. Die ÖVP verlor im Burgenland erneut fast 5000 Stimmen, der Abstand zur SPÖ verringerte sich auf 1202 Stimmen. Der SPÖ-Stimmenanteil lag bei 46,5 %. Wessely war der Überzeigung, bei der nächsten Landtagswahl die Mehrheit erreichen zu können. Auf dem Landesparteitag Ende Oktober in Mattersburg zogen Matthias Pinter, neuer Bürgermeister von Schattendorf, und die Bezirksparteiobmänner von Güssing und Jennersdorf, Franz Müller und Sepp Medl, in das Leistungsgremium ein. Der Bericht Wesselys war optimistisch, aber ohne Vision und auch ohne längerfristige Konzeption. Weiter wie bisher war das Motto.Das Wahlprogramm war dann entsprechend fantasielos. Die ÖVP hingegen konnte einen relativ modernen Wahlkampf führen. Der Konflikt zwischen Wessely und Bögl, an dessen Stelle nunmehr Anton Proksch trat, wurde heftiger. Wessely drohte mit Rücktritt, die ÖVP drohte für den Fall eines Sieges der SPÖ mit dem Nichtburgenländer Proksch als Landesghauptmann. Die Wahl fand am 10. April 1960 statt. Der Abstand zwischen den Parteien wurde wieder größer, Wessely konnte sein Ziel nicht erreichen. Der Mandatsstand blieb bei 16 : 15 :1. Das hatte natürlich ein neuerliches Aufbrechen der Gegensätze in der Partei zur Folge, bis an den Rand der Parteispaltung. Zwei Wochen nach der Wahl schlug Proksch vor, Hans Bögl als Landeshauptmannstellvertreter zu nominieren. In einer geheimen Abstimmung konnte Wessely mit 14 : 12 Stimmen noch einmal die Mehrheit erringen. Heinrich Knotzer fand keine Mehrheit, an seiner Stelle wurde Wastl gewählt. Und auch der Vorschlag, Theodor Kery als 2. Landtagspräsidenten zu wählen, fand Gegenstimmen. Kery gehörte zu den Anhängern Wesselys. Die Regierungsbildung zog sich - nicht zuletzt wegen der Probleme in der SPÖ - über drei Monate hin.

Am 21. Juli griff die Bundespartei in die burgenländischen Querelen ein. Bruno Pittermann entschied schließlich den Streit zugunsten Bögls, der Landesparteiobmann wurde. Wastl wurde als Landeshauptmannstellvertreter vorgeschlagen, Knotzer neben Billes als Landesrat. Wessely schied schwer enttäuscht und überaus verbittert aus seinen Funktionen aus. Neuer Landesparteisekretär wurde Michael Kracher und das neue Parteihaus in der Permayerstraße konnte bezogen werden. Am 11. und 12. März 1961 fand in Neufeld der Landesparteitag statt, der ganz im Zeichen von 40 Jahre Burgenland stand und auf dem die SPÖ ihr Selbstbewusstsein demonstrierte, ebenso wie dann im Herbst mit einer großen Jubiläumskundgebung und einer "Festakademie" im Eisenstädter Schloss. Am 10. Dezember 1962 wurde Bögl zum Landeshauptmannstellvertreter gewählt, Wastl ging in den Nationalrat.Er zog sich aber bald aus der Politik zurück und wurde Direktor der Burgenländischen Gebietskrankenkasse. Knotzer musste Theodor Kery als Landesrat weichen und wurde zweiter Landtagspräsident. Fred Sonwatz übernahm von Kracher, der erkrankt war, die Führung des Landesparteisekretariates. Kapaun wurde Direktor der Arbeiterkammer. Dostal ging in Pension, Franz Probst wurde Redakteur der BF. Gerhard Frasz wurde Landesobmann der Sozialistischen Jugend, Karl Stix war deren Landessekretär. Es gelang Bögl, die Gegensätze in der Partei einigermaßen zu überbrücken. Die Berufung Kerys in die Regierung war dafür ein Signal.

Die Wahlen von Ende 1962 - Nationalrats- und Gemeinderatswahlen - brachten nur geringfügige Änderungen. In den Gemeinden fand allmählich ein Generationswechsel statt. Neue Bürgermeister waren Joseph Mayer in Siegendorf, Josef Posch in Neudörfl, Franz Resch in Neutal, Matthias Pinter in Schattendorf, Emmerich Koller in Kemeten, Willi Holper in Ollersdorf, Franz Böröczky in Kittsee und Franz Pomper in Rotenturm. Ebenfalls kaum Veränderungen brachten die Landwirtschaftskammerwahl und die neuerliche Wahl von Schärf zum Bundespräsidenten.

Die nächste Landtagswahl wurde sorgfältig vorbereitet. Einfache Argumente wurden bewusst ständig wiederholt. Dahinter stand aber ein "Entwicklungskonzept", das von Sinowatz und Vogl erarbeitet worden war und unter dem raffiniertem Titel "Für ein schöneres Burgenland" stand. Das Konzept demonstrierte Selbstbewusstsein und wurde auch geschickt in der Öffentlichkeit präsentiert. Im Landtag demonstrierte man Sachlichkeit und Seriosität, zum einzigen FPÖ - Abgeordneten pflegte man ein gutes Verhältnis, da man seiner vielleicht bedurfte. Ein Angebot der Kommunisten zur Zusammenarbeit wurde sofort zurück gewiesen. Nach außen hin zeigte man Bereitschaft, sich kompromisslos für das Land einzusetzen, etwa als der Verfassungsgerichtshof ein Urteil zu ungunsten der BEWAG fällte.
Am 22. März 1964 fand die Landtagswahl statt. Die SPÖ gewann 4540 Srimmen dazu und hatte damit die Mehrheit. Sowohl ÖVP wie auch FPÖ mussten starke Verluste hinnehmen. Im Landtag hatte die SPÖ 16, die ÖVP 15, die FPÖ 1 Mandat. Hans Bögl wurde erster sozialistischer Landeshauptmann des Burgenlandes.
 

Unter Landeshauptmann Bögl
Die Gründe für den beachtlichen Wahlsieg 1964 waren natürlich vielfältig. Lentsch, der Gegenkandidat, war in der entscheidenden Wahlkampfphase krankheitsbedingt ausgefallen. Die SPÖ war hervorragend organisiert und in jedem Dorf vertreten, ihre Bürgermeister hatten mit der Industrieansiedlung einige Erfolge aufzuweisen. Entscheidend war aber der gesellschaftliche Strukturwandel. Immer mehr Burgenländer wurden nun Arbeiter und Angestellte und gaben ihre kleine Landwirtschaft auf bzw. führten diese als Nebenerwerbsbetriebe. Sie fühlten nicht mehr als Bauern. Auch der neue Kurs der SPÖ, der offene Kirchenfeindschaft und Konflikte mit der Kirche vermied, wirkte sich aus. Fred Sinowatz schrieb zum Wahlerfolg: " Es wurde im Burgenland kein Wunder bewirkt, sondern mit großem Einsatz für die Menschen gewirkt. Wohl stimmt es, dass der Wind günstig gewesen ist, aber das Entscheidende war doch, dass die burgenländische SPÖ die Segel richtig zu setzen vermochte und so den günstigen Wind auch zu nützen verstand." (Sinowatz-Schlag-Feymann: Aufbruch an der Grenze, S. 189)

Im Landesparteivorstand vom 13. April 1964 wurde Sinowatz zum ersten, Knotzer zum dritten Landtagspräsidenten nominiert. Die Bundesratsmandate bekamen Franz Bezucha und der Oberpullendorfer Arzt Dr. Zimmermann. Die Parteienverhandlungen zur Regierungsbildung zogen sich bis Anfang Juni hin. Ein umfangreiches Arbeitsprogramm wurde beschlossen - Wirtschaftsförderungsgesetz, Fremdenverkehrsgesetz, Landesraumplanungsgesetz usw. Eine Pädagogische Akademie wurde von beiden Parteien befürwortet, in Neusiedl und Jennersdprf sollten neue musisch-pädagogische Gymnasien entstehen. Gemeinsam wollte man auch für die Führung der Südautobahn durch das Burgenland und für eine Schnellstraße Wien - Eisenstadt eintreten. Im Parteienübereinkommen wurden auch die Landesbetriebe "aufgeteilt", vor allem die Vorsitzenden in den Aufsichtsräten: Die BEWAG und die Pauliberggesellschaft sowie eine damals noch bestehende Erdölgesellschaft wurden "rot", die Kurbad Bad Tatzmannsdorf - Gesellschaft und das Fernheizwerk Pinkafeld "schwarz". Das Parteienübereinkommen schien zunächst zu scheitern, da man sich in der wichtigsten Frage nicht einigen konnte: die Lehrerfrage. Beiden Parteien war bewusst, wie eminent wichtig der Einfluss auf die Einstellung und die Zuteilung der Lehrer war, stellten diese doch einen Großteil der Parteifunktionäre. An sich war die Personalkompetenz über die Lehrer beim Landeshauptmann. Dieser hatte sie jedoch intern an den ja ebenfalls von der ÖVP gestellten Schulreferenten abgetreten. Nun war der Landeshauptmann rot und nahm die Personalkompetenz in Anspruch. Die ÖVP war nicht bereit, in dieser Frage nachzugeben. So verlief die Landeshauptmannwahl - Bögl wurde mit der Stimme des FPÖ - Abgeordneten gewählt - sehr turbulent. Als Bögl seine Rede hielt verließen ÖVP- Abgeordnete und Regierungsmitglieder den Saal. In der Schulfrage kam es dann aber doch noch zu einem Kompromiss. Die Personalkompetenz blieb beim Landeshauptmann, er betraute jedoch den Schulreferenten Tinhof von der ÖVP mit dieser Kompetenz, wobei aber Landesrat Kery von der SPÖ allen Maßnahmen zustimmen musste. Es wurde also in Schulangelegenheiten der totale Proporz eingeführt. Am 7. Juli trat die ÖVP dem Regierungsübereinkommen bei.

Die wohl wichtigste Neuerung war ein radikales Umdenken in der Budgetpolitik. 1965 wurde erstmals ein außerordentlicher Voranschlag beschlossen und in den Folgejahren die Ausgaben für Schulbau, Straßenbau, Wohnbau stark ausgeweitet. Die Schulden des Landes stiegen rasant. "Geistiger Vater" dieses beschönigend "Entwicklungsbudgets" genannten Landespolitik war der ab 1966 als Finanzreferent tätige Dr. Helmut Vogl, der das benötigte Geld über eine Landesanleihe und langfristige Kredite aufzutreiben hoffte. Für die damaligen burgenländischen Verhältnisse riesige Summen wurden in den Wohnungsbau, den Schulbau (zahlreiche neue Hauptschulen) Straßenbau und Wasserbau investiert und damit zahlreiche Arbeitsplätze gesichert oder geschaffen. Ein neu geschaffener Wohnbauförderungsfonds stellte günstige Wohnbaukredite zur Verfügung.

Die BEWAG-Frage war noch immer nicht endgültig gelöst. Zwar hatte die BEWAG am 28. Feber 1959 handstreichartig die auf burgenländischem Gebiet gelegenen Anlagen der NEWAG und der STEWEAG beschlagnahmt und am 15. September 1959 ein entsprechendes Landesgesetz beschlossen. Aber der Verfassungsgerichtshof setzte 1963 dieses Gesetz als verfassungswidrig außer kraft. Ein entsprechendes Bundesgesetz war erforderlich, wurde aber immer wieder verschlappt. Am 17. Feber 1964 kam es zu einer Großdemonstration von über 1000 Burgenländern in Wien. Zwei Tage später wurde das BEWAG - Gesetz beschlossen. Die Ablöseverhandlungen mit den Steirern und den Niederösterreichern zogen sich allerdings noch einige Zeit hin.

Der Landesparteitag am 23. und 24. Oktober 1965 demonstrierte im Haydnsaal des Eisenstädter Schlosses das wachsende Selbstbewusstsein der burgenländischen Sozialisten. Die vorgezogenen Nationalratswahlen nach gescheiterten Budgetverhandlungen brachten dann aber einen schweren Rückschlag. Die SPÖ verlor die Stimmenmehrheit. Sie brachte es nur auf 45,38 % der Stimmen. Hier wirkte sich vor allem die Kandidatur von Franz Olah mit einer eigenen Partei aus. Die Kritik innerhalb der Partei zeigte aber auch mangelnde Einsatzbereitschaft auf. Neue, sichtbare Veränderungen wurden gefordert.

Der Generationenwechsel betraf vor allem Hans Bögl. Sein freiwilliger Rücktritt erwies sich dann als weniger schwierig als gedacht. Sonowatz, Bezucha, Müllner und Kery hatten sich schon im Vorfeld auf Kery als Nachfolger geeinigt. Bögl war damit nicht einverstanden, er hätte Sinowatz als Nachfolger gewünscht, konnte schließlich aber überzeugt werden. Bögl verlangte den gleichzeitigen Rücktritt des Landesrates Billes, der ja ebenfalls der alten Generation angehörte. Am 25. April 1965 teilte Bögl dem Landesparteivorstand die Neuregelung mit. Sinowatz und Vogl sollten in die Regierung eintreten, Karl Krikler sollte Landtagspräsident werden. Die Parteigremien akzeptierten den Vorschlag. In der Landtagssitzung vom 28. Juni 1966 wurde Theodor Kery im 48. Lebensjahr zum Landeshauptmann gewählt.
 

Die Ära Kery
Die politische Arbeit war nunmehr auf die Landtagswahlen 1968 ausgerichtet. Die Partei konnte mit einigen neuen Initiativen aufwarten, die sich bald als erfolgreich heruasstellten. Die "Aktion Neues Burgenland" versuchte, Jungwähler zu erfassen, Diskussionsveranstaltungen in den Bezirksvororten folgten und vor allem die "Burgenlandtreffen", gut organisierte Massenveranstaltungen, erwiesen sich als Ziel führend. Die Burgenlandtreffen waren als Volksfeste getarnte Parteiveranstaltungen, die das Zusammengehörigkeitsgefühl und das Selbstbewusstsein stärkten. Es gelang, das "moderne Burgenland" - mehr Wunschtraum als Realität - mit der burgenländischen SPÖ zu verbinden. Vor allem aber boten die Treffen auch eine Plattform für die starke Personalisierung der Politik. Theodor Kery wurde zum "Star" der Treffen, hielt gut vorbereitete Reden und warb unermüdlich um neue Parteigänger, etwa auch aus dem freiheitlichen Lager, zu dem er gute Kontakte hatte. Entscheidend war dabei bald nicht mehr die weltanschauliche Ausrichtung, sondern - wie alt gediente Genossen bald mit Verbitterung sahen - die "Gefolgschaftstreue" und die persönliche Loyalität dem Landeshauptmann gegenüber. Kery gelang es auch sehr geschickt, mit den Religionsgemeinschaften gute Kontakte zu pflegen. Vor allem bei den Frauen - bisher in der burgenländischen SPÖ eher schwach vertreten - hatte Kery großen Erfolg. Die Aktion "Frauen werben Frauen" brachte über 1300 neue Mitglieder.

Die gute Konjunktur, die vielen Bauprojekte, der Aufschwung des Fremdenverkehrs, die Festspiele in Mörbisch und Forchtenstein, ein eigenes ORF- Landesstudio, das erste Raumplanungsprogramm, vor allem aber die dem Zeitgeist entsprechende positive und optimistische Grundstimmung, vom technikbegeisterten und völlig ideologiefreien Kery entsprechend vermittelt, machte die SPÖ tatsächlich gezielt zur "Burgenlandpartei". Im Landtagswahlkampf argumentierte die ÖVP vergeblich mit den steigenden Landesschulden. Die SPÖ bekam eine absolute Mehrheit an Stimmen und Mandaten. Die FPÖ verlor ihr einziges Mandat. Im Landtag stand es nun 17 : 15. Die Erfolgsanalyse ergab, dass folgende Faktoren maßgebend waren: Die Gemeindebesuche des Landeshauptmannes - Kery besuchte jede Gemeinde vor der Wahl mindestens einmal; die Esterhazyfrage - Esterhazy ließ die Benützung des Haydnsaales für nichtkulturelle Zwecke verbieten und sperrte einen Teil des Schlossparkes; Burgenland-Trasse der Südautobahn - ein von Kery in Auftrag gegebenes Gutachten zeigte, dass die Burgenländtrasse über Sieggraben billiger war. Noch vor der Wahl aber sickerte durch, dass der ÖVP - Bautenminister der Wechseltrasse den Vorzug gab. Die endgültige Entscheidung für die Wechseltrasse fiel 1969. Daran konnte auch eine Resolution der burgenländischen Landesregierung nichts ändern. Ein anderes Straßenprojekt spielte im Wahlkampf keine allzu große Rolle: die Damm- oder Brückenstraße über den Neusiedler See in den Seewinkel. Dieses Projekt wurde eher außerhalb des Burgenlandes in Frage gestellt. Ein weiterer wichtiger Faktor für den Erfolg war das Verhältnis zur katholischen Kirche; das sich unter Kery problemlos darstellte. Die ÖVP hatte aber mit ihrem Kandidaten Reinhold Polster, erstmals ein Evangelischer an der Spitze, einige Schwierigkeiten mit dem konservativ-katholischen Lager. Mit Kery, Sinowatz und Vogl blieb die Landesregierung unverändert. Krikler blieb erster, Emmerich Koller wurde dritter Landtagspräsident. Sinowatz war als Landesrat, Klubobmann und Landesparteisekretär in der Partei dominierend. Kery wurde zunehmend als "Landevater" jenseits der Parteigrenzen stilisiert. Im Regierungsübereinkommen mit der ÖVP zeigte sich die Dominanz der Sozialisten.

Die größten Vorhaben waren das Landesraumplanungsgesetz, das deutliche räumliche Entwicklungsschwerpunkte setzte, und das Gemeinestrukturverbesserungsgesetz, also die Erstellung von Flächenwidmungsplänen und die Zusammenlegung der vielen kleinen Gemeinden. Als dringend erwies sich der Ausbau des höheren Schulwesens, da das Burgenland hier noch immer nachhinkte. Die Industrieansiedlung hatte insofern Erfolg, als zahlreiche neue Arbeitsplätze entstanden und das Baugewerbe nicht mehr so dominant war. Allerdings war ein beträchtlicher Teil der Industriearbeitsplätze in Niedriglohnbranchen beheimatet. Große neue Betriebe waren das Homogen-Spanplattenwerk in Neudörfl, die Saniped in Großpetersdorf und die Brown-Boveri in Neutal.

Viele der Kleingemeinden konnten ihre infrastrukturellen Aufgaben kaum bewältigen. Die Zusammenlegung war daher schon in der Regierungserklärung angekündigt worden. Zumindest sollten Gemeinden über 1000 Einwohner geschaffen werden, da diese aus dem Finanzausgleich höhere Ertragsanteile bekamen. 1971 wurden von den 319 Gemeinden 254 aufgelöst und zu 73 neuen Gemeinden vereinigt. Nur mehr vier von 230 Gemeinden hatten unter 1000 Einwohner. Parteipolitische Erwägungen spielten dabei keine geringe Rolle. In den meisten Fällen wurden die Maßnahmen zumindest akzeptiert, in manchen Gemeinden wurden die Zusammenlegungen heftig bekämpft und die Gemeinderatswahlergebnisse fielen dementsprechend aus. Später wurden manche Großgemeinden wieder aufgelöst. Zwischen den beiden Regierungsparteien kam es vor allem in der Frage der Südautobahn, nachdem die Entscheidung für die Wechseltrasse gefallen war, zu heftigen Konflikten. Die Entscheidung des ÖVP- Ministers und das Abstimmungsverhalten der ÖVP im Nationalrat wurde parteipolitisch weidlich ausgenützt. Am 15. April 1969 demonstrierten 1500 burgenländische Pendler in Wien, eine Delegation wurde nicht zum Bundeskanzler vorgelassen. Noch im Landtagswahlkampf 1972 spielte das Abstimmungsverhalten von Soronics, seit 1968 Minister in der ÖVP-Alleinregierung, eine wichtige Rolle. Die SPÖ verlangte die Überprüfung der Entscheidung, die ÖVP verließ die Regierungssitzung, um eine Entscheidung mit dem Dirimierungsrecht des Landeshauptmannes zu verhindern. Der Konflikt eskalierte, als ein neues Bezügegesetz ("Schwänzergesetz") die Regierungsmitglieder zu den Sitzungen zwingen sollte. Kery sprach schließlich bei Bundeskanzler Klaus vor, um eine Schnellstraße durch das Burgenland zu bekommen. Ein weiteres, heftig umkämpftes Feld war die Schulpolitik. Die SPÖ versuchte nun, nach ihrem starken Machtzuwachs, größeren Einfluss auf das Schulwesen und die Lehrereinstellung zu gewinnen. Die betreffenden Gesetze, etwa die Errichtung eines Landesschulrates und der Bezirksschulräte wurden ohne Zustimmung der ÖVP nur von der SPÖ beschlossen.

Innerparteilich legte Sinowatz 1970 ein großes Reformkonzept vor, das zahlreiche Referate vorsah. Verwirklicht wurde zunächat aber nur ein Organisationsreferat unter der Leitung von Karl Stix. Nach den Landtagswahlen von 1972 folgten Matthias Pinter und Robert Szinovatz als Referatsleiter. Gerald Mader baute eine eigenständige Landesorganisation des BSA (Bund sozialistischer Akademiker) auf. Ebenso entstand der Verband Sozialistischer Mittelschüler und der Bund Burgenländischer Studenten. 1969 wurde Kery auf Bögls Vorschlag auch zum Landesparteiobmann gewählt. Nach den Rückschlägen bei der Gemeinderatswahl 1972 wollte man die Landtagswahl 1972 gründlich vorbereiten. Ein wichtiges Instrument wurden die "Burgenland-Gespräche" in allen Bezirken, mit dem Landtagspräsidenten und Regeirungsmitgliedern. Wichtig für den weiteren Erfolg war auch die Umgestaltung der BF von einem Funktionärsblatt zu einer Wochenzeitung mit einem starken Sportteil im Feber 1967. Die Auflage konnte so ständig gesteigert, eine finanzielle Krise überwunden werden. Chefredakteur wurde 1980 Robert Szinovatz.

Am 22. Oktober 1971 berief Bundeskanzler Kreisky Dr. Fred Sinowatz als Unterrichtsminister in die Regierung. Er blieb aber auch weiterhin Landesparteisekretär. Kulturlandesrat wurde Dr. Gerald Mader. Der Jubiläumsparteitag "50 Jahre Burgenland" am 23. Oktober 1971 in Neufeld stand ganz im Zeichen der großen Erfolge der burgenländischen Sozialisten. Die Landtagswahlen wurden aus wahltaktischen Gründen auf Oktober 1972 vorverlegt. In der ÖVP war inzwischen Franz Soronics, früher Bundesminister für Inneres, Landesrat und ab Feber 1972 auch Landeshauptmannstellvertreter geworden. Josef Wiesler zog statt Reinhold Polster als Agrarlandesrat in die Regierung ein. Sozialistische Parole für die Landtagswahl war "Mit Kery für ein modernes Burgenland". Landtagskandidaten waren u.a. Ottilie Matysek, Karl Stix und Johann Sipötz. Das Ergebnis der Wahl war für die SPÖ enttäuschend. Sie erhielt zwar 50,52 % der Stimmen, verlor aber ein Landtagsmandat an die FPÖ. Im Landtag stand es nun 16 : 15 : 1. Da dem ersten und dem dritten Landtagspräsidenten (beide SPÖ) kein Stimmrecht zustand (außer bei Wahlen) hätte die SPÖ jederzeit überstimmt werden können. Um dies zu verhindern wurde der betreffende Geschäftsordnungspunkt beim Verfassungsgerichtshof angefochten. Die Reform der Landesverfassung wurde nun als immer dringender erachtet. Viele Funktionäre sahen den Wahlausgang angesichts der hoch gestellten Erwartungen als Niederlage, das Selbstvertrauen war erschüttert, es gab heftige Diskussionen. Im Arbeitsprogramm wurde die Schaffung einer "Burgenländischen Industrie- und Betriebsansiedlungsgesellschaft" (BIBAG) und die Förderung strukturschwacher Gebiete (etwa Mittelburgenland) und finanzschwacher Gemeinden vorgesehen. Von Wien wurden Sonderförderungsmaßnahmen eingefordert, etwa für den Bau der Schnellstraßen und den Ausbau der Krankenhäuser. In der sozialistischen Bundesregierung gab es große Bereitschaft, auf diese Wünsche einzugehen. Hohe Bundesinvestitionen erfolgten im Bereich des Schulbaues, der Krankenanstalten und der Infrastruktur. Der Bau der Schnellstraße von Eisenstadt nach Mattersburg und Sieggraben wurde vorgezogen, das Fernheizkraftwerk Pinkafeld mit Bundesmittel entschuldet, die Kulturzentren und das Jüdische Museum in Eisenstadt mit hohen Summen subventioniert. Die Landesschulden hatten sich freilich durch diesen "Expansionskurs" verfünffacht. Die Ausgaben waren innerhalb von 10 Jagren von 350 Millionen auf 2 Milliarden ausgeweitet worden.

Trotz großer Erfolge, die weite Teile der Bevölkerung Kery und der SPÖ zuschrieb, gab es in der Partei auch Unsicherheit und Unzufriedenheit, etwa im Hinblick auf die Strafrechtsreform Minister Brodas. In Kittsee weigerte sich der Bundesrat Böröczky, dem undurchsichtige Beziegungen zur CSSR nachgesagt wurden, zurückzutreten. Der Ortsausschuss der SPÖ musste aufgelöst werden. Zu schweren Spannungen kam es in der "Kroatenfrage". Anlässlich des Besuches einer kroatischen Delegation erklärte Dr. Katsich von der ÖVP im Siegendorfer Rathaus, die burgenländischen Kroaten würden auf allen Gebieten benachteiligt. Probst und Robak von der SPÖ wiesen dies vehement zurück. Die Kluft zwischen "Kroatischem Kulturverein", der der ÖVP nahe stand, und der Konferenz der kroatischen Bürgermeister wurde immer tiefer. Im Wahlkampf 1972 wurde Kery in einer Plakatschmieraktion als "Kroatenmörder" bezeichnet. Der Kulturverein verlangte die Erfüllung des Artikels 7 des Staatsvertrages: kroatische Schulen, kroatische Amtssprache, zweisprachige topographische Aufschriften ...Bemühungen um eine Beruhigung waren vergeblich. Im Oktober 1974 sollte eine burgenländische Delegation Kroatien besuchen. Sie wurde vier Tage vor Reiseantritt "ausgeladen", der Vertreter des Kroatischen Kulturvereines, der ehemalige ÖVP-Abgeordnete Dr. Johann Müller hingegen in Zagreb demonstrativ freundlich empfangen. Das Außenministerium schickte eine diplomatische Note an Belgrad. Eine von den Kroatischen Bürgermeistern in Auftrag gegebene IFES-Studie zeigte, dass sich vier Fünftel der burgenländischen Kroaten in keiner Weise diskriminiert fühlten. Auch das Parlament beschäftigte sich mit der Frage. Es wurden im Bundeskanzleramt Volksgruppenbeiräte eingerichtet. Der kroatische Volksgruppenbeirat kam jedoch erst 1985 zustande, nachdem auch der Kulturverein endlich zustimmte. Es sollte eine geheime Erhebung der Muttersprache durchgeführt werden. Der Kulturverein rief jedoch zum Boykott auf, die Ergebnisse waren unbrauchbar.

Die vor allem von der SPÖ angestrebte Verfassungsreform sollte vor allem die Lahmlegung der Regierungsarbeit durch Auszug einer Partei verhindern. Es ging aber, dem Zeitgeist entsprechend, auch um Verstärkung der Kontrollmöglichkeiten des Landtages und um mehr "direkte Demokratie". Am 19. Juli 1975 wurde als Kompromiss eine "kleine Verfassungsreform" beschlossen. Sie sah neue Regeln für die Wahl des Landeshauptmannes und der Landesregierung vor sowie die Möglichkeit, gegen Regierungsmitglieder Misstrauensanträge zu stellen. Die Zahl der Abgeordneten wurde von 32 auf 36 erhöht. Eine Reform der Landtagswahlordnung lehnte die ÖVP jedoch ab. Sie wurde 1976 mit den Stimmen der SPÖ und bei Enthaltung des freiheitlichen Abgeordneten Richard Rezar beschlossen. Das letzte freie Mandat sollte sollte der stimmenstärksten Partei im Landtag sowie in der Regierung zufallen. Die ÖVP betrachtete diese Neuregelung als verfassungswidrig. Als dann die Landtagswahl am 2. Oktober 1977 nach dieser Neuregelung durchgeführt wurde wurde diese von der ÖVP beim Verfassungsgerichtshof angefochten.

Der Wahlkampf 1977 wurde besonders verbissen geführt. Im Zentrum stand die "Burgenlandstiftung Theodor Kery", die vom BEWAG-Direktor Eugen Horvath gegründet worden war. Der "Kery-Preis" sollte für hervorragende Leistungen für das Land verliehen werden. Die Stiftungsgelder wurden durch Spenden aufgebracht. Die ÖVP warf Horvath "politische Erpressung" vor. Eine weitere Kontroverse ergab sich aus dem Eintreten Kerys für die Atomkraft. In seiner technikgläubigen Art meinte er, er habe nichts gegen ein Autommülllager hinter seinem Haus. Die SPÖ erreichte 51,9 % der Stimmen. Der neue Mandatsstand im Landtag war 20 : 16. Dieser ungebrochene Trend zur SPÖ wurde auch bei der Gemeinderatswahl deutlich. Die SPÖ stellte erstmals mehr als die Hälfte aller Bürgermeister. Selbst bei der Volksabstimmung über Zwentendorf sprachen sich mehr als 60 % der Burgenländer für die Inbetriebnahme aus. Man konnte in der Partei zufrieden sein. "Stolz auf unser Burgenland" war der Slogan im Landtagswahlkampf. Die Anfechtung der Wahlordnung war noch immer nicht entschieden. So wurden zwei Landtagsmandate nur "vorläufig" besetzt. Auch ein Regierungsmandat wurde nicht besetzt, aber interimistisch Grohotolsky von der ÖVP damit betraut. Die konstitierende Sitzung des Landtages konnte so nicht abgeschlossen werden. Schon am nächsten Tag erlies Kery eine Dienstanweisung, die ihm eine beträchtliche Befugniserweiterung brachte, Die ÖVP interpretierte dies als "Putsch", blieb einigen Regierungssitzungen fern und forderte "ihre" Referatsleiter auf, die Dienstanweisungen Kerys nicht zu befolgen. Erst im Juni 1976 wurde die Landtagswahlordnung vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehoben. Die ÖVP zog aber, um keine Neuwahlen zu provozieren, ihre Anfechtung zurück. Unter dem neuen Obmann und Landeshauptmannstellvertreter Dr. Franz Sauerzopf wurden wieder Verhandlungen aufgenommen, um aus der unhaltbaren Situation herauszukommen. Im Oktober 1978 konnte ein Konsens erreicht werden. Die Zahl der Regierungsmitglieder wurde von 6 auf 7 erhöht, um für die Zukunft eine Pattstellung zu verhindern. Ein Kontrollamt wurde eingerichtet. Formell wurde - nach über einem Jahr - die konstituierende Landtagssitzung beendet.

In der Nationalratswahl am 6. Mai 1979 konnte die SPÖ nochmals ihren Stimmenanteil auf 52,19 % steigern. Am 14. September 1981, im Jubiläumsjahr, wurde schließlich die neue Landesverfassung beschlossen. Sie trat am Tag nach der Landtagswahl von 1982 in Kraft. Anlässlich der Landesfeiern zeigt die SPÖ Burgenland ein sehr ausgeprägtes Selbstbewusstsein und nahm die Schaffung des "Neuen Burgenland" für sich in Anspruch. Die wirtschaftliche Situation aber verschlechterte sich zunehmend. Im Winter 1981/82 stiegen die Arbeitslosenzahlen stark an, mehrere Betriebe mussten schließen und das verschuldete Land musste zu "Sparbudgets" übergehen. Zudem wurde die Bevölkerung in Fragen der Umweltbelastung immer sensibler. Der geplante Bau eines grenzübergreifenden Braunkohletagebaues und die Errichtung eines Kohlekraftwerkes bei Oberbildein scheiterte am Widerstand von Umweltschützern, aber auch an der nicht gegebenen Wirtschaftlichkeit.

Die innenpolitische Situation war geprägt durch den "WBO - Skandal". 1981 brachte Kery als Wohnbaureferent eine Anzeige gegen Dkfm. Rauchwarter von der ÖVP ein, der Obmann der Wohnbau - Ost (WBO) war. Rauchwarters Immunität wurde aufgehoben und er sowie weitere Mitglieder der Geschäftsführung verhaftet. Das Klima zwischen den Regeierungsparteien verschlechterte sich. Die ÖVP warf Kery die Vernachlässigung seiner Aufsichtspflicht vor. Am 24. Juni 1982 trat Sauerzopf als Landeshauptmannstellvertreter zurück. Aber auch gegen Kery wurden nunmehr immer häufiger Anschuldigungen erhoben, auch von Journalisten aus dem SPÖ - Umfeld und von der Oberwarter Zeitung. Trotzdem erreichte die SPÖ im Oktober 1982 mit 53,22 % einen sehr hohen Stimmenanteil. Im Landtag stand es weiterhin 20 : 16. Erstmals stieg aber auch der Anteil der Nichtwähler, ein deutliches Signal beginnender Unzufriedenheit. Karl Stix wurde viertes SPÖ - Regierungsmitglied, Ottilie Matysek übernahm die Geschäftsführung im Landtagsklub. In der Regierungserklärung Kerys wurde erneut die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen im Land in den Vordergrund gestellt und eine Verwaltungsreform angekündigt. Es wurde klar, dass der soziale Wandel im Land auch mit einem massiven Wertewandel Hand in Hand ging und die alten sozialdemokratischen Prinzipien zunehmend in Frage gestellt wurden bzw. für die Motivation nicht mehr ausreichten. Bürgerinitiativen bildeten sich, die Notwehrgemeinschaft der Bauern wandte sich gegen die herkömmliche Agrarpolitik, im Südburgenland wurde der Bau der 380-KV-Leitung bekämpft. Die "Privilegiendebatte" nährte die Zweifel vor allem der jüngeren Generation an der bisher im Burgenland unangefochteten Führungsschicht. Das Land geriet wegen seiner Machtstrukturen in das Fadenkreuz der Presse. Von der "Feudaldiktatur des Theodor Kery und seiner Clique" wurde gesprochen. Schließlich stellte Joseph Csap, Obmann der Sozialistischen Jugend, Kery die berühmten "drei Fragen" - nach seinem Einkommen, nach dem Bezug verbilligten Stroms von der BEWAG und nach der großen Waffensammlung Kerys. Im Burgenland reagierte man empört, aber es wurden doch Maßnahmen zur Abschaffung von Privilegien getroffen. Im Dezember 1982 wurde ein Gesetz über Politikerbezüge erlassen. Die Vorwürfe gegen Kery - etwa eine auf Landeskosten errichtete geheizte Straßenauffahrt zu seinem Haus - verschwanden nicht, obwohl der Landeshauptmann nunmehr Verleumdungsprozesse anstrengte und diese auch gewann. Schwere Vorwürfe wurden auch gegen andere SPÖ Spitzenpolitiker erhoben, etwa gegen den Landesrat Vogl, der sein Regierungsmandat zurück legte. Auch innerhalb der burgenländischen SPÖ begann nun die Diskussion über Reformen.

Die Nationalratswahl vom 24. April 1983 brachte der SPÖ hohe Verluste und den Verlust der absoluten Mehrheit. Auch im Burgenland wurden 1,5 % der Stimmen verloren. Kreisky trat zurück und Fred Sinowatz wurde Bundeskanzler. Hans Sipötz wurde Landesparteisekretär. Wirtschaftlich gab es weiterhin Probleme, vor allem Textilfabriken schlossen, der Raum Pinkafeld wurde zur Krisenregion.. Eine "Gemeinsame regionale Sonderförderungsaktion" des Landes und der Bundesregierung konnte eine Verschärfung verhindern und einige neue Großbetriebe siedelten sich an, etwa Pioneer in Parndorf. Saniped konnte durch Packard Electric in Großpetersdorf ersetzt werden. Der Weinskandal von 1984 verschärfte die Krise dann aber wieder, die Weinwirtschaft brach zusammen. Kery wurde vom Landesparteitag 1983 nur mehr mit 88 % der Stimmen zum Obmann gewählt. Die Kritik in der Partei nahm zu. Am 24, Oktober 1984 trat Landesrat Mader zurück. "Zunehmende Entfremdung" und zu wenig Demokraie im Führungsverhalten machte er geltend. Sipötz wurde sein Nachfolger. Öffentliche Kritik äußerte auch Ottilie Matysek. In einer Burgenland-Konferenz am 4. November 1984 wurde noch einmal die Treue zu Kery eingeschworen. Im Jänner 1985 startete Kery das KOnzept "Burgenland 90", das durchaus auch auf neue drängende Fragen Antwort zu geben versuchte (etwa im Bereich Ortsbild und Dorferneuerung, Burgenland als Brücke zum Osten ...). All das wurde aber durch den Matysek-Skandal in den Hintergrund gedrängt. Diese äußerte sich wiederholt sehr kritisch in der Öffentlichkeit. Sie wurde als geschäftsführende Klubobfrau abgelöst und später aus dem SPÖ - Landtagsklub ausgeschlossen. 1987 kandidierte sie auf einer eigenen Liste und wurde auch aus der Partei ausgeschlossen. Am 28. Oktober 1985 hatte Matysek noch einmal an einer Sitzung des SPÖ-Landesparteivorstandes teilgenommen, die später Berühmtheit erlangen sollte. Der Journalist Alfred Worm schrieb am 14. April 1986 im "Profil", Sonowatz habe schon 1985 in der betreffenden Sitzung angekündigt, man werden vor der Präsidentenwahl "Waldheims braune Vergangenheit" enthüllen. Sinwotz klagte Worm, Matysek trat als Zeugin auf und konnte als einzige eine Mitschrift vorweisen. Der Richter glaubte ihr und nicht allen anderen Vorstandsmitgliedern, die diesen Satz nie gehört haben wollten. Die Wahl Waldheims bewog Sinowatz schließlich zum Rücktritt. Sein Nachfolger Vranitzky löste die Koalition mit der FPÖ auf. Am 23. November 1986 musste die SPÖ eine empfindliche Niederlage einstecken. Sie blieb aber die stärkste Partei und trat in eine Koalition mit der ÖVP ein.

Die Landtagswahl 1987 stand schon ganz im Banne der großen Gewinne, die die FPÖ unter Jörg Haider in der Nationalratswahl eingefahren hatte. Im Burgenland übernahm Dr. Wolfgang Rauter die Führung der FPÖ. Die ÖVP startete die Einleitung einer Volksabstimmung gegen das von der SPÖ beschlossene Objektivierungsgesetz. Sauerzopf forderte die Privatisierung der Landesbetriebe ("Privatisierungsmilliarde"). Die SPÖ geriet in die Defensive. Am 4. Oktober 1987 verlor die SPÖ drei Mandate, die FPÖ kam auf 7,3 % der Stimmen und erhielt drei Landtagsmandate. Viele Burgenländer gingen nicht zur Wahl. Noch am Wahltag erklärte nach 21 Jahren als Landeshauptmann seinen Rücktritt. Hans Sipötz wurde als Nachfolger vorgeschlagen, einen Regierungssitz sollte Dr. Christa Krammer bekommen, Landesparteisekretär wurde Dr. Manfred Moser, Klubobmann Gerhard Frasz. Josef Posch sollte in das Landtagspräsidium gehen. Im Landtag stand es nun 17 SPÖ : 16 ÖVP zu 3 FPÖ. Beide Großparteien verhandelten mit den Freiheitlichen. Rauter kündigte schließlich seine Unterstützung für Sauerzopf an. Am 30. Oktober 1987, in der konstuierenden Sitzung, platze dann eine Bombe. Der ÖVP-Kandidat Halbritter wurde mit den Stimmen der Freiheitlichen zum Landtagspräsidenten gewählt. Dann schlug die SPÖ Hans Sipötz als Landeshauptmann vor. In geheimer Abstimmung bekam er - zur Überraschung aller - 18 Stimmen, eine mehr als erwartet. Sipötz war damit Landeshauptmann. Im Dezember wurde er auch zum Landesparteivorsitzenden gewählt.

  

Grafik / Karte

 
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Kery, Sinow, Vogl.

 

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Quellen

  • Sinowatz, Schlag, Feymann: Aufbruch an der Grenze, 1989
 

 

 
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