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Eine der rätselhaftesten und interessantesten Fundgegenstände der burgenländischen Urgeschichte ist der Bronzegegenstand ("Bronzetrommel") von Haschendorf. Dass dieser Gegenstand selbst unter Urgeschichtsforschern wenig bekannt ist hat nach Dr. Kaus, dem Landesarchäologen des Burgenlandes, mit mehreren Umständen zu tun. Der Fund wurde 1914 gemacht und noch im Herbst dieses Jahres veröffentlicht – zu einem Zeitpunkt also, als der Erste Weltkrieg ausbrach. Außerdem gelangte der Gegenstand durch Kauf in das Ödenburger Museum, der Fundort Haschendorf aber kam mit dem Burgenland an Österreich. Fundort und Fundgegenstand waren also voneinander getrennt und auf beiden Seiten der Grenze wurde der Fund daher wenig beachtet. Erst in jüngster Zeit, 1997 bis 1999, wurde erneut an der Fundstelle gegraben und dabei der Befund des seinerzeitigen Ausgräbers Dr. Bünker voll und ganz bestätigt.

Haschendorf ist ein Ortsteil von Neckenmarkt im Mittleren Burgenland. Das Bronzeobjekt wurde auf dem Kräftenriegel nördlich von Haschendorf, direkt an der alten Bernsteinstraße vom Landwirt Johann Widder gefunden. Er war 1914 damit beschäftigt, Sand abzugraben, als er in einer Tiefe von 2 m auf den Fund stieß. Der Hügel, mit einem kleinen Wäldchen bedeckt, ist ein Riff aus dem Badien. Am höchsten Punkt des Hügels befindet sich eine Dreifaltigkeitssäule. Der Hügel ist somit ein "heiliger Ort", und dies schon seit Urzeiten. In einer Entfernung von 3 km, an der ungarischen Grenze, liegt der Burgstall bzw. "Himmelsthron", mit einer bedeutenden Siedlung aus der Hallstattzeit. Johann Widder zeigte seinen Fund dem Lehrer von Haschendorf, der ihm den Rat gab, nach Ödenburg zu gehen und dort den Fund zu melden. Er wandte sich zuerst an den Redakteur der Reichspost, der ihn an die Kustoden des Museums, Alois Kugler und Alois Bünker, verwies. Diese erkannten sofort die Bedeutung des Fundes, obwohl Widder nur einen beim Ausgraben abgebrochenen kleinen Teil des Gegenstandes mit sich hatte. Im März 1914 machte Dr. Bünker eine Nachgrabung und veröffentlichte seine Beobachtungen in den Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. Sein Befund, der zeitweise angezweifelt wurde, konnten durch die jüngsten Grabungen voll und ganz bestätigt werden. Bünker, der vor allem als Sprach- und Volksliedforscher von größter Bedeutung für das Burgenland war, starb allerdings noch 1914 in jungen Jahren.

Das Bronzeobjekt von Haschendorf ist auch noch aus einem anderen Grund besonders interessant. Schon 1847 wurde in Südschweden, in einer Entfernung von 900 km, ein absolut identes Objekt gefunden und in das Stockholmer Museum gebracht. So wie der Haschendorfer Fund war auch dieses Objekt isoliert in einem Moor versenkt worden. Es wurde damals in die Nordische Bronzezeit I., also in das 18./17. Jahrhundert v. Chr. eingeordnet. Es dürfte aber doch wesentlich jünger sein.

Das gefundene Objekt ist 30 cm hoch, hat oben einen Durchmesser von 40 und unten von 50 cm. Das Objekt besteht aus insgesamt 72 zusammengefügten Teilen. Die Bronzeplatte ist gegossen und durch ein dünnes, getriebenes Bronzeblech mit den unteren Teilen verbunden. Die Platte ist mit einem Kreismuster, mit konzentrischen gepunkteten Zick- Zack – Kreisen, verziert und weist starke Abnutzungsspuren auf. Der Unterteil besteht aus 10 gesondert gegossenen Teilen, die in vierspeichigen Rädern auslaufen. Sie sind durch Nieten zusammengehalten. Diese 10 Teile sind sorgfältig nummeriert. Es ist also anzunehmen, dass das Objekt in Teilen transportiert wurde und erst an Ort und Stelle zusammengefügt wurde. Die Art der Nummerierung verweist in die letzte Phase der Bronzezeit bzw. in die beginnende Hallstattzeit, in der diese Form der Nummerierung (mit Strichen) häufig verwendet wurde.

Das Objekt hat zahlreiche, höchst unterschiedliche Deutungen erlebt. Es wurde als Hängeurne, Gong oder Trommel, Brennspiegel, Opfertisch u. v. a. gedeutet. Die Deutung als Trommel oder Pauke wurde dadurch nahe gelegt, da das Objekt im Stockholmer Museum aufgehängt war. Versuche haben jedoch gezeigt, dass diese Deutung unwahrscheinlich ist. Auch als Brennspiegel war das Objekt wohl nicht geeignet, da die Oberfläche durch die eingepunzte Verzierung zu unregelmäßig ist.

Heute scheint festzustehen, dass es in irgend einer Form mit dem Sonnenkult in Verbindung zu bringen ist. Dr. Kaus ist nach gründlicher Untersuchung der Ansicht, dass es die Verkleidung eines wahrscheinlich aus Holz bestehenden Sitzes oder Altars war. Jedenfalls stand das Objekt nicht am Boden, denn die unteren Ränder sind scharf. Rätsel geben noch die um die Fundstelle aufgedeckten dreieckförmigen, in den Fels gemeißelten Vertiefungen auf, die weder Siedlungsspuren noch Begräbnisstätten sind. Sie müssen in irgend einer Form mit dem Sonnenkult zu tun gehabt haben. Gefunden wurden weitere Bronzegegenstände. Die Herkunft dürfte im Mittelmeerraum zu suchen sein. Verbindungen zum Apollokult und zu keltischen Sonnengottheiten sind möglich. Zeitlich wird der Fund von Dr. Kaus heute in das 1. Jahrtausend vor Chr. eingeordnet, also von der Spätbronzezeit im 9. Und 8. Jahrhundert bis in die römische Kaiserzeit. Es könnte sein, dass die Kultstätte über einen sehr langen Zeitraum in Verwendung stand. Die Tatsache, dass das Objekt vergraben wurde, ist jedenfalls als weiteres Indiz dafür anzusehen, dass es ein Kultobjekt war.

 

 

 

 

 
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