Drucken

 

karall lorenz

Karall Lorenz, Dr.

 

Karall entstammte einer kinderreichen Großwarasdorfer Bauernfamilie. Er wuchs bei seinem Onkel in Karlburg (Oroszvár, heute Rusovce in der Slowakei) auf, der dort Dechant war und auch die weitere Ausbildung Karalls finanzierte. Karall besuchte das Gymnasium in Preßburg, wo er 1912 maturierte. Er begann in Budapest Jus zu studieren, rückte 1914 aber zum Infantrieregiment 48 ein und leistete bis 1918 Kriegsdienst. Nach dem Krieg schloss er sich den Truppen Horthys an und kommandierte eine "weiße" Einheit im Kampf gegen die Räteregierung. Karall war ein entschiedener Befürworter eines Verbleibs des Burgenlandes bei Ungarn. Er blieb nach dem Anschluss auch in Ungarn und beendete sein Jusstudium in Budapest.

Seine politische Tätigkeit in Österreich begann Karall als "Volksgruppenpolitiker". Er war einer der Gründer der Zeitschrift Hrvatske Novine und im September 1923 gründete er zusammen mit einigen anderen nationalbewussten Kroaten die "Hrvatska Stranka" (Kroatenpartei). Diese konnte bei der Landtagswahl allerdings kein Mandat erringen und Karall musste einsehen, dass er auf diese Weise politisch in die Bedeutungslosigkeit absinken würde. Er war bereit, die Kroatenpartei zu opfern und bekam dafür von den Christlichsozialen einen sicheren Listenplatz für die Landtagswahl 1927.  Auch für seine persönliche Karriere wurde gesorgt: 1928 wurde er Kurator der Landeshypothekenanstalt. Im Landtag trat er vor allem als Vertreter der burgenländischen Kroaten in Erscheinung.

Der weitere Aufstieg des sehr ehrgeizigen Karall wurde durch die Heirat mit der Tochter des Landeshauptmannes und Ziegeleibesitzers Anton Schreiner in Walbersdorf begünstigt. 1929 trat Schreiner zurück, neuer Landeshauptmann wurde Johann Thullner. Karall erhielt den Posten eines Landesrates für Gewerbe. Nach der Wahl 1930 bekam er weitere Kompetenzen (Gemeindereferat, Bodenreform). 1932 wurde Karall Landeshauptmann - Stellvertreter.

Karall gehörte zu jener Gruppe von Christlichsozialen, die auf einen autoritären Kurs drängten und hinter Dollfuß standen. Im Mai 1934 wurde er zum Landesstatthalter ernannt, konnte sich aber im internen Machtkampf gegen die Heimwehren nicht durchsetzen. Er wurde in den Staatsrat nach Wien entsandt - als Vertreter der kroatischen Minderheit.

1938 begrüßte Karall den Anschluss Österreichs an das Dritte Reich. Er wurde nicht verfolgt und konnte sich ungestört der Leitung seines ererbten Walbersdorfer Ziegelwerkes widmen. Politisch trat er in der Zeit des Nationalsozialismus nur kurz in Erscheinung. Im August 1938 schickte ihn die Regierung als Vertreter der Kroaten zum 14. Europäischen Nationalitätenkongress nach Stockholm.

Bald nach dem Einmarsch der Russen, im April 1945, betrat Karall wieder die politische Bühne.Am 11. April gründete er in Mattersburg ein "Provisorisches Landeskommitee", daraus entwickelte sich einige Wochen später der "Provisorische Landesausschuss" mit Vertretern der ÖVP, der SPÖ und der Kommunisten. In der "Provisorischen Landesregierung" ab 1. Oktober 1945 war Karall Landeshauptmann - Stellvertreter. Im November erlangte die ÖVP bei den Landtagswahlen die Mehrheit und Karall wurde Landeshauptmann.

Die "Ära Karall", die bis 1956 dauerte, war durch die russische Besatzung und durch eine langsame wirtschaftliche Erholung nach den Kriegszerstörungen gekennzeichnet. 1949 konnte Karall ein gutes Wahlergebnis erreichen. Unangefochten und uneingeschränkt anerkannt war Karall allerdings nur in den ÖVP-dominierten kroatischen Gemeinden, die er auch mit aller Kraft förderte und so viel zum steigenden Selbstbewusstsein der burgenländischen Kroaten beitrug. In den deutschen Gemeinden sah man vor allem die Personalpolitik Karalls - in der man eine starke Bevorzugung der Kroaten zu erkennen glaubte - sehr kritisch. Schon 1951 erlitt Karall einen ersten Herzinfarkt und verlor immer mehr an Einfluss. Nach Stimmenverlusten nach der Wahl 1953 kam es auf einem Oberpullendorfer Parteitag 1954 zu erster Kritik aus den Reihen der ÖVP. vor allem aber von Seiten der Katholischen Aktion. Einige Skandale im landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen kosteten erneut Autorität. Nach einem weiteren Herzinfarkt 1956 wurde Karall zwar wieder Spitzenkandidat bei der Landtagswahl, trat aber im Juni 1956 als Landeshauptmann zurück. Sein Nachfolger wurde Johann Wagner. Karall behielt aber zahlreiche Machtpositionen. Er war erster Landtagspräsident (bis 1960) und wurde an Stelle Wagners der Präsident der Kammer der Gewerblichen Wirtschaft (heute Wirtschaftskammer). Bis 1963 war er Landesparteiobmann der ÖVP. 1965 starb Karall nach einem dritten Herzinfarkt.

Der damalige Landtagspräident Sinowatz würdigte Karall als kraftstrotzenden, lebensfrohen, gesinnungsstarken Menschen, hingegeben seinem Glauben, seiner politischen Überzeugung, seiner kroatischen Muttersprache, seinem Heimatland.

"Er war nicht Sozialist, er war aber stets ein Demokrat im besten Sinne des Wortes, ein Mensch, der, weil er einen festen Standpunkt hatte, auch den politischen Standpunkt seines Gegners achtete!...Weil er alles, was er tat, auch ehrlich meinte, sollen und müssen heute... alle parteipolitischen Gegensätze vergessen sein. Es bleibt nur die Achtung vor einem großen Menschen, vor einem geraden Leben, vor einer durch und durch demokratischen Einstellung..."

(Nachruf in der BF auf LH. Karall)

 "Ein Politiker, der durch seine starke, ja faszinierende Persönlichkeit der Volkspartei im Burgenland durch viele Jahre seinen Stempel aufgedrückt hat, war der Bauernsohn Dr. Lorenz  Karall. Ihm, dem ersten, frei gewählten Landeshauptmann des Burgenlandes der Zweiten Republik, gebührt das Verdienst, dass das Burgenland als eigenes, selbständiges Bundesland eine neue Existenz erhielt. Er führte das Land durch die unbeschreiblichen Schwierigkeiten der unmittelbaren Nachkriegszeit und der sowjetischen Besatzung."

(Eine Partei für das Burgenland - ÖVP)

Daten

* 10.08.1894 in Großwarasdorf
† 17.03.1965 in Walbersdorf

 

Landeshauptmann des Burgenlandes