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Der Anschluss des Burgenlandes an Österreich brachte für die Kirchen schwerwiegende Probleme mit sich. Der Klerus war stark ungarisch orientiert, in den Priesterseminarien meist zu magyarischen Patrioten oder sogar zu Nationalisten erzogen. Es dauerte noch lange, bis der Klerus ein positiveres Verhältnis zu Österreich fand.

Das Burgenland gehörte auch nach dem Anschluss an Österreich noch zu den beiden ungarischen Diözesen Raab und Steinamanger. Beide Bischöfe, Anton Fetser in Raab und Johann Mikes in Steinamanger, ein Königsanhänger und magyarischer Revisionist, waren nicht bereit, Teile ihrer Diözesen abzutreten. Fetser fand sich schließlich im Laufe der Zeit mit den Gegebenheiten ab, Mikes leistete hartnäckig Widerstand und gab bei Besuchen im Südburgenland immer wieder Anlass zu Konflikten. Er ernannte im Oktober 1921 Franz Thomas, den Pfarrer von St. Michael, zum Generalvikar für die burgenländischen Gebiete seiner Diözese. Thomas musste bald wieder zurücktreten, in Österreich war man nicht bereit, von ausländischen Bischöfen abhängige Generalvikare anzuerkennen.

Die Frage einer selbständigen katholischen Diözese Burgenland blieb nach dem Anschluss des Landes noch lange ungelöst. Um die schwierigen rechtlichen Fragen zu bereinigen trat die österreichische Regierung mit dem Vatikan in Verbindung. Der österreichische Gesandte beim Heiligen Stuhl, Ludwig von Pastor, berichtete jedoch, dass der Vatikan zu keinen Verhandlungen zu bewegen sei. Man fürchtete in Rom eine Welle ähnlicher Änderungswünsche in den Nachfolgestaaten der Monarchie. Von Pastor gelang es schließlich, die maßgebenden Kreise im Vatikan zu überzeugen, dass die Ernennung des Wiener Kardinals und Erzbischofs Piffl die beste Lösung sei. Am 2. Mai 1922 entschied Papst Pius IX. in diesem Sinn und am 24, Deptember 1922 trat der neue Administrator sein Amt an. So wurde für das Burgenland zunächst nur eine Apostolische Administratur. Erster Administrator wurde also der Wiener Erzbischof Kardinal Piffl, der die Verwaltung einem Provikar übertrug. Nach der Auflösung des Landes 1938 blieb die kirchliche Administratur erhalten, der Verwaltungssitz musste aber nach Mattersburg und später nach Sauerbrunn verlegt werden.

1949 wurde ein eigener Apostolischer Administrator in der Person des Dechants von Mauer bei Wien, Dr. Schoiswohl, ernannt, den der Papst zwei Jahre später zum Titularbischof ernannte. 1954 wurde er Bischof von Graz-Seckau und sein bisheriger Kanzleidirektor DDr.Stephan Lásló neuer Administrator. Am 17. Mai 1959 fasste die Österreichische Bundesregierung den Beschluss, den Heiligen Stuhl zu ersuchen, die Apostolische Administratur  Burgenland zur Diözese zu erheben. Die Unterzeichnung der "Kirchengesetze fand am 23. Juni 1960 statt.   Am 15.August 1960 wurde mit der päpstlichen Bulle "magna quae" die Diözese Eisenstadt durch Papst Johannes XXIII. errichtet, das Burgenland also auch eine kirchliche Einheit. DDr. Lásló wurde vom Papst zum  ersten Bischof ernannt.Am 1. Mai 1963 wurde das Domkapitel eingesetzt. Am 24.JUni 1988 besuchte  Papst Johannes Paul II. Eisenstadt und Trausdorf. Die Papstmesse in Trausdorf besuchten auch viele Gläubige aus den Nachbarländern. Am 24. Jänner 1993 wurde Paul Iby der zweite Diözesanbischof. 2003 wurde Dr. Ladislaus Batthyany-Strattmann in Rom seliggesprochen. Am 25. September 2010 wurde Ägidius Zsifkovics als dreitter Bischof geweiht.

Katholische Kirche und politische Parteien
"Nach dem Zweiten Weltkrieg zog sich die katholische Kirche ostentativ aus dem parteipolitischen Leben zurück und ging auf 'Äqidistanz' , also den gleich großen Abstand zu den Parteien, vor allem zu den beiden Großparteien ÖVP und SPÖ. Damit war in der österreichischen Innenpolitik eine neue Situation geschaffen, die sowohl von den Parteien (und hier besonders von der ÖVP), als auch von den Katholiken ein Umdenken erforderte. Politisch engagierte Katholiken sahen sich der Notwendigkeit ausgesetzt, auf dem Umweg über die Parteien am politischen Leben teilzunehmen, bis mit der Gründung der Katholischen Aktion ein Forum geschaffen wurde, das entsprechenden Einfluss auf das öffentliche Leben nehmen sollte. Ausgangsbasis dafür waren die katholischen Organisationen der Jugend, der Frauen und der Männer.

Bei ihrem legitimen Versuch, katholische Persönlichkeiten auf Kandidatenlisten zu bringen, musste man sich an die bestehenden Parteien wenden. Naturgemäß fanden, trotz der erklärten Äquidistanz, die katholischen Organisationen fast nur zur ÖVP und deren Bünden Zugang, aber nicht zu einer Partei mit marxistischer Ideologie.

Im Burgenland war es der damalige Assistent der Katholischen Aktion, Monsignore Grafl, der seiner Organisation ein starkes politisches Gepräge gab. Die versuchte Einflussnahme auf die Politik der ÖVP, vor allem aber auf die personelle Zusammensetzung der Führungsgremien, erreichte am Landesparteitag in Oberpullendorf 1954 ihren Höhepunkt.

Die Katholische Aktion hat in den nächsten Jahren ihre Absicht nicht aufgegeben, Männer ihres Vertrauens in den gesetzgebenden Körperschaften unterzubringen. Auf Grund entsprechender Vorbereitungen gelang es ihr 1956 in den Bezirken Neusiedl und Oberpullendorf zwei Kandidaten auf einen sicheren Listenplatz der ÖVP zu reihen. Im Bezirk Neusiedl war es der Landwirt Franz Rechnitzer (Deutsch Jahrndorf) und im Bezirk Oberpullendorf der Landwirt Johann Erhardt (Raiding). Beide Kandidaten wurden damals in den Landtag gewählt und beide wurden überaus wertvolle Mitarbeiter der ÖVP. Johann Erhardt stand als Landesparteisekretär neun Jahre lang in der vordersten Parteilinie. Die Integration Erhardts und Rechnitzers in die ÖVP hat nicht zuletzt dazu beigetragen, das gespannte Verhältnis zwischen Volkspartei und Katholischer Aktion zu entschärfen..."
Aus. Eine Partei für das Burgenland (ÖVP). Eisenstadt 1985,S.104 ff.
 

Die evangelische Kirche

Heute sind 14 % der Bevölkerung des Burgenlandes evangelisch. Dieser Anteil ist höher als in jedem anderen Bundesland. Es gibt 29 Pfarrgemeinden.

Auch die evangelische Kirche verlor mit dem Anschluss an Österreich in Pressburg, Ödenburg und Güns ihre bedeutendsten geistigen und kirchlichen Zentren, etwa die theologische Fakultät der Universität Fünfkirchen in Ödenburg  oder die dortige Lehrerbildungsanstalt. Die Vorbehalte gegen den Anschluss an Österreich waren so wie in der kazholischen Kirche ebenfalls groß. Diese waren zum Teil berechtigt, denn die evangelischen Pfarrgemeinden in Ungarn, ihre Pfarrer und Lehrer wirkten unter günstigeren rechtlichen Voraussetzungen und Traditionen. Die Pfarrgemeinden waren in Ungarn autonomer, die Gleichberechtigung war gesetzlich abgesichert, ebenso auf ein eigenes Schulwesen mit entprechender staatlicher Unterstützung.

Die burgenländische evangelische Kirche  wurde schon 1922 in die kirchliche Organisation Österreichs eingegliedert, 1923 wurde eine eigene burgenländische Superintendentur geschaffen. Sie blieb auch während der Auflösung des Landes in der nationalsozialistischen Zeit bestehen. Am 29. April 1924 wurde Theophil  Beyer zum ersten Superintendenten gewählt. Er blieb Pfarrer von Oberschützen, das auch Amtssitz war. Bis zum Bau der Superintendentur 1956 in Eisenstadt blieb der Dienstsitz am Pfarrsitz des Superintendenten. 1940 wurde Gustav Dörnhöfer, Pfarrer von Nickelsdorf, neuer Superintendent.

1931 forderte die Superintendentalversammlung die Gleichstellung und die Gleichbehandlung mit der katholischen Kirche ein. Erreicht wurde diese erst 1961 mit dem Protestantengesetz. 1938 verloren auch die Evangelischen alle ihre Schulen, auch die Anstalten in Oberschützen. Viele evangelische Pfarrer und Lehrer schlossen sich den Nationalsozialisten an. Dazu trugen die Benachteiligung durch das 1933 abgeschlossene Konkordat mit dem Vatikan  und die Protestantenfeindlichkeit des "Ständestaates" bei.

Der Anschluss an Deutschland, dem Mutterland der Reformation, wurde von vielen begrüßt. Die Kirchenfeindlichkeit des Regimes förderte eine Austrittsbewegung, die in einiegen Gemeinden aber bald abflachte, in anderen auch während des Krieges fortdauerte. Wenig begeistert war man von der Verstaatlichung der konfessionellen Schulen.

Nach dem Krieg wurde die nationalsozialistische Betätigung zu einem Problem. IN einem Erlass des Oberkirchenrates vom 22. Mai 1946 wurde angeordnet, dass ehemalige Funktionäre nicht in kirchliche Gremien gewählt werden durften, Parteimitglieder nur dann, wenn es "unumgänglich" wäre.

Als Superintendenten folgten Hans Gamauf, Gustav Reingrabner und Gertrud Knoll, Manfred Koch und ab 1. September 2021 Robert Jonischkeit.  Große Probleme innerhalb der evangelischen Kirche gab es, als Gerraud Knoll 1998 bei der Bundespräsidentenwahl als Kandidatin antrat. Sie erreichte zwar ein respektables Ergebnis, wurde aber in der Kirche wegen dieses Schrittes und wegen ihrer eindeutigen ideologischen Positionierung heftig angefeindet. In einer Unterschriftenaktion wurde sie zum Rücktritt aufgefordert. 2002 legte sie ihr Amt nieder und kandidierte für den Nationalrat. Später trat sie aus der Kirche aus.

1958 konnte nach Beseitigung der schweren Kriegsschäden die Lehrerbildungsanstalt in Oberschützen wieder eröffnet werden.. Mit der Neuorganistaion der Lehrerausbildung ab 1962 in der Pädagogischen Akademie in Eisenstadt wurde die Oberschützener Anstalt aufgelöst. Dies war ein schwerer Schlag für die Evangelischen des Landes. In Oberschützen wurde ein musisch-pädagogisches Realgymnasium errichtet und später durch ein Musikgymnasium erweitert, in Zusammenarbeit mit der damaligen Expositur Oberschützen der Musihochschule Graz. Eine wichtige Bildungseinrichtung entstand mit  dem "Concentrum" in Stadtschlaining.

Einrichtungen der Diakonie gibt es in Pinkafeld, Oberwart und Gols, mit Altenwohn- und Pflegeheimen. An neuen Kirchenbauten entstanden in der Zwischenkriegszeit nur die Kirche in Weppersdorf und die Kirche in Eisenstadt.. In der Nachkriegszeit wurden neue Kirchen 1962 in Stoob, 1967 in Bad Tatzmannsdorf, 1987 in Neusiedl am See und 2010 die evangelische Friedho9ofskirche in Oberwart gebaut.

 

 

 

 

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katholische institutionen 
Katholische Institutionen

 

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Literatur

  • Zur Situation der evangelischen Kirche im Jahre 1945:

    http://www.zobodat.at/pdf/Wiss-Arbeiten-Burgenland_074_0301-0335.pdf

  • Frank, Norbert: Genese einer Diözese. Stationen auf dem langen Weg zur Errichtung der Diözese Eisenstadt. Eisenstadt 2012
  • Rittsteuer, Josef: Zur Errichtung der Apostolischen Administratur Burgenland. IN: Burgenländische Heimatblätter 23. Eisenstadt 1961
  • Weinhäusel, Bernhard, Weinhäusel-Farkas, ildikó: Christentum im Burgenland anhand der Entwicklung der katholischen Verwaltungseinheiten. In: Burgenland schreibt Geschichte 1921 bis 2021. WAB 169,. Eisenstadt 2021
  • Ecclesia semper reformanda. Die protestantische Kirche im pannonischen Raum seit der Reformation. WAB 159, Eisenstadt 2017
  • Grabenhofer Christa: Die Bedeutung der evangelischen Kirche für das Burgenland. In: Burgenland schreibt Geschichte 1921 bis 2021. WAB 169, Eisenstadt 2021
 
 

 

 
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