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Die Geschichte der westungarischen Badeorte kann man bis auf die Zeit der römischen Provinz Pannonien zurückverfolgen. Das Bad Wolfs ( heute Balf ) bei Ödenburg dürfte schon zur Zeit der Römer bekannt gewesen sein. Orte mit Mineral- und Sauerquellen zeigen römische Siedlungsspuren.

Das heutige Bad Sauerbrunn bestand 1852 als Pöttschinger Sauerbrunn erst aus einigen Häusern. Um die Jahrhundertwende waren sowohl der Pöttschinger Sauerbrunn als auch Wolfs und Tatzmannsdorf gut besuchte Kur- und Badeorte. Die Bade-Gäste kamen vor allem aus größeren Städten, wie Wien, Wiener Neustadt, Ödenburg, Güns und Steinamanger. Am 25. Mai 1901 wurde Sauerbrunn zum Kurbad und zum beliebten Sommerwohnsitz der Wiener-, Budapester- und Ödenburger Gesellschaft.

Noch älter ist der Kurbetrieb in Bad Tatzmannsdorf. Schon  um 1600  waren Trinkkuren unter den Adeligen der Region beliebt. Zur  Eröffnung eines Sauerbrunnens hielt  1620 der evangelische  Pfarrer  Mag. Johann Mühlberger eine Predigt unter dem Titel "Scaturigo salutis - Sprudelquell des Heils", die 1621 in Regensburg gedruckt wurde. Um 1650 wurde der Heilbadbetrieb aufgenommen, erstmals wird ein Kurarzt erwähnt. Das Wasser wurde auch nach Wien geliefert. Die Kuruzzenkriege unterbrachen dann die Entwicklung. Palatin Graf Ludwig Batthyány kaufte im Jahre 1752 das Bad, ein neuerlicher Aufschwung konnte beginnen. Noch im 18. Jahrhundert wurde das Mineralwasser wissenschaftlich untersucht und nachdem seine Heilkraft erwiesen war, die Anlagen entsprechend ausgebaut. Der Rundpavillon und der Kurgarten entstanden. 1795 wurde über der Quelle der "Tempel der Genesung", ein klassizistisches Brunnenhaus auf acht Säulen, errichtet.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte Bad Tatzmannsdorf einen ungeahnten Aufschwung, berühmte Persönlichkeiten wie etwa Adalbert Stifter oder Franz Grillparzer besuchten den Ort.

Das Kurhaus wurde 1856/57 errichtet. Jährlich verabreichte man 5000 bis 5500 Bäder in 30 "Badecabinetten" (1.und 2.Classe), ein Bad kostete 12-16 Kreuzer Conventionsmünze. Im Erdgeschoß des Kurhauses befand sich ein Café, in dem sämtliche Zeitungen der Monarchie auflagen. Der Anna Ball im darüber liegenden "Conversationssalon" war Höhepunkt der Badesaison, die von April bis September währte.

Im Jahre 1863 übernahm Graf Franz Batthyany das Heilbad. Tatzmannsdorf, ungarisch Tarcsafürdö, wurde zum Modebad und zum wichtigsten Heilbad Ungarns. 1889 wurde das Moorlager aufgeschlossen, Tatzmannsdorf wurde zum  "Ungarisches Franzensbad". Das Moor galt als besonders heilkräftig. Im Jahre 1893 etwa fanden sich schon 1900 Kurgäste ein. Um die Jahrhundertwende entstanden mehrere Bauten auf dem Kurplatz:  1886 das Anna-Bad und der Quellenhof, 1887 die Marienvilla, 1890 die Carolinenvilla, 1894/95 der Kurhof, 1899 die Kaltwasserheilanstalt und 1907 das Hotel Batthyány. Graf Casimir Batthyány ließ die Anlagen ausbauen. Der Kurgarten, das Lustwäldchen Vogelsang, Treibhäuser und Baumschulen wurden angelegt. Die am Ort wirkenden "Brunnenärzte" veröffentlichten "Verhaltensregeln bei dem Trink- und Badegebrauch des Tatzmannsorfer Mineralwassers". Das Publikum bestand aus Adeligen und wohlhabenden Bürgern.

Aus einem Kurprospekt um 1912

"Sämtliche Gebäude, Plätze und Wege sind elektrisch beleuchtet. Der Kurbereich ist kanalisiert, eine Wasserleitung ist vorhanden. Die Wege sind mit Antimonschotter bestreut. Auch nach stärkstem Regen kein Kot, bei Trockenheit kein Staub ..."

Der Aufschwung wurde durch den Anschluss an das Eisenbahnnetz im Jahre 1903 beschleunigt. Nun wurde die Anreise der Kurgäste wesentlich einfacher. Während des Ersten Weltkrieges wurde der Kurort auch vom Militär benutzt, auf dem Sulzriegel wurde ein kleiner Militärflugplatz angelegt. Der Zerfall der Monarchie und die Wirren des Anschlusskampfes brachten dann aber einen schweren Rückschlag. Die Verarmung der Kreise, aus denen sich die bisherigen Kurgäste rekrutierten, die Unsicherheit und die schlechten Verkehrsverbindungen von Österreich aus stürzten den Kurort in eine schwere Krise.

1918 verkaufte Graf Gabor Batthyány die Anlagen an eine Finanzgruppe, die Kurbad Tatzmannsdorf AG, die die Geschicke des Bades bis 1938 leitete.  Der Kurbetrieb erholte sich in der Zwischenkriegszeit nur sehr langsam, aus dem früher mondänen Kurort wurde nun eine Heilanstalt für Herz- und Frauenleiden. 1938 wurden die Anlagen vom Reichsgau Steiermark übernommen. Während des Krieges waren in den Quartieren Bombenopfer untergebracht, der Kurhof (Kurhotel) wurde Feldlazarett. 1945 wurden die Anlagen nahezu vollständig zerstört..

Schon im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde Westungarn - Burgenland auch verstärkt zum Ziel von Ausflüglern. Wichtige Ausflugsziele für "Sommerfrischler" waren die Badeorte am Neusiedler See, Bad Prodersdorf (=Leithaprodersdorf) "mit allen Bequemlichkeiten" - wie Badhaus, Spiegelbassin, Restaurant ( 1846 errichtet), in Purbach das "Türkentor" und die alte Weinschenke Neumayer "Am Spitz" , der Pöttschinger Sauerbrunn. Forchtenau mit Neustift an der Rosalia und Carl Wutzlhofers Gasthaus galten als beliebtes Ausflugsziel für Wanderer, die "Sauerquelle" und die Synagoge in Kobersdorf, die Burg-Ruine Landsee, die Burg Lockenhaus, die Burg Bernstein mit dem Gasthof J. Mager, Mariasdorf mit seiner gotischen Kirche, das Schloss der Familie Batthyany in Jormannsdorf, der Kurort Tatzmannsdorf, die Burg Schlaining und der Hauptplatz mit den Bürgerhäusern, das Rechnitzer Schloss, der Aussichtsturm "bei dem Geschriebenenstein", das Kastell Stegersbach, die Burg Güssing mit der Franziskanerkirche und dem Kloster, Deutsch Kaltenbrunn mit der Villa Georg Vogler, Mogersdorf mit dem Türkenkreuz am Schlösslberg wurden gerne besucht.

Eine besondere Form  des "Fremdenverkehrs" war das Wallfahrtswesen. Auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandeslagen ja einige bedeutende Gnadenorte wie Frauenkirchen, Loretto, Kleinfrauenhaid und Unterfrauenhaid, Rattersdorf, Maria am Weinberg, Kleinzell in der Raabau. Besonders gerne besucht wurden Orte der Marienverehrung.

Grillparzer in Bad Tatzmannsdorf

1852 weilte  Franz Grillparzer als Kurgast in Tatzmannsdorf. Er entschloss sich zur Kur auf Anraten seines Freundes Dr. Karl Reinwald, der Regimentsarzt in Güns war. Grillparzer wohnte in einem Bauernhaus abseits der Ortsstraße. Nach seiner Anreise über Ödenburg und Güns nach Tatzmannsdorf schrieb Grillparzer an Kathi Fröhlich: "An vielen Leuten, besonders Frauenzimmern, tut das Bad wahre Wunder, wir wollen sehen, was es an mir für Naturwirkungen hervorbringen wird, denn ich bin - außer in der Poesie - kein Freund von Wundern."

Aus den Briefen Franz Grillparzers an die Schwestern Fröhlich

"...Wenn wieder jemand an mich schreibt, bitte auf die Adresse zu setzen: nicht über Güns, sondern über Pinkafeld nach Tatzmannsdorf. Über Güns fährt man zunächst zu Wagen, aber es geht keine Post. Auch muss eine 6 Kreuzer Briefmarke genommen werden und nicht eine zu 3 kr. Glücklicherweise bin ich bis jetzt der Poststrafe entgangen.....Auch ein paar Schönheiten befinden sich hier, die aber solche Gänse scheinen, dass ich noch kein Wort mit ihnen gesprochen habe, ja wohl auch nicht sprechen werde"

Bad Sauerbrunn

Der Pöttschinger Sauerbrunn wurde schon Jahrhunderte von der einheimischen Bevölkerung benützt. Archäologische Funde sprechen dafür, dass die Quelle schon Kelten und Römern bekannt war. Anfang des 19. Jahrhunderts ließ Paul III. Esterhazy das Quellwasser untersuchen. Sie erhielt den Namen "Pöttschinger Säuerling", ab 1811 "Pöttschinger Sauerbrunn". Der Aufstieg begann mit der Errichtung der Eisenbahn Ödenburg - Wr. Neustadt. 1803 ließ der Fürst die Quelle fassen und einen fürstlichen Großgasthof errichten. 1901 erhielt der Ort den Titel "Kurbad". Der Ort, der auf Pöttschinger Hotter lag, wurde 1909 eine selbständige Gemeinde. Sauerbrunn wurde zum Sommerwohnsitz der Ödenburger und Budapester Gesellschaft. Das erste Kurhaus ließ im Jahre 1853 Dr. Fink erbauen, der die Quelle auf 30 Jahre pachtete. Er errichtete ein zweigeschossiges Kurhaus mit 18 Zimmern, 14 separierten Wannenbädern. Nördlich der Paulquelle entstand ein kleiner Kurpark. 1873 wurden in der Nähe der Badeanlagen mit den ersten Villenbauten begonnen. Ein Major Balogh machte den Anfang. Bald kamen Offiziere aus den benachbarten Garnisionsstädten Ödenburg und Wr. Neustadt und höhere Beamte mit ihren Familien. Weitere Villenbauten folgten. In den 1890er Jahren zählte der Ort bereits an die 50 Häuser. Dr. Hermann Grimm erweiterte die Badeanlagen Finks. Bis 1914 wurden nicht weniger als 234 Häuser gebaut.  In manchen Jahren stieg die Zahl der Kurgäste auf über 7000. 1912 entstand das Kur- und Badehaus, das jedoch im 2. Weltkrieg zerstört wurde. Im ersten Weltkrieg wurden verwundete Soldaten untergebracht. In der Zwischenkriegszeit wurde der neue Kurpark angelegt. Nach dem Zweiten Weltkrieg dienten die Anlagen als Abstellplatz für Sowjetische Panzer, die Anlagen wurden zerstört. 1955 musste der Kurpark neu gestaltet werden. Erst mit dem 1985 errichteten Kurzentrum begann der neuerliche Aufschwung.

Literatur

Schmidt, Leopold, Die Entdeckung des Burgenlandes im Biedermeier. Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland 21, Eisenstadt 1959

Prickler, Leonhard, Das heutige Nordburgenland als Tourismusziel  im <biedermeier und im Vormärz - Reisewege, Reisemittel und touristische Kristallisationspunkte. Neuzeitliche Reisekultur im pannonischen Raum bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Kulturhistorisches Symposium MOgersdorf. Band 23 2003, S. 151 - 160

Krenn, Martin, Britische Reisende und die Vielfalt der burgenländisch - westungarischen Frauenwelt. Burgenländische Heimatblätter 2016, Heft 1 & 2, S.79 - 103

 

 

 

 

 

Grafik / Karte

badeorte19Jh 
Badeorte und bedeutende Quellen im 19. Jhd. (Emtwurf: Gert Polster; Zeichnung: Michael Floiger).

 

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Der Kurhof (später Kurhotel).

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Quellen

  • Quelle 1
  • Quelle 2
 
 
 
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