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Trotz der immer wieder abgeschlossenen Friedensverträge erhoben die Türken immer wieder Ansprüche auf hunderte Dörfer im königlichen Ungarn. Auf osmanischer Seite wurden die Veträge anders interpretiert, zum Teil verfälscht. Gängige Praxis war, dass Ortschaften auf königlichem Gebiet, die von den Türken noch nicht unterworfen waren, an türkische Große als Timarlehen oder Siametbesitz vergeben wurden, als Belohnung für geleistete Kriegsdienste.  So wurden etwa 1584 sogar die Zentren der Batthyányherrschaften mit bestimmten vorgesehenen "Einnahmen" verbucht - Dörfer also und Herrschaften, die nie den Türken gehuldigt hatten. Die neuen "Besitzer" versuchten dann, mit Waffengewalt die Abgaben einzutreiben. Von christlicher Seite wurde häufig gegen diese Praxis protestiert. Die ungarischen Stände wandten sich deshalb direkt an die Hohe Pforte. Der Sultan gab auch den Befehl an den Pascha von Ofen, diese Methoden einzustellen, im Interesse des Friedens. Geändert hat sich dadurch allerdings nichts. Nach osmanischer Rechtsauffassung waren Gebiete und Dörfer, die bereits in die "Deffer" (eine Art Steuerregister und Grundbuch) eingetragen waren, daraus niemals gestrichen werden konnten und daher trotz der Bestimmung der Friedensverträge nicht zurückgegeben werden konnten. So konnte in der Praxis tatsächlich niemals ein vollständiger Friede eintreten. Die Folge war die Ermordung und Verschleppung zahlreicher Menschen, die Plünderung und Branschatzung hunderter Dörfer.

Palatin Nikolaus Esterházy schilderte 1641 die Verhältnisse folgendermaßen:"Daneben haben die Türken ihre sicheren Methoden, mit denen sie außer dem offenen Krieg, während der Zeit des Friedens (wenn man dies als Frieden bezeichnen kann) die Ungarn und das ungarische Königreich zu attackieren pflegen. Die erste Methode ist die Kunst des Stehlens; die Türken verschleppen und bestehlen pausenlos die ihre Festungen verlassenden Ungarn, besonders die Kinder und die Jungen, nicht anders als die Wölfe die Lämmer. Die zweite: Aus irgendwelchem Anlass brechen sie in Gruppen mit Fahnen und Trommeln auf, unternehmen schwere Angriffe im Königreich. indem sie alle, denen sie begegnen, abschlachten und das elende Volk zu Sklaven machen. Drittens: Sie berauben tagtäglich das arme Volk durch verschiedene Schriften, Bedrohungen und andere Erschrecken ..., dehnen so ihre Grenzen aus, ... und die Türken werden somit reicher, wir hingegen erschöpft. Viertens: Dazu kam ohne Zweifel die Feindlichkeit der Türken ..." (zitiert nach: Újváry Zsuzsanna: Adam I. Batthyany und die osmanischen Eroberungen in Trandanubien in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. In: Die Familie Batthyany. Band 1. S. 302 f. Eisenstadt 2015 ).

Die Osmanen in und um Kanizsa etwa unterwarfen 45 Dörfer, verschleppten zwischen 1633 und 1649 mehr als 4200 Menschen und  trieben 4760 Rinder weg. Die Osmanen verlangten die staatliche Steuer (Dschisje, Kaisersteuer), die Kriegssteuer, staatliche Frondienste, die Abgaben an die Grundherrn, Naturalabgaben, Zehent, Geschenke ... Manchmal wurden die Abgaben für viele Jahre verlangt. Vor allem die Dschisje wurde ständig erhöht. Die unterworfenen Dörfer bzw, Richter waren verpflichtet, alle Aktivitäten der christlichen Truppen sofort zu melden - wofür von ungarischer Seite die Todesstrafe drohte. Wer den abverlangten Pflichten nicht nachkam wurde mit schweren Strafen bedroht. Proteste endeten nicht selten mit der Gefangensetzung der betroffenen Richter, manchmal mit dem erzwungenen Übertritt zum Islam oder mit dem Verkauf in die Sklaverei. Immer wieder wurden auch Lösegelder erpresst, etwa durch die Gefangennahme des Pfarrers oder seiner Familie.

Zwischen 1623 und 1642 wurden 371 Dörfer der osmanischen Herrschaft unterworfen, Schutz konnten nur die königlichen Festungen oder die christlichen Grundherrn bieten. Von christlicher Seite war die Unterwerfung unter smanische Herrschaft prinzipiell verboten und wurde schwer geahndet. In der täglichen Praxis musste sie aber hingenommen werden. Es kam zu einem "Condominium", wobei beide Seiten Abgaben eintrieben.  Die Unterwerfung begann meist mit Aufforderungsbriefen, in denen festgestellt wurde, dass der Sultan ihr einziger und ewiger Herr sei. Der osmanische Grundherr versprach bei freiwilliger Unterwerfung Sicherheit. Einige der Drohbriefe sind im Batthyány - Familienarchiv erhalten.  Erfolgte keine Antwort wurden schwere Strafen (Pfählen, Verkauf in die Sklaverei ...) angedroht. Viel hing von der Tatkraft der königlichen Grenzgeneräle ab. Adam Batthyány etwa ging - trotz des offiziellen Friedensgebotes - immer wieder gegen die Osmanen vor.

Die kaiserliche Armee war eine Söldnerarmee. In ihr dienten viele Wallonen, Raizen (Serben), ja sogar Kosaken gegen Bezahlung- die aber oft ausblieb. Wenn sie längere Zeit in einem Dorf einquartiert waren, kam dies in den Auswirkungen einem Türkenüberfall gleich. Die Grenzen zwischen "Freund" und "Feind" verliefen oft höchst unklar. 1605 etwa ließ Ludwig von Königsberg auf Bernstein die Dörfer der Herrschaft Lockenhaus in Brand stecken, weil deren Grungherrin, die geisteskranke und bis heute berüchtigte Elisabetha Bathory-Nadasdy, angeblich auf Seiten Bocskais stand. 1620 wurde der Markt Tschapring auf Anstiften Esterhazys von den Kaiserlichen zerstört. Der Reitergeneral Basta, der Ödenburg "befreite", ließ seine Soldaten die Siedlungen des Komitates Ödenburg anzünden und plündern, um sie für den ausgebliebenen Sold zu "entschädigen"...

Einquartierungen waren das schlimmste, was einen Ort treffen konnte, und dies, obwohl die Untertanen ihren Herrn im 17.Jh. das sogenannte Soldaten-, Heu- oder Quartiergeld bezahlten, um sie davor zu schützen.

Der Besitz mancher Festungen wechselte; im sogenannten Fünfzehnjährigen Türkenkrieg (1593-1606) etwa wurden Totis (Tata), Pápa und Raab erobert, letzteres dann wieder zurückerobert. Im großen und ganzen aber blieb dieser Grenzgürtel stabil, da keine Seite stark genug war und auch kein Interesse daran hatte, ihr Territorium auszuweiten. In den 130 Jahren zwischen der türkischen Eroberung von Szigetvar und dem Beginn der Rückeroberung Ungarns nach 1683 gab es nur eine einzige größere Verschiebung dieser Grenze, hervorgerufen durch die Eroberung Kaniszas durch die Türken im Jahre 1600. Von Kanisza aus konnten allerdings Streifzüge bis in die Steiermark durchgeführt werden, so dass man Kanisza gegenüber zahlreiche Grenzfestungen erhalten musste. Die größte Festung war Raab. Sie verschlang auch das meiste Geld. 1556 etwa bestand die Raaber Besatzung aus 911 Husaren und 973 Fußsoldaten. Viele der kleineren Festungen waren eher primitiv, mit Erdwerken und Palisaden, befestigt. Dazu kamen freilich noch viele Festungen der Grundherren, wie etwa die Burgen der Batthyany, und befestigte Städte und Märkte, ja auch Herrenhöfe und Klöster konnten notfalls verteidigt werden.

Auch die größeren Grundherren unterhielten Truppen, ja regelrechte Privatarmeen, insgesamt etwa ebenso viele Soldaten wie die kaiserlichen bzw. königlichen Truppen. In den 1660er Jahren etwa unterstanden Adam Batthyany 2282 Soldaten, die ihren Sold vom Grundherrn erhielten. Auch die Esterhazy, Zrinyi, Nadasdy hatten solche Privatarmeen, die aus den Einkünften der Güter bezahlt werden mußten. Für die Menschen unserer Region entstand daraus - wie noch gezeigt wird - eine überaus schwere Belastung. Ein Teil dieses grundherrschaftlichen Militärs war in den Grenzfestungen stationiert, bei Bauern einquartiert oder als "Hofarmee" am Herrschaftssitz untergebracht, bei Adam Batthyany 1663 536 Mann! Den westungarisch - burgenländischen Magnaten kann man nicht absprechen, dass sie viel für die Türkenabwehr taten, bezahlen aber mussten ihre Untertanen. Besonders in den südburgenländischen Herrschaften der Batthyány trug diese Tatsache nicht wenig zur Verarmung des Gebietes bei.

Von den Festungsgürteln - dem ungarischen wie dem türkischen - konnte aber die Grenze nicht hermetisch abgeschlossen werden. Es kam regelmäßig zu wechselseitigen Raub- und Plünderungszügen, gegen die grundherrschaftlichen Truppen einen gewissen Schutz boten. Kleinere Streifzüge galten nicht als Verletzung des Friedens, obwohl sie sich auf die ungeschützten Dörfer katastrophal auswirkten. Von türkischer Seite wurde immer wieder Beschwerde geführt über das königliche Militär der Grenzfestungen, das die Straßen sperrte, die Dörfer im türkischen Bereich überfiel und anzündete, Vieh und Menschen wegtrieb. Mit ähnlichen Methoden antworteten die Türken, die bei ihren Einfällen oft tausende Menschen töteten oder wegtrieben. Manche Militäreinheiten scheinen sich regelrecht auf Menschenhandel spezialisiert zu haben - die Gefangenen konnten dann nach einem bestimmten Ritual und unter Einschaltung von Vermittlern oder auch unter Stellung von Bürgen das je nach der Bedeutung des Gefangenen festgesetzte Lösegeld aufbringen. Wer nicht zahlen konnte wurde in die Sklaverei verkauft. Dieser Methoden bedienten sich beide Seiten. Man muss dabei berücksichtigen, dass die kaiserlichen Besatzungen oft höchst unzulänglich oder überhaupt nicht bezahlt wurden und durch Plünderung und Raub sich schadlos hielten. Auch Steuern wurden beiderseits der Grenze eingetrieben. Die Historiker mussten mit Staunen den Quellen entnehmen, dass christliche Grundherrschaften aus ihren Besitzungen weit hinter der "türkischen" Grenze ihre Abgaben eintrieben, ebenso wie die Kirche den Zehent.

Umgekehrt zahlten viele Dörfer diesseits der Grenze auch an die Türken Steuern - um vor Überfällen verschont zu werden oder von türkischen Streifscharen dazu gezwungen. Die eigentlich Leid tragenden waren also die Bauern dies- wie jenseits der Grenze, die die Soldateska zu ernähren und zu versorgen hatte. Die Untertanen, wenn es ging die von jenseits der Grenze, wurden auch zum Burgenbau herangezogen.

An den Plünderungszügen war auch das grundherrschaftliche Militär immer wieder beteiligt. 1587 etwa griffen die Nadasdy, Batthyany und andere das "türkische" Koppany an und machten 200 Gefangene, in den 1540er und 1550er Jahren verwüsteten die Haufen Batthyánys mehrmals "türkische" Gebiete...

Neben den besoldeten Truppen und den wie eine Guerilla operierenden Heiducken gab es auch die "Landwehr" - im Notfall sollte die Bevölkerung aufgeboten werden, und zwar je nach dem Grad der Gefahr der 20., der 10. oder der 5. Mann. Vom Zwanzigsten kommt übrigens der Ausdruck "Hußar" (huszadik- der Zwanzigste), die auf ungarischer Seite sehr wirkungsvoll eingesetzte leichte Reiterei, die später in allen Armeen Europas üblich wurde. Für den Fall dieses Volksaufgebotes hatte nahezu jedes Haus Waffen. In den Städten gab es Bürgerwehren. Der tatsächliche militärische Wert dieser Aufgebote war aber nicht sehr groß, sie weigerten sich immer wieder auch, fern von ihren Heimatdörfern eingesetzt zu werden. Um die Bevölkerung im Gebrauch der Waffen zu üben wurden Schützenvereine gegründet und Wettschießen veranstaltet (Kirtagsschießen).

Die Grundherren an der Türkengrenze wurden gebraucht, man versuchte in Wien, sie unter allen Umständen bei der Stange zu halten. So sind etwa die vielen Privilegien der Esterhazy und ihr selbstherrliches Schalten und Walten zu verstehen. Nur vor diesem Hintergrund ist der Aufstieg des "Hauses Esterhazy" zu verstehen. Ihnen, den Batthyany und anderen "kaisertreuen" Familien wurden hohe staatliche Offiziersstellen, Privilegien und Einkünfte übertragen. Sie konnten den mittleren und kleinen Adel mühelos ausschalten und verdrängen, wie dies etwa die Esterhazy besonders brutal praktizierten. Das Ergebnis dieser Entwicklung waren in Westungarn die riesigen "Fürstentümer" der Magnaten - anders als in Nordungarn etwa, wo sich der zahlenmäßig starke Kleinadel halten konnte und auch politisch, etwa im Widerstand gegen den königlichen Zentralismus, eine wichtige Rolle spielte. Die westungarischen Magnatenfamilien lehnten sich - vor allem nach ihrem Übertritt zum Katholizismus und der bedingungslosen Unterstützung der Gegenreformation, an das Haus Habsburg an, fielen aber auch, wenn die Situation günstig erschien, auch ab, um neue Konzessionen zu erzwingen. Nicht selten huldigten sie, wenn die Übermacht zu groß war, auch den Türken, um die eigenen Besitzungen zu schonen, oder schlossen sich den ungarischen Aufständischen an, um dann im rechten Moment auf die kaiserliche Seite zurückzukehren... Zumeist wurden sie auch wieder in Gnaden aufgenommen. Eine Ausnahme bildete hier nur die "Magnatenverschwörung". Der Schandfriede von Vasvar scheint auch im westungarischen Adel tatsächlich Verzweiflung und Empörung ausgelöst zu haben.

Der westungarische Adel taktierte zwar, erzwang Privilegien und übertrieb oft die tatsächliche Belastung, ja verdiente am Krieg oft ganz gut, erbrachte aber auch viele persönliche Opfer. Nicht wenige Angehörige der Magnatenfamilien fielen im Türkenkampf. 1683 allerdings spielte der westungarische Adel eine eher klägliche Rolle. Die Draskovich, Batthyany, Szechy ergaben sich widerstandslos den Türken und begannen sofort, die von den Türken eroberten Gebiete untereinander "aufzuteilen".... Christoph Batthyany lieferte Lebensmittel an das türkische Belagerungsheer vor Wien. Geschickter verhielt sich Paul Esterhazy, der davonlief.

Nach dem Scheitern der Wiener Belagerung hatten die Batthyany einiges zu tun, um wieder glaubwürdig zu werden. Die Schlüssel der Burg Schlaining wurden ihnen abgenommen, das verhieß nichts gutes. Sie verfassten Denkschriften und Christian Batthyany beeilte sich , seinen Sohn Adam II. zu den christlichen "Befreiungstruppen" vor Ofen zu entsenden, um Position und Vermögen der Familie zu retten.

H. Prickler schreibt dazu: "Die Magnaten waren gezwungen, stets auf zwei Beinen zu stehen und mit beiden Seiten Kontakt zu halten, um das Bestmögliche für sich und ihre Besitzungen aus der jeweiligen Situation herauszuschlagen; der Kampf der beiden Weltmächte war ja nicht unbedingt ihr eigener Kampf, die Interessen von Wien und Konstantinopel nicht identisch mit ihren eigenen politischen Wunschvorstellungen; im Verhalten der Magnaten spiegelt sich auch der Kampf der alten, ererbten ständischen Freiheiten gegen den absolutistischen Machtanspruch des Herrscherhauses". (Bgld. Heimatblätter 1/1986,S.23)

Die Bereitschaft, den Türken zu huldigen, war 1683 überhaupt recht groß, nicht nur, weil man keine andere Wahl hatte, sondern auch, weil der Hass auf Wien auch in Westungarn und sogar in Niederösterreich ins unermessliche gewachsen war. Die "Verschwörung" von 1671 wurde nicht nur dazu benutzt, um gegen die Evangelischen vorzugehen, auch die staatlichen Steuern wurden auf ein Vielfaches (etwa auf das Zehnfache) erhöht, nicht nur beim Adel, auch bei den Bauern herrschte Verbitterung. Sie konnten die Leistungen für Staat, Grundherren, Kirche und Türken nicht mehr erbringen, waren hoch verschuldet und mussten vielfach schon ihre Zugtiere verkaufen. Die Verbitterung war so groß, dass man in Ungarn wie auch in Österreich die Gelegenheit des Türkenkrieges ergriff, um auch in einigen Gebieten mit den eigenen Grundherren "abzurechnen". Zu Recht hat die historische Forschung vermutet, dass lediglich die übliche türkische und kuruzzische Praxis der Zerstörung und Plünderung die Menschen daran hinderte, sich den Türken anzuschließen.

Burgen, Wehrkirchen, Kreidfeuer

Die Türkenkriege werden heute im Burgenland sowohl von Bewohnern wie von Besuchern sofort mit den vielen Burgen assoziiert - zu Unrecht, denn die meisten Burgen haben in der frühen Neuzeit, in der Zeit der Türkenkriege, keine allzu wichtige Rolle mehr gespielt. Die meisten, aus dem Mittelalter stammenden Burgen waren auch kaum geeignet, einem modernen, mit Kanonen ausgestatteten Heer Widerstand zu leisten.

Die mittelalterlichen Burgen waren meist um einen Bergfried, rund oder mit kielförmiger Kante gegen die Hauptangriffsrichtung, erbaut. Um den Bergfried lag der innere Burghof mit den Kemenaten, den Wohnräumen also, den Wirtschaftsgebäuden und Ställen, den Vorratsräumen und Rüstkammern. Dann kam der Zwinger, der äußere Burghof, der mit der Mauer, versehen mit Wehrgängen, Zinnen, Türmen, umgeben war. An der Mauer lag der steinerne Torbau mit der Zugbrücke... Diese älteren Elemente kann man an vielen burgenländischen Burgen trotz späterer Umbauten noch erkennen. Durch ihre Lage waren Höhenburgen wie Lockenhaus, Forchtenstein oder Bernstein mit den Mitteln des Mittelalters nur schwer zu bezwingen, wenn sie ausreichend versorgt waren. In der Ebene lagen große" Wasserburgen", Anlagen, die mit heutigen Vorstellungen von "Burg" wenig zu tun hatten: Das "Haus" war von weitläufigen Gräben und Wällen, verstärkt mit Holzpalisaden, umgeben. Eine der größten Anlagen dieser Art war Eberau. Noch im 16.Jh.wurde eine solche Burg im "Modus hungaricus", also auf alte Art, im Mittelburgenland, an der Rabnitz, zwischen Mannersdorf und Unterloisdorf, errichtet. Sie waren weit billiger, ihr Unterhalt aber war äußerst aufwendig, da Erdwälle und Gräben immer wieder erneuert werden mussten.

Vor den leichtbewaffneten Streifscharen boten diese veralteten, mittelalterlichen Burgen allerdings noch immer einigen Schutz, zumindest für das Leben und den wichtigsten Besitz, während die Dörfer abgebrannt und die Ernte vernichtet wurde.

Ähnlich war auch die Situation der Städte. Ihre mittelalterlichen Mauerringe hielten einer größeren Belagerung kaum mehr stand. Wie das Beispiel Güns zeigt, konnte eine Belagerung den Vormarsch einer großen Armee aber noch immer um entscheidende Wochen verzögern. Die Belagerung von Ödenburg in der Bocskay - Rebellion war nur deshalb erfolglos, weil die Belagerer keine Artillerie hatten. Von den westungarischen Städten waren Pressburg und Ödenburg, Güns, Güssing, Schlaining und Eisenstadt, auf österreichisch-steirischer Seite Hainburg, Bruck, Wr. Neustadt, Hartberg und Fürstenfeld schon im Mittelalter befestigt. In den Jahren 1529 und 1532 hatte man auch in Westungarn erkannt, dass etwas unternommen werden musste. In den folgenden Jahrzehnten wurden einige Burgen durch italienische Festungsbaumeister nach modernen Gesichtspunkten ausgebaut. Die neue Methode bestand darin, dass die meist erneuerten und verstärkten Mauern durch Basteien ergänzt wurden. Auf ihnen wurden die Kanonen aufgestellt, der Feind konnte so schon in größerer Entfernung abgewehrt werden bzw. ihm hohe Verluste zugefügt werden. Die "welschen" Festungsbaumeister kamen aus dem Gebiet von Mailand, vom Comosee, sie werden daher Komasken genannt. Mit ihnen kamen auch zahlreiche Handwerker und Künstler (Steinmetze, Bildhauer, Maler...)

Die neuen Befestigungen waren überaus teuer, wie Prickler am Beispiel der sehr großzügig ausgebauten Festung Bernstein zeigte. Bernstein war im Besitz der Königsberg, einer niederösterreichischen Adelsfamilie. 1540 wurde der Bau vom Kaiser bewilligt, der Kostenaufwand wurde mit 1500 Gulden geschätzt. 1546 wurde begonnen. Die Pläne machte der kaiserliche Baumeister Francesco de Pozzo, der auch die Wiener Befestigungsanlagen schuf.

"In der Folge erleben wir einen Prozess, der uns frappant an Großbauwerke aus jüngerer Zeit erinnert. Der Bau zieht sich schleppend dahin, wird immer wieder durch Baukommissionen begutachtet, die Planung wird immer wieder erweitert bzw. abgeändert, der Bau durch Konflikte mit den Bauarbeitern und den gegen die hohen Robotleistungen protestierenden Untertanen unterbrochen". (Prickler) Der Bau zog sich bis 1590 hin, die Kosten betrugen schließlich 15000 Gulden, also das Zehnfache. Aber die Burg wurde ihrer Aufgabe gerecht, sie war ein Zufluchtsort für die Bevölkerung der ganzen Umgebung. 1605 etwa wehrte sie einen Angriff der Heiducken Bocskais ab. Die Königsberg aber luden sich eine ungeheure Schuldenlast auf, mit ein Grund für den Verkauf der Burg im Jahre 1644 an die Batthyány...

Ein weiteres Beispiel für eine moderne Burg ist das Schloss Lackenbach, das der Inhaber der Herrschaften Landsee und Lackenbach, Erasmus Teuffl, errichten und mit Sternbasteien sowie einem Wassergraben befestigen ließ. Lackenbach wurde 1548-52 erbaut. Erasmus Teuffl spielte in den Türkenkriegen eine wichtige Rolle. 1552 geriet er allerdings als kommandierender General in der Schlacht von Fülek in die Hände der Türken und nahm ein schlimmes Ende: nach Berichten wurde er in Istanbul geköpft, nach anderen in einen Sack gesteckt und im Bosporus ertränkt..

Von italienischen Baumeistern wurden auch Landsee, Rechnitz, Deutschkreutz, Lockenhaus, Güssing, Schlaining und wahrscheinlich auch Kobersdorf, Stegersbach und Jormannsdorf ausgebaut. Zuletzt wurde Forchtenstein unter Nikolaus Esterhazy, der 1622 Burg und Herrschaft in Pfand, ab 1626 als Eigentum besaß, ausgebaut. Die Burg erhielt damals die großen Basteien, die ihr Aussehen prägen. Die Kosten betrugen die riesige Summe von 32 000 Gulden, die größtenteils die Untertanen der Herrschaft aufbringen mussten, zusätzlich zu den zahlreichen Robotleistungen. Die Pläne schuf Simone Retacco, ausführender Baumeister war Domenico Carlone, ein Vertreter der damals in unserem Raum tätigen Carlone-Sippe.

 Vor allem nach den schweren Plünderungen der Bocskai - Rebellion von 1605 begannen auch die Märkte, sich Mauern zuzulegen, so Rust, Purbach, Donnerskirchen, Kroisbach und wahrscheinlich auch Neusiedl und Rechnitz. Sogar das Dorf Oggau errichtete eine Steinmauer mit Toren. Rust war, so wie auch Purbach und Donnerskirchen, 1605 schwer geplündert worden, obwohl es vermutlich schon über ein Wall-Graben-System mit Palisaden verfügte. Auch in Purbach und vielen anderen Orten können wir solche Anlagen vermuten. 1613 erhielt Rust die Erlaubnis, eine steinerne Ringmauer mit neun Bastionen und zwei Stadttoren zu errichten. 1614 wurde die Anlage fertig, sie kostete 3000 Gulden. 1630 bis 1634 folgte Purbach, das vier Sternbasteien an den Ecken der Mauer und neun Rondelle anlegte. Breitenbrunn errichtete den Wehrturm. Alle diese neuen Stadtbefestigungen sind aber auch Ausdruck des steigenden Wohlstandes und des wachsenden bürgerlichen Selbstwertgefühls. Die Orte um den Neusiedler See entwickelten sich damals in Richtung "Stadt"...

Die kleineren Dörfer waren den Angriffen von Plünderern in der Regel hilflos ausgeliefert. Zwar verfügten die meisten Bauern über Waffen, in ihrer Anwendung aber war man weniger geübt. Die Kirche war meist das einzige feste Bauwerk im Ort und wurde als Zufluchtsort ausgebaut. Ummauerte Wehrkirchhöfe gab es etwa in Marz, Kleinhöflein, Donnerskirchen. Die Orte waren an der Rückseite der Höfe durch dichte Naturhecken geschützt, die Dorfeingänge konnte man durch Holzverhacke oder -verhaue einigermaßen schützen und so das Eindringen kleinerer Reitergruppen verhindern. Wall und Graben, mit Zäunen und Palisaden versehen ("Schanzen") kamen dazu. Gegen größere Gruppen von Angreifern versagten aber alle diese Vorkehrungen, so dass man es vorzog, sich in die Wälder zurückzuziehen. Dort wurden ebenfalls Fluchtanlagen, Wall- und Grabensysteme, angelegt - etwa die Purbacher Schanzen im Leithagebirge oder die Breitenbrunner Schanze, die 1683 "erobert" wurde, wobei viele Menschen ums Leben kamen . "Hausberge" wie der von Forchtenstein oder der Eisenstädter Burgstallberg wurden ebenfalls befestigt.

Besonders in den Kuruzzenkriegen legte man auch großräumige Sperrsysteme an, so etwa eine Schanze bei Wolfs, um die Ödenburger Pforte zu sperren, oder die große Schanze, die vom Neusiedler See bei Neusiedl bis Petronell an der Donau reichte, aus Graben und Erdwall bestand und mit Palisaden und "Forts" verstärkt war...

Der Frühwarnung der Bevölkerung dienten die Kreidfeuer (kreud - schreien, warnen... engl. cry!) oder Kreidschüsse. Meist auf weithin sichtbaren Bergkuppen wurden Vorrichtungen getroffen, um im Ernstfall große Feuer anzuzünden (z.B. am Steinkogel von Schützen oder am Hausberg von Forchtenstein). Für den Notfall wurden "Fluchtorte" bestimmt. 1663 etwa flüchteten viele Bewohner des Seewinkels nach Rust, Purbach, Eisenstadt, ja bis zu den niederösterreichischen Burgen Gutenstein und Starhemberg. Die Burgen waren oft überfüllt, die Seuchengefahr war groß. Vieh und Wagen mussten, weniger geschützt, in Schanzanlagen in der Nähe der Burgen untergebracht werden.

Wälder, Höhlen, Inseln im Neusiedler See waren weitere Zufluchtstätten. Auch Grubenverstecke wurden im eigenen Haus angelegt. In Purbach etwa erstickte ein Bewohner in einer solchen Grube, als sein Haus angezündet wurde.

 

 

 

 

 
 

 

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